Hilde

Heike Makatsch hat sich von Girlie-Star („Fraulein-Wonder“) zu einer respektierlichen Schauspielerin gemausert. Besonders in Rollen von Frauen, die mit einem für ihre Zeit außergewöhnlichen Selbstbewusstsein auftraten, war sie in der letzten Zeit zu bewundert. Nach Margarete Steiff, der Schöpferin der weltbekannten Teddybären, und jetzt der ersten Ärztin in Deutschland, Hope Bridges Adams-Lehmann (der erste Teil des Zweiteilers Dr. Hope – Eine Frau gibt nicht auf läuft heute um 20 Uhr 15 im ZDF, der 2. Teil folgt am Mittwoch), spielte sie Hildegard Knef, die Knef.

Zum TV-Film „Dr. Hope – Eine Frau gibt nicht auf“: Hope Bridges Adams-Lehmann schloss 1880 als erste Frau in Deutschland ihr Medizinstudium mit einem Staatsexamen ab. Der Abschluss in Leipzig wurde jedoch offiziell nicht anerkannt. Daraufhin promovierte sie in Bern und wurde 1881 in Dublin approbiert. Seit 1896 arbeitete sie in der Praxis ihres zweiten Ehemannes Carl Lehmann in München. Erst 1904 erhielt sie nachträglich die Berechtigung zur Führung des Doktortitels. Daneben engagierte sie sich als Friedensaktivistin und trat für die Gleichberechtigung der Frauen ein.

Heike Makatsch als Hildegard Knef in dem Film Hilde, das sah von Anfang an nach einem Glücksfall aus. Allein die äußerliche Ähnlichkeit ist frappierend.

Nun wer war diese Hildegard Knef? Hildegard Knef war Sünderin (und sorgte in dem gleichnamigen Film nicht nur mit einer Nacktszene im Nachkriegsdeutschland für einen Skandal) und Sängerin, Hollywoodstar und ein Hit am Broadway (von 1948 bis ca. 1968 nannte sie sich außerhalb des deutschsprachigen Raumes Hildegarde Neff). Sie liebte einen Nazi und heiratete einen Juden. Sie kämpfte in den Ruinen Berlins um ihr Leben und fühlte sich an der Park Avenue zuhause. Vom deutschen Publikum verehrt und verachtet, wurde ihre Autobiografie „Der geschenkte Gaul“ eines der erfolgreichsten Buch der Nachkriegszeit. Der Film entstand nach dieser Autobiografie. Hildegard Knef – das ist ein Stück Geschichte des Nachkriegsdeutschland.

Ich selbst kenne die Knef, wie man Hildegard Knef durchaus respektvoll nannte, eigentlich nur von ihren Liedern her, die allein der Texte wegen unverkennbar waren. Sie selbst schrieb diese Texte und bewies damit ein außergewöhnliches Talent (Für mich soll’s rote Rosen regnenIch habe noch einen Koffer in Berlin). Im Mittelpunkt dieser Lieder stand sie selbst – die Knef:

Mal war ich die Brave, mal war ich der Vamp,
mal war ich in Nerzen, mal ganz ohne Hemd.
Amerika sprach, es sei ohne mich arm,
und ich hatte Mitleid und folgt’ dem Alarm.
Von nun ging’s bergab.

Nun an diesem Wochenende sah ich mir den Film Hilde mit Heike Makatsch in der Hauptrolle an. Hilde lag gewissermaßen auf Halde bei uns, denn eigentlich wollte sich meine Frau diesen Film mit ihren Freundinnen an einen ihrer Damenabende anschauen, war bisher aber noch nicht dazu gekommen. Am Ende des Films war meine Frau eher enttäuscht. Es liegt wo daran, weil Regisseur Kai Wessel auf der Suche nach dem Mythos Knef leider nie zum richtigen Erzählrhythmus findet. Trotz einer vortrefflichen Heike Makatsch in der Titelrolle wird die Film-Biographie „Hilde“ ihrem Gegenstand nicht vollständig gerecht und bleibt leider ziemlich blass. So werden lediglich die einzelnen Abschnitte im Leben der Knef abgeklappert. Das Hauptaugenmerk liegt hierbei jedoch nicht auf ihrer Arbeit und der Begründung ihres Ruhms – das besonders erfolgreiche Engagement am Broadway wird nur in kurzen Filmschnipseln dargestellt, vom Durchbruch mit „Die Mörder sind unter uns“ ist nur die Premierenfeier zu sehen – sondern auf ihren Liebesbeziehungen. Diese bilden jedoch trotz der zahlreichen Meinungsverschiedenheiten, widersprüchlichen Verhaltensweisen und historischen Anknüpfungspunkte kein tragfähiges dramaturgisches Fundament. Es passiert zwar einiges in dem vortrefflich ausgestatteten Film, aber es fehlt ein roter Faden sowie ein überzeugender Höhe- und Zielpunkt.

Trotz dieser Schwächen fand ich den Film sehenswert. Vielleicht weil er ein Teil deutscher Nachkriegsgeschichte darstellt – vielleicht auch wegen der Darstellkunst der Heike Makatsch: Diese kommt der Knef sehr nahe. Nicht nur optisch ist sie ihrem Vorbild zum Verwechseln ähnlich. Mit geschlossenen Augen ist nur ein marginaler Unterschied zwischen der Stimme Hildegard Knefs und der Makatsch-Interpretation zu vernehmen. Grandios eignet diese sich die rauchige Stimme und den kurzatmigen Gesang an, wenn der Makatsch als Düsseldorferin auch der Berliner Tonfall fehlt. Die Knef, das war und ist Berlin und das ist die Berliner Kodderschnauze.


Heike Makatsch als Hildegard Knef: HILDE

Über WilliZ

Wurde geboren (in Berlin-Schöneberg), lebt (nach einem Abstecher nach Pforzheim, längere Zeit in Bremen und Hamburg) in dem Örtchen Tostedt am Rande der Lüneburger Heide - und interessiert sich für Literatur, Musik, Film und Fotografie (sowohl passiv wie aktiv) ... Ach, und gern verreise ich auch!

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