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Über WilliZ

Wurde geboren (in Berlin-Schöneberg), lebt (nach einem Abstecher nach Pforzheim, längere Zeit in Bremen und Hamburg) in dem Örtchen Tostedt am Rande der Lüneburger Heide - und interessiert sich für Literatur, Musik, Film und Fotografie (sowohl passiv wie aktiv) ... Ach, und gern verreise ich auch!

Der gekaufte Fußball

Gestern machte ich mir Gedanken über den Fußball in Spanien, der mit Real Madrid und FC Barcelona zwei der größten Fußballvereine der Welt stellt – und trotzdem durch eine wirtschaftliche Krise abzustürzen droht. Natürlich ist Fußball in erster Hinsicht ein Geschäft. Es geht längst nicht mehr um Millionen, es geht längst um ein Milliardengeschäft. Schon aus diesem Grund wollen viele nichts mit Fußball zu tun haben.

Für mich ist Fußball aber immer noch eine attraktive Sportart. Und um das zu bleiben, müssen sich die Verantwortlichen in den Vereinen und Verbänden Gedanken machen. Horrende Ablösesummen und für viele unangemessen hohe Spielergehälter haben eine Kluft zwischen den Vereinen entstehen lassen, die zwischen reich und arm scheidet. Wer im Chor der Besten mithalten will, muss investieren. Und für viele Vereine geht das bis zum finanziellen Ruin.

Da kam ein neues Geschäftsmodell ist Spiel, dass vielleicht manchen Verein vor dem Konkurs bewahrt, im Ergebnis dann aber wenig zuträglich für den Fußball ist. Ich meine die Ölscheichs und Oligarchen, die nicht wissen, wohin mit ihrem Geld und sich Fußballvereine kaufen, um sich unverdiente Lorbeeren an ihr parvenü’sches Haupt zu heften.

gekaufte Fußball-Clubs in Europa

Im besagten Beitrag über die Fußballkrise in Spanien hatte ich den FC Málaga angesprochen, der 2010 von Scheich Abdullah Bin Nasser Al Thani aus Katar für 25 Millionen Euro aufgekauft wurde. Inzwischen will er den Verein wieder los werden, obwohl er sportlich eigentlich durchaus erfolgreich ist (steht im Achtelfinale der Champions League).

Bekannter ist ein Verein wie der FC Chelsea, immerhin im letzten Jahr Gewinner der UEFA Champions League. „2003 hatte sich der russische Milliardär Roman Abramowitsch entschlossen, einen Fußballclub zu kaufen, nachdem er bei der WM 2002 Interesse am Fußball entwickelt hatte. Neben Lazio Rom, Chelsea, Tottenham Hotspur und Arsenal war auch Manchester United eine mögliche Option, die Abramowitsch aber aufgrund des Kaufpreises in Höhe von etwa 700 Millionen Pfund verwarf.“ Inzwischen dürften Kaufpreis, die damaligen Vereinsschulden des FC Chelsea und alle Investitionen in neue Spieler diese Summe eher überschritten haben (von 970 Millionen € ist die Rede). Trotz der großzügigen Investitionen ist der Verein bereits als erster Titelverteidiger in der Gruppenphase der Champions League gescheitert und hat kaum noch Chancen auf den Titel des englischen Meisters.

Etwas anders sieht es beim FC Liverpool aus. 2010 bekundete der chinesische Geschäftsmann Kenny Huang ernsthaftes Interesse am Kauf des Vereins, zog sich dann aber doch schnell aus den Kaufverhandlungen zurück. Nach längerem Rechtsstreit ging der Verein dann für 300 Millionen britische Pfund an New England Sports Ventures (NESV), ein in der Sportvermarktungsbranche tätiges US-amerikanisches Unternehmen mit Sitz in Boston, dem u.a. auch der amerikanische Profi-Baseballclub Boston Red Sox gehört. Es handelt sich dabei um ein Konsortium um den Börsenhändler John W. Henry, dem Medienunternehmen The New York Times Company (The New York Times, The Boston Globe, etc.) und weiteren Geldgebern. Liverpool ist inzwischen an Zenit St. Petersburg in der Europa League gescheitert. Und in der englischen Premier League hinkt der Verein bisher hinter den anderen Spitzenvereinen deutlich hinterher.

Zenit Sankt Petersburg gehört übrigens Gazprom, dem weltweit größten Erdgasförderunternehmen und mit 110 Milliarden US-Dollar Marktkapitalisierung eines der größten Unternehmen Europas – und ist bekanntermaßen so nebenbei Hauptsponsor des FC Schalke 04.

Damit sind wir in der russischen Premjer-Liga angelangt. Mit Anschi Machatschkala hat ja Hannover 96 im der Europa League unliebsame Bekanntschaft gemacht. Der FK Anschi Machatschkala ist ein 1991 gegründeter russischer Fußballverein aus Machatschkala, der Hauptstadt Dagestans, der seit 2010 in der Premjer-Liga spielt. Im Januar 2011 übernahm der russische Milliardär Suleiman Kerimow den Club. Bisher bekannteste Verpflichtung ist Samuel Eto’o, der im August 2011 von Inter Mailand für ca. 27 Millionen Euro verpflichtet wurde. Cheftrainer ist seit dem 17. Februar 2012 der bekannte holländische Trainer Guus Hiddink.

Aus Tschetschenien stammt der 1946 gegründete Verein FK Terek Grosny, der bis zu dessen Tod vom tschetschenischen Präsidenten, dem Moskau-Treuen Achmat Kadyrow, geleitet und von Moskau großzügig finanziert wurde. Bis November 2011 war der tschetschenische Republikspräsident Ramsan Kadyrow, Sohn und Nachfolger von Achmat Kadyrow, Präsident des FK Terek Grosny. Sein Nachfolger ist der tschetschenische Vize-Republikspräsident Magomed Daudow. Bekannt wurde der Verein im Januar 2011 durch die Verpflichtung von Ruud Gullit als Trainer. Die ‚Ehe’ hielt allerdings nur fünf Monate. Die Kadyrows sind u.a. dafür bekannt, nicht gerade zimperlich mit ihren politischen Gegner umzugehen.

Da wir schon im Osten Europas sind. Mit Schachtjor Donezk aus der Ukraine verbinden sich für den SV Werder Bremen weniger gute Erinnerungen: Im letztmalig ausgespieltem UEFA-Pokal in der Saison 2008/2009 verloren die Bremer das Endspiel gegen die Osteuropäer. Der Verein wurde am 11. Oktober 1996 durch den aus Donezk stammenden Milliardär Rinat Achmetow übernommen und seitdem mit großzügigen Geldzuwendungen konsequent aufgebaut. Allerdings war Borussia Dortmund für die Ukrainer am Dienstagabend eine Nummer zu groß. Sie verloren in Dortmund das Achtelfinalspiel doch deutlich mit 3:0 und sind damit aus der Champions League ausgeschieden.

Komme wir zurück in westlichere Gefilde und nach Paris. Paris Saint-Germain Football Club (PSG) wurde bereits ab 1973 durch den Modeschöpfer Daniel Hechter als Mäzen und von 1974 bis 1978 als Präsident unterstützt. 2006 übernahm das US-amerikanische Unternehmen Colony Capital den Verein vom französischen Fernsehsender Canal+, der seit 1991 im Besitz von PSG war. Im Mai 2011 verkaufte Colony Capital 70 % seiner Aktienanteile an die Investorengruppe Qatar Sport Investment (QSI) aus Katar. Der Katarer Nasser Al-Khelaifi ist Präsident des Vereins, der wohl im Auftrag des Multi-Milliardärs und Kronprinzen von Katar, Tamim bin Hamad Al-Thani, die Abermillionen ausgeben darf (den Namen Al-Thani haben wir bereits weiter oben im Zusammenhang mit dem FC Málaga gehört).

Vor der Saison 2012/13 verstärkte der PSG seinen Kader: Für ungefähr 130 Millionen Euro wurden unter anderem Ezequiel Lavezzi, Thiago Silva, Zlatan Ibrahimović und Lucas geholt, denen sich neuestens auch David Beckham dazugesellte. Paris SG spielt durchaus erfolgreich in der Champions League und hat seit gestern Abend das Viertelfinale nach einem Unentschieden gegen den FC Valencia erreicht.

Und die Geschichte der TSG 1899 Hoffenheim dürfte ich als bekannt voraussetzen. Gefördert wird der Verein durch den SAP-Mitbegründer Dietmar Hopp, der in seiner Jugend selbst für die TSG Hoffenheim spielte und dessen finanzielle Unterstützung dem Verein bzw. der Profi-Fußballabteilung zwischen 1990 und 2008 den Aufstieg aus der Kreisliga A bis in die Bundesliga ermöglichte. Auch das im Januar 2009 eröffneten Rhein-Neckar-Arena in Sinsheim (derzeitiger Name: Wirsol Rhein-Neckar-Arena) wurde mit großzügiger Unterstützung von Herrn Hopp gebaut. Die Hoffnungen, den Namen Hoffenheims auch international bekannt zu machen, erfüllten sich leider nicht. Jetzt droht sogar der direkte Abstieg in die Zweitklassigkeit. Allein Geld macht es also nicht (siehe auch meinen Beitrag: Der Milliardär und der Dorfverein)

Es hat natürlich schon etwas Perverses, wenn sich neureiche Milliardäre Fußballvereine wie Spielzeug halten. Und mit ihrem vielen Geld verderben sie die ‚Preise’. Wenn sie einen Spieler oder Trainer unbedingt haben wollen, so brauchen sie nur mit dem Scheckbuch zu wedeln. Die ohnehin schon anrüchige Praxis der Spielertransfers bekommt so noch eine besonders pikante Note.

Siehe hierzu auch: PSG investiert 100 Millionen: Ein offener Brief an Mäzen Nasser Al-Khelaifi (11freunde.de)

Das Ende des Tiki-Taka?

Ist Spanien, ist der FC Barcelona immer noch das Maß aller Dinge im Fußball? Ist Tiki-Taka vielleicht out? Nun bei FC Barcelona läuft es zz. nicht so, wie man es lange Zeit gewohnt war. Erst eine Niederlage gegen aufopfernd spielende Schotten (Celtic Glasgow) in der Gruppenphase der Champions League. Dann die Niederlage ausgerechnet beim Berlosconi-Club AC Mailand im Achtelfinale. Und jetzt zwei Niederlagen in Folge beim Clásico gegen Real Madrid.

Tiki-Taka verlangt ein hohes Maß an Intuition, an gegenseitigem Verständnis zwischen den Spielern und an Konzentration. Tiki-Taka geht nur mit Spielwitz, mit Esprit. Fehlt es an einem, dann rächt sich dieses taktische Konzept sehr schnell und verkommt zu einem Rasenschach, das Mannschaften eigentlich nur spielen, wenn ihnen die zündende Idee fehlt. Für den Zuschauer wird es dann schnell unerträglich langweilig. Da mag man den Gegner laufen lassen und 70 bis 80 % Ballbesitz haben. Ohne geniale Pässe, z.B. aus der Tiefe des Raums in die sich lösende Spitze, geht dann nichts. Und dann rächen sich schon kleinste Fehler. Man tappt gewissermaßen in die eigene Falle.

Das beste Beispiel war die Fußball-Europameisterschaft 2012 in Polen und der Ukraine, als alle Welt ähnlich wie jetzt glaubte, diese spanische Variante des Fußballspiels ad acta gelegt zu sehen. Bis dann das Endspiel kam: Das Beste kommt bekanntlich zuletzt. Die Spanier waren plötzlich hochmotiviert, voll konzentriert und von einem Ideenreichtum, dem sich die Italiener nur staunend beugen konnten.

Fußball-Europameister 2012: Spanien

Ähnlich sehe ich das heute. Beim FC Barcelona, dem typischen Vertreter des Tiki-Taka, läuft es zz. eben nicht optimal. Hinzu kommt, dass jede Mannschaft, die gegen die Katalanen spielt, besonders motiviert auftritt. Lässt man dann große Chancen aus, so können auch Messi & Co. schnell einmal auf der Verliererstraße landen. Die Krise wird ebenso schnell groß geredet und setzt sich in den Köpfen der Spieler fest.

Wäre Tiki-Taka wirklich out, dann hätten sich die Bayern mit der Verpflichtung von Pep Guardiola, dem Ex-Trainer des FC Barcelona, einen Bärendienst erwiesen.

Nun droht dem spanischen Fußball und damit der Primera División eine völlig andere Krise – eine wirtschaftliche nämlich. „Wenn die Prognose des spanischen Wirtschaftsprofessors José Maria Gay de Liebana stimmt, dann könnte schon bald Schluss sein mit Profi-Fußball in Spanien. Der Wissenschaftler hat die These aufgestellt, dass der spanischen Elite-Liga gerade einmal noch fünf Jahre bleiben, bevor der Spielbetrieb eingestellt werden muss. Der Grund: Die Clubs sind heillos überschuldet, nur Barça und Real sind in der Lage, ihr Defizit einigermaßen auszugleichen – dank ihrer hohen Einnahmen, zum Beispiel aus Fernsehgeldern, Sponsorenverträgen, sowie Ticket- und Fanartikel-Verkauf.

Der Rest der Liga aber steuert auf den Konkurs zu oder ist bereits faktisch insolvent. Der Gesamtstand der Schulden allein in der Primera Division beträgt rund 3,6 Milliarden Euro. Spannende Duelle gibt es – abgesehen vom Clasico, dem Duell zwischen Barcelona und Madrid – innerhalb der Liga kaum. Die Zuschauerzahlen lassen dementsprechend zu wünschen übrig. Nur 28.000 Besucher kommen im Durchschnitt zu den Spielen. Voll wird es nur, wenn es gegen Real oder Barça geht. Deshalb müssen nun auch die beiden Großen umdenken, damit ihnen nicht innerhalb kurzer Zeit die Gegner ausgehen.“ (Quelle: wdr.de)

Hier nur zwei Beispiele: Zunächst der FC Valencia, der durch die Immobilienkrise und Spekulationen inzwischen der Verein mit den höchsten Schulden in Spanien ist. „Zur Saison 2010/11 konnte Valencia durch den Verkauf von Leistungsträgern wie David Villa und David Silva einen Teil der Schulden tilgen. Die finanzielle Situation ist trotzdem weiterhin angespannt und man versucht, einige Top-Verdiener von der Gehaltsliste zu bekommen und setzt stattdessen auf jüngere und günstigere Spieler.“ Besonders verheerend wirkt sich dabei der Neubau des Stadions Nou Mestalla aus. Die Bauarbeiten begannen im August 2007 und sind bis heute nicht fertig geworden, da ein Baustopp verfügt wurde. 160 Millionen Euro wurden bisher ausgegeben. Mindestens die gleiche Summe wird für die Fertigstellung benötigt.

Dann der FC Málaga: 2010 wurde der Verein von Scheich Abdullah Bin Nasser Al Thani aus Katar für 25 Millionen Euro aufgekauft. „Außerdem kam der neue Eigentümer auch für Malágas Verbindlichkeiten in Höhe von ca. 70 Millionen Euro auf. In der Folgezeit bekam der Verein professionellere Strukturen – vor allem durch die Verpflichtung des Generalmanagers Fernando Hierro und des mehrfachen Nationalspielers Ruud van Nistelrooy.“ „Im August 2012 wurde bekannt, dass Klubeigentümer Al Thani den Verein zum Verkauf freigegeben hat. Nach den erheblichen Investitionen in den Vorjahren blieben plötzlich die Gelder aus, die zuvor regelmäßig in die Vereinskasse geflossen waren.“

Nach einem vierten Platz in der spanischen ersten Liga spielt der Verein zz. im Achtelfinale der Champions League gegen den FC Porto (Hinspiel in Porto mit 1:0 verloren). „Im Zuge der genannten wirtschaftlichen Probleme hat die UEFA am 21. Dezember 2012 im Rahmen des Financial-Fair-Play den FC Málaga für die Teilnahme an der Europapokalsaison 2013/14 gesperrt.“

Zu einem sind es astronomisch ansteigende Spielergehälter und Ablösesummen, die nicht mehr aus den laufenden Einnahmen bestritten werden können, zum anderen wie in Spanien artfremde Fehlspekulationen und die Wirtschaftskrise insgesamt, die dazu führen, dass renommierte Vereine faktisch pleite sind.

In Deutschland sieht die Situation noch anders aus. Zwar ist Bayern München – ähnlich wie in Spanien Real Madrid und der FC Barcelona – der Großverdiener der Branche. Aber noch werden die Gelder aus TV-Übertragungen und Sponsorenverträgen weitaus gerechter verteilt. Das Beispiel des SV Werder Bremen zeigt allerdings, dass auch in Deutschland Vereine wirtschaftlich anfällig sind. Entfallen z.B. die Gelder aus der Teilnahme an der Champions League, dann können Großverdiener wie Özil, Mertesacker, Tim Wiese oder Pizarro nicht mehr gehalten werden. Und plötzlich dümpelt so ein Verein gerade noch im Mittelfeld herum ohne die Chance, in Zukunft an die ‚Fleischtöpfe’ internationaler Wettbewerbe zurückzukehren. Auch Sponsoren springen dann schnell ab.

Was also tun? Die Ablösesummen deckeln? Sicherlich ein Ansatzpunkt, aber gerade kleine Vereine können sich dadurch über Wasser halten, indem sie durch den Erlös beim Verkauf von Leistungsträgern ihren Haushalt sanieren. Es sind nach meiner Meinung besonders die Spielergehälter, die exorbitant in die Höhe geschossen sind und kaum noch den Leistungen entsprechen, die die Spieler erbringen. Sicherlich soll ein guter Spieler auch gut verdienen, aber gemäß seiner Leistung. Und mancher Spieler, der fast nur noch seine Trainingseinheiten absolviert und ansonsten viel Sitzfleisch auf der Auswechselbank beweist, muss nicht mit horrenden Summen bedacht werden.

Profifußball, da geht kein Weg vorbei, ist ein Geschäft. Und die Manager bei den Vereinen müssen längst nicht nur fußballerischen Sachverstand besitzen, sondern auch von wirtschaftlichen Zusammenhängen etwas verstehen. Das wurde natürlich längst erkannt. Die Liga in Spanien kann da nur abschreckendes Beispiel sein. Und so sollte man europaweit vorbeugende Maßnahmen treffen, um auch weiterhin wirtschaftlich gesunde Vereine, die sportlich attraktiven Fußball bieten, zu haben. Ob nun mit Tika-Taka oder ohne …!

Nachtrag: Nein, Tiki-Taka ist lange noch nicht out. Messi & Co zaubern, wenn’s sein muss. Der AC Mailand konnte am Abend des 12.03.2013 nur staunen: Habemus Messi! Und Messi macht den Unterschied! Bravo!

Nordische Ski-WM in Val di Fiemme beendet

Die 49. Nordische Skiweltmeisterschaft in der italienischen Region Val di Fiemme ging am Sonntag zu Ende. Überragende Mannschaft war die von Norwegen mit 19 Medaillen. Das deutsche Team konnte seine Erwartungen nur zum Teil erfüllen. Besonders im Lauflauf gab es doch einige Enttäuschungen. Am Schluss wurde es dann doch immerhin noch 5x Edelmetall.

Nordische Ski-WM 2013: Sturz Axel Teichmann (4x10-km-Staffel)

Etwas kurios waren die Stürze deutscher Sportler, einmal bei der 4 x 10-km-Staffel (Axel Teichmann), dann beim Team-Sprint bei den nordischen Kombinierern (Tino Edelmann), die bessere Platzierungen verhinderten. Besonders Axel Teichmann schien vom Pech verfolgt, denn nicht nur, dass er zweimal ohne Fremdeinwirken stürzte und beim 2. Mal auch noch ein Stock entzwei ging; wohl als Folge der Stürze brach dann noch ein Skier. Vielleicht war das symptomatisch für die Leistung der Langläufer.

Der Sieg der Gleichgültigkeit

Im November letzten Jahres hatte ich mich über Twitter mit Dunehopper, dem 2. Vorsitzender der Heidepiraten aus Tostedt zum Thema „Mehr Demokratie“ kurz ausgetauscht. Seine Meinung: „Der Plan ist, das mehr Demokratie und mehr Bürgerbeteiligung zu mehr Interesse an Politik führt.“, „Kitastreit zeigt, das ‚Mehr Demokratie’ Thema ist.“ Und „Themen waren Jugendarbeit, Bürgerbeteiligung, mehr Demokratie. Die werden alle piratisiert :-)“

Meine Ansichten damals wie heute: „’Mehr Demokratie‘ ist so ein alter Schlagwort“ und „’Mehr Demokratie‘, weil die Politik versagt – auf Dauer wird das leider für viele Bürger ermüdend, fürchte ich“.

Gestern nun war der Bürgerentscheid in Sachen Neubau der Kindertagesstätte/Kinderhort Dieckhofstraße in der Samtgemeinde Tostedt. Von 20.961 Stimmberechtigten gaben gerade einmal 25,5 % ihre Stimme ab. Ein niederschmetterndes Ergebnis. Immerhin stimmten 3.350 (62,9 %) mit ‚ja’ und damit gegen den Neubau in der Dieckhofstraße, 1977 (27,1 %) stimmten mit ‚nein’, also dafür. Die erforderliche Mindestzahl von 5205 Ja-Stimmen wurde also deutlich nicht erreicht.

Gegner wie Befürworter der Dieckhofstraßen-Lösung werden nun das Ergebnis werten müssen. Jeder wird das ihm Angenehme hervorheben. Ohne Zweifel haben die Gegner eine klare Mehrheit erzielt. Die Gegenkampagne der Parteien, die den Ratsbeschluss zum Bau einer Kindertagesstätte am Standort Dieckhofstraße durchgesetzt haben, hat nur wenig gefruchtet. Erschreckend für mich ist aber die Interesselosigkeit fast drei Viertel der Bürger. Drei von vier stimmberechtigter Bürger haben es für nicht notwendig erachtet, ihr Recht auf direkte Bürgerbeteiligung wahrzunehmen. Vielleicht lag es am Thema: ‚lediglich’ ein Kindergarten! Vielleicht habe ich auch etwas Recht mit der Annahme, „mehr Demokratie“ ermüde auf Dauer viele Bürger. So oder so ist es ein Sieg der Gleichgültigkeit, der Ignoranz. Das ist ein Armutszeugnis und ein Freibrief für die Politik, weiterhin auch Entscheidungen zu treffen, die am Bürger vorbeizielen. Und es ist eine Ohrfeige für die Bürger, die sich für mehr Bürgerbeteiligung einsetzen.

Schade, Tostedt: Setzen, sechs!

zuletzt: Dank twitter/dunehopper hier eine aufschlussreiche Tabelle zum Bürgerentscheid – sortiert nach Beteiligung

Im Mundwinkel

Ich bin der Krümel im Winkel Deines Mundes
Du erwischst mich nicht
Mit der Zunge fährst Du
Von rechts oben nach links
Dann von links unten nach rechts
Über Deine Lippen längst
Und doch erwischst Du mich nicht.

Merkst Du mich überhaupt?
Sie merkt mich nicht!
Sie merkt mich nicht!

Krümel im Mundwinkel

Erst Dein Lachen
Wenn sich die Haut spannt
Lässt mir keinen Halt mehr
Im freien Fall
Verkrümele ich mich.

[Mir liegt die Prosa besser. Aber ab und wann überkommt selbst mich ein lyrisches Gefühl: Des Daseins Dinge – eine mögliche Sammlung]

JA beim Bürgerentscheid am 03.03.2013

Morgen ist es soweit. Zum zweiten Mal entscheiden die Bürger in Tostedt über ein Vorhaben, das im Samtgemeinderat Tostedt entschieden wurde. Es geht um den Neubau einer Kindertagesstätte/Kinderkrippe im historischen Ortskern von Tostedt.

Sehr detaillierte und fundierte Argumente gegen diesen Neubau finden sich auf historisches-tostedt-erhalten.de.

Krippenplätze zu den Kindern: JA!

Historischen Ortskern Tostedt erhalten. JA!

Bürgerentscheid am Sonntag, den 03.03.2013 – Stimmen Sie mit JA!

Die Frage beim Bürgerentscheid lautet:

Sind Sie dafür, dass der Samtgemeinderatsbeschluss vom 11.09.2012 (Kindertagesstätten/Kinderkrippenbau am Standort Dieckhofstraße) aufgehoben wird und damit verbunden keine Kindertagesstätte/Kinderkrippe am Standort Dieckhofstraße erstellt wird?

Die Grünen in Tostedt bringen es auf den Punkt – hier kurz und zusammenfassend die Argumente für ein JA beim Bürgerentscheid:

Wer mit Ja stimmt, entscheidet sich dafür, dass an diesem Standort kein Kindergarten gebaut wird.

Ja bedeutet also,

  • dass der historische Ortskern erhalten bleibt,
  • die Grundschulkinder nicht einen Großteil ihres Schulhofes verlieren,
  • das Jugendzentrum sein Außengelände behält,
  • nicht wieder ein Kindergarten mit einer sehr kleinen Außenfläche wie an der Poststraße entsteht.
  • für die Krippenkinder an wohnortnäheren Standorten sinnvollere Lösungen umgesetzt werden.
  • Krippenplätze müssen dort geschaffen werden, wo auch die Kinder sind!

    Quelle: historisches-tostedt-erhalten.de
    Quelle: historisches-tostedt-erhalten.de

    weitere Informationen zum Bürgerentscheid auf tostedt.de
    Ergebnis des Bürgerentscheids (ab 18 Uhr)

    weitere Infos siehe auch:
    Kindergartenstreit: Anfeindungen und SpekulationenKiTa Dieckhofstraße Tostedt – Jetzt streiten die Anwälte

    Tostedt, erwache!

    Trompeter von Jericho, macht Euch auf den Weg in dieses verschlafene Nest in der Nordheide, um dessen Bewohner aus ihrer winterlichen Lethargie zu wecken. Ihr domestizierten Hähne und Gockel der Gattung Gallus lasst euren Weckruf erklingen: Kikeriki und cock-a-doodle-doo!

    Verpennte Bande, erhebt Euch aus Eurem Winterschlaf: Tostedt, erwache!

    Trompeter von Jericho - © bpk / Dietmar Katz

    Der Weckruf richtet sich besonders auch an Politiker bestimmter Couleur, deren Tun oft genug auf keine Kuhhaut passt – respektive Schweinehaut! So laut kann man gar nicht trompeten und brüllen. Dem Kalk in ihren Gehirnwindungen muss auf andere Weise der Kampf angesagt werden.

    Heute ist meteorologischer Frühlingsanfang und es wird Zeit, Euch Schnarchnasen den Weg zu zeigen. Also auf!

    Um es gleich zu sagen, ich bin kein Gesundbeter, Bekehrer oder gar Bußprediger, ob religiös oder politisch, von denen es allerdings manche in diesem Ort gibt. Wenn Gott, dann nur als ‚Gott, bewahre …’! Die Sonne zeigt uns den Weg ….!

    Astrologisch ist zwar dieses Jahr erst am 20. März 12:02 MEZ Frühlingsanfang. Aber bereits in diesen Tagen erwacht endlich Schritt für Schritt die Natur. Es wird also auch Zeit für die Bewohner verschlafener Nester, aus den Betten – vom Alkoven bis Futon – zu steigen.

    Die Blechtrommel – der Film

    Am Montag habe ich von dem Roman hier berichtet. Und obwohl ich den Roman vor Tagen noch nicht zu Ende gelesen hatte, schaute ich mir seine Verfilmung aus dem Jahre 1979 erneut an. Mit Sicherheit haben mehr Menschen den Film zum Roman Die Blechtrommel von Günter Grass’ angeschaut, als ihn tatsächlich gelesen: Die Blechtrommel in der Regie von Volker Schlöndorff – u.a. mit Mario Adorf als Alfred Matzerath, dem Vater, Angela Winkler als Agnes Matzerath, der Mutter, und Berta Drews als Anna Koljaiczek, der Großmutter von Oskar Matzerath, der von David Bennent gespielt wurde. Dieser war zu Drehschluss 13 Jahre alt. Außerdem sind Katharina Thalbach als Maria Truczinski und Daniel Olbrychski als Jan Bronski in weiteren Rollen zu sehen.

    Die Blechtrommel ist der erste deutsche Film, der als Bester fremdsprachiger Film mit einem Oscar ausgezeichnet worden ist. Neben anderen Filmpreisen erhielt er auch die Goldene Palme in Cannes.

    Die Blechtrommel (1979) mit David Bennent als Oskar Matzerath

    Schlöndorff hat mit diesem Film nur die ersten beiden Bücher des Romans, die in Danzig spielen, verfilmt. So endet der Film mit der Flucht aus Danzig. Das dritte Buch, das in Düsseldorf der Nachkriegszeit spielt, sollte später verfilmt werden. David Bennent, der zeitlebens auf seine Rolle als Oskar Matzerath von der Öffentlichkeit festgelegt wurde, lehnte aber aus diesem Grund eine Fortsetzung ab.


    Die Blechtrommel: Oskar, Maria und das Brausepulver

    Weitere Videos bei YouTube siehe Account von SurrealSamuiTV

    Wie eigentlich bei jeder Literaturverfilmung, so enttäuscht auch dieser Film im Vergleich zum Buch einwenig, da die satirisch-grotesken Züge des Romans hier ziemlich abgemildert wurden, obwohl sich Schlöndorff sehr stark an dem Roman hielt. So sollte man Buch und Film jeweils gesondert für sich sehen. Der Film lebt von der Darstellung. Alles, was damals Rang und Namen im deutschen Filmschaffen hatte, wirkte bei dem Film mit. Und so kann man auch heute noch genüsslich zusehen, wie Oskar die Erwachsenenwelt mit seiner Trommel aufs Korn nimmt. Es ist ein Protest gegen die verlogene, intrigante Welt der Großen, die sich ihm einerseits im Terror der Nazis, andererseits in diversen Sex-Affären seiner Familienmitglieder offenbart.

    Topf und Deckel

    Es wird gesagt:
    Jeder Topf findet sein Deckelchen.

    Mancher Topf wartet lang
    28 Jahre vielleicht.
    Auch mancher Deckel findet nicht gleich
    Vielleicht erst nach über 40 Jahren.

    Die Suppe kocht im Topf
    Auch ohne Deckel.
    Und ein Deckel bedeckt
    Auch ohne Topf.

    Topf und Deckel
    Quelle: montagsmalerin.de

    Manchem Topf passen viele Deckel.
    Und manch DIN-genormter Deckel passt zu vielen Töpfen.
    Aber lang währt ‚die Freundschaft’ nicht.

    Da mag ein Topf ungewohnte Formen
    Und ein Deckel ungewöhnliche Größe haben.
    Und was vielleicht auf Anhieb nicht passt,
    wird dann passend gemacht.

    Am Schluss dann doch:
    Jeder Topf findet sein Deckelchen.

    [aus: Des Daseins Dinge – eine mögliche Sammlung]


    Lilo PulverJedes Töpfchen find sein Deckelchen 1962

    [Hurra, ich werde senil! Topf und Deckelchen, bei mir piepen sie nicht mehr alle richtig! Demnächst buddle ich auch noch im Sand! Und dann auch noch die gute, alte Lieselotte, ha! Wahrscheinlich hat mir jemand etwas in den Tee getan!]

    Nachtrag: Hat man erst ein Thema beim Wickel, dann stolpert man über weiteres Material – wie zum Beispiel das am Schluss folgende Kalenderblatt für den Februar 2013. Passt doch zum Thema, oder? Und abends lese ich in Grimms Wörter von Günter Grass dann den Buchstaben D betreffend und die Bedeutung von ‚dafür’ und ‚dagegen’ den folgenden Abschnitt:

    Und schon ist dem dafür ein dagegen gesetzt, auch dargegen wie bei Hans Sachs: „mir grauet aber hart dargegen, mein hand an meinem herrn zu legen.“ Wenn jemand jedoch Hilfe erhalten hat und dagegen Treue verpfändet, steht dagegen auch für dafür, weil „die braut nicht schön, dagegen klug sein kann.“ Und weitere Beispiele, die dafür wie dagegen sprechen, damit am Ende jeder Topf seinen Deckel drauf hat.

    Günter Grass: Grimms Wörter – eine Liebeserklärung – dtv 14084 – Deutscher Taschenbuch Verlag, 2012 – S. 137)

    Warten ... ... auf den richtigen Partner!

    Günter Grass: Die Blechtrommel

      Was soll ich noch sagen: Unter Glühbirnen geboren, im Alter von drei Jahren vorsätzlich das Wachstum unterbrochen, Trommel bekommen, Glas zersungen, Vanille gerochen, in Kirschen gehustet, Luzie gefüttert, Ameisen beobachtet, zum Wachstum entschlossen, Trommel begraben, nach Westen gefahren, den Osten verloren, Steinmetz gelernt und Modell gestanden, zur Trommel zurück und Beton besichtigt, Geld verdient und den Finger gehütet, den Finger verschenkt und lachend geflüchtet, aufgefahren, verhaftet, verurteilt, eingeliefert, demnächst freigesprochen. Feiere ich heute meinen dreißigsten Geburtstag und fürchte mich immer noch vor der Schwarzen Köchin – Amen.

    So fasst Oskar Matzerath seine bisherige Lebensgeschichte wie ein Gebet zusammen und so steht es kurz vor dem Ende des Romans in Günter Grass’: Die Blechtrommel (S. 490 – Sonderausgabe Sammlung Luchterhand 147 – 13. Auflage 1979 – Hermann Luchterhand Verlag, Darmstadt und Neuwied).

    Oskar Matzerath, der kaschubische Trommler, dürfte wohl eine der bekanntesten Romanfiguren der deutschen Nachkriegsliteratur sein. Und mit Romanen wie Martin Walsers Roman „Halbzeit“ (1960 erschienen) ist die Blechtrommel (1959) eine Art „Meilenstein“ der Literatur nach dem 2. Weltkrieg.

    Zusammen mit der Erzählung „Katz und Maus“ und dem Roman „Hundejahre“ zählt „Die Blechtrommel“ zur „Danziger Trilogie“, die Günter Grass in einem Zusammenhang von Ereignissen, Figuren und Zeitumständen gestellt hat.

    ( ebook – german – deutsch) grass, günter – die blechtrommel by Sternenfisch

    Zunächst wollte kein Verlag den Roman veröffentlicht. Und als der dann erschien, löste er in der Kritik kontroverse Diskussionen aus. So verweigerte Bremens Senat dem Autor den von einer unabhängigen Jury zugesprochenen Bremer Literaturpreis 1960. Aus heutige Sicht wenig verständlich. Der Roman verhalf immerhin der bis dahin im Ausland wenig beachteten deutschen Nachkriegsliteratur auch über die Grenzen hinweg zu Aufmerksamkeit.

    In diesen Tagen habe ich den Roman wiedergelesen und mich erneut an der überbrodelnden Fabulierlust des Autors erfreut. Wer kennt sie nicht, die vier Röcke der Großmutter, mit denen der Roman beginnt, wie Oskar, wenn immer wieder die Leute versucht sind, ihm die zum 3. Geburtstag geschenkte Blechtrommel zu entreißen, alles Glas zersingt – selbst die Brillengläser der Lehrerin zum Schulbeginn. Und dann trommelt Oskar unter der Tribüne und bringt der Aufmarsch der Nationalsozialisten durcheinander. Bekannt dürfte auch die ‚Karfreitagskost’ sein, Aale, die mit Hilfe eines Pferdekopfes aus der Ostsee gefischt wurden und am Ende Oskars Mutter das Leben kosten. Der Kampf um die polnische Post und die Erschießung des Onkel Jan Bronski. Das Brausepulver, wie es zu einem erotisch gefärbten Abenteuer zwischen Oskar und Maria Truczinski wird. Dann versucht Oskar der Jesus-Figur in der Herz-Jesu-Kirche das Trommeln beizubringen. Und wie Oskar indirekt den Tod seiner Mutter und seines Onkels verursacht, so bewirkt er auch den Tod seines vermutlichen Vaters, Alfred Matzerath. Während das erste und zweite Buch des Romans in Danzig vor und während des 2. Weltkriegs spielt, so spielt das 3. Buch in Düsseldorf. Hier finden wir Oskar Matzerath in der Nachkriegszeit u.a. als Trommler der Jazz-Band „The Rhine River Three“ in dem Lokal „Zwiebelkeller“ wieder, dort wo durch das Zerschneiden von Zwiebeln die Besucher dazu gebracht werden sollen, ihren persönlichen Problemen Ausdruck zu verleihen. Kurz gesagt, im ganzen Lokal wird geweint.

    Siehe auch meinen Beitrag: Oh, Ohr, geschwungen schön …

    „Mit seinem … Roman (Die Blechtrommel) hat sich Grass einen Anspruch darauf erworben, entweder als satanisches Ärgernis verschrien oder aber als Prosaschriftsteller ersten Ranges gerühmt zu werden. Unserem literarischen Schrebergarten, mögen seine Rabatten sich biedermeierlich oder avanciert-tachistisch geben, zeigt er, was eine Harke ist. Dieser Mann ist ein Störenfried, ein Hai im Sardinentümpel, ein wilder Einzelgänger in unserer domestizierten Literatur …“ H.M. Enzensberger

    Es ist natürlich bekannt, dass der Roman viele autobiografische Bezüge zum Autoren, Günter Grass, hat. Oskars Heimat Danzig ist natürlich auch die Heimat von Günter Grass gewesen – bis hin zum gemeinsamen Geburtshaus der beiden im Labesweg 13 in Danzig-Langfuhr. Dort wo Oskar trommelte, spielte auch der Autor der Blechtrommel in seiner Kindheit. Das Haus mit der Nummer 13 liegt dort an der Hertastraße: Wilhelm Graß Kfm.

    Danzig-Langfuhr, Labesweg 13

    Längst wurde aus Danzig Gdańsk, aus dem Stadtteil Langfuhr Wreszcz und die Straße Labesweg zur Ulica Lelewela, genauer: ul. Joachima Lelewela (Fotos von einer Bildungsreise siehe unter fo-net.de)


    Danzig-Langfuhr, Labesweg 13 (Gdansk, Ulica Joachima Lelewela 13)
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    Im dritten Buch des Romans, das in Düsseldorf spielt, sucht sich Oskar eine eigene Wohnung und findet ein Zimmer als Untermieter bei den Eheleuten Zeidler in der Jülicher Straße 7, wo er den Musiker Klepp kennen lernt – und auch das nächtliche Abenteuer mit der Krankenschwester Dorothea erlebt. Auch diese Adresse gibt es. Ob sie mit der im Roman übereinstimmt, vermag ich nicht zu sagen. Es fehlt heute der Hof, wo sich bei Grass Anfang der 50er Jahre das Sargmagazin befand:


    Düsseldorf, Jülicher Straße 7
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    Von den vier Adressen, die mir die freundlichen Leutchen in der Studentenvertretung der Akademie überlassen hatten, gab ich der Adresse: Zeidler, Jülicher Straße 7, den Vorrang, weil ich es von dort nah zur Kunstakademie hatte.

    Anfang Mai, es war heiß, dunstig und niederrheinisch, machte ich mich mit genügend Bargeld versehen auf den Weg. Maria hatte mir meinen Anzug gerichtet, ich sah manierlich aus. Jenes Haus, in dessen dritter Etage Zeidler eine Dreizimmerwohnung bewohnte, stand in bröckelndem Putz hinter einer staubigen Kastanie. Da die Jülicher Straße zur guten Hälfte aus Trümmern bestand, konnte man schlecht von Nachbarhäusern und dem Haus gegenüber sprechen. Links ein mit verrosteten T-Trägern durchwachsener, Grünzeug und Butterblumen treibender Berg die einstige Existenz eines vierstöckigen Gebäudes vermuten, das sich dem Zeidlerschen Haus angelehnt hatte. Rechts war es gelungen, ein teilzerstörtes Grundstück bis zum zweiten Stockwerk wieder instandzusetzen. Doch mochten die Mittel nicht ganz gereicht haben. Es galt noch die lückenhafte, vielfach gesprungene Fassade aus poliertem schwarz-schwedischen Granit auszubessern. Der Inschrift „Begräbnisinstitut Schornemann“ fehlten mehrere, ich weiß nicht mehr welche, Buchstaben. Glücklicherweise waren die beiden, keilförmig vertieften, den immer noch spiegelglatten Granit zeichnenden Palmenzweige unbeschädigt geblieben, konnten so mithelfen, dem lädierten Geschäft eine halbwegs pietätvolle Ansicht zu geben.

    Das Sargmagazin dieses schon seit fünfundsiebenzig Jahren bestehenden Unternehmens befand sich auf dem Hof und sollte mir von meinem Zimmer, das nach hinten sah, oft genug betrachtenswert sein. Den Arbeitern sah ich zu, die bei gutem Wetter einige Särge aus dem Schuppen rollten, auf Holzböcke stellten, um die Politur dieser Gehäuse, die sich alle auf mit wohlvertraute Art zum Fußende hin verjüngten, mit allerlei Mittelchen aufzufrischen.

    Zeidler selbst machte auf, nachdem ich geklingelt hatte. Er stand klein, untersetzt, kurzatmig, iglig in der Tür, trug eine dickglasige Brille, verbarg die untere Gesichtshälfte hinter flockigem Seifenschaum, hielt sich rechts den Pinsel gegen die Wange, schien ein Alkoholiker und, der Sprache nach, ein Westfale zu sein.

    „Wenn Ihnen das Zimmer nich gefällt, sagen Sie es gleich. Ich bin beim Rasieren und muß mir noch die Füße waschen.“

    Zeidler liebte keine Umstände. Ich sah mir das Zimmer an. Es konnte mir nicht gefallen, weil es ein außer Betrieb gesetztes, zur guten Hälfte türkis-grün gekacheltes, ansonsten unruhig tapeziertes Badezimmer war. Dennoch sagte ich nicht, das Zimmer könne mir nicht gefallen. Ohne Rücksicht auf Zeidlers trocknenden Seifenschaum, auf seine ungewaschenen Füße, beklopfte ich die Badewanne, wollte wissen, ob es nicht ohne Wanne gehe, die habe doch ohnehin kein Abflussrohr.

    Lächelnd schüttelte Zeidler seinen grauen Igelkopf, versuchte vergeblich mit dem Rasierpinsel Schaum zu schlagen. Das war seine Antwort, und so erklärte ich mich bereit, das Zimmer mit Badewanne für monatlich vierzig Mark zu mieten.
    (S. 395 f.)

    Tostedter Politposse

    Wer sich wundert, dass mein Beitrag „Töster K l ü n g e l“ nicht mehr online ist, dem sei gesagt: Von CDU-Seite (Gemeinderat Tostedt) wurde erwägt, gegen meinen Blog rechtliche Schritte einzuleiten. Nun habe ich also den Schwanz eingezogen, wie man sagt, weil ich keinen Bock auf ‚Scherereien’ habe. Ich habe nicht die finanziellen Mittel, um dagegen ‚anzustinken’.

    Ich gebe zu, eine saftige Polemik geschrieben zu haben. Und indirekt habe ich auch Vorwürfe erhoben, für die ich keine konkreten Beweise habe. Wie gesagt indirekt, denn ich habe eigentlich nur Fragen gestellt. Aber das Fragenstellen bekommt gewissen Kreisen nicht.

    Die Auseinandersetzungen um den Neubau einer Kindertagesstätte/Kinderhort in Tostedt haben inzwischen Züge angenommen, die man nur noch als Politposse bezeichnen kann. Da werden Halbwahrheiten verbreitet, da wird gerichtlich gedroht (wie jetzt gegen mich). Das Ganze lässt sich nicht mehr auf einen gemeinsamen Nenner bringen. Keiner will und wird nachgeben. Es geht ein Riss durch die Landschaft, der sich so schnell nicht wird kitten lassen. Schade eigentlich – oder auch nicht. Der Gott des Gemetzels hat das Wort …!