Diese Jahr ist (wie eigentlich jedes Jahr) ein Jahr der besonderen Jahrestage oder besser: der besonderen Todestage. So jährt sich der Todestag von Albert Einstein zum 50. Mal und der von Friedrich Schiller zum 200. Male. Da vergisst man einen 25. Todestag, z. B. den von Erich Fromm (gestorben 18. März 1980), ziemlich schnell.
Dabei ist Erich Fromm als Psychoanalytiker und Sozialpsychologe ebenso bekannt wie als Autor und bedeutender Humanist des 20. Jahrhunderts. Wie kaum ein anderer in Deutschland geborener Humanwissenschaftler hat Erich Fromm weltweit gewirkt. Seine Schriften und Erkenntnisse werden weltweit gelesen und rezipiert.
Allein die Veröffentlichung „Die Kunst des Liebens“ (1956) sorgte nicht nur in der Fachwelt für Aufsehen, sondern erreichte bis heute weltweit eine Auflage von über 25 Mio. und war z.B. in Deutschland (in den 80-er Jahren) Monate lang auf der Bestsellerliste.
Also Anlass genug, das kleine Büchlein von gerade einmal 150 Seiten (und auch schon fast 50 Jahre alt ist es) einmal wieder zur Hand zu nehmen.
Fromm fragt in dem Buch danach, was Liebe ist, was die Eigenschaften echter Liebe sind und diese von anderen Formen ‚der Liebe‘ unterscheidet. Muß man Liebe lernen? Worin besteht die Kunst des Liebens?
Liebe ist für Erich Fromm nicht in erster Linie eine Bindung an eine bestimmte Person. Sie ist eine Haltung, eine Charakterorientierung, welche die Bezogenheit eines Menschen zur Welt als Ganzer und nicht nur zu einem einzigen „Objekt“ der Liebe bestimmt.
Wenn also jemand nur eine einzige andere Person liebt und ihm alle übrigen Mitmenschen gleichgültig sind, dann handelt es sich bei seiner Liebe nicht um Liebe, sondern um eine ’symbiotische Bindung‘, im Grunde um einen erweiterten Egoismus. Trotzdem glauben die meisten Menschen, Liebe komme erst durch ein Objekt zustande und nicht aufgrund einer Fähigkeit. Weil man nicht erkennt, dass die Liebe ein Tätigsein, eine Kraft der Seele ist, meint man, man brauche nur das richtige Objekt dafür zu finden und alles andere gehe dann von selbst.
Man könnte diese Einstellung mit der eines Menschen vergleichen, der gern malen möchte und der, anstatt diese Kunst zu erlernen, behauptet, er brauche nur auf das richtige Objekt zu warten, und wenn er es gefunden habe, werde er wunderbar malen können. Und so ist auch Lieben eine Kunst!
Wenn ich einen Menschen wahrhaft liebe, so liebe ich alle Menschen, so liebe ich die Welt, so liebe ich das Leben. Wenn ich zu einem anderen sagen kann: „Ich liebe dich“, muss ich auch sagen können. „Ich liebe in dir auch alle anderen, ich liebe durch dich die ganze Welt, ich liebe in dir auch mich selbst.“
So alt das Buch ist, so aktuell ist es auch heute noch. Vielleicht sollte man es zur Pflichtlektüre machen für alle diejenigen, die an der Gestaltung der Welt (Stichwort: Zukunft Deutschland) beteiligt sind.