Ist Spanien, ist der FC Barcelona immer noch das Maß aller Dinge im Fußball? Ist Tiki-Taka vielleicht out? Nun bei FC Barcelona läuft es zz. nicht so, wie man es lange Zeit gewohnt war. Erst eine Niederlage gegen aufopfernd spielende Schotten (Celtic Glasgow) in der Gruppenphase der Champions League. Dann die Niederlage ausgerechnet beim Berlosconi-Club AC Mailand im Achtelfinale. Und jetzt zwei Niederlagen in Folge beim Clásico gegen Real Madrid.
Tiki-Taka verlangt ein hohes Maß an Intuition, an gegenseitigem Verständnis zwischen den Spielern und an Konzentration. Tiki-Taka geht nur mit Spielwitz, mit Esprit. Fehlt es an einem, dann rächt sich dieses taktische Konzept sehr schnell und verkommt zu einem Rasenschach, das Mannschaften eigentlich nur spielen, wenn ihnen die zündende Idee fehlt. Für den Zuschauer wird es dann schnell unerträglich langweilig. Da mag man den Gegner laufen lassen und 70 bis 80 % Ballbesitz haben. Ohne geniale Pässe, z.B. aus der Tiefe des Raums in die sich lösende Spitze, geht dann nichts. Und dann rächen sich schon kleinste Fehler. Man tappt gewissermaßen in die eigene Falle.
Das beste Beispiel war die Fußball-Europameisterschaft 2012 in Polen und der Ukraine, als alle Welt ähnlich wie jetzt glaubte, diese spanische Variante des Fußballspiels ad acta gelegt zu sehen. Bis dann das Endspiel kam: Das Beste kommt bekanntlich zuletzt. Die Spanier waren plötzlich hochmotiviert, voll konzentriert und von einem Ideenreichtum, dem sich die Italiener nur staunend beugen konnten.
Ähnlich sehe ich das heute. Beim FC Barcelona, dem typischen Vertreter des Tiki-Taka, läuft es zz. eben nicht optimal. Hinzu kommt, dass jede Mannschaft, die gegen die Katalanen spielt, besonders motiviert auftritt. Lässt man dann große Chancen aus, so können auch Messi & Co. schnell einmal auf der Verliererstraße landen. Die Krise wird ebenso schnell groß geredet und setzt sich in den Köpfen der Spieler fest.
Wäre Tiki-Taka wirklich out, dann hätten sich die Bayern mit der Verpflichtung von Pep Guardiola, dem Ex-Trainer des FC Barcelona, einen Bärendienst erwiesen.
Nun droht dem spanischen Fußball und damit der Primera División eine völlig andere Krise – eine wirtschaftliche nämlich. „Wenn die Prognose des spanischen Wirtschaftsprofessors José Maria Gay de Liebana stimmt, dann könnte schon bald Schluss sein mit Profi-Fußball in Spanien. Der Wissenschaftler hat die These aufgestellt, dass der spanischen Elite-Liga gerade einmal noch fünf Jahre bleiben, bevor der Spielbetrieb eingestellt werden muss. Der Grund: Die Clubs sind heillos überschuldet, nur Barça und Real sind in der Lage, ihr Defizit einigermaßen auszugleichen – dank ihrer hohen Einnahmen, zum Beispiel aus Fernsehgeldern, Sponsorenverträgen, sowie Ticket- und Fanartikel-Verkauf.
Der Rest der Liga aber steuert auf den Konkurs zu oder ist bereits faktisch insolvent. Der Gesamtstand der Schulden allein in der Primera Division beträgt rund 3,6 Milliarden Euro. Spannende Duelle gibt es – abgesehen vom Clasico, dem Duell zwischen Barcelona und Madrid – innerhalb der Liga kaum. Die Zuschauerzahlen lassen dementsprechend zu wünschen übrig. Nur 28.000 Besucher kommen im Durchschnitt zu den Spielen. Voll wird es nur, wenn es gegen Real oder Barça geht. Deshalb müssen nun auch die beiden Großen umdenken, damit ihnen nicht innerhalb kurzer Zeit die Gegner ausgehen.“ (Quelle: wdr.de)
Hier nur zwei Beispiele: Zunächst der FC Valencia, der durch die Immobilienkrise und Spekulationen inzwischen der Verein mit den höchsten Schulden in Spanien ist. „Zur Saison 2010/11 konnte Valencia durch den Verkauf von Leistungsträgern wie David Villa und David Silva einen Teil der Schulden tilgen. Die finanzielle Situation ist trotzdem weiterhin angespannt und man versucht, einige Top-Verdiener von der Gehaltsliste zu bekommen und setzt stattdessen auf jüngere und günstigere Spieler.“ Besonders verheerend wirkt sich dabei der Neubau des Stadions Nou Mestalla aus. Die Bauarbeiten begannen im August 2007 und sind bis heute nicht fertig geworden, da ein Baustopp verfügt wurde. 160 Millionen Euro wurden bisher ausgegeben. Mindestens die gleiche Summe wird für die Fertigstellung benötigt.
Dann der FC Málaga: 2010 wurde der Verein von Scheich Abdullah Bin Nasser Al Thani aus Katar für 25 Millionen Euro aufgekauft. „Außerdem kam der neue Eigentümer auch für Malágas Verbindlichkeiten in Höhe von ca. 70 Millionen Euro auf. In der Folgezeit bekam der Verein professionellere Strukturen – vor allem durch die Verpflichtung des Generalmanagers Fernando Hierro und des mehrfachen Nationalspielers Ruud van Nistelrooy.“ „Im August 2012 wurde bekannt, dass Klubeigentümer Al Thani den Verein zum Verkauf freigegeben hat. Nach den erheblichen Investitionen in den Vorjahren blieben plötzlich die Gelder aus, die zuvor regelmäßig in die Vereinskasse geflossen waren.“
Nach einem vierten Platz in der spanischen ersten Liga spielt der Verein zz. im Achtelfinale der Champions League gegen den FC Porto (Hinspiel in Porto mit 1:0 verloren). „Im Zuge der genannten wirtschaftlichen Probleme hat die UEFA am 21. Dezember 2012 im Rahmen des Financial-Fair-Play den FC Málaga für die Teilnahme an der Europapokalsaison 2013/14 gesperrt.“
Zu einem sind es astronomisch ansteigende Spielergehälter und Ablösesummen, die nicht mehr aus den laufenden Einnahmen bestritten werden können, zum anderen wie in Spanien artfremde Fehlspekulationen und die Wirtschaftskrise insgesamt, die dazu führen, dass renommierte Vereine faktisch pleite sind.
In Deutschland sieht die Situation noch anders aus. Zwar ist Bayern München – ähnlich wie in Spanien Real Madrid und der FC Barcelona – der Großverdiener der Branche. Aber noch werden die Gelder aus TV-Übertragungen und Sponsorenverträgen weitaus gerechter verteilt. Das Beispiel des SV Werder Bremen zeigt allerdings, dass auch in Deutschland Vereine wirtschaftlich anfällig sind. Entfallen z.B. die Gelder aus der Teilnahme an der Champions League, dann können Großverdiener wie Özil, Mertesacker, Tim Wiese oder Pizarro nicht mehr gehalten werden. Und plötzlich dümpelt so ein Verein gerade noch im Mittelfeld herum ohne die Chance, in Zukunft an die ‚Fleischtöpfe’ internationaler Wettbewerbe zurückzukehren. Auch Sponsoren springen dann schnell ab.
Was also tun? Die Ablösesummen deckeln? Sicherlich ein Ansatzpunkt, aber gerade kleine Vereine können sich dadurch über Wasser halten, indem sie durch den Erlös beim Verkauf von Leistungsträgern ihren Haushalt sanieren. Es sind nach meiner Meinung besonders die Spielergehälter, die exorbitant in die Höhe geschossen sind und kaum noch den Leistungen entsprechen, die die Spieler erbringen. Sicherlich soll ein guter Spieler auch gut verdienen, aber gemäß seiner Leistung. Und mancher Spieler, der fast nur noch seine Trainingseinheiten absolviert und ansonsten viel Sitzfleisch auf der Auswechselbank beweist, muss nicht mit horrenden Summen bedacht werden.
Profifußball, da geht kein Weg vorbei, ist ein Geschäft. Und die Manager bei den Vereinen müssen längst nicht nur fußballerischen Sachverstand besitzen, sondern auch von wirtschaftlichen Zusammenhängen etwas verstehen. Das wurde natürlich längst erkannt. Die Liga in Spanien kann da nur abschreckendes Beispiel sein. Und so sollte man europaweit vorbeugende Maßnahmen treffen, um auch weiterhin wirtschaftlich gesunde Vereine, die sportlich attraktiven Fußball bieten, zu haben. Ob nun mit Tika-Taka oder ohne …!
Nachtrag: Nein, Tiki-Taka ist lange noch nicht out. Messi & Co zaubern, wenn’s sein muss. Der AC Mailand konnte am Abend des 12.03.2013 nur staunen: Habemus Messi! Und Messi macht den Unterschied! Bravo!