In meinen Jugendjahren gab es zur Adventszeit so genannte Abenteuervierteiler im Fernsehen, die zwischen 1964 und 1983 produziert wurden. Die meist vierteiligen Filme wurden vom deutschen Fernsehsender ZDF in internationaler Koproduktion mit Frankreich hergestellt und sind auch als Adventsvierteiler oder Weihnachtsvierteiler bekannt.
Es begann mit Robinson Crusoe im Jahr 1964. Er wurde nach dem Romanklassiker von Daniel Defoe von Jean Sacha für das ZDF produziert. Die deutsch-französische Produktion wurde in Schwarz-Weiß gedreht und begründete die Reihe der als erfolgreich geltenden Adventsvierteiler. 1965 gab es dann eine Verfilmung von Don Quijote von der Mancha mit Josef Meinrad kongenial in der Titelrolle, ebenfalls noch in schwarz-weiß aufgenommen.
Im Jahr 1966 kam dann die Schatzinsel nach einem Jugendbuchklassiker von Robert Louis Stevenson ins Weihnachtsprogramm des ZDF. Obwohl erst ein Jahr später (u.a. auch „Mit Schirm, Charme & Melone“) in Deutschland das Farbfernsehen gestartet wurde, drehte man diesen Vierteiler bereits in Farbe. Die Erstausstrahlung erfolgte so noch in Schwarz-Weiß.
Ich habe jetzt die Tage zwischen den Jahren genutzt und mir die vier Teile dieses Fernsehfilmes (jeder rund 90 Minuten lang) zu Gemüte geführt. Es war wie eine Reise in meine Jugendzeit. Obwohl ich mich nicht an die gesamte Handlung erinnern konnte, so war mir der Film von Anfang an ‚gegenwärtig’ (damals war ich gerade 12 Jahre alt, als ich den Vierteiler zum ersten Mal sah – und es kaum abwarten konnte, den nächsten Teil zu sehen). Man kann die Schatzinsel kaum mit heutigen Produktionen vergleichen. Zunächst scheint mir der gesamte Film ziemlich werkgetreu zu sein (bei rund sechs Stunden Film konnte man die ‚epische Breite’ der Buchvorlage gut beibehalten). Auch trieft der Film nicht vor unnötig brutaler Action, sondern baut dank einer innewohnenden dichten Atmosphäre Spannung auf, die dann auch über manche Länge hinweghilft. Mir ging es fast wie in meinen Jugendjahren. Kaum hatte ich einen Teil gesehen, konnte ich es kaum erwarten, den nächsten Teil auf den Bildschirm zu bekommen. Aber ich habe mir Zeit gelassen. Einen so alten Film muss man genießen können.
Die Schatzinsel – ZDF-Vierteiler Weihnachten 1966 | |
Titelmusik und Bilderschau zu “Die Schatzinsel” 1966
Schauerlich-schön ist besonders das Piratenlied „Fünfzehn Mann auf des toten Mannes Kiste“, das öfter zu Gehör kommt. In der Titelmusik wurden aus den 15 Mann allerdings 17. Die Sänger des Liedes waren der deutschen Sprache nicht mächtig und mussten den Text phonetisch lernen. So passierte ihnen der Fehler, dass sie im Titellied statt „Fünfzehn Mann“ „Siebzehn Mann auf des toten Mannes Kiste“ sangen.
Zur Geschichte selbst brauche ich eigentlich nicht viel zu erzählen. Im Mittelpunkt steht Jim Hawkins, ein Junge, dessen Eltern einen Gasthof betreiben: den Admiral Benbow. Das Ganze spielt im Jahr 1758. Jim Hawkins kommt in den Besitz einer Schatzkarte, die dem berüchtigten Captain Flint gehörte. Mit Hilfe von Doktor Livesey und Squire Trelawney wird das Schiff Hispaniola unter Kapitän Alexander Smollett gechartert. Der einbeinige Schiffskoch Long John Silver erweist sich bei der Rekrutierung der Mannschaft als große Hilfe. Natürlich stellt sich auf See bald heraus, dass dieser Schiffskoch bereits auf dem Schiff von Captain Flint als Steuermannsmaat diente. Er steht in dem Ruf, die einzige Person zu sein, vor der sich Captain Flint fürchtete. Und fast der ganze Rest der Mannschaft ist auch nichts anderes als Piratenpack.
Neben Doktor Livesey, der mir durch seine coole, typisch britische Art sehr gut gefällt, ist es natürlich Long John Silver, der den Zuschauer in Atem hält. Gegenüber Jim Hawkins gibt er sich als väterlicher Freund, ist nie um ein Wort verlegen, ja, es zeigt sich auch am Ende, dass er die Fäden von Anfang an in den Händen hielt. Ich finde die Charakterstudie durchaus bemerkenswert. Man weiß dabei nie, wie sich Silver in der nächsten Szene verhalten wird. Ein intelligenter Kopf, vor dem wohl mit Recht auch Flint Angst hatte.
Nun die Schatzinsel gibt es als Doppel-DVD für knapp 8 € zu kaufen: Die Schatzinsel (2 DVDs) – Die legendären TV-Vierteiler. Viele der weiteren Adventsvierteiler gibt es übrigens für den gleichen Preis (Tom Sawyers und Huckleberry Finns Abenteuer kann ich nur wärmstens empfehlen).
Natürlich ist die Schatzinsel schon mehrmals verfilmt worden, u.a. auch mit Orson Welles und zuletzt 2007 von dem Privatsender Pro7, u.a. mit Jürgen Vogel (der Zweiteiler liegt bei mir noch im Schrank), aber die Kritiken verhießen mir nichts Gutes (so bleibt dieser Pro7-Schund dort, wo er ist). Mir gefiel die Version von 1966 auf jeden Fall wieder sehr gut. Sicherlich liegt es auch daran, weil ich mich mit ihm auf eine längere Reise in meine Jugend begeben durfte.
Dieser Lobeshymne kann ich mich nur vollumfänglich anschließen. Die Schatzinsel ist ein wunderbarer Film,den ich heute noch sehr gerne sehe – vor ungefähr zwei Jahren übrigens zum ersten Mal. Dadurch ist es nicht die Melancholie, die mich diesen Film als so gut empfinden lässt, sondern es ist einzig und allein der Film an sich. Ein Klassiker, der ruhig regelmäßig gezeigt werden könnte (im Gegensatz zu dem anderen Programm in der Weihnachtszeit).