Tag der Erde – Heinrich Heine: Ganz entsetzlich ungesund

Heute ist der Tag der Erde und ich lasse Heinrich Heine zu Wort kommen, wenn auch das, was er uns in lyrischer Form zu sagen hat, eher unangenehm ist. Ist zu hoffen, dass wir Erdenmenschen aus der Coronakrise lernen und etwas mehr auf uns und unseren Planeten achtgeben.

Heinrich Heine (Gemälde von Moritz Daniel Oppenheim, 1831)
Heinrich Heine (Gemälde von Moritz Daniel Oppenheim, 1831)

Ganz entsetzlich ungesund
Ist die Erde, und zugrund‘,
Ja, zugrund‘ muß alles gehn,
Was hienieden groß und schön.

Sind es alten Wahns Phantasmen,
Die dem Boden als Miasmen
Stumm entsteigen und die Lüfte
Schwängern mit dem argen Gifte?

Holde Frauenblumen, welche
Kaum erschlossen ihre Kelche
Den geliebten Sonnenküssen,
Hat der Tod schon fortgerissen.

Helden, trabend hoch zu Roß,
Trifft unsichtbar das Geschoß;
Und die Kröten sich beeifern,
Ihren Lorbeer zu begeifern.

Was noch gestern stolz gelodert,
Das ist heute schon vermodert;
Seine Leier mit Verdruß
Bricht entzwei der Genius.

O wie klug sind doch die Sterne!
Halten sich in sichrer Ferne
Von dem bösen Erdenrund,
Das so tödlich ungesund.

Kluge Sterne wollen nicht
Leben, Ruhe, Himmelslicht
Hier einbüßen, hier auf Erden,
Und mit uns elendig werden –

Wollen nicht mit uns versinken
In den Twieten, welche stinken,
In dem Mist, wo Würmer kriechen,
Welche auch nicht lieblich riechen –

Wollen immer ferne bleiben
Vom fatalen Erdentreiben,
Von dem Klüngel und Geruddel,
Von dem Erdenkuddelmuddel.

Mitleidsvoll aus ihrer Höhe
Schaun sie oft auf unser Wehe;
Eine goldne Träne fällt
Dann herab auf diese Welt.

Heinrich Heine: Ganz entsetzlich ungesund…

Über WilliZ

Wurde geboren (in Berlin-Schöneberg), lebt (nach einem Abstecher nach Pforzheim, längere Zeit in Bremen und Hamburg) in dem Örtchen Tostedt am Rande der Lüneburger Heide - und interessiert sich für Literatur, Musik, Film und Fotografie (sowohl passiv wie aktiv) ... Ach, und gern verreise ich auch!

Ein Gedanke zu „Tag der Erde – Heinrich Heine: Ganz entsetzlich ungesund

  1. „Denk´ich an Deutschland in der Nacht…“ –

    So isses! – Ich habe mir erst mal wieder „LTI – Lingua Tertii Imperii“ gekauft – von Victor Klemperer. Seine Tagebücher wurden verfilmt „Ich will Zeugnis ablegen…“ ! Hier im Westen kannte man ihn nicht – es sei denn Philologen. – In Dunkeldeutschland war LTI – fast schon eine Bibel. Denn viele Politiker und Propagandisten bedienten sich dieser Sprache. Das machte einen nicht nur nachdenklich – sondern schürte auch die Wut in der Bevölkerung auf die Obrigkeit. Nicht, wie immer gemeint hier, dass wir nur reisen und Bananen wollten! – Ich hatte das Buch auch; nur durch meine Scheidung ist es leider in Schwerin geblieben. – „Worte können sein wie winzige Arsendosen, und nach einiger Zeit ist die Wirkung da“, schrieb V.K. in seinem berühmten Buch über die Sprache des Dritten Reiches. Diese scharfsinnige Kritik wurde dem Autor gleichsam zur Balancierstange über den Abgrund: Unter grauenvollen Lebensumständen, zuletzt im Dresdner Judenhaus, notiert er seine Beobachtungen über den Sprachverfall in der Zeit des Nationalismus. – Eben ist das Buch gekommen. Gleichwohl „Mr. Mercedes“ von Stephen King. Mal gucken! – Grüsse herzlich Ilona W.

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