Der zunehmende Gebrauch von Handys mit Foto- und Filmfunktionalität, die handlichen Kameras, die in jede Hosentasche passen, machen es möglich, dass blitzschnell der Apparat gezückt und ein Foto oder eine Filmsequenz aufgenommen werden kann. So kann heute jeder auch zum Chronisten außergewöhnlicher Ereignisse werden.
Und flickr.com und youtube.com sei Dank, lassen sich Bilder und Videos kostenlos ins weltweite Netz stellen und werden von jedem anderen aufrufbar. Das führt natürlich zu einer Flut an ‚Bildern’, nicht nur auf dem heimischen Rechner.
Beispiel YouTube: Da braucht man nur den Namen seiner Lieblingsband eingeben und wird überhäuft von Videoschnipseln, die meist mit dem Handy beim letzten Konzert, vielleicht erst gestern, aufgenommen wurden. Der Ton ist oft grausam und das Bild verwackelt bis zur Unkenntlichkeit. Zum Großteil liegt das an der dann doch eher mangelhaften Technik des Aufnahmegeräts. Und natürlich ist nicht jeder, der eine Kamera (oder ein Handy mit Kamera) besitzt, auch gleichzeitig ein guter Fotograf resp. Kameramann. Dazu bedarf es der Übung und eines ‚guten Auges’.
Sicherlich ist es ein ungeheurer Ansporn, seine Bilder im Internet präsentiert zu sehen. Ich kann mich davon nicht freisprechen. Aber jeder, der Bilder und/oder Videos ins Internet stellt, sollte dann doch wenigstens einen Mindestanspruch an die Qualität der Aufnahmen stellen.
Eigentlich schreibe ich das hier aus einem ganz anderen Grund: Angeblich sind bei YouTube Videoaufnahmen von den letzten Minuten (bzw. Sekunden) des Amokschützen von Winnenden zu sehen, die wohl mit einem Handy aufgenommen wurden – Amateuraufnahmen nennt man das wohl (wer sie sich ansehen will, sollte selbst bei YouTube suchen). Zunächst musste ich erst einmal begreifen, was da vor sich ging:
Es stehen mehrere Autos in einer Reihe, und es ist offensichtlich ein Mann, der scheinbar unentschlossen auf und ab geht. Es hat den Eindruck, als warte er auf etwas. Plötzlich fällt der Mann (habe ich einen Schuss gehört?) – Schnitt – der Mann liegt auf dem Boden.
Erst dachte ich, dass das Ganze wohl gestellt ist. Wieder einer dieser üblen Streiche im Internet. Dann aber wurde mir eines klar: Irgendwie hatte ich mehr ‚Action’ erwartet. Nicht unbedingt eine wilde Schießerei. Aber zumindest hektische Bewegungen des jungen Mannes, der dann plötzlich am Boden lag.
Ob die Bilder nun gestellt sind oder nicht, ist für mich nicht so interessant. Wahrscheinlich sind sie echt. Mir geht meine ‚Erwartungshaltung’ nicht aus dem Kopf. Bin ich schon so von diesen ganzen Action-Filmen amerikanischer Machart manipuliert, dass ich denke, auch in der Wirklichkeit muss es in solchen Szenen mit Hektik zugehen, ereignisreich und turbulent?! Die gezeigten Bilder entsprechen dem in keiner Weise. Der Tod kommt eher leise daher. Das Aufsehen erregende Ereignis bleibt aus. Im Grunde bin auch ich wieder einer Sensationsgier aufgesessen.