Alle Artikel von WilliZ

Über WilliZ

Wurde geboren (in Berlin-Schöneberg), lebt (nach einem Abstecher nach Pforzheim, längere Zeit in Bremen und Hamburg) in dem Örtchen Tostedt am Rande der Lüneburger Heide - und interessiert sich für Literatur, Musik, Film und Fotografie (sowohl passiv wie aktiv) ... Ach, und gern verreise ich auch!

Auf des Messers Schneide

Da hat bei dieser Fußballeuropameisterschaft in Polen und der Ukraine die Mannschaft der Niederlande mit Robin van Persie den Torschützenkönig der englischen Premier League und mit Klaas-Jan Huntelaar den Torschützenkönig der Bundesliga und trotzdem scheidet die Elftal bereits nach der Vorrunde ohne Punkte aus. Ausgerechnet Cristiano Ronaldo, der in den Spielen gegen Deutschland und Dänemark völlig enttäuschte, gab den Holländern mit seinen zwei Toren den ‚Gnadenschuss’ und sicherte so dem portugiesischen Team den Einzug ist Viertelfinale (gegen Tschechien).

Die deutsche Mannschaft wurde mit ihrem dritten Sieg im dritten Spiel in dieser Gruppe B gegen Dänemark Gruppenerster und spielt nun am Freitag gegen Griechenland. Dabei stand das Weiterkommen auf des Messers Schneide, denn bis zur 80. Minute stand es zwischen Deutschland und Dänemark 1:1, während die Portugiesen bereits führten. Nur ein Tor der Dänen und die deutsche Mannschaft wäre als Gruppendritter ausgeschieden. Eine Riesenchance hatten die Dänen bereits verpasst. Da erlöste Lars Bender, den der Bundestrainer für den gelbgesperrten Jérôme Boateng als rechten Verteidiger aufgeboten hatte, mit seinem Tor das deutsche Team. Souverän sieht anders aus.

Gruppe B: Dänemark - Deutschland 1:2 (Lars Bender nach dem 1:2)

Nach der Leistungssteigerung gegen die Niederlande gab es trotz des Sieges wieder einen deutlichen Rückschritt in den spielerischen Leistungen. Nach anfänglich gutem Spiel und dem baldigen Tor stellten sich die Dänen immer besser auf die Deutschen ein. Und nach dem Ausgleich lief nicht mehr viel zusammen. Das ideenlose Kurzpassspiel ohne Raumgewinn erinnerte nur entfernt an das der Spanier. Erschreckend die vielen Fehlpässe und mancher technische Fehler (die Kritik an Mario Gomez muss um diese Fehlerhaftigkeit erweitert werden). Gegen die Griechen rechne ich wieder mit einer dann allerdings auch nötigen Steigerung der spielerischen Stärke.

Ja mit meinen Tipps (siehe meinen Beitrag Never change a winning team) liege ich natürlich sehr oft daneben. Wer rechnet aber auch schon damit, dass die Russen gegen die Griechen verlieren. Obwohl … So langsam kennt man das Spiel der Griechen. Und die deutsche Mannschaft sollte am Freitag gewarnt sein … Natürlich liegt es auch am Austragungsmodus, der bei Punktegleichheit den direkten Vergleich heranzieht (und nicht das Torverhältnis – dann wäre nämlich Russland 2. der Gruppe A geworden). Ich finde den Modus aber okay. Dadurch kommt noch mehr Spannung in den 3. Vorrundenspieltag.

Auch in der ‚Tendenz’ kommen meine Tipps langsam ins Wanken (noch einmal: „Für mich wäre aber ein Halbfinale mit dem deutschen Team, Russland (vielleicht doch den Niederlanden), Spanien und Frankreich denkbar.“). Statt Russland steht jetzt Portugal (oder Tschechien).

Hier noch einmal meine Tipps und die tatsächlichen Ergebnisse (in Klammern) vom 2. Spieltag der Vorrunde:

Gruppe C
14.06. 18:00 Italien – Kroatien 2:2 (Ergebnis: 1:1)
14.06. 20:45 Spanien – Irland 3:1 (Ergebnis 4:0)

Gruppe D
15.06. 18:00 Ukraine – Frankreich 1:2 (Ergebnis 0:2)
15.06. 20:45 Schweden – England 1:2 (Ergebnis 2:3)

… und die Tipps und Ergebnisse der bereits ausgeführten Spiele des letzten Spieltags:

Gruppe A
16.06. 20:45 Griechenland – Russland 0:2 (Ergebnis 1:0)
16.06. 20:45 Tschechien – Polen 1:2 (Ergebnis 1:0)

Gruppe B
17.06. 20:45 Portugal – Niederlande 1:2 (Ergebnis 2:1)
17.06. 20:45 Dänemark – Deutschland 1:3 (Ergebnis 1:2)

Entsprechend meinen Tipps wäre in Gruppe A Russland Erster und Polen Zweiter, in Gruppe B Deutschland 1. und die Niederlande 2. Gerade Deutschland habe ich also richtig getippt (Asche auf mein Haupt).

Und hier nun meine Tipps zu den verbleibenden Spielen heute und morgen. Danach würden aus Gruppe C Spanien (Gruppenerster – Viertelfinalspiel wäre dann am Samstag gegen den Zweiten der Gruppe D) und Italien, aus Gruppe D Frankreich (Gruppenerster) und England ins Viertelfinale einziehen. Vielleicht liege ich diesmal nicht ganz so verkehrt. Wenn Spanien wirklich Erster werden sollte, dann wird das deutsche Team erst im Finale auf die Spanier treffen. Wenn das Wörtchen ‚wenn’ nicht wäre …

Gruppe C
18.06. 20:45 Kroatien – Spanien 1:3
18.06. 20:45 Italien – Irland 2:1

Gruppe D
19.06. 20:45 Schweden – Frankreich 1:2
19.06. 20:45 England – Ukraine 2:1

Ach übrigens Austragungsmodus: Sollten sich Kroatien-Spanien 2:2 trennen, dann können die Italiener 20:0 gegen Irland gewinnen, sie wären trotz Punktegleichheit mit Spanien und Kroatien ‚draußen‘.

Heute Ruhetag (15): Rainer Maria Rilke – Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge

Rainer Maria Rilke (1875 in Prag; † 1926 bei Montreux, Schweiz) war einer der bedeutendsten Lyriker deutscher Sprache. Bekannt sind seine Duineser Elegien oder die Sonette an Orpheus. Allerdings verfasste er nur einen Roman: Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge ist ein 1910 veröffentlichter Roman in Tagebuchform. Der Roman wurde 1904 in Rom begonnen und reflektiert unter anderem die ersten Eindrücke eines Paris-Aufenthaltes des Autors von 1902/03.

Heute Ruhetag!

11. September, Rue Toullier.

So, also hierher kommen die Leute, um zu leben, ich würde eher meinen, es stürbe sich hier. Ich bin ausgewesen. Ich habe gesehen: Hospitäler. Ich habe einen Menschen gesehen, welcher schwankte und umsank. Die Leute versammelten sich um ihn, das ersparte mir den Rest. Ich habe eine schwangere Frau gesehen. Sie schob sich schwer an einer hohen, warmen Mauer entlang, nach der sie manchmal tastete, wie um sich zu überzeugen, ob sie noch da sei. Ja, sie war noch da. Dahinter? Ich suchte auf meinem Plan: Maison d’Accouchement. Gut. Man wird sie entbinden – man kann das. Weiter, Rue Saint-Jacques, ein großes Gebäude mit einer Kuppel. Der Plan gab an Val-ge-grâce, Hôpital militaire. Das brauchte ich eigentlich nicht zu wissen, aber es schadet nicht. Die Gasse begann von allen Seiten zu riechen. Es roch, soviel sich unterscheiden ließ, nach Jodoform, nach dem Fett von Pommes frites, nach Angst. Alle Städte riechen im Sommer. Dann habe ich ein eigentümlich starblindes Haus gesehen, es war im Plan nicht zu finden, aber über der Tür stand noch ziemlich leserlich: Asyle de nuit. Neben dem Eingang waren die Preise. Ich habe sie gelesen. Es war nicht teuer.

Rainer Maria Rilke

Rainer Maria Rilke: Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge

Langer Tag der StadtNatur Hamburg

Heute und morgen (16. und 17. Juni 2012) kann man Hamburgs Natur zu Wasser und an Land erleben: Langer Tag der StadtNatur Hamburg. Das Motto lautet: Einfach mal blaumachen!

Langer Tag der StadtNatur Hamburg

In über 100 Veranstaltungen kann Mann und Frau und Kind die Natur in der Stadt Hamburg kennen lernen. Da ist mit Sicherheit für jeden etwas dabei: Von einer Kanutour über eine Radtour zu den Störchen bis hin zu Kletteraktionen und Seilparcours (bei einigen Veranstaltungen ist eine Anmeldung notwendig).

Das Programmheft als PDF zum Durchblättern und/oder herunterladen.

André Gide: Die Falschmünzer

    How weary, stale, flat and unfrofitable
    Seems to me all the uses of ths world!

    Wie ekel, schal und flach und unersprießlich
    Scheint mir das ganze Treiben dieser Welt!

    William Shakespeare: Hamlet – Prinz von Dänemark
    (Übersetzt von August Wilhelm von Schlegel)
    1. Akt – 2. Szene

Unter diesem Motto von Shakespeare steht ein Kapitel in dem Roman Die Falschmünzer von André Gide (Originaltitel: Les Faux-Monnayeurs), das ich in folgender Ausgabe vorliegen habe: dtv Deutscher Taschenbuch Verlag, München, 2. Auflage Mai 1982, 18. bis 27. Tausend. Die Übersetzung ins Deutsche erfolgte von Ferdinand Hardekopf. Es handelt sich dabei um die erste Übersetzung von 1928. Der Roman selbst wurde 1925 veröffentlicht.

Für zwei weitere Kapitel stellt Gide Zitate aus Shakespeares Romanze „Cymbeline“ als Motto voran; u.a. findet sich auf Seite 51 aus dem 2. Akt – 5. Szene die Aussage von Posthumus:

    We are all bastards;
    And that most venerable man which I
    Did call my father, was I know not where
    When I was stamp’d;

Zu Deutsch und etwas ausführlicher, da wir hier auch den Bezug zum Romantitel finden:

    Kann denn kein Mensch entstehn, wenn nicht das Weib
    Zur Hälfte wirkt? Bastarde sind wir alle,
    Und der höchst würdge Mann, den ich stets Vater
    Genannt, war, weiß der Himmel wo, als ich
    Geformt ward
    , und Falschmünzerwerkzeug prägte
    Als falsches Goldstück mich.

Ort der Romanhandlung ist Paris zu Beginn des 20. Jahrhunderts.

„Eine Gruppe junger Gymnasiasten will der großbürgerlichen Scheinwelt der Elternhäuser entfliehen, erwachsen werden auf dem Gebiet der Moral, der Kunst, der Erotik. Die zynische Eleganz der literarischen Welt erweist sich als verführerische Droge: Da ist Robert de Passavant, Erfolgsschriftsteller mit homosexuellen Neigungen; und da ist Edouard, Onkel eines der Jungen, aus dessen Tagebuchnotizen wir einen Großteil der Geschichte erfahren. Diese Notizen sind Vorarbeiten zu einem Roman mit dem Titel – ‚Die Falschmünzer’ …“
(aus dem Klappentext zu einer Neuübersetzung)

Jener Junge, Olivier, dessen Onkel Edouard ist, stellt fest, dass der Mann seiner Mutter nicht sein leiblicher Vater ist. Er ist also das, was man schlechthin einen Bastard zu nennen pflegte.

„So beginnt das Spiel mit dem Leser. Doch der ‚Roman im Roman’ ist nur ein Teil des erzählerischen Raffinements. Aus Briefen, Dialogprotokollen, Berichten entsteht ein spannendes Rätsel, das den Spürsinn herausfordert wie ein Detektivroman. Schließlich geht es nicht nur um intellektuelle Falschmünzerei, sondern um wirkliches Falschgeld und um einen mysteriösen Selbstmord.“

„‚Die Falschmünzer’ sind ein kühnes Experiment und eine der hervorragenden Leistungen des modernen Epik. Zum ersten Mal wird hier der Roman selbst zum Gegenstand des Romans.“
(aus dem Klappentext zur dtv-Ausgabe)

André Gide (1869-1951) wurde streng puritanisch erzogen und setzte sich später rückhaltlos für die Freiheit des Individuums gegenüber Kirche, Konvention und Moral ein. Seinen Zeitgenossen und vielen seiner konservativen Autorenkollegen galt Gide als gefährlich, als der große Seelenverderber. Der Nobelpreisträger von 1947 hat aufgrund seines außergewöhnlichen Werkes längst seinen Platz in der Weltliteratur gefunden. Gide zählt zu den wichtigsten französischen Schriftstellern seiner Generation. Er hat das geistige Gesicht des 20. Jahrhunderts entscheidend mitgeprägt.

„Gides von blendendem Kunst-Verstand diktierter Roman, in dem mehr ‚Können’ als ‚Müssen’ am Werke ist, gehört mit den Hauptwerken von Proust, Musil, Joyce und Faulkner zu den großen Initiativleistungen der modernen Epik.“

    Also vorwärts, Bernard, aufs offene Meer hinaus! (S. 53)

Selten hat mich ein Roman so beschäftigt. Es geht eine eigentümliche Faszination vom ihm aus. Er ist spannend wie ein Kriminalroman. Und ich halte ihn für ausgesprochen aktuell. Sicherlich ist die großbürgerliche Welt des Paris von vor etwa 90 Jahren eine andere als die ‚normalbürgerliche’ unserer Tage. Die „Konventionen“, die äußerliche Umgangsweise der agierende Personen ist eine andere. Aber die Dämonen, die damals die Menschen zu ihrem Tun getrieben haben, nehmen auch heute noch von diesen Besitz.

    Mit mir ist es so weit gekommen, daß ich mich frage, ob nicht vielleicht der Zweifel selbst den einzigsten Halt in unserem Dasein bieten könnte … (S. 168)

Wie schon zu erkennen ist, ist der Roman ein Entwicklungsroman, das aber in zweifacher Hinsicht. Zum einen betrifft es die Entwicklung junger Menschen (im Alter von ca. 17 oder 18 Jahren, aber auch jünger) und schildert deren Reifeprozess. Zum anderen beschreibt er die Entwicklung des Sujets hin zu einem Roman.

    Allerdings mißtraue ich Gefühlen, die gar so rasch ihren Ausdruck finden. (S. 191)

Im Mittelpunkt stehen die Gymnasiasten Bernard und Olivier, beide 17 oder 18 Jahre alt, die kurz vor ihrer schulischen Abschlussprüfung stehen. Zu dieser Zeit kehrt Edouard, der Onkel von Bernard, nach Paris zurück. Er ist Schriftsteller wie der Graf Passavant, ein reicher, snobistischer Modeschriftsteller mit homosexuellen Neigungen, dessen geistreiche Eleganz die jungen Männer zum Vorbild nehmen. Dieser neigt allerdings zu Zynismus und Manipulation und weiß die Gefühlslage des Jungen für sich auszunutzen.

Ein lokaler Mittelpunkt ist die Pension der Familie Vedel-Azaïs, ein Knabenpensionat, das am Nachmittag u.a. Georges, der Bruder von Olivier, aufsucht. Hier kreuzen sich dann auch die Wege anderer Protagonisten des Romans.

    „Fast alle Menschen, die ich kennengelernt habe, klingen falsch. Genausoviel wert sein, wie man scheint; nicht mehr scheinen wollen, als man wert ist … Man sucht sich und den andern alles mögliche vorzuspiegeln, und man denkt soviel daran, was man scheinen möchte, daß man schließlich selbst nicht mehr weiß, was man ist …“ (S. 174)

Bernard und Oliver schließen sich einem literarischen Zirkel an, um der großbürgerlichen Scheinwelt der Eltern zu entkommen.

    „Als ich noch jünger war, da faßte ich Entschlüsse, die ich für tugendhaft hielt. Es lag mir weniger darn, der zu sein, der ich war, als vielmehr der zu werden, der ich zu sein beabsichtigte. Heute bin ich beinahe so weit, in der Entschlußlosigkeit das Geheimnis des Nicht-Altwerdens zu erkennen.“ (S. 293)

Im Übrigen nimmt der Roman letztlich auf sich selbst Bezug, schreibt doch Onkel Edouard als Schriftsteller an einem Werk, das ebenfalls den Titel „Die Falschmünzer“ trägt. Anhand von Tagebuchnotizen, Briefen, Skizzen usw. lernen wir die Entstehungsgeschichte eines Romans kennen, von dem wir als Leser aber nur wenig erfahren. Die Sammlung allein ist „der Roman“.

    „Es bleibt dieses: daß die Realität mich als plastischer Grundstoff interessiert und daß ich mehr, unendlich viel mehr Sinn habe für das, was sein könnte, als für das, was in Wirklichkeit gewesen ist. Wie gebannt beuge ich mich über die latenten Möglichkeiten eines Wesens und bin traurig über jeden Keim, den die Stickluft der Konvention absterben läßt.“ (S. 101)

Anhand der Figur des Schriftstellers Edouard zeigt Gide die Grenzen der Erzählbarkeit eines Romans auf, die Schwierigkeiten beim Abbilden der realen Welt in den Formen eines fiktionalen Werks.

    „Der Roman hat die Wechselfälle des Schicksals behandelt, die Irrwege von Glück und Unglück, die sozialen Beziehungen, den Konflikt der Leidenschaften und der Charaktere, aber keineswegs die Quintessenz des Wesens selbst. […] Die moralische Tragik – jene, die das Bibelwort so furchtbar macht: ‚Wenn aber das Salz dumm wird, womit soll man salzen?’ – das ist die Tragik, auf es ankommt.“ (S. 109)

oder:

    „… mein Roman hat kein Thema. Oh, ich weiß wohl, es klingt töricht, was ich da sage. Also präzisieren wir: es handelt sich in ihm nicht um ein einziges, spezielles Thema … Einen ‚Ausschnitt aus dem Leben’ wollte der naturalistische Roman geben. Der große Fehler dieser Schule bestand darin, diese programmatische Schnitte vom Brote der Realität in einer stets gleichbleibenden Dimension, nämlich der Zeit nach der Länge nach, schneiden zu wollen. Warum nicht auch einmal der Breite nach? Oder der Tiefe nach? Was mich betrifft, ich möchte überhaupt nicht schneiden! Verstehen Sie mich: ich möchte eine Totalität von Erscheinungen in meinen Roman eintreten lassen; nichts all weggeschnitten, der andrängenden Fülle nirgends Einhalt geboten werden!“ (S. 161)

Manchmal ist es so, dass die Wirklichkeit Blüten schlägt, die sich selbst die blühendste Phantasie nicht ausdenken kann, so …

    „Ich warte, daß die Wirklichkeit mir einen Plan diktiere.“ (S. 162)

Manche Beziehung zwischen den Männern wird den Leser vielleicht irritieren. André Gide war homosexuell, wenn ihm dies anfangs auch nur diffus bewusst war. Und so spielen auch homosexuelle, zumindest homoerotische Beziehungen in dem Roman eine wesentliche Rolle, wenn diese auch nicht direkt angesprochen werden. Ausgangspunkt sind dabei der Schriftsteller Robert de Passavant, aber auch der Onkel Edouard, der ein liebevolles Verhältnis zu seinem Neffen unterhält. Selbst der Mutter ist das klar, sie toleriert die Beziehung (Edouard: „Ich glaube, daß sie diese Beziehungen nicht geradezu missbilligt, ja, daß sie in gewisser Hinsicht sogar froh darüber ist, […] daß sie aber vielleicht […] im Grunde doch Eifersucht gegen mich empfindet.“ – S. 278).

Es gibt zwei reale Ereignisse, die in Zeitungsartikeln beschrieben waren und denen sich André Gide für seinen Roman bediente. Zum einen ein Artikel im Figaro vom 16.09.1906, der von Umlauf falscher Goldstücke handelt, die von Spanien nach Frankreich geschmuggelt und von jungen Leuten, meist Bohemiens, Studenten, Journalisten ohne Anstellung usw., in Umlauf gebracht wurden. Der andere Artikel im Journal de Rouen vom 05.06.1909 handelt von einem Selbstmord eines Gymnasiasten, bei dem sich ein kaum Fünfzehnjähriger mitten im Unterricht eine Kugel durch den Kopf jagte. Beides findet sich im „Journal des Faux-Monnayeurs“, dem Tagebuch der Falschmünzer, wider, das Gide 1926 veröffentlichte und in dem er die Entstehungsgeschichte des Romans dokumentierte.

Personenübersicht – André Gide: Die Falschmünzer

Im Roman treten reichlich viele Personen auf, obwohl er mit 340 Seiten nicht allzu umfangreich ist. Einige betreten nur kurz die Bühne, um für immer zu verschwinden. Andere, die anfangs nur einen kleinen Auftritt haben, gewinnen erst viel später an Bedeutung (z.B. Georges, der Bruder von Olivier Molinier, einem Freund des bereits erwähnten Bernard Profitendieu – oder Victor Strouvilhou, der immer auftaucht, um sogleich wieder zu verschwinden, und der doch eine wesentliche Rolle zu spielen scheint). Um die Übersicht zu behalten, habe ich mir die Arbeit gemacht und eine Übersicht der Personen angefertigt – dem interessierten Leser als Hilfe (Download als PDF – 14 KB).

Never change a winning team

Manchem Wahlspruch traut man nicht eine solche Allgemeingültigkeit zu (der Spruch stammt übrigens von Sir Alf Ramsey: „Never change a winning team.“). Nach dem eher glücklichen Sieg gegen Portugal setzte Bundestrainer Joachim Löw bei der Fußballeuropameisterschaft auf die gleiche Startelf auch im Spiel gegen die Niederlande – und lag damit richtig. Zuvor gab es nämlich reichlich Kritik an der Aufstellung: Podolski, Schweinsteiger und Lahm zeigten gegen die Portugiesen nur einen Bruchteil ihrer möglichen Leistung. Und Co-Kommentator Mehmet Scholl hatte sich besonders Mario Gomez vorgenommen. Er warf dem Stürmer mangelnden Einsatz vor: „Ich hatte zwischendurch Angst, dass er sich wundliegt und mal gewendet werden muss.“

Obwohl Schütze des einzigen Tores des Spiels sprechen die Fakten übrigens für Scholl: Laut dem Fußballdaten-Spezialisten Opta hatte Gomez im Spiel gegen Portugal nur 17 Ballkontakte in 72 Minuten – mit weitem Abstand die wenigsten bei den Deutschen (exkl. Einwechselspieler). Außerdem gewann er nur 18.2% seiner Zweikämpfe (2 von 11, schlechtester Wert aller Startelfspieler). Gomez ist eher der klassische Mittelstürmer, der vorn auf die Bälle wartet, um sie dann zu verwerten (Scholl: „Dass ein Stürmer nicht nach hinten arbeitet, das gibt’s eigentlich im modernen Fußball nicht mehr. Dass einer auf die eine Flanke, auf eine freie Straße wartet. Das ist zu wenig.“). Ein Stürmer wie Klose geht eher weite Wege, um sich notfalls den Ball auch selbst zu holen. Und er schießt nicht nur Tore, sondern bereitet auch viele vor.

Gruppe B: Niederlande - Deutschland 1:2

Nun gestern im Spiel gegen die Niederlande gab es eine deutliche Leistungssteigerung. Besonders die gescholtenen Schweinsteiger (er gab die Vorlagen für beide deutschen Tore) und Lahm (er schaltete seinen Teamkollegen bei den Bayern, Robben, fast vollständig aus) zeigten sich wieder von ihrer guten Seite. Und Mario Gomez? Nun er markierte die Treffer zwei und drei für das deutsche Team und avanciert so langsam zum Torschützenkönig dieser EM. Lediglich Lukas Podolski kommt in der Ukraine nicht so richtig in Schwung. Vielleicht wird’s ja etwas im Viertelfinale, das in Polen ausgetragen wird (Warschau oder Danzig).

Wer es noch nicht weiß: Deutschland gewann mit 2:1 gegen den Vizeweltmeister Niederlande und steht damit mit anderthalb Beinen bereits im Viertelfinale. Die Holländer dagegen müssen nach zwei Niederlagen das letzte Spiel gegen Portugal mit mindestens zwei Toren Differenz gewinnen (und die Dänen gegen Deutschland verlieren), sonst sind sie ‚weg vom Fenster’. Die Niederlande begann das Spiel in Charkiw (Charkow) im Osten der Ukraine druckvoll und hatten bald schon eine gute Torchance. Dann übernahmen aber die Deutschen das Zepter und erzielten die beiden Tore durch Gomez. In der zweiten Halbzeit hatten weiterhin die Deutschen deutliche Vorteile. Nach dem Anschlusstreffer durch Robin van Persie kippte das Spiel zugunsten der Holländer, die sich aber bei den hohen Temperaturen nur wenige Torchancen erspielten. Zuletzt spielte die DFB-Truppe geschickt gegen die Niederländer auf Zeit und rettete die Führung ins Ziel.

Da die Niederlande sämtliche Vorrundenspiele im tropisch heißen Charkiw auszutragen haben, wäre es wohl aus Akklimatisierungsgründen besser gewesen, sie hätten dort in der Nähe ihr Quartier aufgeschlagen statt in Krakau. Vielleicht ein Grund für das bisher schlechte Abschneiden?

Meine Tipperei kann ich mir wieder ‚in die Haare’ schmieren. Immerhin liege ich in der Tendenz noch nicht völlig falsch („Für mich wäre aber ein Halbfinale mit dem deutschen Team, Russland (vielleicht doch den Niederlanden), Spanien und Frankreich denkbar.“). Hier noch einmal meine Tipps für den zweiten Spieltag der Gruppenphase:

Gruppe A
12.06. 18:00 Griechenland – Tschechien 0:1 (Ergebnis 1:2)
12.06. 20:45 Polen – Russland 1:2 (Ergebnis 1:1)

Gruppe B
13.06. 18:00 Dänemark – Portugal 1:1 (Ergebnis 2:3)
13.06. 20:45 Niederlande – Deutschland 1:1 (Ergebnis 1:2)

Gruppe C
14.06. 18:00 Italien – Kroatien 2:2
14.06. 20:45 Spanien – Irland 3:1

Gruppe D
15.06. 18:00 Ukraine – Frankreich 1:2
15.06. 20:45 Schweden – England 1:2

Am Sonntagabend geht es dann für die deutsche Mannschaft um die Wurst – gegen Dänemark genügt ein Unentschieden. Hier schon einmal meine wagemutigen Tipps für den 3. und letzten Spieltag der Vorrunde (erst einmal nur für die Gruppen A und B):

Gruppe A
16.06. 20:45 Griechenland – Russland 0:2
16.06. 20:45 Tschechien – Polen 1:2

Gruppe B
17.06. 20:45 Portugal – Niederlande 1:2
17.06. 20:45 Dänemark – Deutschland 1:3

In Gruppe A wäre dann Russland Gruppenerster, Zweiter die Polen. In Gruppe B natürlich Deutschland 1. – und Gruppenzweiter? Portugal! Denn Portugal, Dänemark und die Niederlande wären punktgleich. Nach dem Austragungsmodus würde am Ende die höhere Anzahl der erzielten Tore im direkten Vergleich gelten: Portugal hätte dann 4, Dänemark 3 und die Niederlande 2 Treffer. Die Niederlande muss auf jeden Fall mit einer zwei Toren Differenz gegen Portugal gewinnen, wenn sie noch das Viertelfinale erreichen will. Aber was interessiert uns die Niederlande?! Was wäre, wenn Portugal gegen die Niederlande gewinnt und Deutschland gegen Dänemark verliert? Dann hätten drei Mannschaften 6 Punkte: Deutschland, Dänemark und Portugal. Und wer käme weiter? Verlören die Deutschen 0:1, dann hätten im direkten Vergleich bei gleicher Anzahl Punkte Deutschland 1:1, Dänemark und Portugal jeweils 3:3 Tore – die höhere Anzahl der Tore würde entscheiden – zu ungunsten der deutschen Mannschaft. Bei einer 2:3-Niederlage kämen auch noch die jeweiligen Spiele von Deutschland und Portugal (Dänemark wäre Gruppenerster) ins Spiel … Erst ab einem 3:4 wäre Deutschland Zweiter.

Hitler Get Banned From All Jethro Tull Shows

Jethro Tull – This was … Wie angekündigt (This was … Jethro Tull (1)This was … Jethro Tull (2)), lege ich Herrn Anderson und seine ehemalige Gruppe erst einmal auf Eis. Heute möchte ich mich mit einem Video zu diesem Thema ‚verabschieden’. Vielleicht kennt Ihr es ja bereits. Ich gebe zu, dass es eigentlich ziemlich ätzend ist, aber auch ganz witzig. Mein Sarkasmus blüht (am besten, man schaltet den Ton ab und genießt Bild samt Untertiteln):


Hitler Get Banned From All Jethro Tull Shows

– Sir, Jethro Tull is playing tonight at the Bertchesgarden theater right outside of Berlin
– Here …
– The band is staying at that same small hotel that you stayed in last year
– Right across from the theater right …
– Here …
– AH: Good. Get me my hotel confirmation, my front row center ticket and my yellow shorts.
– Mien Fuhrer …
– Ian Anderson said you are a stalker
– He said you must “fuck off”.
– AH: All those who do not have the 43-minute version of “Thick As aBrick” on their I-Pods, get out.
– AH: Who the hell does he think he is?
– AH: He hasn’t written a ney song in thirty years!
– AH: That FUCKER should be grateful that anyone buys a ticket to his lousy shows.
– AH: Who else cares about fucking Cross-Eyed Mary?
– AH: I go to three hundred and eighty-four shows!
– AH: I drag my friends halfway across Europe to see Tull and this is the thanks I get?
– AH: He makes me look like the world’s biggest douchebag!
– Martin and the crew still like you!
– AH: Screw Martin an the crew! It’s always been Ian’s band!!!
– Mien Fuhrer, it’s just that Ian says your yellow shorts make him puke.
– AH: Puke? What makes ME puke is listening to “Aqualung” for the ten thousandrh fucking time!
– AH: Fucking Aqualung…
– AH: What makes ME puke is seeing that old coot up on stage playing the flute!

[…]

– AH: Go out and buy me some Who tickets and send Ian this e-mail:
– AH: “You can kiss my black ass on the Jay Leno show, you bald, pompous cocksucker. Thanks for the memories and go fuck yourself.”
– (AH:) Stupid old dick.

Grainau 2012 (18): Abreise im Schnee

Am Ostersonntag (08.04.2012) endete unser Urlaub in Grainau. Morgens holte ich noch einmal frische Brötchen beim Bäcker (Dünzingers Backparadies) fast nebenan in der Waxensteinstraße. Und dann gab es ein letztes Frühstück in unserer Ferienwohnung in der Alpspitzstraße bei Familie Degenhart. Normalerweise hat man vom Balkon aus freie Sicht auf die Waxensteine und die Zugspitze. Aber das Wetter hatte ein Überraschung für uns bereit: Bis ins Tal fiel der Schnee.


Vorher – nachher mit Schnee (Fotos © Jan Einar Albin)

Wir verabschiedeten uns bei unseren liebenswürdigen Vermietern: Bis zum nächsten Mal! Denn wir gedenken, nicht das letzte Mal nach Grainau gefahren zu sein. ‚Servus’ und Pfiat’ Di, Groana!

Schneefall in Grainau am Ostersonntag 2012

Wegen des Schnees entschlossen wir uns, doch einen Zug früher zu nehmen. Mit der Zugspitzbahn ging es erst einmal nach Garmisch-Partenkirchen und von dort dann mit dem Zug der Deutschen Bahn nach München. Unterwegs schneite es ohne Unterbrechung. Erst kurz vor München klärte es auf, sodass sich sogar die Sonne blicken ließ.


Zugspitzbahn Grainau im Schnee Ostern 2012

Ein Arbeitssieg und viele Überraschungen

Zwölf der 16 Mannschaften haben bei der Fußball-Europameisterschaft 2012 in Polen und der Ukraine ihre Visitenkarte bereits abgegeben. Und dabei gab es dann auch gleich die ersten Überraschungen. Die Polen kamen im Eröffnungsspiel nicht über ein 1:1 gegen Griechenland hinaus und durften am Ende von Glück reden, nicht verloren zu haben, denn die Griechen verschossen einen Elfmeter. Trotz Überlegenheit verloren dann die Holländer gegen clever agierende Dänen 0:1. Und für mich die eigentliche Überraschung: Die Italiener präsentierten sich taktisch geschickt und spielerisch stark gegen den amtierenden Welt- und Europameister Spanien, wenn ihnen am Schluss dann auch die Puste ausging. So endete das Spiel verdientermaßen 1:1. Die Italiener boten Anschauungsunterricht zur Frage, wie die Spanier zu schlagen sind. Aus der Not (u.a. wurde Linksverteidiger Domenico Criscito wegen des Wettskandals in Italien aus dem Kader gestrichen) agierten sie mit einer Dreier-Abwehrreihe und einer Fünfer-Mittelfeldreihe, die je nach Notwendigkeit variierte.

Damit sind natürlich auch viele meiner abgegebenen Tipps hinfällig. Immerhin war ich mit meinem Tipp bei Spiel Russland – Tschechien mit 3:1 nahe dran (Endergebnis 4:1).

Gruppe B: Deutschland – Portugal 1:0

Und die deutsche Mannschaft (Mein Tipp war 2:1 für Deutschland gegen Portugal)? Moderner Fußball, wie ihn die Spanier, ja auch die Italiener und phasenweise die Russen spielten, sieht anders aus. Was da besonders das Mittelfeld und der Sturm im Spiel gegen Portugal zeigte, war nicht das, was wir aus den letzten beiden Jahren kennen. Das deutsche Team spielte statisch wie in Zeiten davor: zu wenig Bewegung und fehlende Feinabstimmung. So ging der Ball oft viel zu früh verloren. Dass es doch zu einem Sieg reichte, war im Wesentlichen Glückssache. Die Flanke von Sami Khedira, die Mario Gomez zum einzigsten Tor des Spiels per Kopfball verwertete, kam nur deshalb so genau an den Mann, weil ein Portugiese den Ball zuvor abfälschte. Im Gegenzug hatten die Portugiesen Pech mit einem Pfosten- und zwei Lattentreffern.

Trotz vieler Schatten gab es auch Lichtpunkte in der deutschen Mannschaft. Die Abwehr, in den letzten Spielen meist sehr anfällig, zeigte sich sehr stabil. Besonders die Innenverteidigung mit Badstuber und vor allem Mats Hummels, der für den noch nicht ganz fitten Mertesacker eingesetzt wurde, aber auch Boateng, der eine gute Figur gegenüber Cristiano Ronaldo machte – und natürlich Manuel Neuer, der in den Schlussminuten den Ausgleich Portugals verhinderte, spielten in guter Form. Damit sollte Mertesacker vorerst seinen Stammplatz an Hummels verloren haben. Philipp Lahm dagegen hatte keinen guten Tag. Bei seinen Vorstößen verlor er fast immer den Ball an den Gegner.

Es bedarf einer gewaltigen Leistungssteigerung, wenn das angepeilte Ziel, der Gewinn der Europameisterschaft, erreicht werden soll. Interessant dürfte da schon das nächste Spiel gegen die Niederlande werden, die nach ihrer Niederlage gegen Dänemark mit dem Rücken zur Wand steht. Ginge es nach dem Willen der Fans, dann müsste Bundestrainer Joachim Löw auf einigen Position umstellen. Torwart und Abwehr (mit Hummels) blieben wie gegen Portugal. Ins Mittelfeld würde der Neu-Dortmunder Reus für Podolski rücken. Für Gomez, trotz seines Tores gegen Portugal, käme wohl Klose. Auch Schweinsteiger ist nicht unumstritten (im Spiel gegen Portugal habe ich ihn so gut wie nicht wahrgenommen). Denkbar wäre für ihn Toni Kroos – oder als Einwechselspieler Mario Götze, wenn Deutschland im Rückstand liegt und das Spiel offensiver gestaltet werden muss.

Hier noch einmal meine Tipps für die Spiele heute in der Gruppe D:

11.06. 18:00 Frankreich – England 2:1
11.06. 20:45 Ukraine – Schweden 0:1

Ansonsten hier schon einmal meine Tipps für den zweiten Spieltag der Gruppenphase:

Gruppe A
12.06. 18:00 Griechenland – Tschechien 0:1
12.06. 20:45 Polen – Russland 1:2

Gruppe B
13.06. 18:00 Dänemark – Portugal 1:1
13.06. 20:45 Niederlande – Deutschland 1:1

Gruppe C
14.06. 18:00 Italien – Kroatien 2:2
14.06. 20:45 Spanien – Irland 3:1

Gruppe D
15.06. 18:00 Ukraine – Frankreich 1:2
15.06. 20:45 Schweden – England 1:2

Für Gruppe D würde ich gern die heutigen Spiele abwarten, um mir ein Bild der momentanen Spielstärke der Mannschaften machen zu können, trotzdem schon einmal mein Tipp. In der Gruppe B (mit Deutschland) habe ich jeweils ein Unentschieden getippt, um den Holländern nicht gänzlich die Chance auf ein Weiterkommen zu verwehren.

Heute Ruhetag (14): William Shakespeare: Cymbeline

Heute habe ich ein Theaterstück ausgewählt, dass in diesen Tag kaum noch den Weg auf die Bühne findet und so auch gut in die Rubrik ‚vergessener Stücke’ passen würde. Es ist die Romanze „Cymbeline“ von William Shakespeare. Ich habe dieses Stück aus einen ganz bestimmten Grund ausgewählt – besonders auch die hier aufgeführten Zitate, die nämlich in einem Roman jeweils als Motto für ein Kapital mit sinnverwandtem Inhalt dienen. Dazu aber später mehr. Es handelt sich, soviel sei verraten, um einen Roman von André Gide, den ich zz. wiederholt lese. Es ist eines der ganz großen Romane des 20. Jahrhunderts.

Heute Ruhetag!

Plenty and peace breeds cowards: hardness ever
Of hardiness is mother.

Zu Deutsch:

Imogen:
… Überfluß und Friede zeugen Memmen. Drangsal ist
Der Keckheit Mutter.

William Shakespaeare: Cymbeline
3. Akt – 6. Szene

We are all bastards;
And that most venerable man which I
Did call my father, was I know not where
When I was stamp’d;

Zu Deutsch:

Posthumus:
Kann denn kein Mensch entstehn, wenn nicht das Weib
Zur Hälfte wirkt? Bastarde sind wir alle,
Und der höchst würdge Mann, den ich stets Vater
Genannt, war, weiß der Himmel wo, als ich
Geformt ward
, und Falschmünzerwerkzeug prägte
Als falsches Goldstück mich.

William Shakespaeare: Cymbeline (Romanze in 5 Akten – 1610)
2. Akt – 5. Szene

Herunterschalten

Ich bin in einem Alter, in dem ich mich nicht mehr beweisen muss. Ich habe in meinem durchaus bürgerlichen Leben das erreicht, was ich erreichen konnte. Daher sind weitere berufliche Erfolge für mich nicht mehr relevant. Und Status und Ansehen sind für mich Äußerlichkeiten, die für mich immer schon eine untergeordnete Bedeutung hatten.

Slow down - Downshifting

Eigentlich mag ich solche Anglizismen nicht, Downshifting nennt man es eher hochtrabend, was berufliches Herunterschalten sein soll. Nicht Erfolg macht glücklich, sondern ein selbstbestimmtes Leben. Wenn heute die Grenzen zwischen Beruf und der eigenen Freizeit verwischen, dann ist das etwas, was ich nicht akzeptieren kann. Auch mich wollte man mit einen Handy oder Smartphone und mehr beglücken, damit ich in meiner Freizeit verfügbar bleibe. Da eine dienstliche Notwendigkeit nicht nachgewiesen werden konnte, so blockte ich dieses Ansinnen meines Arbeitgebers erfolgreich.

Vielleicht bin ich trotz meines bürgerlichen Lebens im Inneren ein Rebell. Und dank einer gewissen Narrenfreiheit kann ich oft genug das tun, was ich möchte. Was ich mir erlauben kann, können sich andere nicht. Und so geraten diese schnell unter Druck, können nicht mehr abschalten – und, wen wundert’s, ein Burnout stellt sich ein.

Ehrgeiz mag einen vorantreiben. Aber Ehrgeiz kann einen auch zerfressen. Nicht, dass ich keinen Ehrgeiz mehr hätte, im Gegenteil. Aber mein Ehrgeiz ist auf andere Ziele gerichtet, losgelöst von Statusdenken, Ansehen und dem Streben nach Geld. Es muss nicht gleich ein „einfaches Leben“ sein, ein freiwillig gewählter Karriererückschritt ist manchmal der richtige Schritt zur Gesundung. Aber wer wag solches schon tun. Ich hatte vor Jahren die Möglichkeit, für einige Euro mehr in der Tasche, eine höhere Position einnehmen zu können. Da das Mehr an Geld das Mehr an Verantwortung, vor allem aber an Nervenbelastung nicht aufwog, sagte ich ab. Heute bin ich froh um meine Entscheidung.

Vielleicht bin ich auch einer, der es versteht, seine Freizeit sinnvoll zu nutzen. Wer sich selbst nicht kennt, vergräbt sich und sein ICH gern in Beruf und Arbeit, selbst wenn er erkennt, dass er dort seinen Lebenssinn nicht findet. Aber das ist ja schon wieder ein anderes Thema, oder nicht?!

Siehe hierzu zdf.de: Downshiften – Lieber glücklich als erfolgreich

Sieg, Unentschieden oder Niederlage!

    Bei einem Fußballspiel verkompliziert sich allerdings alles durch die Anwesenheit der gegnerischen Mannschaft.

    (Jean-Paul Sartre)

Heute ist es also wieder soweit: Der Ball rollt …! (Na, wohin rollt er denn …? Ich hoffe ins Tor!) Ja, die Fußball-Europameisterschaft 2012 in Polen und der Ukraine beginnt heute mit dem Eröffnungsspiel. Und man darf sich wieder auf gelungene Spielzüge, ‚verlängerte Pässe’ (nein, nicht Reisepässe), schöne Tore und – auf gelungene Sprüche der Fernsehkommentatoren und manchen Fauxpas der Spieler in den Interviews freuen.

Apropos Sprüche: Bevor der Ball ins Rollen kommt, wissen wir als Fußballkenner, dass es „nur eine Möglichkeit“ für eine Fußballmannschaft gibt, nämlich: „Sieg, Unentschieden oder Niederlage!“ – so hat es „Kaiser“ Franz Beckenbauer sehr schnell erkannt. „Am Ergebnis wird sich nicht mehr viel ändern, es sei denn, es schießt einer ein Tor.“ (gleichfalls Franz Beckenbauer, diesmal als Co-Kommentator) Das grenzt an höhere Mathematik.

Zunächst zu den Kommentatoren des Fernsehens und ihren Sprüchen. Im Eifer des Gefechts leisten sich da die Sportreporter schon so manchen verbalen Schnitzer, der, einmal ausgesprochen, diesem ewig anhängt. Gerd Rubenbauer brachte es auf eine ansehnliche Sammlung („Die Paraguayer foulen wie Lepra-Kranke!“, „Die Rudi-Rufe hat es vorher nur für Uwe Seeler gegeben.“ usw.), besonders sein Jubel über das 1:0 der deutschen Mannschaft bei der WM 1990 in Italien im Endspiel dürfte Fußballfreunden in Erinnerung geblieben sein: „Jaaaa! Tor für Deutschland! 1:0 durch Andreas Brehme. Alles wie gehabt!“. Bei der WM 1998 in Frankreich wunderte sich Rubenbauer: „Jetzt wechselt Jamaika den Torhüter aus!“ – dabei zeigte der FIFA-Beauftragte lediglich eine Minute Nachspielzeit an.

Natürlich bemühen sich Sportreporter besonders geistreich zu sein. Mancher Witz ergibt sich oft spontan und endet als Kalauer – wie bei Wolf-Dieter Poschmann: „Von Jürgen Kohler, den sie alle nur Kokser nennen, zurück zum heutigen Gegner Kolumbien – eine gelungene Überleitung wie ich finde.“

Geradezu bissig waren dann Kommentare wie die von Marcel Reif: „Wenn Sie dieses Spiel atemberaubend finden, haben sie es an den Bronchien.“ – oder Johannes B. Kerner: „Wenn man Gelb hat und so reingeht, kann man nur wichtige Termine haben.“

Um Kommentator zu sein, bedarf es schon einer gewissen Intelligenz und der Fähigkeit, sich halbwegs verständlich auszudrücken. Von einem Fußballspieler erwartet man in erster Linie, dass er Fußball spielen kann. Sicherlich gibt es Spieler, die mit Köpfchen spielen, bei anderen reichen die Füße: „Ich denke nicht vorm Tor – das mach ich nie!“ (Lukas Podolski). Die mit Köpfchen (im Sinne von Verstand) sind wohl nicht die Regel, eher die wie Poldi – Ausnahmen bestätigen aber die Fußballregel: „Ich werde sicher nebenbei studieren, damit ich nicht komplett verblöde.“ So Alessandro Riedle, Sohn des Ex-Nationalspielers Karlheinz Riedle.

Aber bleiben wir noch einmal kurz bei denen mit Köpfchen: Von Albert Camus, dem Kollegen von Jean-Paul Sartre (siehe oben den einleitenden Spruch), wissen wir, dass er in jungen Jahren Torwart beim Fußballverein Racing Universitaire d’Alger, immerhin mehrmals Meister in den französischen Gebieten Nordafrikas, war. Aber Philosophen sind weniger Fußballspieler – eher umgekehrt.

Es gibt natürlich auch Fußball-Philosophen, über die ich mich an anderer Stelle schon einmal etwas ausführlicher geäußert habe. Hier möchte ich in diesem Zusammenhang lediglich Gary Lineker zu Wort kommen lassen, der die Philosophie des Fußballs mit nur einem Satz zu erklären verstand: „Fußball ist ein Spiel von 22 Leuten, die rumlaufen, und am Ende gewinnt immer Deutschland.“ – Okay, den Spruch kennt inzwischen jeder.

Kommen wir zu den eigentlichen Fußballersprüchen, also zu jenen Artikulationsversuchen von Fußballspielern, aber auch Trainern und sonst wie tätigen Fußballverantwortlichen. Nein, auch diesmal keine Sprüche von Thomas Doll. Auch nicht von Christoph Daum (zu Trapattoni, heute Nationaltrainer der Iren, habe ich mich früher schon kurz geäußert: Trapattoni: Ich schon wieder da).

Besonders schön sind wieder einmal Sprüche mit Drehern, d.h. „geflügelte Worte“ bzw. Zitate, in denen Begriffe verdreht wurden:

Der krempelt die Arme hoch.
(Reiner Calmund)

Wir müssen das alles noch mal Paroli laufen lassen.
(Horst Hrubesch)

Das ist Schnee von morgen.
(Jens Jeremies)

Man darf über ihn jetzt nicht das Knie brechen.
(Rudi Völler)

Uns steht ein hartes Programm ins Gesicht.
(Andreas Brehme)

Fußball ist natürlich oft auch Leiden, besonders bei Niederlagen:

Fußball ist auf der Bank ein Leidensgeschäft. Ich bin leidender Angestellter hier in Nürnberg.
(Klaus Augenthaler, Trainer)

Schlimm ist dieses Gejammer. Tut hier weh, tut da weh. Aber solange Sie das Handy halten können, muss ja noch genug Kraft da sein.
(Werner Lorant)

Wir steigen jetzt in den Bus ein und heulen im Kollektiv. Dann fallen wir uns in die Arme. Dann ist es vergessen.
(Dietmar Demuth nach einer 0:4-Niederlage des FC St. Pauli bei Energie Cottbus)

Fußballersprüche

… und der Rest kreuz und quer:

Ich glaube, die Mannschaft hat sich im Trainingsplan in der Spalte geirrt. Tag der offenen Tür ist erst am Sonntag.
(Stuttgart-Trainer Ralf Rangnick zum 0:4 gegen Freiburg)

Ich habe 2 1/2 Jahre bei Young Boys Bern, 6 Monate bei Lierse und 53 Minuten bei Duisburg gespielt.
(Mini Jacobsen)

Ich bleibe auf jeden Fall wahrscheinlich beim KSC.
(Sean Dundee)

Luis Figo ist ganz verschieden zu David Beckham – und umgekehrt.
(Kevin Keegan)

David Beckham hat zwei Füße – das haben heutzutage nicht mehr viele Spieler.
(Jimmy Hill)

Wenn du so gerne das Fähnchen schwenkst, dann such dir doch ’nen Job am Flughafen.
(Eric Meijer zum Linienrichter)

Pässe der Marke Lothar Matthäus – da möchte man Ball sein.
(Johannes B. Kerner, Reporter)

Ich bin sicher, daß ich in vier oder sechs Wochen Interviews auf Englisch geben kann, die auch der Deutsche verstehen wird.
(Lothar Matthäus)

Wenn jeder Spieler 10 Prozent von seinem Ego an das Team abgibt, haben wir einen Spieler mehr auf dem Feld.
(Berti Vogts)

In der Mitte, da sind sie vierbeinig.
(Karl-Heinz Rummenigge über die Abwehr von Luxemburg)

Wenn man über rechts kommt, muß die hintere Mitte links wandern, da es sonst vorn Einbrüche gibt.
(Karl-Heinz Rummenigge)

Da sieht man mal wieder, wie schnell 100 Jahre um sind.
(1860-Präsident Karl-Heinz Wildmoser zur Prophezeiung von Franz Beckenbauer, dass die Löwen noch 100 Jahre auf einen Sieg gegen den FC Bayern warten müssen)

Im Training habe ich mal die Alkoholiker meiner Mannschaft gegen die Antialkoholiker spielen lassen. Die Alkoholiker gewannen 7:1. Da war’s mir wurscht. Da hab i g’sagt: „Sauft’s weiter.“
(Max Merkel)

Im Fußball ist es wie im Eiskunstlauf – wer die meisten Tore schießt, der gewinnt.
(Reiner Calmund)

Vergangene Woche gegen Piräus hat er auf einer für ihn ungewohnten Position gespielt und brauchte anschließend einen Kompass, um in die Kabine zu kommen.
(Reiner Calmund über Neuzugang Hanno Balitsch)

Wir werden nur noch Einzelgespräche führen, damit sich keiner verletzt.
(Frank Pagelsdorf, Trainer)

Unbegreiflich, ich habe keinen Spurt von ihm gesehen.
(Werner Lorant über einen Muskelfaserriss seines Spielers Borimirov)

Im ersten Moment war ich nicht nur glücklich, ein Tor geschossen zu haben, sondern auch, dass der Ball reinging.
(Mario Basler)

Der Jürgen Klinsmann und ich, wir sind ein gutes Trio. Ich meinte: ein Quartett.
(Fritz Walter jun.)

Ich hab´ spekuliert, was ich machen soll. Offensichtlich habe ich gut spekuliert, aber nicht getroffen.
(Peter Közle über zwei hundertprozentige Torchancen, die er beide vergab)

Der Trainer hatte nach den ganzen Ausfällen im Angriff nur noch die Wahl zwischen mir und dem Busfahrer. Da der Busfahrer seine Schuhe nicht dabei hatte, habe ich gespielt.
(Eintracht Frankfurts Torschütze Jan-Aage Fjörtoft zu den Gründen für seinen ersten Saisoneinsatz von Beginn an)

Elfmeter ist nicht das, was man von der Tribüne aus sieht. Elfmeter ist das, was ich auf dem Platz sehe.
(Schiedsrichter Markus Merk zu seinen Elfmeter-Pfiffen)

Wir wollten unbedingt einen frühen Rückstand vermeiden. Das ist uns auch gelungen. Der VfB Stuttgart hat in den ersten zweieinhalb Minuten kein Tor geschossen.
(Bernd Krauss)

Weitere schöne, geradezu klassische Fußballsprüche findet man hier:

fussballweisheiten.de
ran.de
gustloff-online.de
familie-ahlers.de

Heute geht es also los. Man darf gespannt sein, wie die deutsche Mannschaft (beginnend morgen mit dem Spiel gegen Portugal) abschneidet. Hier meine Tipps für den 1. Spieltag der Gruppenphase. Einige Teams kann man noch nicht so richtig einschätzen. Favoriten dürften die drei ersten (europäischen Mannschaften) der FIFA-Rangliste sein: Spanien, Deutschland (im Juni auf Platz 3 zurückgefallen) und die Niederlande. Geheimfavorit ist für mich Frankreich.

Gruppe A
08.06. 18:00 Polen – Griechenland 1:0
08.06. 20:45 Russland – Tschechien 3:1

Gruppe B
09.06. 18:00 Niederlande – Dänemark 2:1
09.06. 20:45 Deutschland – Portugal 2:1

Gruppe C
10.06. 18:00 Spanien – Italien 2:1
10.06. 20:45 Irland – Kroatien 0:0

Gruppe D
11.06. 18:00 Frankreich – England 2:1
11.06. 20:45 Ukraine – Schweden 0:1

Gespannt bin ich auch auf manch ‚schönen’ Erklärungsversuch der Spieler und Trainer, wenn’s nicht so lief wie erwartet, denn …

    „Haste Scheiße am Fuß, haste Scheiße am Fuß.“
    (Andreas Brehme)