Während in Vancouver noch die olympischen Winterspiele laufen, beginnen in Deutschland die Vorbereitungen auf die Fußball-WM in Südafrika (11. Juni bis 11. Juli). Nichts soll vor der WM dem Zufall überlassen werden. So mussten die Nationalspieler zu einem dreitägigen Leistungstest nach Sindelfingen, um u.a. Ausdauer, Schnelligkeit und Sprungkraft testen zu lassen. Da für diese Zeit (3-4 Tage) die Spieler in ihren Vereinen nicht zur Verfügung standen, hagelte es einige barsche Kritik – besonders aus Richtung Bayern.
Inzwischen gab es erste Verhandlungen, eine Vertragsverlängerung für Bundestrainer Löw und Teammanager Bierhoff betreffend. Beide fordern eine Extra-Prämie in Höhe eines Jahresgehaltes. Der Verhandlungspoker scheiterte aber vorerst und wurde auf die Zeit nach der WM verschoben. Inzwischen hält es der Bundestrainer sogar für möglich, dass sein Vertrag mit dem Deutschen Fußballbund (DFB) nicht verlängert wird.
Aber kommen wir zum eigentlichen Fußball – und zu den Spielern. Da hat es der Bundestrainer zz. mit zahlreichen Baustellen zu tun. Die drei auserkorenen Torhüter präsentieren sich augenblicklich nicht in gerade bestechender Form. Vor allem dem Leverkusener René Adler, dessen Inthronisierung als neue Nummer eins am Mittwoch kommender Woche im Länderspiel-Klassiker gegen Argentinien erwartet worden war, leistete sich in Bremen zum wiederholten Male in dieser Saison einen Anfängerfehler. Besonders augenfällig ist die Baustelle Angriff: Lukas Podolski und auch Miroslav Klose sind weit entfernt von der Leistung, die sie z.B. bei der WM 2006 gezeigt haben. Sicherlich empfehlen sich da der Stuttgarter Cacau mit seinem Viererpack in Köln und der Münchner Shootingstar Thomas Müller mit seinem Treffer in Nürnberg. Aber Cacau hat in der Nationalmannschaft bisher nicht überzeugen können.
Auch im Mittelfeld gibt es einige Sorgenkinder. Bayern-Leihgabe an Leverkusen Kroos könnte im Mittelfeld für Belebung sorgen, wo derzeit nur DFB-Kapitän Michael Ballack vom FC Chelsea und Bastian Schweinsteiger gesetzt scheinen. Thomas Hitzlsperger ist nach seinem Absturz beim VfB Stuttgart auch bei seinem neuen Klub Lazio Rom noch nicht angekommen, Mesut Özil läuft bei Werder Bremen seiner starken Form aus der Hinrunde hinterher und Simon Rolfes wird es nach seiner Knie-OP kaum noch zum Kap der Guten Hoffung schaffen. Ob der Verzicht Löws auf Frings da glücklich getroffen war?
In der Abwehr scheinen bisher nur der Bremer Per Mertesacker und Bayerns Lahm gesetzt zu sein.
Wie auch immer: Selbst wenn vieles wieder ins Lot kommen sollte, so ist die Vorstellung, Deutschland könnte Fußballweltmeister werden, illusorisch. Heute steht nicht einmal der halbe Kader, viele Spieler wissen nicht, ob sie überhaupt nach Südafrika fahren werden. Ein gewisses Konkurrenzdenken mag ja nicht schlecht sein, aber auf Dauer ist es nicht leistungsfördernd – die augenblicklichen Leistungen vieler der potentiellen Nationalspieler sollten das belegen.
Joachim Löw sieht sich gern als Stilist. Aber wie Torsten Frings von ihm abserviert wurde, beweißt keinen großen Stil. Vieles ist für mich nur Augenwischerei. Denn Löw ist ein Zögerer, der Entscheidungen gern vor sich hinschiebt. Ich wünsche ihm und besonders der Mannschaft alles Gute für die bevorstehende WM – aber ich fürchte, dass schon in der Gruppenphase die große Ernüchterung eintreten wird. Die deutsche Mannschaft ist gerade unter Löw nur Mittelmaß. Sicherlich schafft sie es immer wieder, sich in einem wichtigen Spiel enorm zu steigern. Aber von der Weltklasse, wie sie Spanien und Brasilien verkörpern, ist sie weiterhin sehr weit entfernt. Ich lasse mich aber gern eines Besseren belehren.