Der Anfang vom Ende

Zunächst zu meiner Person: Ich habe kein Betriebs- oder Volkswirtschaftsstudium, habe lediglich die Fachoberschule für Wirtschaft absolviert sowie eine Ausbildung in der Finanzverwaltung. Ich bin also durchaus mit wirtschaftlichen Abläufen vertraut, wenn ich auch längst nicht alle Details kenne. Dazu bin ich das, was man vielleicht einen Zweckpessimisten nennt. Ich sehe vieles schwarz, freue mich aber um so mehr, wenn es dann doch nicht so schlimm kommt, wie ich es zuvor befürchtet habe. Außerdem halte ich mir zugute, über einen halbwegs gesunden Menschenverstand zu verfügen.

Und für diesen gesunden Menschenverstand ist es der reinste Horror mitzuerleben, was uns täglich, wenn auch nur in kleinen Happen, in Sachen Finanzkrise serviert wird.

Zuerst zu meinem betriebs- wie volkswirtschaftlichen Verständnis: Unsere Wirtschaft ist eine Geldwirtschaft, die vor langer Zeit den Tauschhandel abgelöst hat – aus verständlichen Gründen, denn Tauschhandel ist einfach unpraktisch. Für meine Ware oder Arbeitsleistung bekomme ich Geld, mit dem ich wiederum Ware oder Dienstleistungen kaufen kann. Eigentlich ein genialer Gedanke, das mit dem Geld. Das Verhängnis begann dann aber, als das Geld selbst zum Handelsobjekt wurde und sich Banken gründeten. Auch das hatte noch viel Gutes: So kann ich mir ein Haus kaufen und leihe mir dafür Geld, das ich dann in Raten und mit Zinsen (für die Dienstleistung des Leihens) zurückzahle.

Auch der ganze Kram an Optionen, Derivaten und wie diese heute endlich ins Zwielicht der Öffentlichkeit geratenen Finanzgeschäfte heißen, hatte einmal sein mehr oder weniger Gutes: z.B. Futures. Diese entwickelten sich in der Landwirtschaft. Ursprünglich ging es dabei darum, eine festgelegte Menge einer bestimmten Ware in bestimmter Qualität zu einem festgesetzten Preis an einem vorher bestimmten Datum zu kaufen bzw. zu verkaufen. So konnte z.B. ein Bauer einem Mühlenunternehmen (Müller) bereits im Frühjahr eine bestimmte Menge Sommerweizen zu einem ebenso bestimmten Preis verkauft haben, wobei Liefer- und Zahlungstermin zu einem bestimmten Termin im Sommer (nach der Ernte) festgelegt wurden. Der Vorteil für den Bauer war die Sicherheit, bereits bei der Ernte einen sicheren Abnehmer zu einem festen Preis zu haben. Das Mühlenunternehmen sicherte sich dagegen mit dem Geschäft gegen steigende Preise ab, wie sie etwa durch Missernten oder Hagelschläge entstehen. Grundlage auch hier war wieder eine Ware oder Dienstleistung.

Überträgt man nun z.B. Futures auf das reine Finanzgeschäft, so ahnt selbst der Unkundige, dass hier etwas zu stinken beginnt. Es geht hier eigentlich dann nur noch um eine Art Wettgeschäft, ums Pokern mit großen Geldbeträgen. Und da das Pokern nicht reicht, erfindet man gleich einen neuen Job, den Finanzdesigner, der sich neue Spielarten als Finanzspekulationsgrundlage ausdenkt, damit es keinem Banker und Broker langweilig wird.

Finanzmarkt

Es war das Jahr 1995, da hatte es ein gewisser Nick Neeson mit diesen undurchsichtigen Finanzgeschäften geschafft, eine ganze Bank (Barnings Bank) in den Ruin zu treiben. Das hätte Warnung genug sein müssen. War es aber nicht.

Auf einmal sitzen viele Nick Neesons in den Banken, riechen den großen Gewinn – z.B. im US-Immobilienhandel. Doch statt des großen Reibachs plötzlich die Ernüchterung. Alle diese Finanzgeschäfte, welcher Art auch immer, sind nichts wert. Das Geld aus dem Fenster geworfen. Und so wie das ganze Kartenhaus zusammenbricht, wenn man die unterste Karte herauszieht, so bricht jetzt auch das ganze Gebilde an Finanzakrobatik zusammen.

Inzwischen beziffert man den Schaden weltweit auf über eine Billion Euro. Aber das ist nur des Eisbergs Spitze. Denn wenn Milliarden um Milliarden den Bach hinuntergeben, bleibt kein Geld, das z.B. verliehen werden kann. Und ohne Geld kein Konsum. Es ist eine Spirale, die sich nach unten auflöst. Am Ende ist das Nichts. Da helfen staatliche Hilfen kaum. Die müssen ja auch finanziert werden – und können das nur dadurch, indem man dem kleinen Steuerzahler das Geld aus der Tasche zieht, der damit weniger Geld für den Konsum hat usw. usf. Wie man es auch dreht, die Spirale dreht sich … nach unten.

Wie anfangs erwähnt, so bin ich kein studierter Wirtschaftsexperte. Und mir fällt auch nichts ein, wie man möglichst erfolgreich gegen dieses Wirtschaftsdesaster angehen kann (das Wort Finanzkrise ist geradezu ein Euphemismus, das der Sache nicht mehr gerecht wird). Es hat für mich keinen Sinn, wenn z.B. der Staat die Kontrolle, vielleicht sogar das Eigentum an den Banken übernimmt. Der deutsche Staat hat sich selbst durch gekonnte Misswirtschaft ausgezeichnet. So beträgt die Staatsverschuldung leise geschätzt ca. 1493 Mrd. Euro (März 2008).

Also was ist zu tun? Den Crash, den wir zz. erleben, stellt unser Wirtschaftssystem gänzlich in Frage. Es ist sicherlich nicht das Ende des Kapitalismus. Aber es muss ein rigoroses Umdenken stattfinden. Zunächst sollte damit begonnen werden, alle Lehrbücher der Betriebs- und Volkswirtschaft zu verbrennen – im übertragenen Sinne natürlich. Wir müssen nicht bei Null beginnen. Aber es darf nur das hinübergerettet werden, was auch für den gesunden Menschenverstand nachvollziehbar ist. Und dazu gehört, dass der Sumpf der Finanzwirtschaft trocken gelegt wird. Dazu gehört auch, dass eine funktionierende Selbstkontrolle der Banken und Börsen eingerichtet wird. Wie diese auszusehen hat, sollten Experten herausfinden.

Ein erster Schritt wäre, die Börsen auf bestimmte Zeit zu schließen, wie es z.B. Russland gemacht hat. Bestimmte „Wert“-Papiere sollte man (auch real) dem Feuer übergeben. Da wir in einer globalisierten Welt leben, können natürlich auch nur global abgestimmte Maßnahmen ziehen. Notfalls sind undurchsichtige Finanzmärkte (Stichwort Liechtenstein) auszugrenzen, wo und wie immer das möglich ist.

Wenn nichts wirklich Durchgreifendes geschieht (und die staatlichen Hilfen sind nichts), dann wird es allerdings dermaßen krachen, dass uns allen die Fetzen (Geldfetzen) um die Ohren fliegen.

Wer meint, ich male hier den Teufel an die Wand, dem versichere ich: Der Teufel hat längst das Zepter in der Hand, er regiert die Welt! Da muss ich nicht erst malen … Aber es ist ein Teufel, dem nicht mit Weihwasser beizukommen ist. Er ist dem inneren Schweinehund verwandt, dem geld- und machtgierigen Raffke in vielen von uns.

Wie anfangs geschrieben: Ich bin ein Zweckpessimist. Und das wohl auch deshalb, weil mir öfter die Phantasie durchgeht. Aber um das auszudenken, was da wirtschaftlich zz. abgeht, reicht auch meine Phantasie nicht aus. Hoffen wir alle nur, dass es genug ausreichend Phantasievolle in Wirtschaft und Politik gibt, die die Situation erkennen und die notwendigen Maßnahmen ergreifen, sonst Gnade uns Gott!

Wer öfter in dieses Blog hineinschaut, wird gemerkt haben, dass sich meine Kritik an den Praktiken der heutigen Finanzwirtschaft seit Anfang dieses Jahres wie ein roter Faden durch dieses zieht. Ich denke, dass ist keine Manie von mir. Es war schon immer die Sorge, dass es eines Tages zu einem großen Zusammenbruch des Finanzmarktes und damit unserer gesamten Wirtschaft kommen könnte. Jetzt stehen wir kurz davor.

Über WilliZ

Wurde geboren (in Berlin-Schöneberg), lebt (nach einem Abstecher nach Pforzheim, längere Zeit in Bremen und Hamburg) in dem Örtchen Tostedt am Rande der Lüneburger Heide - und interessiert sich für Literatur, Musik, Film und Fotografie (sowohl passiv wie aktiv) ... Ach, und gern verreise ich auch!

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