Neulich bekam ich folgende Mail:
Zum Thema Worterfindungen (Neologismen) hätte ich einen Vorschlag, worüber sich bloggen ließe:
Schauen Sie einmal auf www.ideesamkeit.de – dort gibt es ein ganzes Mitmachwörterbuch der Worterfindungen. Einige Wortbeispiele und Beschreibungen finden Sie unter hier.
Einfach mal reinkucken. Daran, dass die Neuwörter keine Eintagsfliegen bleiben, wird noch gearbeitet ;-). …
Auf den ersten Blick finden sich hier Wortschöpfungen, die Begriffe, die sich bei uns aus anderen Sprachen ((z.B. aus dem Englischen) ‚festgesetzt’ haben, verdeutschlichen (um auch einmal eine Worterfindung zu kreieren, ’tschuldigung, zu erschaffen). Vieles ist dabei äußerst gewöhnungsbedürftig und wird kaum Chancen haben, sich in die deutsche Sprache ‚hineinzuschleichen’ (Ideesamkeit steht übrigens für Kreativität).
Was hat das mit meinem Thema zu tun, in dem es um Redensarten resp. Redewendungen geht? Es geht mir um den Volksmund, um den „volkstümlichen Sprachgebrauch“, wie man es heute eher nennt. Dabei stammt der Begriff ‚Volksmund’ … aus Volkes Mund.
Viele Redensarten stammen aus dem Volksmund und werden von Generation zu Generation weitergegeben – meist natürlich auf mündlichem Wege. So gibt es ‚Sprüche’, die ich von meinem Vater kenne – und die teilweise auch schon meine Söhne verwenden. Heute, im Zeitalter der schriftlichen Fixierung (sollte ich es ‚Festhaltung’ nennen?) wie z.B. auch in einem Blog wie diesem, fließen Redensarten und Redewendungen natürlich auch in Texte u.ä. ein. Die Literatur bedient sich ihrer (z.B. Martin Walser), es werden Nachschlagewerke mit ihnen geschaffen oder sie bedecken als Kritzeleien Mauern und Wände.
Viele dieser Redensarten sind nicht jedermanns Sache. Mein Vater prägte hierfür den Begriff „Scheißhausspruch“, was auf die Herkunft solcher Sprüche hindeuten sollte. Wer kennt sie nicht diese oftmals auch obszönen Sudeleien in öffentlichen Bedürfnisanstalten. So weit ging mein Vater zwar nicht, meinte aber einen vermeintlich dummen Spruch mit solchen in Beziehung zu setzen.
Aber zurück zum Thema – und gleich eine weitere Exkursion: Natürlich gibt es auch in anderen Sprachen Redewendungen, die sehr plastisch wirken. Eine Sammlung solcher Sprüche und deren Übersetzung ins Deutsche wäre äußerst interessant, weil sie aufzeigen würde, wie unterschiedlich bestimmte Situationen, Eigenschaften und dergl. betrachtet werden. Ich habe einige solche bereits im ersten Teil meiner Betrachtungen erwähnt. Nun gibt es von der Rockgruppe Jethro Tull ein gut 40-minütiges Stück in Form einer Suite mit dem Titel „Thick as a Brick“ (Teil 1 bzw. Teil 2 der Konzertfassung im Video). Wörtlich übersetzt bedeutet Thick as a Brick „Dick wie ein Ziegelstein“. Die korrekte Bedeutung dieses umgangssprachlichen Ausdrucks ist jedoch „Dumm wie Bohnenstroh“ oder schlicht „saublöd“. Der Begriff stammt wohl aus dem Norden Englands (der Komponist und Texter des Stücks, Ian Anderson, verbrachte seine jungen Jahre in Blackpool) und ist selbst im Englischen nicht überall geläufig, da eben regional gebraucht.
Um den Kreis zu schließen: Redensarten entstehen (und vergehen sicherlich auch). Wird ein besonders prägnantes ‚Bild’ erdacht, so breitet es ich schnell „wie ein Lauffeuer“ aus – erst räumlich, dann über Generationen auch zeitlich. Natürlich werden auch heute Redensarten „erfunden“ und finden sich z.B. als Szenesprache wieder. Und vielleicht bürgert sich eines Tages auch die Ideesamkeit als Synonym für Kreativität in unserem Sprachgebrauch ein.
siehe auch: Daher der Name Bratkartoffel (1)