In Eis und Schnee – die Winter-Olympiade 2018 in Pyeongchang

Ende des letzten Jahres während unseres Weihnachtsurlaubs in Grainau war ich mit meiner Familie auch wintersportlich unterwegs: u.a. rodelten wir auf dem Zugspitzplatt, und mit meiner Frau wanderte ich auf Schneeschuhen durch die alpine Wildnis. Das Eisstockschießen auf der Eisbahn in Grainau fiel leider aus. Wir hätten uns zu gern mit anderen Urlaubsgästen in diesem Wettkampf gemessen. Und es war zwar kein olympischer Fackellauf, sondern nur ein abendliches Fackelwandern – aber Spaß gemacht hat es trotzdem.

Willi – vom Schnee bedeckt auf Rodeltour (Zugspitzplatt)
Willi – vom Schnee bedeckt auf Rodeltour (Zugspitzplatt)

Kein Wunder, wenn ich mich jetzt für die Olympischen Winterspiele in Pyeongchang/Südkorea interessiere. Natürlich sind die Kritiken, die ein solches Großereignis hervorrufen, berechtigt. Für die Abfahrtstrecke wurde ein ganzes Waldstück mit rund 58.000 Bäumen gerodelt. Die Eintrittspreise sind überhöht. Und mit den TV-Rechten wird viel Geld gescheffelt. Dopingfälle gab es zwar bisher erst einen. Aber das Nationale Olympische Komitee Russlands wurde wegen systematischen Dopings von den Olympischen Winterspielen 2018 ausgeschlossen. Einzelne russische Athletinnen und Athleten dürfen aber unter neutraler Flagge (OAR – Olympische Athleten aus Russland) starten. Der Olympische Gedanke („Dabei sein ist alles!“) ist längst in der Mottenkiste des Sports gelandet.

    Olympische Winterspiele 2018
    Olympische Winterspiele 2018

Und doch hat es immer noch etwas Besonderes, wenn sich „die Jugend der Welt“ (okay, eine Claudia Pechstein mit ihren bald 46 Jahren ist eher eine Spätjugendliche) für gut zwei Wochen trifft, um im (meist) friedlichen Wettstreit die Besten ihrer Sportart ausfindig zu machen.

Natürlich muss diese Art von Zirkus nicht so groß aufgezogen sein. Weniger ist mehr. Und es sind einzelne Sportler und Mannschaften, die um den Sieg kämpfen, und keine Länder.

Apropos Länder: Wenn ich auch denke, dass dieser so genannte Medaillenspiegel überflüssig ist, so zeigt er zumindest doch eins: Sportler aus bestimmten Ländern scheinen für bestimmte Sportarten besonders prädestiniert zu sein. Da sind die Niederländer und Niederländerinnen, die seit ewigen Zeiten im Eisschnelllauf dominieren, die Skandinavier (besonders Norweger und Schweden und das jeweilige weibliche Pendant dazu), die im Skilanglauf so oft die Skispitze vor anderen vorn haben, oder die Alpenanrainer/innen, die sich nicht nur todesmutig vom Berggipfel in die Niederungen der Täler stürzen, sondern dabei auch noch schneller als die anderen sind. Klar, schon vor mehr als 100 Jahren wurden im Winter lange Strecken in Holland schlittschuhlaufend auf den zugefrorenen Grachten, in Norwegen kilometerfressend auf flachen Strecken und in den Alpenländern talabwärts jeweils auf Skiern überwunden. Heute wird das in diesen Ländern eben als Sport betrieben.

Die Deutschen kommen eher martialisch daher, mit Sturmgewehr auf Langlauftretern (wenigstens ohne Pickelhaube): Biathlon. Obwohl ich gegenüber dem Schießsport (was soll daran sportlich sein?) meine Bedenken habe, so finde ich diese eigentlich kontraproduktive Kombination aus Schießen und Lauflaufen doch sehenswert. Wer da z.B. fünf Kilometer durch die winterliche Gegend gehetzt ist, soll nun bei einem Puls von über 200 Schlägen pro Minute und zittrigen Händen von einer Sekunde auf die andere auf fünf Scheiben schießen. Und die dann auch noch treffen! Sonst drohen ihm/ihr Strafminuten oder Strafrunden, die sicherlich nicht dazu beitragen, den Puls in eine niedrigere Frequenz zu lenken.

Und die deutschen Rodler sind ja auch gut unterwegs. Vielleicht ist der Deutsche etwas bequem und bewältigt verschneite Gegenden lieber im Sitzen. Wenigstens, wenn es bergab geht.

Mit den Jahren sind neue Sportarten hinzugekommen. Neben dem Rodeln (auf dem Rücken liegend, der Kopf hinten) ist Skeleton (auf dem Bauch liegend, der Kopf voraus) seit 2002 (wieder!) olympisch. Nach dem Eisschnelllauf ist Shorttrack inzwischen seit 1992 im olympischen Programm zu finden. Im Snowboard wird seit 1998 und bei Teilen des Freestyle-Skiings bereits seit 1992 um olympische Medaillen gefightet. Besonders die letzteren dieser Wintersportarten werden von Jungspunden ausgeübt, die eher schmächtig daherkommen, so dass bei den Stürmen, die oftmals in Pyeongchang dahersausen, zu fürchten ist, die Jungs und Mädels könnten vom Winde verweht werden.

Natürlich finde ich allein die winterliche Landschaft, in der viele der Wettkämpfe stattfinden, sehenswert. Und interessant ist es auch zu sehen, wie Eis, Schnee und Sturm zu einem oft unberechenbaren Faktor für die Sportler werden. Dem einen zu seinem Glück, dem anderen bis hin zu seinem Verderben.

Soll der Bessere/die Bessere gewinnen. Und doch werden oft die eigenen speziellen Prioritäten gesetzt, nicht nur aus falsch verstandenem Patriotismus. Es ist nicht gerade die Liebe auf dem ersten Blick, die uns gegenüber einem Sportler/einer Sportlerin voreingenommen werden lässt. Ein Lächeln oder eine überheblich wirkenden Geste – der einen wünschen wir den Sieg, der andere mag zum Teufel gehen.

Manchem Sportler hätte es angesichts der politischen Lage Südkoreas (militärische Drohungen aus dem Norden) durchaus mulmig werden können, wäre da nicht die Charme-Offensive des Obersten Führers, Kim Jong-un. Nordkorea ist mit einer eigenen Delegation angereist, hat auch eine Gruppe Cheerleader, der Army of Beauties, in den Süden entsandt – und bildet mit Südkorea sogar eine gemeinsame Frauenmannschaft im Eishockey (schon wird vom Friedensnobelpreis für die Mädels gemunkelt). Sollte über den Sport eine friedliche Annäherung der beiden koreanischen Staaten in Gang kommen? Wäre fast zu schön, um wahr zu sein!

Noch bis zum 25. Februar kämpfen fast 3000 Sportler in 102 Wettbewerben um Edelmetall. Bis dahin wird noch manche Träne der Freude oder Enttäuschung vergossen werden. Mag die Freude, z.B. über neugewonnene Freunde, überwiegen. Dann war das Dabeisein doch das Wichtigere!

Über WilliZ

Wurde geboren (in Berlin-Schöneberg), lebt (nach einem Abstecher nach Pforzheim, längere Zeit in Bremen und Hamburg) in dem Örtchen Tostedt am Rande der Lüneburger Heide - und interessiert sich für Literatur, Musik, Film und Fotografie (sowohl passiv wie aktiv) ... Ach, und gern verreise ich auch!

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