Archiv für den Monat: September 2006

Was ist bloß mit Ian los? Teil 6: Jac(k)queline, Martin & Francis

Hallo Wilfried,

in der Disziplin der schnellen Antworten stehst Du mir in nichts nach.

Zur Literatur:
Von Grass habe ich „Im Krebsgang“ gelesen. Weil es eines seiner weniger umfangreichen Werke ist. Quasi als Versuchsballon. Das Ergebnis des Versuchs war ernüchternd. Den „Simplizissimus“ habe ich irgendwann mal angefangen, aber nicht zu Ende gelesen. Früher habe ich es gehasst, bei einem Buch vor dem Ende aufzugeben. Es kam einer Kapitulation gleich. Heute sehe ich das gelassener. „Josef und seine Brüder“ war auch das Werk, mit dem ich Zugang zu Thomas Mann gesucht habe. Vergeblich. Es gab eine Zeit, in der ich bedauerte, mit den großen Namen der Literatur nicht zurecht zu kommen. Das hat sich Gott sei Dank gelegt; mittlerweile komme ich mit der Mischung aus gut lesbaren Romanen und Sachbüchern ganz gut klar.

Zur deutschen Volksmusik:
Ich muss wohl mentale Scheuklappen getragen haben, als ich die deutsche Folklore nur mit Karl Moik und Konsorten gleichgesetzt habe ! Dass Zupfgeigenhansl, Liederjan, Schelmisch und Co. ebenfalls deutsches Liedgut verkörpern, war mir irgendwie nicht bewusst. Das muss wohl an meinem dominanten Feindbild von Heino und seinesgleichen liegen, das andere Aspekte bis zur Unkenntlichkeit verdeckt. Anders kann ich mir das nicht erklären. Mann, ist das peinlich !

Allerdings sehe ich noch einen Unterschied zwischen dem, was unsere britischen Folk-Helden veröffentlichen und dem, was Liederjan und Schelmisch präsentieren:
Die Musik der britischen Musiker ist wirklich volksnah; ich bin sicher, dass auf den Inseln fast jeder deren Musik kennt. Die Musik von Zupfgeigenhansl oder Schelmisch dagegen stammt größtenteils aus vergangenen Jahrhunderten; das macht sie für mich interessant und für die Ballermann-Fraktion kryptisch. Living in the past. Hier schließt sich der Kreis.

Ich kann mir gut vorstellen, dass Deine Jungs schon etwas von den Murphys gehört haben. Ich glaube, diese Altersstufe ist die Hauptzielgruppe der Band. Zumindest, was ihre wenig anspruchsvollen Texte angeht. Ich bin durch Zufall auf diese Formation gestoßen, als ich im Internet nach einer Interpretation von „The Green Fields of France“ gesucht habe. Das haben die Burschen wirklich gut hinbekommen. Mit pipes and drums, so, wie es sich gehört.

Noch einmal zu den Tulls:
Das Gesangsproblem des Mr. Anderson lässt mir wirklich graue Haare wachsen: Mit Gesang geht nicht, ohne aber auch nicht. Da schwebt man als Fan zwischen Hammer und Amboss, zwischen Skylla und Charybdis, zwischen Pest und Cholera.

Zu Mr. Barre: irgendwo las ich neulich, dass er zu den am meisten unterschätzten Gitarristen unseres Globus zählt. Im Rockzirkus passen Genie und Zurückhaltung eben nur schlecht zusammen. Weißt Du, wie man seinen Nachnamen korrekt ausspricht ? Mr. Anderson betont es manchmal wie Baarr, manchmal wie Baarree. Ein bekanntermaßen inkompetenter Musikjournalist meines Lieblings-Radiosenders sprach es einmal Bäärr aus.

Das Video zu „Jack-a-Lynn“ hat es mir angetan. Aus 1991, zeigt es einen 44jährigen Mr. Anderson, bei dem die Stimme sich leicht erholt zu haben scheint, bevor sie später vollkommen kollabiert. Dieses Video zeigt einen schönen Übergang vom jungen zum alten Mr. Anderson. Darüber hinaus gefällt mir der Song ganz einfach. Ohne die störende Flöte. Gibt es eine Statistik darüber, wie viele Songs von JT ohne Flöte auskommen ? Aber ich schweife ab !

Die Ansichten des guten Francis sind von meiner eher konservativen Warte aus gesehen etwas bizarr. Den Spagat zwischen Tull und Tokio Hotel muss man erst mal hinkriegen. Ich vermute, dass Francis wesentlich jünger ist als ich und dass er Mr. Anderson in der Kopftuch-Phase kennen gelernt hat. Deshalb vermisst er sie jetzt. Genauso geht es mir mit der Folk-Musik der Tulls. Im „Schweigen der Lämmer“ sagt Dr. Lector: „Was begehren wir ? Das, was wir täglich sehen !“ Vor diesem Hintergrund hat Francis mein vollstes Mitgefühl.

Das mit der Vielfalt meinte ich schon ernst. Wenn ich gezwungen wäre, mir jahrelang jeden Tag die Folk-Alben des Mr. Anderson anzuhören, würde ich mir heißes Wachs in die Ohren gießen. Was die Lieblingsmusik zur Lieblingsmusik macht, ist u.a. die Tatsache, dass ich sie hören kann, wenn ich Lust dazu habe. Wenn es keine Alternativen gäbe, könnte man nicht vergleichen und das ein oder andere als „gut“ befinden.

Mit Fußball habe ich überhaupt nichts am Hut. Es gibt kaum eine Sache in diesem Universum, die mich weniger interessiert. Meine Zwillinge spielen mit Begeisterung im hiesigen Fußballverein, aber von mir haben sie das nicht. In diesem Verein bin ich bei den anderen Eltern als Fußballhasser verschrien. Damit kann ich sehr gut leben, im Gegenteil. Ich hefte mir dieses Attribut wie einen Orden an die Brust und pflege dieses Image bei jeder sich bietenden Gelegenheit. Dass Mr. Anderson ebenfalls ein gestörtes Verhältnis zum Fußball hat, las ich ein einem Interview. Hierin ging es um die Qualität seiner Texte. Er meinte, es könne nicht nur anspruchsvolle Lyrics à la Tull geben, es müsse auch Texte für Fussballer geben. Ich habe überlegt, ob ich einen Ausdruck dieses Interviews ans Schwarze Brett im Vereinsheim hängen soll. Ich habe es gelassen, weil meine Kinder den Papa noch brauchen…

Also, bis bald !

Lockwood

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Hallo Lockwood,

also von der schnellen Truppe bin ich nun nicht gerade (gut Ding braucht Weile). Eigentlich wundert es mich selbst, dass ich mich, kaum ist eine Mail von Dir da, hinsetze, um zu antworten. Meine Frau hat in früheren Jahren bestimmt nicht so viele Liebesbriefe erhalten, wie ich Dir inzwischen Mails geschrieben habe.

Lasse ich Herrn Anderson erst einmal beiseite. Nur kurz etwas zum Jack-a-Lynn-Video. Das stammt ja von einer TV-Aufnahme des türkischen Fernsehens von einem Konzert aus dem Jahre 1991. Wie alle die Videos auf meiner Website ist das in bescheidener Realmedia-Qualität. Das hat natürlich etwas damit zu tun, dass ich nicht so viel Webspace, also Speicherplatz für meine Website habe. Die Videos sind zudem für Modem-ISDN-Anschlüsse gedacht (als ich die ersten Videos eingespielt habe, gab es noch kein DSL bzw. DSL war unbezahlbar). Aber auch das ursprüngliche Video ist eigentlich sehr mager. Jetzt habe ich aber von einem anderen Tull-Fan das gesamte Istanbul-Video als DVD (abgezogen von einem VHS-Masterband) bekommen. Inzwischen habe ich auch noch anderes Tull-Material. Vieles stammt von laufi.de in VCD-, VideoCD-Qualität mit einer Auflösung von 352×288 Pixel/Bildpunkten – aber auch einige DVDs (hat als PAL 720 x 576) – aber die stammen mehr aus der letzten Zeit.

Wie sieht es bei Dir aus mit DIVX? Einen Player für den Rechner (Software) gibt es kostenlos im Internet, aber nicht nur den, sondern auch Software, mit der man z.B. DVD-Videos umwandeln kann. Ohne große Verluste braucht man dann nur noch etwa 1/5 des Speicherbedarfs (So bekomme ich ohne Weiteres bis zu 10 Stunden Video auf eine selbstgebrannte DVD). Die meisten (neueren) DVD-Player (ich meine die Hardware) unterstützen zudem DIVX. Ist natürlich nichts für absolute HiTech-Fans, die alles in Superqualität haben müssen (Heimkino vom feinsten und so).

Wenn wir schon einmal bei diesem Thema sind: Hast Du irgendwelches Material von Jethro Tull? Videos, Bilder, Audios? Okay, im Internet findet sich da vieles. Aber manchmal gibt es ja doch noch Schätze, die man nicht hat. Sehnlichst gesucht sind da natürlich alte Sachen (ich denke u.a. an eine brauchbare Videoaufnahme von A Passion Play). Kennst Du eigentlich das Tampa-Video von 1976?

Zu Francis: Von wegen jung, der Typ ist nur völlig durchgeknallt oder bizarr, wie du schreibst. Guckt Dir einmal seine Homepage an. Aber irgendwie haben wir ja alle unsere Macken.

Zu Bildchen usw.. Schade, dass Du kein Bild von Dir mit Kopftuch hast. Das wäre es doch, oder? Das mit dem Bild läuft nicht weg. Ich steh nicht so auf Bilder von mir. Nur ganz ohne ist auch nichts, vor allem wenn man sich schon in der Öffentlichkeit zeigt. Ich möchte schon wissen, mit wem ich es zu tun habe. Und man kann sich ja auch leicht verfremden.

Ach so: Martin Barre. Ich muss einmal gucken. Auf einem Video stellt er sich selbst vor: My name is …
Also ich denke Baarr ist richtig. Das Baarree von Anderson ist wieder einmal einer dieser kleinen Überspitzungen. Soll wohl französisch klingen und bezieht sich auf Martins 2. Vornamen: Lancelot. Martin Lancelot Baarree ….! Bäärr ist Quatsch.

Enough
Viele Grüße und ein schönes Wochenende
Wilfried

P.S. Audio on “I am Martin Barre …” (im Anhang als mp3 – aus einer TV-Sendung von 2001 in den USA)

English Translation for Ian Anderson

Schienenersatzverkehr

Neben dem herrenlosen Gepäckstück habe ich noch einen Vorschlag zum Unwort des Jahres 2006: Schienenersatzverkehr.

Wer öfter mit der Bahn fährt, wird vielleicht wissen, was ich meine und welche Drohung dieses Wort beinhaltet: Jegliche terminliche Planung kann man vergessen, wenn man ein bestimmtes Ziel zu einer bestimmten Zeit erreichen möchte. Fahrpläne werden kurzfristig außer Kraft gesetzt.

Schienenersatzverkehr

Durch Störungen in der Oberleitung (nicht Oberstübchen) kam es innerhalb von weniger als einer Woche (nämlich am Freitag, den 08.09. und Mittwoch, den 13.09. – macht in der Summe einen Freitag, den 13.) zu längeren Verzögerungen im Betriebsablauf der deutschen Bahn (DBAG) auf der Strecke Hamburg – Bremen, wie es so schön im Sprachgebrauch der DBAG heißt.

Der Kelch ging an mir gerade noch vorüber: Der Einsatz eines Schienenersatzverkehrs (allein das Wort als solches ist ein Ungetüm, also Unwort) wurde angedroht, aber nicht vollstreckt. Noch rechtzeitig wurde der Schaden behoben.

Übrigens: Die genannte Störung der Oberleitung wurde im Bereich der Baustelle des Tostedter Bahnhofs verursacht. Irgend so ein Spezialist ist mit dem Bagger an das Kabel gekommen und hat es gekappt.

Und da ich gerade beim Thema Baustelle bin: Ich möchte mich da ausdrücklich für den Lärm der letzten Nächte bedanken. Jetzt wird auch am Wochenende in der Nacht gewerkelt. Das Getute, Geramme und Geklopfe ist markerweichend. Wenn das so weitergeht, dann werde ich zum Tier!

Bin Laden im Video

Mit dem 5. Jahrestag der Terroranschlags auf das World Trade Center in New York mehrt sich auch wieder die Frage, was ist eigentlich mit dem Urheber dieses Terrors, mit Osama bin Laden. US-Präsident Bush posaunt es hinaus: Amerika wird dich fassen! Aber bis heute ist das nicht geglückt.

immer wieder hört und sieht man in den Fernsehnachrichten von Videobotschaften, die bin Laden zeigen und die im Internet veröffentlicht wurden. Wer hat aber sich jeweils ein solches Video „in Ruhe“ ansehen können. Hier eine Website, die Osama bin Laden (und mehr) im Video zeigt.

Werder tappt im Dunkeln

Nach dem geglückten Auftakt zur neuen Saison und dem Gewinn des Liga-Pokals hagelte es jetzt bereits die vierte Niederlage in Folge. Jede dieser Niederlagen für sich betrachtet wäre vielleicht verzeihlich, in der Summe und so am Stück aber kann man nur noch fragen: Was ist mit Werder Bremen los? Die Mannschaft tappt zz. völlig im Dunkeln.

Werder tappt im Dunkeln

Nach dem unrühmlichen Ausscheiden im DFB-Pokal droht ein schnelles Ende in der Champions League. Und würden nicht auch die Bayern über ihre eigenen Füße stolpern, so wäre bereits jetzt zu befürchten, dass auch in der Bundesliga der Meisterschaftszug abgefahren wäre. Und am kommenden Wochenende droht die nächste Niederlage in Hamburg gegen den HSV, der sich allerdings bisher noch weniger mit Ruhm bekleckert hat.

Aber dann kann es eigentlich nur noch bergauf gehen …

Was ist bloß mit Ian los? Teil 5: Folk und Emotionen

Hallo Wilfried,

zunächst einmal bin ich erfreut darüber, dass Du mich nicht vergessen hast. Deinen Urlaub und die Radtour habe ich in groben Zügen in Deinem Blog verfolgt. Auf Deiner Website habe ich mir noch einiges zum Thema Tull reingezogen, habe aber immer noch nicht alle Tiefen Deines Angebots dort ausloten können.

Deine literarischen Ambitionen gereichen Dir zu Ehre; bei mir geht es oft deutlich trivialer zu. Historische Romane habe ich buchstäblich zentnerweise verschlungen. Die beste Schriftstellerin dieses Genres ist in meinen Augen Rebecca Gablè. Da aber die Belletristik nicht auf die anspruchsvolleren Fragen des Lebens antwortet, habe ich auch das ein oder andere Fachbuch eingestreut. Bücher über Physik, Religion, Soziobiologie, Anthropologie. Du siehst, auch ich interessiere mich für den Menschen und für das, was ihn zu dem gemacht hat, was er heute ist. Sowie sein Verhältnis zur restlichen Schöpfung.

Presseausweis
Bild: www.gaylmurphy.com

Bei mir liegt der Schwerpunkt des Interesses jedoch auf dem Menschen als (Tier-)Art, also eine mehr allgemeinere Betrachtung, während Du den Focus auf das Individuum legst. Diese spezielle Betrachtung hat natürlich auch für mich seine Reize, aber noch mehr interessiere ich mich für die „übergeordneten“ Aspekte der Schöpfung und des Menschen. Hier sind wir ganz schnell beim Thema Religion. Das ist ein Feld, dass mir schon schlaflose Nächte bereitet hat. Die Frage, ob es ein Schöpferwesen, einen Weltenlenker gibt oder nicht. Aber diese Erörterungen würden im Augenblick zu weit führen.

Deinen Hinweis auf Martin Walser habe ich zur Kenntnis genommen. Ich werde diesen Schriftsteller bei Gelegenheit „ausprobieren“. In der Vergangenheit habe ich mich an den großen Namen der Literatur versucht: Böll, Solschenizyn, Dostojewski, Grass, Thomas Mann, Goethe, von Kleist … Ich muss gestehen, dass ich nicht erkennen kann, worin das Genie dieser Leute liegt. Auf mich wirkten ihre Werke……langweilig. Wobei ich sicher bin, dass das an mir liegt und nicht an den preisgekrönten Literaten.

In puncto Musikgeschmack haben wir wohl nur eine kleine Schnittmenge:
Folk im Allgemeinen und Tull im Besonderen. Deinen Favoriten Clapton, Armatrading und Zappa kann ich nur wenig abgewinnen. Die pluralistische Gesellschaft äußert sich eben nicht zuletzt im Musikgeschmack: Es lebe die Vielfalt !

Mein Interesse an Weltmusik beschränkt sich auf die Folklore. Hier macht natürlich die britische Folkmusik das Rennen. (Hast Du mal darüber nachgedacht, warum die deutsche Volksmusik so wenig ansprechend ist ? Warum die Typen aus dem Musikantenstadl so wenig mit Tull, den Dubliners oder Pogues gemeinsam haben ?)

Vor einigen Tagen habe ich eine mir bis dahin unbekannte Folk-Punk-Band entdeckt: Dropkick Murphys aus Bosten. Klingen stellenweise vielversprechend. Da man mit bedeutender Folkmusik aus dem Hause Tull nicht mehr rechnen kann, bin ich immer auf der Suche nach Substituten.

Von Mr. Andersons Soloplatten kenne ich nur „Divinities“ und „The Secret Language of Birds“. Diese Alben bieten beide nicht den Anderson, den ich hören möchte. Language vielleicht ein wenig mehr als die 12 Tänze, aber immer noch nicht genug, um mich zu begeistern. Nein, das sind in meinen Augen Alben für den Gabentisch: „Platten, die Sie sich schenken können.“ Da mein erster Kontakt zu Mr. Anderson seine Folk-Platten waren, werde ich den Käse, den er danach gemacht hat, nicht überwinden können. Mr. Anderson hat mich musikalisch traumatisiert und polarisiert. Glücklicherweise ist die Lücke, die er durch seine Stilwechsel in meine Musikwelt gerissen hat, nicht vollkommen unverschließbar. Glücklicherweise gibt es noch die Pogues, Kate Bush, Waterboys. Niemand ist unersätzlich. Auch Mr. Anderson nicht. (Aber er hätte ruhig noch 2 Folk-Platten machen können….)

Das mit seinem Zynismus dem Publikum gegenüber schrieb ein Rock-Lexikon über seine jungen Jahre. Es hatte also nichts mit der Abgeklärtheit der reiferen Generation zu tun.

Mit Deinem Hinweis auf den Anderson’schen Gesang streust Du Salz in meine Wunden:
Es ist ganz einfach grauenhaft ! Das Internet ist voll mit Einträgen von Fans, die es genau so sehen. Mit seinem Gekrächze der letzten 20 Jahre demontiert er sein eigenes Denkmal. Über dieses Thema habe ich mich in einer früheren Mail ausführlich und erregt geäußert.

Dass Mr. Anderson Deinen Vorschlag aufgreift und andere singen lässt, halte ich für sehr unwahrscheinlich. Das wäre so, als würde Schumi sich von einem Chauffeur über den Nürburgring fahren lassen.

Viele Grüße aus dem Rheinland !

Lockwood

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Hier meine Antwort:

Hallo Lockwood,

Dank für Deine schnelle Antwort.

Nur kurz etwas zu Deinen und meinen literarischen Ambitionen. Ich will da nicht als Oberschullehrer auftreten. Mit Literatur ist das schon so eine Sache. Wie mit Musik eben auch. Bestimmte Autoren tun sich nicht so leicht auf. Teilweise liegt es auch an ihrem ‚Schreibstil‘. Erst neulich habe ich Günter Grass‚ Stil als ‚barock‘ bezeichnet. Er schreibt in einem Stil, der dem von Grimmelhausen ähnlich ist, breit angelegt und ziemlich bildhaft mit einer Wortwahl, die sich mit der heutigen ziemlich wenig deckt.

Es ist oft ein ungewohntes Lesen, mit dem man sich erst anfreunden muss, was nicht immer gelingt. Und einen Thomas Mann habe ich auch schon einmal wieder in den Schrank zurückgelegt, weil mir der Vierteiler ‚Joseph und seine Brüder‘ nicht nur zu dick, sondern einfach zu hochtrabend war. Das aber nur nebenbei.

Zur deutschen Folklore: Natürlich finde ich „Schwarz-braun ist die Haselnuss“ und dergleichen auch zum Kotzen. Aber das ist nicht die deutsche Folklore oder nicht allein, sondern immer noch der ‚volksnahe‘ Beitrag, der sich aus der Nazizeit herübergerettet hat. Schriebst Du nicht etwas von Liederjan oder Zupfgeigenhansl (und ‚Schelmish‘)? Da greift man durchaus auf altes, ‚deutsches‘ Liedgut zu, was weder schwarz noch braun angehaucht ist.

Zu Dropkick Murphys – da muss ich meinen Sohn Jan interviewen. Der dürfte einiges von denen haben. Der steht (zurzeit?!) auf Punk, Ska und ähnliches.

Mit dem Gesang (oder Nichtgesang) von Ian Anderson hast Du wohl recht. Es ist nicht nur das Flötenspiel, das Jethro Tull ausmacht (oder Barres Gitarrenspiel – übrigens ein Thema für sich, erst kürzlich las ich, das sein Gitarrensolo auf Aqualung zu den zehn besten in der Rockszene gerechnet wird), sondern auch seine Stimme, sein Gesang, der unverkennbar ist (besser: war!). Die ist nicht zu ersetzen.

Überhaupt noch etwas zu meinem Weblog. Das sind so genannte dynamische Seiten. Die Textinhalte werden dabei in einer Datenbank gespeichert und je nach ‚Anfrage‘ aus dieser herausgelesen. Die einzelnen Beiträge haben ja ein Datum, ruft man die erste Seite des Weblogs auf (also z.B. nur https://www.willizblog.de/) dann wird immer der aktuellste Beitrag als erstes angezeigt. Insgesamt werden (ich glaube) sieben Beiträge angezeigt, man kann dann zurückblättern. Ich selbst kann natürlich schon Beiträge mit einem Datum verfassen, das in der Zukunft liegt. Die werden erst aufgerufen, wenn das Datum zutrifft. Außerdem kann ich auch das Layout wechseln, ohne dass die Inhalte davon betroffen werden (zz. ist das Bildchen oben in orange gehalten, ich habe auch noch blau, gelb usw. ‚vorrätig‘, außerdem auch ganz andere Layouts, die aber eine andere Seitenaufteilung haben und daher Probleme bereiten können, z.B. mit der Anzeige der Bilder usw.).

Übrigens hatte ich dieser Tage zwei Einträge in unser ‚Gästebuch‘ zum Thema Jethro Tull. Der eine kam von einem wohl ziemlich abgedrehten Typen. Ich will hier keinen an den Pranger stellen, aber ich will Dir den Eintrag und die wechselnde Antworten per Mail nicht vorenthalten, weil zum einen etwas zu Andersons Aussehen geschrieben steht – und dann auch welche ‚Schnittstellen‘ es sonst noch so geben kann (hier: Jethro Tull und Tokio Hotel – die Erklärung finde ich ‚faszinierend‘):

Ian Anderson Orchestral in Bayern

Francis aus Kaufbeuren (Sunday, 13. Aug 2006 Kommentar: Altusried 12.08 2006 Orchestral Jethro Tull Ian Anderson schockte das Publikum mit:12 Koffer der Band sind von der Fluggesellschaft versehentlich woanderst verschickt worden. Ian musste sich eine neue Querflöte besorgen. A piece of shit so Ian, wie er sie nannte und kostete 1500 Euro. Trotzdem liess sich Ian nicht beirren und meisterte das Konzert gekonnt, auch wenn improvisiert werden musste. Es hat sehr Spass gemacht, trotz kälte 8 Grad und auch wenn sein Piratenlook fehlte. Applaus Gruss Franzis

Ich antwortete:

Hallo Francis,

vielen Dank für Deine Einträge in unser Gästebuch. Wir kenne uns wohl schon von früher her.

Also Ian Anderson nicht im Piratenlook? Was hatte er denn sonst an? Ich kenne ihn zuletzt eigentlich nur mit dem schwarz-weiß-gemusterten ‚Schlafanzug‘ und natürlich mit dem Tuch um das spärliche Haar.

Ich habe einen Blick auf Deine Seiten im Internet geworfen. Dass mit Tokio Hotel verstehe ich aber nicht so ganz. Die und Jethro Tull – das sind doch ganz unterschiedliche Welten, oder?

Mach es gut und nichts für ungut.
Viele Grüße aus der norddeutschen Tiefebene nach Kaufbeuren.

Heute kam nun die Rückantwort von Francis:

Hi, Ian Anderson kam eigentlich wie in Zivil gekleidet auf die Bühne, dunkle Hose, dunkle Jacke und mit Brille. Ohne Kopfbedeckung. Auch keine Stiefel oder so. Aber Hauptsache die Musik stimmte, obwohl ihm auch seine Bambooflöte fehlte.

Wie ich zu Tokio Hotel kam ist mir selbst ein wenig schleierhaft? Als ich vor ca. einem Jahr einen Bericht in der Zeitung davon las, sagte mir das momentan gar nichts. Ach wieder irgend so ne Punk Band dachte ich und hatte damals eigentlich noch kein einziges Stück von denen gehört. Vorurteil.

Als mir an einem Abend mal langweilig war, suchte ich nach neuem Sound, dabei fielen mir Tokio Hotel wieder ein, und was machen die eigentlich für Musik? Also lud ich mir mal was runter. „Schrei“, dachte ich mir mal, weil der Titel einen interessanten Eindruck machte ,aber auch das sagte mir nicht so besonders zu, fand aber die Stimme von Bill als sehr angenehm. Dann hörte ich Durch den Monsun, dann hats gefunkt.

Ian und Bill haben zwar nicht dieselbe Stimme, doch dieser gewisser Sehnsuchtsausdruck, in den Stimmlagen sind ungefähr dieselben. Während Ian Anderson bei dem Song „Nursie“ singt über eine Krankenschwester, die lieb lächelt um seine Schmerzen zu lindern, bittet Bill in dem Song Rette mich um Hilfe, weil er das Gefühl hat innerlich zu verbrennen. Es geht um Emotionen, Gefühle, einfach Dinge aus dem Leben, die manchen Berühren. Wie auch in Salamander von Too old to rock n roll…brenne für mich und ich brenne für dich. Es geht immer um Liebe oder Traurigkeit und gewissen Hinweisen, wie z.B. Kriege in unserer Welt. Bei Jethro Tull genauso wie bei Tokio Hotel, obwohl es eigentlich nach wie zwei anderen Welten klingt. Damals bei den Beatles war schon das Gekreische gross und das wollte ich mal wieder erleben und sah mir sogar zwei Konzerte von Tokio Hotel an. Wie schön wäre es noch mal 19 zu sein, als ich Jethro Tull zum erstenmal live erlebte. Ja das ist es was ich da empfinde. Und bei Tokio Hotel setze ich mich in eine Zeitmaschine und versuche mich in die Traumwelt der girls hineinzuversetzen. Es war damals ähnlich und sage einfach heute „wondring aloud“.

Schöne Grüsse Francis

Ist schon witzig! Der gute Francis war geradezu enttäuscht, Herrn Anderson nicht im Piratenlook zu sehen („Hauptsache die Musik stimmte …“). Ist schon richtig, das mit der pluralistischen Gesellschaft (Es lebe die Vielfalt!), auch wenn Du es ironisch meintest, oder?!

Bald mehr.

Viele Grüße
Wilfried

P.S. Ein echter Fußballfan bin ich nun nicht gerade. Und das mit der Fußball-WM und dem ganzen Drumherum ging mir reichlich auf die Nerven. Ian Anderson, nur so nebenbei, hasst Fußball. Wie steht es mit Dir: Aachen-Fan oder so? Meine eher leise Werder-Begeisterung stammt noch aus alten Tagen. Ich lebte fast 25 Jahre in Bremen – und lebe jetzt auch nicht so weit davon entfernt (Tostedt liegt auf fast halber Strecke zwischen Bremen und Hamburg, wenn auch etwas näher an Hamburg, wo ich z.B. arbeite).

English Translation for Ian Anderson

Was so im Kino läuft

Wer gern ins Kino geht, möchte wissen, was da so läuft und ob es sich lohnt, einen neu anlaufenden Film zu sehen. Filmstarts.de bietet neben ersten Bildern (z.B. Filmplakaten) auch ausführliche Kritiken der neu ins Kino kommenden Filme. Und anschauen kann man sich die Filme z.B. in einen der vielen Cinemaxx-Kinos. Über deren Website kommt man auch schnell zu den Trailern, also kurzen Ausschnitten der frisch eingetroffenen Filme. Donnerstag ist Kinotag. Heute laufen die neuen Filme an.

Was ist bloß mit Ian los? Teil 4: Zwei Seelen in des Menschen Brust

Hallo Wilfried,

ich glaube die ersten Anzeichen dafür zu erkennen, dass unser Schriftwechsel anfängt, Dich zu ermüden. Dafür habe ich vollstes Verständnis; ich weiß aus eigener Erfahrung, dass die Freizeit eines berufstätigen Familienvaters sehr kostbar ist. Um so mehr danke ich Dir für Dein Engagement !

In Deiner letzten Mail hast Du einige Dinge sehr richtig erkannt:
In Sachen Mr. Anderson wohnen zwei Seelen in meiner Brust. Auf der einen Seite bewundere ich ihn für eine Handvoll hervorragender Alben, die exakt meinen Musikgeschmack treffen. Auf der anderen Seite verdamme ich ihn, weil er auch Musik macht, die nicht meinen Geschmack trifft und weil er nicht mehr so aussieht, wie ich ihn gerne sehen würde.

Mr. Anderson polarisiert, da stimme ich Dir uneingeschränkt zu. Es gibt nur wenige Menschen, die über ihn sagen: „Ach ja, ganz nett.“ Zu Mr. Anderson gibt es, wie zu vielen herausragenden Persönlichkeiten, meist nur schwarz oder weiß. Kaum Graustufen dazwischen.

– Ich finde es übrigens erschreckend, wie wenig junge Menschen ihn noch kennen. In meinem Kollegenkreis bekomme ich mit, wie junge Zeitgenossen jeden Ballermann-Schlager mitgrölen können, ohne je etwas von Ian Anderson oder Jimmy Page gehört zu haben. Ob das schon der Generationenkonflikt ist ? –

Ich weiß noch nicht so recht, wie ich zukünftig mit dem Phänomen des zweischneidigen Mr. Anderson umgehen soll, damit meine Musik-Seele ihren Frieden finden kann. Würde ich seine Spätwerke ignorieren, wäre das eine Vogel-Strauß-Politik, ein Paradebeispiel selektiver Wahrnehmung. In der Vergangenheit sind alle Versuche, mich für seine aktuelle Musik zu begeistern, kläglich gescheitert.

Wenn ich sehe, wie er sich in unseren Tage bei Liveauftritten quält, die hohen Töne rauszubekommen, packt mich das Mitleid. Warum tut er sich das an ? Warum lässt er es so weit kommen, dass er Mitleid erregt ? Wie ein Boxer, der gegen alle Vernunft nach Ablauf seiner Zeit wieder in den Ring steigt.

Jedenfalls verstehe ich alle Künstler oder Sportler, die auf dem Höhepunkt ihrer Karriere aufhören, jetzt ein wenig besser. Henry Maske sollte sich ein aktuelles JT – Konzert ansehen…

Deine Aussage, dass Mr. Anderson den ganzen Star-Rummel nicht für voll nimmt, deckt sich mit dem, was ich vor einiger Zeit im Rocklexikon über ihn las. Der Autor des Artikels ging sogar so weit zu behaupten, dass Mr. Anderson für sein Publikum nur zynische Verachtung übrig habe. Er schrieb das nicht wörtlich, nur sinngemäß. Aber unmissverständlich. Im selben Artikel wurde auch die Ähnlichkeit der Anderson’schen Attitüden zu Monty Python erwähnt. Ohne Zweifel verdient Mr. Anderson das Prädikat „very british“. Ist auch gut so.

Ja, der arme Aqualung bückte sich mit schmerzendem Rücken, um eine Zigarettenkippe aufzuheben. Lange Zeit habe ich mich gefragt, wieso die LP Aqualung diesen Namen trägt. Da ist doch von Tauchern oder sonstigen maritimen Themen nicht der Hauch einer Spur. Erst als ich den Text übersetzte, wurde es klar und ich konnte über meine Naivität nur den Kopf schütteln.

Ich könnte noch seitenlang über Dinge schreiben, die zwischen Mr. Anderson und einem in meinen Augen perfekten Künstler stehen. Ich könnte über seine Arroganz schreiben oder über seine kaum getarnten kommerziellen Ambitionen. Aber das erspare ich uns beiden. Den perfekten Künstler gibt es nicht. Ebenso wenig, wie es den perfekten Menschen gibt. Nietzsche hat es schon angedeutet.

Es gibt einige Künstler, die ich sehr hoch einschätze: Queen, Kate Bush, Peter Gabriel, David Bowie, Mike Scott, Bruce Springsteen, … Bei allen lassen sich Haare in der Suppe finden. Ich verstehe eigentlich gar nicht, warum ich so auf Mr. Anderson rumhacke. Vielleicht deshalb, weil ich ihn doch für den Größten halte…

An dieser Stelle möchte ich Dir für die links in Deinen Mails danken. In puncto Internet bin ich ein ziemlicher Anfänger; meinen Internetzugang habe ich erst seit Ende April. (ja, so etwas gibt’s). Durch Deine Links finde ich Sites, die ein Greenhorn wie ich bestimmt übersehen hätte.

Nachdem Mr. Anderson sich Ende der 70er Jahre entschlossen hat, seine Folk-Phase zu beenden, musste ich mich nach anderen Interpreten dieser Musik umsehen. Dabei stieß ich auf Namen wie Steeleye Span, Fairport Convention, Waterboys, Hooters, Pogues, Paddy Goes To Holyhead, The Man They Could Not Hang, The Seer. Diese Musiker erreichen nicht die Klasse eines Mr. Anderson, aber die meisten davon können sich durchaus hören lassen.

Besonders erwähnen möchte ich die Formation „Schelmisch“ aus Bonn. Die haben vorwiegend Musik vergangener Jahrhunderte im Repertoire, gespielt auf alten Instrumenten. Ähnlich wie Liederjan oder Zupfgeigenhansl, nur zackiger. Schelmisch haben eine umfangreiche Website, auf der man auch in ihre Werke reinhören kann. Das sei Dir an dieser Stelle wärmstens empfohlen.

Ich habe Deinen Mails entnommen, dass Du ein Mann des Buches bist. Da ich keinen Menschen kenne, der ausschließlich die großen Literaten vom Schlage eines Hermann Hesse liest, gehe ich davon aus, dass Du hin und wieder einen Roman für den ‚Normalverbraucher‘ liest. Erlaube mir deshalb, ein Buch zu empfehlen, das es mir vor einigen Jahren angetan hat: „Die Entdeckung des Himmels“ von Harry Mulisch.

Ich bin mir darüber im Klaren, dass man mit ungefragten Literatur-Empfehlungen furchtbar auf die Nase fallen kann, aber in diesem Fall ist das Risiko kalkulierbar.

Diese Mail ist wieder länger geworden als erwartet. Falls Deine Antwort hierauf kürzer als gewohnt ausfallen oder ganz ausbleiben sollte, hätte ich dafür, wie eingangs schon erwähnt, vollstes Verständnis ! Jedenfalls danke ich Dir für Deine Mühen und Deine Zeit !

Herzliche Grüße

Lockwood

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Meine Antwort (vom 30.08.2006):

Hallo Lockwood,

ich habe Dich etwas warten lassen, aber ich hatte ja Urlaub, war zwar nur für einige Tage unterwegs (kleine Radtour mit meinen Lieben), hatte aber (k)eine große Lust zu nichts und gar nichts. Ausruhen war angesagt, entspannen!

Aber das Leben besteht ja nicht nur aus Faulenzen. Und so will ich auch auf Deine letzte Nachricht zurückkommen:

Wie heißt es so schön: Sage mir, was Du liest (oder hörst), dann sage ich Dir, wer Du bist.

Ich habe etwas im Internet nach Harry Mulisch und seinem Buch „Die Entdeckung des Himmels“ recherchiert. Ich werde es mir wohl kaufen, klingt ganz interessant. Allerdings ist das nicht so ganz meine literarische Welt. Ich interessiere mich schon für Religion und Wissenschaften. Schließlich leben wir in einer Welt, in der diese beiden Bereiche ständig eine große Rolle spielen. Aber ich interessiere mich zunächst für den Menschen selbst, für seine kleinen Macken und Fehler – und wie es dazu gekommen ist, dass ein Mensch so ist, wie er ist. Das hat viel mit Psychologie zu tun, wenn auch die Psychologie nicht für alles eine hinreichende Erklärung geben kann. Ich will keine Buchtipps abgeben, aber Martin Walser ist für mich einer der ganz großen Schriftsteller, weil er in den Mittelpunkt immer bestimmte Menschen stellt und diese dabei förmlich seelisch entkleidet, wobei man sich oft selbst wiedererkennt.

Bücher wie Herr der Ringe usw. haben mich eigentlich nie interessiert. Als Film okay, als Buch: muss nicht sein.

Warum schreibe ich das? Weil es auch etwas mit Ian Anderson zu tun hat. Herr Anderson hat viele Lieder geschrieben, die irgendwie etwas mit ‚Fantasy‘ zu tun haben. Ich höre das ganz gern. Und vor der Schottland-Reise im letzten Jahr, war es für mich sehr interessant zu sehen, wie viele Lieder etwas mit diesem Land, seiner Sagenwelt, mit Landschaften usw. zu tun haben.

Aber Ian Anderson ist auch ein kritischer Beobachter. So bescheiden ich die Scheibe „Under Wraps“ vom Musikalischen her finde, so sind die Texte doch ganz interessant (nur so als Beispiel).

Bekanntlich hat jeder Mensch zwei Seelen in seiner Brust. Die eine schwelgt gern in phantastischen Welten, die andere ist analytisch (vergl. Religion – Wissenschaft). Und so ist auch Herr Anderson auf der einen Seite manchmal der Phantast (mal reiht er Sagengestalten um sich, mal ist er eher der kleine Witzbold), dann beschäftigt er sich mit den Hintergründen von Missständen. Das zeigt sich dann auch oft hörbar in seiner Musik. Und mit den Jahren setzt man dann auch die Prioritäten anders.

Du schreibst von Musikern, die Du hoch einschätzt: Queen, Kate Bush, Peter Gabriel, David Bowie usw. Was Jethro Tull betrifft, so decken sich da unsere ‚Interessen‘. Von den oben genannten könnte ich gerade Kate Bush (und auch nur mit Einschränkungen) zu meiner Galerie hoch geschätzter Künstler zählen. Ich mag neben Folk-Musik sehr gern schwarze Musik. Vielleicht hat es auch etwas damit zu tun, dass ich durch meinen früheren Bekanntenkreis viel mit Farbigen zu tun hatte: z.B. Joan Armatrading mag ich sehr (und die hat wenig mit Jethro Tull zu tun – stimmt aber auch wieder nicht, immerhin hat sie u.a. mit ehemaligen Tull-Musikern zusammengearbeitet wie die Drummer Gerry Conway (Broadsword and the Beast) und Dave Mattacks (aus der Fairport Convention-Ecke – er spielte bei den Live-Aufnahmen zu A little light Music mit). Aus alten Zeiten mag ich Cream (mit Clapton) und Peter Green (weniger mit Fleetwood Mac, eher seine späteren Solo-Arbeiten), aus der Progressive Rock-Ecke vor allem Gentle Giant. Und dann finde ich Frank Zappa nach wie vor sehr gut.

Das zeigt ja irgendwie, dass wir uns aus unterschiedlichen Richtungen an Jethro Tull und Ian Anderson angenähert haben. Von daher habe ich wohl auch weniger Probleme mit den jüngeren CD-Veröffentlichungen der Gruppe. Ich bin, wenn man so will, mehr ‚weltmusikalisch‘ ausgerichtet. Und besonders in den neueren Stücken finden sich viele Einflüsse, die weniger europäischer Herkunft sind: indisch und afrikanisch. So finde ich die Solo-Scheibe von Ian Anderson: Divinities sogar richtig gut und habe die Musik als Hintergrundmusik für einige Videos genommen (siehe Kalabrien-Video).

Überhaupt die Solo-Alben: Was hältst Du eigentlich von denen? Secret Language of Birds und Rupi ’s Dance. Natürlich kann man die nicht mit Thick as a Brick vergleichen. Sie sind ganz ‚hübsch‘. Wenn ich in der entsprechenden Stimmung bin, dann höre ich die Sachen ganz gern. Sie handeln von den kleinen Dingen des Lebens, Dingen, die aber oft ein Leben lebenswert machen. Mit dem Alter setzt an eben andere Prioritäten, wie geschrieben. Da wird man zynisch und sarkastisch – oder man nimmt nicht mehr alles für so voll, wie man es vielleicht früher einmal getan hat. Ich glaube so nicht, dass Ian Anderson nur zynische Verachtung für sein Publikum übrig hat. Er nimmt nur den ganzen Rummel nicht mehr für voll. Nach außen sieht beides ziemlich gleich aus.

Vielleicht sind es die paar Jahre, die ich Dir gegenüber mehr auf dem Buckel habe, die mich Ian Anderson in einem ‚weicheren‘ Lichte sehen lassen. Das einzigste, was mich an dem guten Manne stört oder was ich nicht so ganz verstehen kann, ist, dass er trotz der angeschlagenen Stimme immer noch die vielen Live-Auftritte hat. Daher war ich auch in den letzten Jahren (bis auf das Konzert letztes Jahr in Bremerhaven) bei keinem Konzert mehr – und habe auch nicht die Absicht ein weiteres zu besuchen. Ich könnte mir eines vorstellen: Anderson spielt nur noch Flöte (akustische Gitarre usw.), hat aber einen Sänger, der für ihn die alten Sachen singt (wie mag die Stimme von seinem Sohn James Duncan klingen?). Oder er spielt wirklich nur noch Instrumentaltitel (gerade seine Auftritte mit den diversen Orchestern würden dazu einladen).

Soviel für heute.

Viele Grüße
Wilfried

English Translation for Ian Anderson

Tostedt: Aktuelle Bilder

Tostedt stellt sich zz. als große Baustelle dar. So wird die Bahnhofstraße im Zentrumsbereich umgebaut, wobei ein Kreisel die alte Kreuzung zur Triftstraße ablöst. Und am Bahnhof von Tostedt wird auch schon seit Monaten kräftig gewerkelt. Jetzt wird die Fußgängerbrücke um eine Zuwegung in Richtung Zinnhütte erweitert.

Wenn es in Tostedt brennt, dann brennt es meist richtig ordentlich. In der Straße „Zinnhütte“ brannte die Lagerhalle einer Tischerei bis auf die Grundmauern ab.

Tostedt: Umbau des Bahnhofs Tostedt: Brand in der Straße 'Zinnhütte'
Tostedt: Umbau des Bahnhofs
Tostedt: Umbau der Bahnhofstraße
Tostedt: Umbau der Bahnhofstraße Tostedt: Brand in der Straße ‚Zinnhütte‘

5. Jahrestag: 9/11

Vor nun fünf Jahren ereignete sich der Terroranschlag gegen das World Trade Center in New York, bei dem ca. 3000 Menschen ihr Leben verloren. Urheber des Anschlags war die Terrororgansisation Al-Qaida.

New York: 11.09.2001 New York: 11.09.2001
New York am 11.09.2001: World Trade Center New York am 11.09.2001: World Trade Center
New York: 11.09.2001 New York: 11.09.2001
New York am 11.09.2001: Rauchfahne über Manhattan New York am 11.09.2001: Flüchtende Passanten
New York: 11.09.2001 New York: 11.09.2001
New York am 11.09.2001: Asche und Rauch New York am 11.09.2001: „Ground Zero“

Nahezu fünf Jahre sind nun auch vergangen, seitdem der US-amerkanische Präsident, George W. Bush, den Kampf gegen ‚die Achse des Bösen‘ ausrief, womit er Länder wie Nordkorea, Kuba, Iran, Irak usw. meinte und mit diesen Ländern allierten Terrorgruppen wie Al-Qaida. Dass dieser Kampf nicht ansatzweise Früchte trägt, sehen wir zum einen im Irak, wo täglicher Terror seine Opfer fordert, zum anderen in den weiteren Terroranschlägen wie z.B. in Madrid am 11.03.2004 oder London am 07.07.2005.

Jetzt ist dieser Terror auch bis Deutschland vorgedrungen. Ähnlich wie in London so ist eine Verbindung der Attentäter zu Al-Quaida bis heute ungeklärt und meines Erachtens auch unwahrscheinlich. Es handelt sich um kleine Gruppierungen, in denen sich perspektivlose junge Menschen zusammenscharren. Gerade deshalb kann der Kampf gegen den Terror mit den Mitteln, wie sie ein George W. Bush einsetzt, nicht gewonnen werden.

siehe auch zdf.de: 11. September – 5 Jahre danach

Blamable Vorstellung

Was soll man dazu sagen: Mitte der nächsten Woche startet die Champions League und deren deutsche Vertreter blamieren sich bis auf die Knochen in der ersten Runde des DFB-Pokals gegen eigentlich drittklassige Gegner. Sowohl die Bayern, der HSV und auch Werder Bremen müssen in die Verlängerung, Bayern München schafft es gerade so durch einen groben Schnitzel des St. Pauli-Torwarts – und der HSV sowie die Bremer (gegen den FK Pirmasens) bleiben gleich auf der Strecke.

Frank Baumann fliegt in der 109. Minute

Wenn es in der Generalprobe daneben geht, kann es bei der Premiere nur besser werden. Am Dienstag tritt Werder beim FC Chelsea an. Da geht es bereits darum, wer international vorn mitmischen darf. Ich fürchte, … Aber male ich nicht den Teufel an die Wand?!

Was ist bloß mit Ian los? Teil 3: Halbgott oder Monty Python?

Hallo Wilfried,

es freut mich, dass ich in Dir einen Mailpartner gefunden habe, der jeden Vorwurf der Schreibfaulheit weit von sich weisen kann. Vielen Dank dafür !

Zum Thema Jethro Tull:
Ich fürchte, dass ich die Alben der Gruppe in der falschen Reihenfolge kennen gelernt habe; zuerst die fantastischen Folk-Alben, dann die in meinen Augen düsteren Erstlingswerke und schließlich die flachen Spätwerke. So konnte ich leider keine Steigerung in der Kunst des Mr. Anderson feststellen, sondern nur ein Gefälle.

Trotz Deines berechtigten Einwands, dass ein Rockmusiker eine andere Arbeitskleidung benötigt als z.B. ein Banker, bleibe ich dabei, dass er mit seinen Kopftüchern einen vollen Griff ins Klo getan hat. Seine flippigen Klamotten in den 60ern und 70ern waren voll o.k.. Besonders gefiel mir sein mittelalterlich angehauchtes Outfit mit Strumpfhose und Lederwams. Aber die Kopftücher sollen doch nur kaschieren, was ohnehin jeder weiß: Ian Anderson ist nicht mehr der Jüngste.

Ich möchte an dieser Stelle richtig verstanden werden: Ich habe nichts gegen Männer mit breitem Scheitel, mir selbst gehen die Haare auch schon aus (und das ausgerechnet am Hinterkopf !). Aber genau wie Du stehe ich dazu. Wie viel Grund mehr als wir hätte der Halbgott des Prog-Rock, sich zu diesem „Makel“ zu bekennen !?!? Statt dessen stellt er sich auf eine Stufe mit Drafi Deutscher seligen Gedenkens und Udo Lindenberg. Und das, obwohl er sich in seinen Interviews alle Mühe gibt, als überlegener abgeklärter Intellektueller aufzutreten. Shame on you, Mr. Anderson !

Apropos: Deiner Website konnte ich entnehmen, dass Du eine ähnlich hohe Meinung vom amerikanischen Präsidenten hast wie ich, aber das nur am Rande…

Beim Anschauen der Konzert-Videos (noch einmal Danke!) aus den 70er Jahren fällt auf, wie athletisch Mr. Anderson in jungen Jahren war. Hast Du mal versucht, seine Bühnenshow nachzuturnen ? Ich jedenfalls stoße dabei schnell an meine Grenzen.

Da ich bisher noch nicht die Gelegenheit hatte, seine Konzerte in der korrekten chronologischen Reihenfolge anzuschauen, fällt es mir schwer, ein Konzert der letzten zehn Jahre zu genießen. Will sagen: Der Unterschied zwischen dem drahtigen Kerl der 70er und dem kleinen Dicken unserer Tage ist einfach krass. Ich habe sowieso ein Problem mit der Physiognomie des Mr. Anderson. Klar, wir alle werden älter. Aber bei keinem anderen Menschen stelle ich einen so großen Unterschied fest zwischen dem Aussehen in jungen Jahren und der Erscheinung als Endfünfziger (Du weißt sicher, dass er am 10. August 59 wurde). Halte ein Bild, das ihn als Zwanzigjährigen zeigt neben eine aktuelle Aufnahme von ihm. Dabei sehe ich nicht, dass dort ein Mann gealtert ist; ich sehe zwei vollkommen unterschiedliche Menschen. Haar- und Barttracht sind nur ein Faktor, der das erklären könnte. Über die anderen Faktoren bin ich mir noch nicht im Klaren. Du bemerkst vielleicht, dass ich mich intensiv mit der Person Ian Anderson beschäftige. Ich fürchte, damit bewege ich mich haarscharf am Rande des Starkults. Wie ein Teenager. Und das in meinem Alter. Allerdings halte ich mir zugute, dass mir auch die weniger guten Aspekte meines Idols nicht verborgen bleiben.

Was ist bloß mit Ian los? Halbgott oder Monty Python?

Ich interessiere mich für die Person Ian Anderson, weil ich wissen möchte, was das für ein Mensch ist, der so großartige Alben hervorgebracht hat. Wie lebt so jemand ? Was denkt ein solcher Mensch ? Er ist nicht nur ein hervorragender Multi-Instrumentalist, Songwriter, Interpret, Bühnenakrobat, Entertainer, sondern auch ein Poet, ein Textschreiber ohne gleichen. Ich habe vor einiger Zeit versucht, einige Texte von ihm zu übersetzen. Das hat mir einige zusätzliche graue Haare eingebracht; mit meinem Schul-Englisch haben seine Texte nicht viel gemein. Z.B. musste ich mindestens vier Wörterbücher aufschlagen, ehe ich die Bedeutung des Wortes „dogend“ heraus gefunden hatte (aus Aqualung: „…as he bend to pick a dogend“). Seine Lyrics spielen wirklich in einer anderen Liga als die Texte eines Rod Stewart (zufällig ebenfalls Schotte). Und eben dieses Universalgenie hält es für angebracht, seine Haare zu färben und einen Pseudopiratenfummel um den Kopf zu winden. Nein, das begreife ich nicht, damit tut er sich keinen Gefallen. Ich verspreche Dir, dass ich das Thema Kopftuch nicht mehr anschneiden werde. Ich habe meinem Ärger darüber jetzt Luft gemacht und das muss genügen. Schließlich bietet Mr. Anderson weit mehr Facetten als die Wahl seiner Garderobe.

Wenn ich mich entscheiden müsste, welches seiner Alben für mich die Nummer eins ist, hätte ich ein Problem. Thick as a brick jedenfalls halte ich für genial. Ich höre Tull Platten nicht im Autoradio oder an anderen Orten, an denen man abgelenkt wird. Beim Hören von Tull-Alben tue ich mir Ruhe an. In dieser Ruhe erzeugt die Musik Bilder in meinem Kopf. Bilder, die ich weder beschreiben noch malen könnte. Aber sie sind sehr schön, diese Bilder. Gerade bei Thick as a brick. Auf der zweiten Seite dieses Albums erzeugt Mr. Anderson mit seiner Flöte Sphärenklänge, die mich weit über den irdischen Alltag hinausheben. Das Bewusstsein schwebt sekundenweise in höheren Gefilden. Klingt vollkommen überdreht, ich weiß. Aber das macht mir nichts, denn ich genieße diesen Zustand. Ähnlich geht es mir beim Passion Play. Dabei stört mich allerdings das bizarre Zwischenstück über den halbblinden Hasen. Keine Ahnung, was Mr. Anderson sich dabei gedacht hat… Ebenfalls großartig finde ich sein Heavy Horses. Hier gefallen mir die vorwiegend akustischen Stücke (ist ja klar!) und die ländliche Stimmung, die er mit seiner Musik heraufbeschwört. Je nach Tagesform könnte auch Minstrel in the Gallery mein Favorit sein. Wieder wegen der akustischen Stücke und der Assoziationen zur Mythologie, die in den Texten stecken. Nordische und keltische Mythen waren einmal ein Steckenpferd von mir. Irgendwie finde ich, dass Mr. Anderson in dieser Phase Mitte der 70er durchaus in der Lage gewesen wäre, den Herrn der Ringe zu vertonen. Damit meine ich nicht die Filmmusik, sondern eine Art Oper „Lord of the Rings“. Tja, schön wär’s gewesen.

Letzter Punkt zum Thema Anderson für heute:
Bei seinen Konzerten fällt mir auf, dass er hin und wieder mit dem rechten Fuß am Bühnenrand hantiert, so, als würde er einen Schalter oder ein Pedal bedienen. Weißt Du zufällig, was es damit auf sich hat ?

Es ist jetzt 1:30 Uhr, in wenigen Minuten wird es hell und die Kinder werden dann wieder auf der Matte stehen. Ich werde meine heutige Mail deshalb an dieser Stelle beenden in der Hoffnung, dass wir unseren Gedankenaustausch zum Thema Ian Anderson oder anderen Themen fortsetzen können.

Viele Grüße

Lockwood

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Ich antwortete:

Hallo Lockwood,

da habe ich mich auf etwas eingelassen. Ich leide zwar nicht unbedingt an Schreibfaulheit. Aber ich bin schon auf der Arbeit gezwungen, diese und jene schriftliche Stellungnahme von mir zu geben, sodass ich mich auch gern auf meinen Lorbeeren ausruhe.

Zuletzt hatte ich mich etwas ausführlicher mit Ian Anderson und Jethro Tull vor mehr als einem Jahr auseinandergesetzt – anlässlich unseres Schottland-Urlaubs. Es war schon erstaunlich für mich, wie viele Stücke es gibt, die irgendwie mit Andersons Heimat zu tun haben.

Aber zu Deiner Mail und zu Ian Anderson. Ich finde sein Outfit nun auch nicht gerade berauschend. Aber man muss vielleicht in sein Alter kommen, um das zu verstehen (da könnte ich ja fast mitreden). Vielleicht muss man dann auch noch Brite sein. Ich denke, die haben insgesamt ein Problem mit ihrem Äußeren. Natürlich hat es immer etwas Peinliches, wenn man ab einem bestimmten Alter auf jugendlich macht, obwohl es absolut nicht passt. Das gilt für Damen und Herren.

Als ich vor gut einem Jahr das Konzert in Bremerhaven besuchte, da trug er den schwarz-weiß getupften Schlafanzug, den er dann auch beim Konzert in Lugano anhatte (siehe Videos vom Lugano Estival Jazz 2005): scheußlich-schön bzw. hübsch-hässlich, wie Pater Brown zu sagen pflegte. Aber es gibt ja auch Videoclips (z.B. zu Secret Language of Birds), in denen er durchaus zu seiner ‚Platte‘ steht.

Übrigens in meinem Weblog findest Du einen kleinen Artikel mit entsprechenden Bildern zum Thema Älterwerden von Rockstars: Nur älter, nicht schöner … – Ian Anderson ist da gar nicht die so große Ausnahme!

Zu den athletischen Leistungen früherer Tage: Das meinte ich u.a. auch, als ich Dir schrieb, er habe sich körperlich bis an die Grenzen der Leistungsfähigkeit verausgabt. Ich habe vor vielen Jahren selbst einmal in einer Band von blutigen Amateuren gespielt. Ab und wann waren wir dann auch öffentlich aufgetreten. Es ist ein Knochenjob, selbst wenn man nicht wie Anderson auf der Bühne herumturnt.

Apropos Halbgott, Starkult usw. Ich könnte mir durchaus denken, dass genau das Anderson ad absurdum führen möchte (und auch schon früher getan hat). Er macht sich einen Spaß daraus. Wenn er z.B. in einem Interview zum x-ten Mal gefragt wird, woher das kommt, dass er auf einem Bein spielt, dann erzählt er gern und ganz ernsthaft, wie ihm am Anfang seiner Zeit einmal die Unterhose zwickte, sodass er solche Verrenkungen auf der Bühne machte.

Auch die „Rubbing Elbows“ sind immer wieder gern ein Thema. Herr Anderson gibt nämlich nicht gern jedem die Hand (machen bekanntlich alle Briten ungern). Und dann erzählt er natürlich, wie er vor vielen Jahren einmal eine Handverletzung hatte und sein Arzt ihm geraten hat usw. usf.

Also, was Idole anbelangt, da bin ich vorsichtig. Wenn ein solches Idol kein Ideal vertritt, dann ist das nur Schein. Natürlich denke ich schon, dass Ian Anderson Ideale hat, die sich sicherlich zum großen Teil auch mit den meinen decken. Was ich anfangs (eben noch als Jugendlicher) stark fand, war schon das typisch Britische der Band. Anderson im Lumpenlook, die anderen nicht viel besser. Irgendwie zog man alles durch den Kakao a la Monty Python, mit denen Jethro Tull auch öfter verglichen wurde. Dazu passt dann auch das Mittelstück von A Passion Play, die Geschichte von dem Hasen, übrigens ein gemeinsames Werk von Jeffrey Hammond-Hammond, dem Bassisten, der ja auch den Text vorträgt, John Evan und Ian Anderson. Wer da für was zuständig war, keine Ahnung, die Idee und der Text sollten aber nicht von Anderson stammen.

Nochmals Halbgott, Starkult usw. Ich halte Ian Anderson für genial. Viele seiner Stücke (Musik und Text) haben etwas, was man bei anderen nicht findet, die sind einfach einzigartig. Natürlich hatte auch ein Genie wie Anderson die ein oder andere Schreibblockade. Und ich denke, dass er von Plattenfirmen auch unter Druck gesetzt wurde, „einmal etwas anderes zu machen“. Dass das dann in die Hose gegangen ist, kein Wunder – zumindest aus meiner, wohl auch aus Deiner Sicht. Es gibt aber auch Tull-Fans, die die späteren Sachen sehr gut finden. Diese haben nämlich Einflüsse, z.B. indische, die man dem Stichwort „Weltmusik“ zuordnen könnte. Was Du vielleicht als Gedudele hörst, hören andere eben auch mit anderen Ohren.

Halbgott, Starkult zum dritten: Anderson ist eine Persönlichkeit mit einem unverkennbaren Charisma. Man kann dabei feststellen, dass die Ansichten über ihn sehr weit auseinandergehen. Die einen lieben ihn, den anderen ist er eher unsympathisch. Völlig gleichgültig kann man ihm meist nicht gegenüberstehen. Und bei vielen – wie auch bei Dir – vermischen sich diese Empfindungen. Das ist ein Phänomen psychologischer Art, über das man sich sicherlich in seitenlangen Ausführungen auslassen könnte. Aber genug.

Zwischenfrage: Was heißt denn nun dogend bzw. dog-end? Ich habe da ein gutes Online-Wörterbuch, da steht Zigarettenkippe. Aqualung bückte sich also, um eine Zigarettenkippe aufzuheben.

Nur ein Hinweis: Der Text Aqualung ist natürlich von Andersons erster Frau, Jennie Franks, also nicht von ihm selbst – wenn natürlich auch in der Tradition des Meisters.

Ja mit Übersetzungen habe ich es auch schon versucht. Sehr weit bin ich da nicht gekommen. Es gibt eben zu viele Begriffe, die man nur aus dem Zusammenhang begreifen kann oder die sich aus dem Umfeld ergeben (geografische Begriffe usw.). So hatte ich auch meine ganz spezielle Textstelle aus Thick as a Brick: Where the hell was Biggles …! Wer oder was ist Biggles? Jetzt weiß ich es: wie Superman usw. ein Comic-Held: James Bigglesworth, ein Flieger! In den Niederlanden gibt es eine entsprechende Website zu Biggles, also: Wo zum Teufel war Biggles …?

Apropos Herr der Ringe und Oper: Anderson hatte da ja vor langer Zeit ein entsprechendes Projekt. Nicht Herr der Ringe, aber etwas ähnliches wohl. Und zu War Child, wenn ich mich nicht täusche, gab es ja tatsächlich auch etwas mit Ballett und so. Ich muss da noch einmal recherchieren. Irgendwie war auch ein Bruder von Ian Anderson beteiligt. Es gibt da einen kleinen Videoausschnitt (in der BBC-Sendung Lively Arts 79, die auch über einen deutschen Digitalsender, Musikkanal ZDF oder so, ausgestrahlt wurde) – und auf War Child selbst (remastered Version) gibt es das Stück Warchild Waltz, eine Orchesteraufnahme.

Überhaupt Videos. Es ist erstaunlich, wie viele Konzerte von Jethro Tull (auch in den letzten Jahren – z.B. 1999 „Ohne Filter“, müsste beim SWF Baden-Baden aufgenommen und ausgestrahlt worden sein) im Fernsehen liefen. Ich bin zwar nicht der große Sammler, habe aber inzwischen doch die eine oder andere Aufnahme, u.a. auch über www.laufi.de, der bis zum Anfang des Jahres jeden Monat ein neues Video auf seine Website zum Herunterladen brachte. Leider ist das irgendwie eingeschlafen. Aus dieser Sammlung stammen dann ja auch die Videos auf meiner Tull-Website.

Zuletzt zu Deine Frage wegen der Hantiererei am Bühnenrand: Anderson dürfte da schon das eine oder andere Pedal oder die entsprechenden Schalter haben, mit denen er u.a. sein Mikro auf Hall bzw. Echo stellt ggfs. auch seine Flöte, die ja ein Extra-Mikro bzw. einen speziellen Tonabnehmer hat. Gitarristen steuern z.B. über Pedale Effektgeräte wie Verzerrer oder Wah-Wah (das Wort sagt schon alles).

Für heute (mehr als) genug. Alles ist mir ein bisschen kuddelmuddelig kreuz und die quer geraten. Da kommt man schnell vom Hundertstel ins Tausendstel.

Noch etwas zu mir – oder besser: zu meinen/unseren Website(s). Da ich von der Arbeit her mit der Erstellung von Websites zu tun hatte, bastelte ich bereits 2000 die erste Version einer eigenen Homepage. Daraus wurden dann im Laufe von jetzt über sechs Jahren das, über das Du in Internet gestolpert bist – u.a. die Jethro Tull Website. Und seit nun anderthalb Jahren bastle ich an meinem Weblog (Blog – wie auch immer). Ich habe mir dabei vorgenommen, jeden Tag einen (kleinen) Beitrag in dieses Internettagebuch zu stellen. Leider gelingt das nicht immer. Aber es sind gewissermaßen Finger- und Kopfübungen, die Spaß machen. Ich bin herausgefordert, mir jeden Tag „etwas Sinnvolles“ einfallen zu lassen. Auch das gelingt nicht immer. Nun, man kann sich fragen, was das Ganze soll. Der extrovertierte Typ bin ich eigentlich nicht, der sein Innerstes nach außen zu kehren sucht. Aber eine gewisse künstlerische Ader habe ich schon. Und es macht eben Spaß. Der eine sammelt Briefmarken, der andere treibt intensiv Sport. Ich jogge ab und zu – und hocke ansonsten viel zu oft vor dem Bildschirm meines Rechners.

Viele Grüße
Wilfried „WilliZ“

English Translation for Ian Anderson