Bei der heutigen Wahl zum deutschen Bundestag ist davon auszugehen, dass neben den beiden großen Parteien weitere drei mit einem Stimmenanteil von über 10 % rechnen dürfen. Das könnte u.a. zur Folge haben, dass es eine größere Anzahl von Überhangmandaten gibt – besonders in den neuen Bundesländern.
Überhangmandate entstehen dann, wenn eine Partei in einem Bundesland dank der Erststimme mehr direkte Mandate bekommt, als ihr nach Auszählung der Zeitstimmen, die eigentlich für die Verteilung der Bundestagssitze maßgebend sind, zustehen. Gewinnt eine Partei in einem Bundesland, das z.B. 10 Wahlkreise hat und damit 10 Direktmandate stellt (insgesamt darf dann die doppelte Anzahl, also 20 Mandate, gestellt werden), sämtliche Direktmandate, hat aber nur einen Stimmenanteil von rd. 35 % der Zweitstimmen, dann dürften eigentlich nur 7 Kandidaten dieser Partei (35 % von 20 Sitzen) in den Bundestag ziehen. Da diese Partei aber 10 Direktmandate stellt, dürfen auch diese 10 Kandidaten nach Berlin (so entstehen 3 Überhangmandate – für dieses Bundesland kämen dann 23 statt 20 Mandate in den Bundestag – es müsste der Plenarsaal um diese Überhangmandate erweitert werden).
Das Entstehen von Überhangmandaten hat das Bundesverfassungsgericht grundsätzlich für verfassungskonform erklärt. Trotzdem kommt gerade vor Bundestagswahlen das Thema immer wieder zur Diskussion.
Da wir nun einmal ein so genanntes personifiziertes Verhältniswahlsystem haben, also die Hälfte der Mandate über die erste (Direkt-)Stimme gewählt werden, müssen wir auch mit dem Entstehen von Überhangmandaten leben. Allerdings muss gerade heute damit gerechnet werden, dass eine größere Anzahl von Überhangmandaten entsteht – und das genau diese die Wahl letztendlich entscheiden können.
Ich persönlich sehe noch keine eindeutige Mehrheit für Schwarz-Gelb und halte ein Kopf-an-Kopf-Rennen bis zum Schluss für möglich. Lassen wir uns überraschen!