Zum dritten Mal heißt der Sieger der Tour de France Alberto Contador. Er wiederholte damit seinen Sieg vom Vorjahr, musste aber bis zuletzt gegen seinen Rivalen Andy Schleck aus Luxemburg um den Sieg kämpfen.
Wohl zum letzten Mal nahm der US-Amerikaner und siebenfache Tour de France-Sieger Lance Amstrong an der Frankreich-Rundfahrt teil. Mit seinem 23. Platz und fast 40 Minuten Rückstand auf den Sieger war Armstrong allerdings nur noch ein Schatten seiner selbst. Mit Armstrong tritt einer der umstrittensten Sportler von der Bühne ab (siehe auch meinen Beitrag zur Tour 2009: Weiter auf Tour).
Bemerkenswert ist zunächst, dass 1996 bei Armstrong Hodenkrebs im fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert wurde, es hatten sich bereits Lymphknotenmetastasen im Bauchraum sowie in der Lunge und zwei Tumore im Gehirn gebildet. Zwei Operationen und eine vier Zyklen beinhaltende Chemotherapie schlossen sich an, die Krebserkrankung konnte schließlich erfolgreich behandelt werden. Der rechte Hoden musste operativ entfernt werden. Hätte Armstrong die übliche Chemotherapie (PEB) gewählt, so wäre an eine Fortsetzung seiner Radsportkarriere nicht zu denken gewesen; so ist eine der Nebenwirkungen eines der Wirkstoffe eine potentielle Verringerung der Lungenkapazität. Aus diesem Grund entschloss sich Armstrong für eine im Behandlungszeitraum wesentlich belastendere Chemotherapie (VIP), welche jedoch keine Auswirkungen auf seine langfristige Leistungsfähigkeit hatte.
Trotz dieser schweren Krebserkrankung kehrte Lance Armstrong im Frühjahr 1998 in den Radsport zurück und gewann 1999 erstmals die Tour de France sowie vier einzelne Etappen. Auf den Bergetappen und besonders im Zeitfahren baute er seinen Vorsprung kontinuierlich aus. Armstrongs Sieg wurde weltweit als das „Comeback des Jahrhunderts“ gefeiert.
Aber schon früh wurde Armstrong bezichtigt, gedopt zu haben. Unter anderem beschuldigte Armstrongs früherer Teamkameraden und der ehemalige Tour-de-France-Sieger Greg LeMond Armstrong des Dopings mittels EPO (Erythropoetin). Der später disqualifizierte Tour-Sieger 2006, Floyd Landis, erneuerte diese Vorwürfe. „Diese Anschuldigungen sind es nicht wert, kommentiert zu werden. Ich verschwende nicht meine Zeit“, reagierte Armstrong auf die ihn belastenden Aussagen von Landis.
Inzwischen droht Armstrong wirklich Ärger: Wie die „New York Times“ berichtet, könnten sich die Doping-Untersuchungen der US-Behörden gegen Armstrong und anderer von Landis der Einnahme unerlaubter Mittel beschuldigter Fahrer womöglich auf weitere Kriminal-Ermittlungen ausweiten. Die Tageszeitung zitiert zwei in die Untersuchungen eingebundene, nicht namentlich erwähnte, Personen, die betonen, dass die staatlichen Ermittler erwägen, den Fall um die Punkte Betrügerei und Verschwörung auszudehnen.
Greg LeMond bezichtigt inzwischen Armstrong der versuchten Bestechung und wirft zugleich der UCI, dem internationale Radsport-Verband, mafiöse Strukturen vor: „Er und seine Leute waren meiner Meinung nach mit das Schlimmste, was dem Radsport passiert ist.“
Statt eine gefeierte Abschiedsvorstellung bei der Frankreich-Rundfahrt zu geben, musste sich Armstrong nahezu täglich mit neuen Vorwürfen auseinandersetzen. „Er wird sich inzwischen vielleicht auch fragen, ob er hätte zurückkommen sollen“, meint Tony Martin, ein deutscher Nachwuchsfahrer.
Sicherlich ist Armstrong ein Beispiel dafür, dass sich Krebs bekämpfen lässt. Aber er ist gleichzeitig eine zwiespältige Persönlichkeit, die nur den Erfolg sieht und dafür alles zu tun bereit ist. Warum er noch einmal zur Tour de France zurückgekehrt ist, ist wohl sein persönliches Geheimnis. Vor einem Jahr schaffte er es noch aufs Treppchen und erreichte den 3. Platz. Glaubte er wirklich, in diesem Jahr die Tour noch einmal und damit zum 8. Mal gewinnen zu können? Neben Skrupellosigkeit ist es wohl Größenwahn, der Armstrongs Charakter prägt. Es wird endlich Zeit, dass man ihn seiner Taten überführt und er den Denkzettel erhält, der ihm zusteht.