Neue Vahr Süd – der Film

Am Mittwoch, den 1. Dezember, lief in der ARD die Verfilmung des gleichnamigen Bestsellers von Sven Regener: „Neue Vahr Süd“. Der große WDR hatte den kleinsten Sender der ARD-Familie Radio Bremen als Co-Produzenten ins Boot geholt. Das ist irgendwie ein Muss. Der Roman „Neue Vahr Süd“ spielt zu großen Teilen in Bremen. Und der Film auch. Beim Casting für die Statistenrollen herrschte ein Riesenandrang. Das Ostertor wurde auf das Stadtbild von 1980 zurückgebaut – alte Straßenbahnen rattern durch Bild, im Ostertor-Kino Cinema laufen „Shining“ und „Blues Brothers“. Puristen mögen allenfalls monieren, dass die Flutlichtmasten des Weserstadions für den Filmdreh nicht zurückgebaut wurden. Aber lassen wir das.

Es ist ein spannender Zeitsprung, drei Jahrzehnte zurück. Der Fernsehfilm „Neue Vahr Süd“ blickt hin ein in ein Deutschland, dessen Teilung zementiert zu sein schien. In ein Bremen, das 1980 eine Metropole der Revolution ist. 90 Minuten lang. „Neue Vahr Süd“ ist eine wunderbare Adaption des „585-seitigen Romans über ein kleines Missgeschick“ (siehe meinen Beitrag: Herr Lehmann und die Bundeswehr), wie es ARD-Programmchef Volker Herres formuliert. Frank Lehmann, Regeners Romanfigur, hat nämlich schlicht und einfach vergessen, den Wehrdienst zu verweigern und landet beim Bund. Mit gut dreiwöchiger Verspätung haben wir uns jetzt (ich und meine Lieben) den Film kurz vor Weihnachten angeschaut.

Regisseurin Hermine Huntgeburth („Die weiße Massai“, „Effi Briest“) gelingt es, die starken Bilder und Dialoge der literarischen Vorlage auf den Bildschirm zu bringen – mit Wortwitz, Situationskomik und einer kräftigen Brise norddeutscher Lakonie.

Frank Lehmann ist ein naiver, kluger Antiheld. Einer, der durchs Geschehen geschubst wird, aber gleichwohl vorlaut das Geschehen mitbestimmt. Lehmann, Pionier wider Willen, gerät zwischen die Fronten – in der Kaserne und vor allem im Privatleben. Das Stück und damit auch Lehmanns Lebenslauf mündet in die Krawalle beim öffentlichen Gelöbnis für die Rekruten am 6. Mai 1980 rund ums Weserstadion. Lehmann ist mittendrin. Und steht sichtbar auf beiden Seiten.


Neue Vahr Süd – der Trailer

Frederick Lau (Jahrgang 1989) spielt diesen Lehmann unspektakulär spektakulär, irgendwie großartig. Das prägt den Film. Und nicht nur Lau glänzt, auch die schrillen Typen der politisch linken, extrem unorthodoxen und wunderbar überzeichneten Ostertor-WG werden von dem jungen Schauspielerteam – Miriam Stein, Eike Weinreich, Johannes Klaußner, Robert Gwisdek, Albrecht Abraham Schuch, Daniel Michel und Rosalie Thomass – absolut glaubwürdig in Szene gesetzt. Jeder Typ ein Volltreffer. Ganz stark auch Hinnerk Schönemann als etwas einfältiger Feldwebel und vor allem Ulrich Matthes (der den Goebbels in Oliver Hirschbiegels „Der Untergang“ mimte) als kalter Kompaniechef. Anders ausgedrückt: Die Mannschaft harmoniert. Und zwar bis in die kleinsten Nebenrollen.

So wurde aus der Romanverfilmung ein kurzweiliger ARD-Mittwochsfilm, den der geneigte TV-Konsument jetzt auch auf DVD Neue Vahr Süd käuflich erwerben kann. Allerbeste Unterhaltung eben.

Über WilliZ

Wurde geboren (in Berlin-Schöneberg), lebt (nach einem Abstecher nach Pforzheim, längere Zeit in Bremen und Hamburg) in dem Örtchen Tostedt am Rande der Lüneburger Heide - und interessiert sich für Literatur, Musik, Film und Fotografie (sowohl passiv wie aktiv) ... Ach, und gern verreise ich auch!

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