Kategorie-Archiv: Jethro Tull

Ian Anderson und seine Jungs

Jethro Tull: Benefit (Deluxe Edition 2013)

Nach Special Edition und Limited Edition jetzt also eine Deluxe Edition (heißt offiziell sogar A Collector’s Edition, ach, was weiß ich …). Um Begriffe ist Ian Anderson wohl nicht verlegen. Nach Aqualung (40th Anniversary Special Edition 2011) und Thick as a Brick (Special Collector’s Limited Edition 2012) war in diesem Jahr Benefit aus dem 1970 dran, um als Doppel-CD mit dem neuen Stereo Remix von Steven Wilson und außerdem auf DVD mit 5.1 Mix DTS & Dolby Digital Surround auf den Markt zu kommen: Benefit (Deluxe Edition).

Ich weiß: Viele werden es wieder für reine Geldschneiderei des Flötenmeisters halten, dass er nach und nach die alten Scheiben von Jethro Tull neu auflegt. Aber ich denke, es ist der Technik geschuldet, die uns auch als Otto Normalverbraucher ins Haus gewachsen ist. Wer die entsprechende Anlage für 5.1-Mehrton besitzt und Jethro Tull mag, den wird es freuen (natürlich ist auch der Remix auf CD in Stereo nicht zu verachten). Ansonsten spart man sich das Geld für andere hübsche Dinge.

    Jethro Tull: Benefit (1970)

Hier zur Erinnerung die Setlist der alten Benefit-Scheibe:

1. With You There To Help Me
2. Nothing To Say
3. Alive And Well And Living In
4. Son
5. For Michael Collins, Jeffrey And Me
6. To Cry You A Song
7. A Time For Everything?
8. Inside
9. Play In Time
10. Sossity; You’re A Woman

Fürs Geld gibt es natürlich noch etwas mehr als diese zehn Lieder. Neben der Neubearbeitung u.a. auch der Singles „Sweet Dream“ und „Teacher“ samt B-Seiten, ist eine 2. CD im Box-Set mit diversen anderen „Mischungen“ bis hin zu Mono enthalten. Vielleicht etwas zu viel des Guten. Den Allessammler und auch den Puristen wird’s aber freuen.

Zunächst etwas zur Musik als solcher. „Benefit“ fristete bis zum heutigen Tag eher ein Nischendasein. Es war die Scheibe zwischen „Stand Up“ aus dem Jahre 1969, die zum ersten Mal aufzeigte, in welche musikalische Richtung die Reise können wird, und 1971 dann „Aqualung“, die Scheibe, die Jethro Tull in aller Welt bekannt machte. Ich erinnere mich über die 43 Jahre zurück, als ich nach neuem Material aus der Feder von Ian Anderson geradezu hungerte – und dann endlich das Plattencover im Schallplattenladen entdeckte. Irgendwie hatte ich vielleicht etwas ganz anderes erwartet, als das, was ich da zu hören bekam. Und doch war ich überrascht, was die Gruppe da wieder im Studio produziert hatte.

„Benefit“ hat wie eigentlich alle Alben von Jethro Tull seinen ganz eigenen Charakter. Mir fallen heute verschiedene Begriffe im Zusammenhang mit diesem Album ein, ohne dass einer auch nur halbwegs zutreffend wäre (oder doch?). Nach den Gitarrenriffs zu urteilen, könnte man bereits dieses Album in die Schublade Hardrock verfrachten (bei amazon.de wird es hier geführt und hat es sogar in die Top 20 geschafft). Überhaupt Gitarrenriffs: Es ist ein Album der Riffs – und musikalisch erweitert gesehen – der Hooklines, also der charakteristisch eingängigen Melodiephrasen. Nach Meinung des Rezensenten des Musikmagazins Rolling Stone ist das Album „langweilig“, „lustlos und mechanisch gespielt“ und ein Ausdruck „schreiender Mittelmäßigkeit“. Ich kann das durchaus einwenig nachvollziehen, denn (und hier noch ein weiterer Begriff, der eigentlich nicht zutrifft 😉 ) ich höre eine Art Barmusik heraus, Musik, die sonst nur von einem Barpianisten in den Dunst aus Bier und Rauch (ach, nein, es darf ja nicht mehr geraucht werden) hineingeklimpert wird, ohne aufdringlich zu sein und die Gespräche zu stören, um gleichsam aber doch den Gästen den akustischen Background zu bieten, das Wohlfühlambiente, um locker und entspannt den Abend zu beginnen. So könnte man „langweilig“ und „lustlos“ auch mit locker und entspannt und „mittelmäßig“ mit unaufdringlich übersetzen. „Benefit“ also Barmusik? In gewisser Hinsicht schon (siehe Titel wie „Alive And Well And Living In“, „For Michael Collins, Jeffrey And Me“ oder „Inside“ – für mich sogar ohne Zweifel). Hinzu kommt, dass alle Stücke der Scheibe in Molltonarten gehalten sind, was bei vielen als melancholisch, traurig empfunden wird und den ’negativen‘ Charakter der Lieder verstärkt.

Wie steht es nun um dieses neue Remix. Wer nicht direkt alt und neu vergleicht, wird kaum größere Unterschiede heraushören. Das Ursprungsmaterial ist nun einmal das Gleiche. Nichts wurde neu eingespielt oder so. Ich habe mir erst einmal die CD- also Stereo-Version angehört (klar mit 5.1 hört der Vergleich auf, da stellt die räumliche Fülle – als Zuhörer befindet man sich gewissermaßen zwischen den Instrumenten – alles in den Schatten). Was mir als erstes aufgefallen ist, dass ist das Schlagzeug, das nun besser herauskommt. Die Instrumente sind insgesamt deutlicher ‚getrennt’, alles klingt auch in Stereo räumlicher, nicht so ‚gedrängt’. Das Remix wurde auch diesmal wieder von Steven Wilson bewerkstelligt, der dabei wiederum Wert auf Feinheiten legte. So hört man z.B. das Zirpen (die Flageoletttöne) der Gitarre (in „Alive and Well an Living In“), die in dem alten Mix kaum hörbar untergegangen sind. Natürlich hat so ein Remix seine Grenzen. Wäre das Ursprungsmaterial bereits digital aufgenommen worden, dann ließe sich noch mehr erreichen. Aber immerhin …

Hier einige der Stücke von „Benefit“, teilweise live, auch in unterschiedlichen Interpretationen – und (soweit von Platte) natürlich noch im alten ‚Gewand’:


Jethro Tull: With you there to help me/By Kind Permission Of … live Beatclub1970


Jethro Tull: Nothing to Say


Jethro Tull: Alive And Well And Living In


Jethro Tull: For Michael Collins, Jeffrey And Me


Jethro Tull: To Cry You a Song/A New Day Yesterday (07/31/1976)


Martin Barre – To cry you a song, Bamberg 22.10.2013


Jethro Tull: Inside (Purple Rocks Vintage)


Jethro Tull – Play in Time – MyVideo


Jethro Tull: Medley: Sossity; You’re a Woman/Reasons For Waiting (Live at Carnegie Hall 1970)

Zuletzt ein Bonustrack, der auch als Single 1970 Erfolge feierte, nach meinem Geschmack aber nicht so ganz in die “Benefit”-Reihe passt:


Jethro Tull: Teacher (Bonustrack) Beat Club 1970

Martin Barre: Away with Words

    “Arranging and representing the Tull songs featured on the album became a very peasant and rewarding task. These lesser known songs have always been amongst my favourite pieces of music and reworking them brought back many good memories. My own compositions have been written to compliment and enhance these pieces.
    Composing and arranging is my passion, and bringing together the many acoustic instruments was a delight for me, but of course, the electric guitar, couldn’t be totally left out of the picture!
    I hope you enjoy the results of this project as much as I have.
    Martin Barre”

So steht es in bescheidenen Worten im Inlay-Text zu Martin Barres neuester CD: Away With Words, die in diesen Tagen erschienen ist (bzw. am 8. November auch direkt auf den deutschen Markt kommt).

Martin Barre hat sich also einige weniger bekannte, dafür aber von ihm favorisierte Lieder von Jethro Tull vorgenommen und diese um eigene Kompositionen erweitert. Komponieren und Arrangieren ist seine Leidenschaft. Auf dieser Scheibe nun versammelt Barre viele akustische Instrumente, konnte aber die elektrische Gitarre nicht ganz verleugnen. Und obwohl die CD „Away with Words“ heißt (Hinweg/Fort mit Wörtern), so konnte er selbst auf Gesang (der Titel deutet eigentlich daran hin, keine Wörter zu benutzen) in „Hymn 43“ nicht ganz verzichten.

    Martin Barre: Away with Words (2013)

Nun das neue Album von Martin Barre habe ich mir während seines Konzertes mit seiner neu formierten Band in Buchholz/Nordheide gekauft und noch am gleichen Tag, sozusagen zum Ausklang eines gelungenen Abends, mit meiner Frau und meinen Söhnen angehört. Meine Frau dazu: Und dass habt Ihr heute im Konzert gehört? Nein, haben wir nicht oder nur zum Teil, denn im Konzert fetzte es gewaltig. Gehört haben wir Paparazzi (instrumental), Hymn 43 und Home (beide mit Gesang) in ähnlicher Form.

Das neue Album ist also eher das Gegenteil vom Konzert. Martin Barre nimmt sich dort wie bereits erwähnt einiger alter, meist dem Folkrock verpflichteter Tull-Stücke an, arrangiert sie zum großen Teil neu und verbindet diese mit eigenen Kompositionen zu geradezu neuen Stücken. Das Ganze klingt in vielen Teilen wie klassische Gitarrenmusik (Julian Bream & Co. lassen grüßen).

Barre sprach dann leider von „Desaster“ und meinte vor allem wohl die Verkaufszahlen und die ersten Kritiken, wenn’s denn welche gibt (und die Verzögerung bei der Veröffentlichung – immerhin gab es das Album bei den Konzerten zu kaufen).. So wie Konzertankündigungen für die Martin Barre Band fast ungehört in der Weite des Raums verhallen, so ignorant ist die Musikwelt auch gegenüber Veröffentlichungen eines der besten Rockgitarristen der Welt. Schade, denn dieses Album, gerade weil es in wunderschönen akustischen Arrangements daher kommt, gefällt mir ausgesprochen gut. Natürlich ist es das Ergebnis eines eher intimen Projektes.


Martin Barre live 2013 Bamberg – Martin’s Jig/Hymn 43
(leider mit wilden Schwenks und etwas viel Geklatsche)

siehe auch: Martin Barre live beim Cropredy-Festival: Air: Lament Of The Spalpeen/Martin’s Jig/Hymn 43

Was Martin Barre hier bietet, ist Gitarrenmusik vom feinsten. Manchmal streift er vielleicht die Grenze zur Süßlichkeit. Dabei lässt er immer einen klaren Ton erklingen, spielt manchmal in Stakkato, dann wieder perlen die Töne förmlich über das Griffbrett. Aber nie ist es Selbstzweck, kein Jagen nach Geschwindigkeitsrekorden. Barre spielt eher dezent und offenbart doch eine ungewöhnliche Technik dabei. Es ist die reinste Freude. Für Spieler wie Zuhörer.

Bass und Schlagzeug kommen nur sporadisch zum Einsatz, nämlich dann wenn sie einem Stück zusätzliche Fülle verleihen sollen. Dass Barre zudem ein guter Flötist ist, wissen wir von Konzerten mit Jethro Tull, denn wer sonst außer Ian Anderson durfte dieses Instrument spielen.

Ähnlich wie Ian Andersons Divinities – Twelve Dances With God hat diese Musik nur noch wenig mit Rockmusik zu tun. Und doch ist gerade diese Mischung aus Folk und Klassik ein nicht unerheblicher Bestandteil der Musik von Jethro Tull. Ja, wer dieses Album hört, erkennt schnell, welch großen Anteil Martin Barres Gitarrenspiel bei Jethro Tull gehabt haben muss.

Fürs Anhören, dass sei gesagt, braucht es Ruhe. Nur wer ganz aufmerksam den Stücken lauscht, bekommt die vielen Feinheiten des Barre’schen Gitarrenspiels mit. Es muss nicht immer rocken und fetzen. Wer Jethro Tull mag (besonders die eher leisen Stücke), der wird auch an dieser Scheibe Gefallen finden. Aber auch wer klassische Gitarrenmusik liebt, wird vielleicht seinen musikalischen Horizont um diese aus der Populärmusik gereichte Klangwelt erweitern wollen.

Personnel:

Martin Barre: Acoustic/Classical/Electric Guitars, Bouzouki, Mandolin, Bass, Flute & Bass Clarinet
Dan Crisp: Vocals
Frank Mead: Blackwood Flute, Whistles, Bodhran, Blues Harp
Jonathan Noyce: Bass
George Lindsay: Drums & Percussion
James Bragg: Engineer

Recorded at The Garage Studio, Devon
Excerpt drums at Middle Farm Studio, Devon

Setlist:

1. At First Light (Barre)/Moths (Anderson) 3:10
2. Its My Round (Barre)/Requiem (Anderson) 6:04
3. One Brown Mouse (Anderson)/Fatcat (Barre) 3:15
4. Air: Lament Of The Spalpeen (Traditional)/Martin’s Jig (Barre)/Hymn 43 (Anderson) 6:11
5. All Bars Hold (Barre) 1:12
6. Pussy Willow (Anderson) 3:43
7. Snapshot (Barre)/Paparazzi (Barre/VetteseAnderson) 4:14
8. Long Ago (Barre)/Home (Anderson) 4:54
9. Fire At Midnight (Anderson)/From The Ashes (Barre) 4:05
10. Protect And Survive (Anderson) 3:05
11. Spare A Thought (Barre)/From A Dead Beat To An Old Greaser (Anderson) 4:03
12. Sundown (Barre) 4:03

Gitarrenzauber mit Martin Barre

Wow, was für ein Konzert. Am Freitag (25.10.2013) gastierte Martin Barre, von Ende 1968 bis Mitte 2011 Gitarrist der Gruppe Jethro Tull, mit seiner Band in der Empore zu Buchholz i.d. Nordheide. Und ich habe es nicht bereut, das Konzert zu besuchen. Es war ganz einfach phantastisch, was Martin und seine Mannen da boten. Auch meine beiden Söhne, die eigentlich keine Tull-Fans sind, waren begeistert.

Zuvor gab es aber noch einen gehörigen Schrecken in der Abendstunde: Mit meinem jüngeren Sohn fuhr ich mit dem Auto von Tostedt nach Buchholz und parkte dort am Bahnhof, um meinen älteren Sohn, der mit dem Zug aus Göttingen anreiste, abzuholen. Die Eintrittskarten hatte ich in die Innentasche meiner Jacke verstaut, da war ich mir zu 100 Prozent sicher. In Buchholz hatten wir noch reichlich Zeit bis zur Ankunft des Zuges. So gingen wir beide schon mal die Strecke zum Veranstaltungsort ab. Beim Aussteigen aus dem Auto müssen wohl die Eintrittskarten aus der Jackentasche geflutscht sein – und unterwegs entglitten sie mir dann wohl ganz. Als wir meinen älteren Sohn endlich abgeholt hatten (die Zug war fast pünktlich), stellte ich dann zu meinem Schrecken fest, dass die Karten futsch waren. Im Auto lagen sie nicht. Aber dann fanden wir sie doch noch auf dem Weg zur Empore. Erleichterung pur! (Scheiße, ich werde alt …!).

Dann aber das Konzert! Einzigster Wermutstropfen: die wenigen Zuschauer. Aus dem Kulturetat der Stadt Buchholz wird wohl einiges draufgelegt werden müssen, um die Gage für Martin Barre und Band begleichen zu können. Das hatte allerdings auch einen Vorteil: So ergab sich von Anfang an eine geradezu familiäre Atmosphäre. Die Bestuhlung der schon so eher kleinen Halle war entfernt worden. Dafür hatte man runde Tische aufgestellt, auf denen man seine Getränke abstellen konnte. So verteilte sich das Publikum gleichmäßig im Saale (Die bestuhlten Plätze auf dem Rangbalkon waren aber wohl fast alle belegt – ich pflanzte mich mit meinen Söhnen auf noch freie Plätze auf dem Seitenbalkon). Nach kurzer Einleitung legte dann Martin mit einem eigenen Stück los. Gut, ich habe (fast) alle Scheiben von ihm, aber manches instrumentale Stück kommt doch recht kraus daher. Mein ältester Sohn fand das aber ganz okay und nannte es „Spielwiese“ eines typischen Gitarristen. Stimmt wohl. Dann kam auch schon das erste Stück von Jethro Tull: „Minstrel in the Gallery“ (ohne Intro), denn der Abend stand ja unter dem Motto: Martin Barre & Band playing the classic music of Jethro Tull.

Erst einmal aber zum Line Up: Statt des ebenfalls ehemaligen Jethro-Tull Mitglieds Jonathan Noyce spielte Greg Harewood den Bass. Der klang ziemlich dezent, füllte aber ausreichend den Raum. Bei manchen Stücken linste er durch seine Brille schon mal aufs Notenblatt. Im zweiten Teil des Konzertes kam er dann aber doch ganz gut in die Puschen. An der Schießbude saß George Lindsay, dessen Spiel ich als solide bezeichnen möchte. Neben Martin Barre war es der Franzose Pat O’May, der sicherlich keinen Schönheitspreis gewinnen dürfte, der aber gekonnt die Klampfe krachen ließ. Sicherlich fehlt ihm der letzte Schliff, der das Gitarrenspiel von Martin ausmacht, aber oberaffengeil fand ich schon die Gitarrenduette, die Martin und Pat zweistimmig hinlegte (z.B. in „Fat Man“ und „Song for Jeffrey“). Und „To Cry You a Song“ mit Soli beider Gitarristen war der Hammer.

Martin Barre Band - Backstage

Dan Crisp mit akustischer Gitarre der Sänger der Gruppe (manchmal unterstützt von Pat O’May) hat zwar nicht die frühere Stimme Ian Andersons. Aber seine Stimme, etwas kratzig schon, meisterte die Höhen und Tiefen der Lieder in voller Bravour (kein Anderson’sches Gequäle). Besonders schön die beiden langsamen Stücke „Wond’ring Aloud“ und „Still Loving You Tonight“, bei denen Dan Crisp auf der akustischen Gitarre lediglich von Martin Barre mit E-Gitarre überstützt wurde. Auch hier gab es ein verdoppeltes Sologitarrenspiel. Klasse! Und was ist mit Flöte? Nichts ist damit. Ganz ehrlich: Ich habe es nicht vermisst. Frank Mead, der angekündigt und wohl anderweitig unterwegs war, hat mich nicht mit seinem Saxophon- und Flötenspiel überzeugen können (siehe Youtube-Videos). Stücke von Jethro Tull mit Flöte, die nicht von Ian Anderson gespielt wird, das geht irgendwie nicht. Und dank der Präsenz der Gitarrenpower hat wohl keiner wirklich die Flöte an diesem Abend vermisst.

Was gab es noch so Schönes? TAAB in Ausschnitten als „Thin as a Brick“ vorgestellt zeigte Martin Barres Anteil an diesem sonst nur Ian Anderson zugeschriebenen Machwerk auf: eine Instrumentalpassage, die ebenfalls im Zusammenspiel mit Pat O’May den Zuhörern einiges auf die Ohren gab. Von Jethro Tull gab es dann noch „Home“ und „Hymn 43“, beides durch Martin umarrangiert und mit neuer Frische belegt. Ach ja, dann noch bei der Zugabe „Locomotive Breath“. Musste wohl sein. Neben weiteren Instrumentalstücken aus Martin Barres Feder gab es auch ein Stück von Pat O’May – sowie einige Bluesstandards (u.a. „Crossroad“). Hier kam dann auch der farbige Bassist Greg Harewood ins Rollen.

Alles in allem ein gelungenes Konzert (wie gut, dass ich die verloren geglaubten Karten wiedergefunden habe, aber ich hätte mir dann doch noch einen Kartensatz an der Abendkasse geordert). Nein, mehr noch: ein absolut geiles Konzert! Das lag natürlich auch an der guten Akustik der Halle. Der zweite Teil (nach einer Stunde Konzert gab es eine Pinkelpause von 20 Minuten, die wohl auch dem Alter der meisten Besucher geschuldet war, selbst meine beiden Söhne dürften das Durchschnittsalter kaum unter 60 Jahre gedrückt haben 😉 ) war dann sogar noch etwas besser vom Klang her, da am Mischpult erfolgreich nachjustiert wurde. – Früher habe ich Konzerte in großen Mehrzweckhallen besucht, die eigentlich klanglich völlig ungeeignet für Konzerte sind.

Natürlich könnte man sich fragen, warum Martin Barre immer noch in erster Linie Stücke von Jethro Tull spielt? Immerhin hat er über 40 Jahre „Stage left“ von Ian Anderson gestanden und maßgeblich den Stil der Gruppe mitgeprägt (Jethro Tull ist bzw. war eben nicht Ian Anderson allein). Und der leider einzigste Grammy-Gewinn der Band (für das Album Crest of a Knave) geht im hohen Maße auf die Kappe von Martin Barre.

Noch ein Wort zu der geringen Besucherzahl. Jethro Tull, soweit sie einer kennt, verbinden auch heute noch viele in erster Linie mit Ian Anderson. Martin Barre war immer ein ergebener Vasall des Flötenmeisters. So kennen zwar viele Ian Anderson, kaum einer (außer echte Jethro Tull-Fans) kennt Martin Barre. Dabei zählt er zu den größten Rockgitarristen und sein Gitarrensolo auf dem Stück „Aqualung“ (das übrigens beim Konzert in Buchholz nicht gespielt wurde) zählt auf Platz 25 (in anderen Umfragen auf Platz 20) zu den besten und größten der Rockmusik. Schade, dass nicht mehr Rock-Fans den Weg in die Empore nach Buchholz gefunden haben. Jungs und Mädels: Ihr habt wirklich etwas verpasst!

Und noch eines: Es tat Martin Barre sichtlich gut, nicht im Schatten von Ian Anderson stehen zu müssen. Er präsentierte sich in Buchholz zwar bescheiden, wie er nun einmal ist, aber auch sehr locker und entspannt. Und was er auf der Gitarre zauberte, war schon aller erste Sahne!

Lesenswert finde ich übrigens den Bericht von King Heath im Jethro Tull Board @ www.laufi.de (also ich habe nur 2 € 50 fürs Bier bezahlt) und das sich (fast) ganz mit meinen Eindrücken vom Konzert deckt.

Martin Barre hat im Laufe der Jahre neben den Alben von Jethro Tull auch eigene Scheiben veröffentlicht: Martin Barre. Die neueste Away With Words habe ich mir beim Konzert gekauft. Zu dieser später etwas mehr. Es ist ein – soviel kann ich verraten – ganz eigenartiges Album, dass nur wenige Bezüge zum Konzert hat. Im überwiegendem Teil ist es akustisch und ohne Gesang („weg mit Wörtern“) und verknüpft in fast jedem Stück ein Lied aus der Feder von Ian Anderson mit Kompositionen von Martin Barre (z.B. Jethro Tulls „One Brown Mouse“ mit Barres „Fatcat“).

Nachtrag: Inzwischen gibt es auch Videos von Martin Barres Konzert in Buchholz (und drei Tage zuvor aus Bamberg). Dank an die Jungs (und/oder Mädels), die das bei Youtube eingestellt haben.

Jethro Tull: War Child (1974) in Quadrophonie

Die Gruppe Jethro Tull mit ihrem Masterhead Ian Anderson war schon immer für ihre Aufgeschlossenheit technischen Erneuerungen gegenüber bekannt. Vor nunmehr 35 Jahren war sie die erste Rockband, deren Konzert in einer simultanen Transatlantik-Schaltung aus den USA (Jethro Tull live 09.10.1978 im Madison Square Garden, New York) im britischen Fernsehen gezeigt wurde (inzwischen als DVD/CD erhältlich). Und bereits vier Jahre zuvor, also 1974, veröffentlichte die Gruppe ihr Album War Child u.a. auch in der damals ziemlich neu auf dem Markt erschienenen Mehrkanalaufzeichnung mit vier Kanälen, Quadrophonie genannt.

    Jethro Tull: War Child (1974) Quadradisc

Natürlich braucht man quadro-fähige Abspielgeräte, z.B. Plattenspieler mit CD4-Verfahren, um in den Genuss der vier Tonkanäle zu kommen: „Dieses gelang durch die Entwicklung eines speziellen Diamantschliffs beim Tonabnehmer, der auch Töne im für den Menschen unhörbaren Bereich von der Platte abnehmen konnte. Die beiden hinteren Kanäle wurden vor Produktion der Schallplatte vom normalen hörbaren Bereich von 20 Hz bis 20 kHz auf 30–60 kHz transferiert und nach dem Abtasten der Nadel durch den Konverter wieder in den hörbaren Bereich zurückgeholt. Diese Technik wurde unter der Bezeichnung CD4 und als einziges echtes Quadrofonie-Verfahren vermarktet.“ (Quelle: de.wikipedia.org)

Die Quadrophonie hat sich dann nicht durchsetzen können, es gab nur wenige Quadrophoniealben. Sicherlich ein Grund dafür war, weil „alle Quadrofonie-Systeme auf der falschen Annahme [basieren], dass ein Klangfeld durch Aufnahme von vier Kanälen und Wiedergabe über vier Lautsprecher in 90°-Anordnung zueinander reproduziert werden könne. Bei einer solchen Anordnung entstehen jedoch Lücken im Klangfeld.“

Immerhin muss man Quadrophonie als eine Vorläufertechnologie des Dolby-Surround-Systems ansehen, das auf dem Matrix-Verfahren der Quadrofonie basierte, und der aktuellen digitalen 5.1-, 6.1- und 7.1-Raumklangverfahren. Auch hier mischt Jethro Tull bekanntlich die Karten neu und veröffentlicht seit geraumer Zeit seine alten Alben im 5.1-Ton: nach Aqualung kam Thick as a Brick mit einem neuen Stereo Mix und 5.1 DTS/Dolby Digital Surround auf DVD auf den Markt. Das Gleiche dann natürlich mit dem neuen Album: Thick as a Brick II. Nun wurde als nächstes das Album „Benefit“ neu gemischt und kommt ebenfalls als Benefit (Deluxe Edition) am Freitag (25.10.2013) auf den Markt.

Aber zurück zum Quadrophonie-Album „War Child“: Es heißt, dass das Album für die Quadro-Aufnahmen erneut eingespielt wurde. So unterscheidet es sich sehr stark vom Stereo-Album (siehe hierzu u.a. im Jethro Tull Board)

Ich war also gespannt und habe im Netz etwas geforscht, ob es da eine digitalisierte Fassung des Quadro-Album gibt (nicht nur Jethro Tull samt Ian Anderson ist technisch aufgeschlossen, die Fans der Gruppe sind es auch). Und es gibt … ! – zudem in unterschiedlichsten Versionen. Da gibt es erst einmal den Download für eine CD, die von der Quadradisc (auch Quad-LP genannt, die Bezeichnungen variieren) in ein DTS 4.0-Format digitalisiert wurde: Jethro Tull – War Child DTS 4.0 from Quad LP. Vorsicht, nicht jeder Player unterstützt dieses Format (siehe hierzu weitere Informationen in meinem Beitrag Jethro Tull: Thick as a Brick 5.1) Ob der Download klappt, kann ich leider nicht zusichern. Und dann gibt es einen weiteren Download: Jethro Tull – War Child (1974 quad mix 24/96 lossless 4.0 DVD-A). Hierbei handelt es sich um eine hybride DVD, also eine ‚gemischte’ DVD, die sowohl Audio- wie auch Video-DVD ist. Der Audio-DVD-Teil (24/96 4.0 lossless MLP) lässt sich nur mit entsprechenden DVD-Playern abspielen (oder über den PC mit 5.1-Ton-Unterstützung). Dagegen funktioniert der Video-DVD-Teil (16/48 4.0 AC3 @ 440kbps) auf jeden handelsüblichen DVD-Player (der Download sollte klappen).

Nun ich habe ein Ohr in diese Aufnahmen hineingehalten, wenn auch nur in Stereo-Wiedergabe. Und mein erster Eindruck ist tatsächlich der, dass das Ganze viel ‚voller’ klingt als die eigentliche Stereo-CD. Wem die „War Child“-Scheibe also gefällt, dem kann ich nur zu dieser Quadro-Version raten. Wenn ich Zeit und Muße habe, dann werde ich mir diese 4.0-Version einmal in aller Ruhe hineinziehen. Ich freue mich schon darauf.

Sieht so ein Gott aus?

Mit stierigen Glubschaugen schaute er schon in jungen Jahren auf sein Publikum. Nicht gerade Schwiegermutters Liebling. Jetzt mit 66 Jahren, wenige Tage nach seinem Geburtstag, staunt der Flötenkobold dann aber doch, wurde er zum Gott des Progressive Rock ausgekoren – er erhielt vom Prog Magazine (auch Progrockmag genannt) in diesem Jahr den Prog God Award! Da kann man schon große Augen, große Glubschaugen machen (wenigstens rasieren hätten sie sich können, Herr Gott)!

Progrockmag – Prog God 2013: Ian Anderson

Vielleicht ist das auch endlich Anlass, ihn oder seine (annähernd) lebenslange Band Jethro Tull in die Rock and Roll Hall of Fame aufzunehmen. Da tummelt sich mancher Schrat … Nur unser Flötenschrat noch nicht. Aber vielleicht mag man dort keine Götter … 😉

Fritz Rau gestorben

Am Montag ist der langjährige Konzert- und Tourneeveranstalter Fritz Rau im Alter von 83 Jahren gestorben. Mit Horst Lippmann gründete Rau 1963 die Konzertagentur Lippmann + Rau, die zunächst die Jazz- und später die großen Blues- und Rockstars nach Deutschland brachte. Ohne ihn und Lippmann wären all diese großen Hallenkonzerttourneen durch Deutschland nicht denkbar gewesen.

Außerdem war er bis 2005 langjähriger Organisator von Jethro Tull und mit deren Bandleader Ian Anderson eng befreundet. Auf der CD/DVD Ian Anderson Plays the Orchestral Jethro Tull (2005) ist neben einem Interview mit Ian Anderson auch Fritz Rau zu hören.

Hier zwei Eintrittskarten zu Konzerten von Jethro Tull (1972 und 1977), die Lippmann + Rau als Veranstalter bzw. Tourneeleiter durchgeführt haben:

Jethro Tull 1972 Hannover - Veranstalter: Lippmann & Rau

Jethro Tull 1977 Bremen - Tourneeleitung: Lippmann + Rau

In AlbinZ Garten – das ‚Video‘ 2013

Bilder aus unserem Garten habe ich schon öfter gezeigt. Jetzt während meines Urlaubs habe ich unseren Garten auch einmal im Video festgehalten. Ja, Urlaub – daher auch schon seit Tagen keine Beiträge mehr hier in meinen Blog. Auch mein Blog hat Urlaub …?! Heute ist die Ausnahme!


In AlbinZ Garten – das ‚Video‘ 2013

Unser Garten (eigentlich ist es der Garten meiner Frau, die ihn hegt und pflegt – ich darf höchstens den Rasen mähen und helfen, wenn größere Teile wie Pflanzenkübel zu schleppen sind) ist nicht der typische Garten. Hier darf auch schon einmal Unkraut wachsen, wobei zu sagen ist, dass es Unkraut gar nicht gibt. Schließlich gibt es ja auch keine Unpflanzen, oder? Kräuter – das ist okay. Und manches Kraut wandert dann auch gelegentlich in den Salat. Unser Garten hat durch das viele Durcheinander etwas von einem verwunschenen Garten – er ist haunted, wie der Angelsachse sagt. Das sagen übrigens nicht wir, sondern das sagen oft genug Gäste, die uns jetzt besuchen kommen: verwunschen! Mir gefällt’s auf jeden Fall. Und so kann man wie ich und meine Frau auch schon einmal Urlaub zu Hause und damit im eigenen Garten machen. Endlich soll ja auch das Wetter besser werden. Ansonsten sind wir mit dem Rad oder mit der Bahn zu Tagesausflügen unterwegs …

Die Musik im Video stammt übrigens von Maartin Allcock, den Fans von Fairport Convention und Jethro Tull kennen sollten. Allcock wirkte u.a. bei dem Album „Rock Island“ (1989) von Jethro Tull auf zwei Stücken als Keyboard-Spieler mit. Hier ist das Stück „Planxty Madam Crofton“ von dem Solo-Album „Maart“ zu hören. Das ist übrigens ein altes irisches Stück von Turlough O’Carolan.

Maartin Allcock: Planxty Madam Crofton (trad.)

Joan Armatrading & Pam Nestor: Whatever’s for us (1972)

Nach meiner ‚Einleitung’ zu Joan Armatrading komme ich heute zum ersten Album, das Joan Armatrading in Zusammenarbeit mit Pam Nestor 1972 veröffentlichte: Whatever’s for us. Das Album enthält 14 Lieder (die neu aufgelegte CD von 2001 enthält zudem noch zwei Bonus Tracks – dazu unten etwas mehr), die in den Château d’Hérouville Studios (später: Strawberry Studios), im Oise Valley in der Nähe von Paris, in den Trident Studios London und Marquee Studios London aufgenommen wurden. Die beiden jungen Frauen (Joan zählte 21, Pam 24 Lenze) hatten dabei weitaus mehr Material zu bieten. Letztendlich wurden dann von der Plattenfirma (genauer vom Produzenten Gus Dudgeon) nur Lieder ausgewählt, auf denen Pam Nestor nicht Klavier spielt bzw. nicht singt. Man wollte Joan Armatrading als Einzelkünstlerin promoten. So steht vorn auf dem Cover auch nur ihr Name. Pam Nestor wurde lediglich unten den Credits (für die ‚Lyrics’, also Texte) bedacht. Immerhin ist auf der Rückseite des Covers ein Foto von beiden zu finden (weitere Infos siehe en.wikipedia.org).

    Joan Armatrading & Pam Nestor: Whatever’s for us (1972)

Kurze (oder längere) Exkursion: Die Parallelen, die sich für mich zwischen Joan Armatrading und der Band Jethro Tull (lange meine Lieblingsband) auftun, sind doch erstaunlich. Von beiden hatte ich zunächst die zweite erschienene Scheibe gekauft (von Joan ‚Back to the Night’). Erst dann sah ich im Plattengeschäft, dass es eben auch schon jeweils ein ‚erstes’ Album gab. Auf dem ersten Album von Jethro Tull (This Was) gab es nicht nur Songs von Ian Anderson, dem Mastermind der Gruppe, sondern auch der damalige Gitarrist Mick Abrahams trug seinen Teil (ähnlich wie Pam Nestor bei Joan) an Liedern bei. Beide Debütalben weichen dann schon rein stilistisch doch stark von den Nachfolgealben ab. Aber es kommt noch besser: Bekanntlich ist die Welt klein, selbst die der Londoner Musikszene im Jahr 1972. Denn in den bereits erwähnten Château d’Hérouville Studios müssen sich Joan & Pam und Ian Anderson und Co. schon fast auf die Füße getreten haben. Bekanntlich wurden hier die Vorläufer-Bänder zu A Passion Play aufgenommen, die unter dem Namen Chateau D’isaster Tapes (Teil 1Teil 2) erst viele Jahre später das Gehör der Öffentlichkeit fanden. Joan und Pam nahmen 1972 hier auch einen Teil ihrer Lieder auf. Und eine letzte Schnittstelle gibt es z.B. durch den Schlagzeuger Gerry Conway, der in den anfänglichen 80-er Jahren bei Jethro Tull die Sticks auf den Trommeln und Blechen rührte und auf eben diesem Debütalbum von Joan und Pam seinen Teil beisteuerte.

    Joan Armatrading

Tracklist des Albums (alle Lieder wurden von Joan Armatrading and Pam Nestor als Texterin komponiert außer die 3 angegebenen von Joan):

Seite 1
1. „My Family“ 3:08
2. „City Girl“ (Armatrading) 3:58
3. „Spend a Little Time“ (Armatrading) 2:23
4. „Whatever’s for Us, for Us“ 2:11
5. „Child Star“ 2:31
6. „Visionary Mountains“ 1:49
7. „It Could Have Been Better“ 4:19

Seite 2
1. „Head of the Table“ 2:30
2. „Mister Remember Me“ 2:15
3. „Gave It a Try“ 2:08
4. „Alice“ 3:29
5. „Conversation“ (Armatrading) 2:15
6. „Mean Old Man“ 2:33
7. „All the King’s Gardens“ 2:58

Bonustracks (beide von Joan & Pam komponiert):
Lonely Lady
Together In Words And Music

Nun Joan und Pam kannten sich bereits seit drei Jahren und hatten gemeinsam über 100 Lieder geschrieben. Es war eine enge Freundschaft zwischen den beiden, die dann ihr jähes Ende eben durch diese Platten-Produktion fand. Natürlich war es nicht Joans Schuld, dass der Produzent Gus Dudgeon sie favorisierte (Näheres siehe unter en.wipedia.org nach einer Biografie von Sean Mayes über Joan Armatrading). Joan beendete nach diesem Alben dann auch die Arbeit mit diesem Produzenten. Während die Lieder, bei denen Pam Nestor Klavier spielt und singt, auf dem Album nicht berücksichtigt wurden (sie agiert lediglich als Co-Autorin, also aus Texterin bei dem Großteil der Lieder), hören wir Joan Armatrading neben ihren Gesang die Klavierparts spielen und auf der akustischen Gitarre.


Pam Nestor – Hiding & Seeking (No More) 1979 – 7”-Single (Langfassung 12”)

Pam Nestor hatte ‚genug’ und betätigte sich später weiterhin als Liedtexterin. Sie hat dann auch noch eine eigene Single veröffentlicht: „Hiding & Seeking (No More)“ (eine Reggae-Nummer) c/w „Man On The Run“, erschienen 1979. Auf dem 1975 erschienenen zweiten Album von Joan Armatrading „Back to the Night“ sind die Texte zu „Dry Land“ und „Come When You Need Me“ ebenfalls von Pam Nestor.

Viel Vorgeplänkel, kommen wir zum Album selbst. Debütalben sind immer so eine Sache. Von Erfolg war diese Scheibe nicht gekrönt. Damals wurden gerade einmal ungefähr 2000 Stück verkauft. Aber es ist schon (fast) die Joan späterer Jahre, nur noch nicht ganz so ausgereift. Aber genau das macht den Reiz dieser Lieder aus. Es klingt alles spontan mit Herzblut eingespielt, authentisch wie man so gern sagt.

Joan war Ende 1950 in Basseterre auf der Karibikinsel Saint Kitts als 3. von sechs Kindern geboren. Als sie drei Jahre alt war, zogen ihre Eltern mit den zwei ältesten Geschwistern nach Birmingham, England. Joan lebte erst einmal bei ihrer Großmutter auf Antigua. Anfang 1958 im Alter von sieben Jahren wurde sie von ihren Eltern nach England geholt. Mit 14 Jahren begann sie, ihre eigenen Lieder zu schreiben und spielte diese auf dem Klavier, das ihre Mutter als ‚Möbelstück’ gekauft hatte. Kurz danach tauschte ihre Mutter ihr eine Gitarre im Wert von 3 £ in einem Leihhaus gegen zwei Kinderwagen ein. Das Spielen brachte sich Joan selbst bei.

Das Autodidaktische lässt sich auf diesen Album sehr gut ausmachen. Es ist ein eigenwilliger Stil, den sie besonders auf der Gitarre praktiziert. Aber auch dem Klavier entlockt sie Klangfolgen, die ihr ungewöhnliches Talent zeigen. Stilistisch gesehen war es vorwiegend Folk bzw. Folkrock, aber schon gemischt mit anderen Elementen wie Blues bzw. R&B oder auch Jazz. Für ihre 21 Jahre ist sogar die Stimme schon sehr ausgereift und einfach einzigartig.


Joan Armatrading: Whatever’s for us, for us

Auf dem Album gibt es kein Stück, das man als ‚Hänger’ bezeichnen kann. Im Gegenteil zeichnet es sich dadurch aus, dass es viel Abwechslung bietet und doch eine Einheit bildet. Viele Stücke beginnen allein mit Klavier oder akustischer Gitarre. Für das Titelstück „Whatever’s for us, for us“ reicht sogar nur die akustische Gitarre. Mein liebstes Stück ist „It Could Have Been Better”, traurig-schön, Joan allein auf dem Klavier spielend, dann kommen die anderen Instrumente hinzu, zum Ende hin dann Bläser und zuletzt Streicher. Angeblich war es damals sogar eines der Lieblingslieder von Elton John. Es ist für mich noch heute eines meiner Lieblingslieder:


Joan Armatrading: It Could Have Been Better

Zuletzt kleine Ausschnitte (jeweils der Anfang) aus den zwei Bonustracks, die 1973 als Single erschienen waren. So ganz passen diese Lieder nicht auf das Album, sind also weniger repräsentativ. Im ersten hören wir eine E-Gitarre, wie sie (wenn ich mich nicht völlig verhört habe) auf keinen der 14 Lieder des Albums gespielt wird. Und das zweite Lied klingt für mich mehr nach Südsee als nach Karibik. Die Texte sind wiederum von Pam Nestor:


Joan Armatrading & Pam Nestor: Auszüge aus: Lonely Lady/ Together In Words And Music (Whatever’s for us – 1972 Bonus Tracks)

Martin Barre & Band in Buchholz/Nordheide 25.10.2013

Hier noch einmal der Hinweis, dass der jahrelange Gitarrist von Jethro Tull und Wegbegleiter von Ian Anderson ab 20. Oktober auf Deutschland-Tour ist: Martin Barre mit Band spielt dabei auch viele alte Jethro Tull-Titel.

    Martin Barre & Band – Live in Europe Tour 2013

Alle Konzertdaten findet Ihr auf Martin Barres Website: Events – EUROPEAN TOUR 2013

Beim Konzert am Freitag, den 25. Oktober 2013, das in Buchholz in der Nordheide und dort in der Empore stattfindet, bin ich mit meinen Söhnen dabei. Die Karten habe ich bereits ‚im Kasten’.

Weitere Infos (ich gebe es zu: leicht ‚geschönte’) zu diesem Konzert gibt es jetzt auch auf der Website der Empore in Buchholz. Und Karten können online bestellt werden.

Eintrittskarten Empore/Buchholz: Martin Barre und Band 2013

Also auf, meine Damen und Herren! Es wäre maßlos traurig, wenn der Saal nicht voll werden sollte. Wir sehen uns also in Buchholz. Spätestens bis dann …

Videos bei YouTube mit Martin Barre & Band – und Audio-Ausschnitte von Martin Barres Website (siehe auch meinen Beitrag: Kontrastprogramm mit weiteren Videos)

    Martin Barre

Musik im Handel von Martin Barre und Martin Barre mit Jethro Tull

Martin Barre & Band auf Deutschland-Tour

Nach den Remixen von Aqualung und Thick as Brick (TAAB) plant Ian Anderson, auch die Scheiben „Benefit“ und „A Passion Play“ von Steven Wilson u.a. 5.1-mäßig aufpolieren zu lassen („Benefit“ ist wohl schon ‚im Kasten’). Außerdem soll im nächsten Jahr nun auch noch ein 3. Teil von TAAB eingespielt werden: die öfter schon angekündigte Heavy Metal-Platte. Und damit alte Jethro Tull-Fan nicht darben müssen, darf man wohl auch noch mit einer DVD/BluRay zur aktuellen Tour (TAAB/TAAB2) rechnen (Quelle u.a. Jethro Tull Board @ www.laufi.de). Damit Ian Andersons Klingelbeutel wohltönend läutet (oder so ähnlich, Ihr wisst schon …). Zudem ist der Flötenschrat ab 30. April auch wieder auf deutschen Bühnen zu hören und sehen.

Warum lässt mich das alles als alten Tull-Fan eigentlich so völlig kalt?

Interessanter ist für mich erst einmal die Tatsache, dass Martin Barre (immerhin 43 Jahre Stage left Gitarrist an der Seite von Ian Anderson) mit Band ebenfalls auf Deutschland-Tour sein wird. Das Ganze beginnt am 20. Oktober in Münster. Da der Name Jethro Tull wohl den Geschichtsbüchern angehört (das Porzellan ist wohl nicht mehr zu kleben – Anderson und Barre gehen getrennte Wege), aber Barre natürlich die lange Zusammenarbeit mit Anderson nicht leugnen kann, so wird man von Barre & Co. natürlich auch viele (alte) Stücke von Jethro Tull zu hören bekommen.

    Martin Barre & Band – Live in Europe Tour 2013

Natürlich ist Martin Barre nicht Jethro Tull (Ian Anderson ohne Barre ist es aber auch nicht mehr), und über seine Mitstreiter ließe sich lange (oder auch nicht – evtl. ist Dave Pegg, gleichfalls Ex-Jethro Tuller, am Bass dabei) diskutieren. Hier vielleicht zum Hineinhören einige Videos bei YouTube mit Martin Barre & Band – und Audio-Ausschnitte von Martin Barres Website.

Da aber Barre & Co. im Oktober (und zwar am Freitag, den 25.10.) gewissermaßen vor meiner Haustüre auftritt und die Eintrittspreise mit 25 € moderat sind, da komme ich dann doch ins Grübeln, ob ich mir (möglichst mit meinen Söhnen) den alten Gitarrenfuzzi reinziehen werde. Ist ja noch etwas Zeit bis dahin.

Nun am 25. Oktober tritt Barre mit Band in der Empore in Buchholz in der Nordheide auf. Da die Empore selbst keine Werbung für das Konzert macht, Karten aber schon (eben für 25 € das Stück) erhältlich sind, gehe ich davon aus, dass die Halle für das Konzert lediglich angemietet wurde. Dann dürfte das Konzert unbestuhlt stattfinden. Rund 800 Leute ließen sich so unterbringen.

    Martin Barre

P.S. Meine Söhnen wollen auf jeden Fall mit ins Konzert: Dann also auf! Immerhin ist Martin Barre einer der weltbesten Rockgitarristen. Es wäre traurig, wenn der ‚Laden’ nicht voll werden sollte.

Siehe auch meine Beiträge: Meine 10 größten Gitarristen der Rockmusik: Martin Barre100 größten Gitarrensolos der Rockmusik – Plätze 21 – 30

Der Sieg der Gleichgültigkeit

Im November letzten Jahres hatte ich mich über Twitter mit Dunehopper, dem 2. Vorsitzender der Heidepiraten aus Tostedt zum Thema „Mehr Demokratie“ kurz ausgetauscht. Seine Meinung: „Der Plan ist, das mehr Demokratie und mehr Bürgerbeteiligung zu mehr Interesse an Politik führt.“, „Kitastreit zeigt, das ‚Mehr Demokratie’ Thema ist.“ Und „Themen waren Jugendarbeit, Bürgerbeteiligung, mehr Demokratie. Die werden alle piratisiert :-)“

Meine Ansichten damals wie heute: „’Mehr Demokratie‘ ist so ein alter Schlagwort“ und „’Mehr Demokratie‘, weil die Politik versagt – auf Dauer wird das leider für viele Bürger ermüdend, fürchte ich“.

Gestern nun war der Bürgerentscheid in Sachen Neubau der Kindertagesstätte/Kinderhort Dieckhofstraße in der Samtgemeinde Tostedt. Von 20.961 Stimmberechtigten gaben gerade einmal 25,5 % ihre Stimme ab. Ein niederschmetterndes Ergebnis. Immerhin stimmten 3.350 (62,9 %) mit ‚ja’ und damit gegen den Neubau in der Dieckhofstraße, 1977 (27,1 %) stimmten mit ‚nein’, also dafür. Die erforderliche Mindestzahl von 5205 Ja-Stimmen wurde also deutlich nicht erreicht.

Gegner wie Befürworter der Dieckhofstraßen-Lösung werden nun das Ergebnis werten müssen. Jeder wird das ihm Angenehme hervorheben. Ohne Zweifel haben die Gegner eine klare Mehrheit erzielt. Die Gegenkampagne der Parteien, die den Ratsbeschluss zum Bau einer Kindertagesstätte am Standort Dieckhofstraße durchgesetzt haben, hat nur wenig gefruchtet. Erschreckend für mich ist aber die Interesselosigkeit fast drei Viertel der Bürger. Drei von vier stimmberechtigter Bürger haben es für nicht notwendig erachtet, ihr Recht auf direkte Bürgerbeteiligung wahrzunehmen. Vielleicht lag es am Thema: ‚lediglich’ ein Kindergarten! Vielleicht habe ich auch etwas Recht mit der Annahme, „mehr Demokratie“ ermüde auf Dauer viele Bürger. So oder so ist es ein Sieg der Gleichgültigkeit, der Ignoranz. Das ist ein Armutszeugnis und ein Freibrief für die Politik, weiterhin auch Entscheidungen zu treffen, die am Bürger vorbeizielen. Und es ist eine Ohrfeige für die Bürger, die sich für mehr Bürgerbeteiligung einsetzen.

Schade, Tostedt: Setzen, sechs!

zuletzt: Dank twitter/dunehopper hier eine aufschlussreiche Tabelle zum Bürgerentscheid – sortiert nach Beteiligung