Am 15. Mai jährte sich der 100. Geburtstag von Max Frisch, am 4. April sein 20. Todestag.
Max Frisch (* 15. Mai 1911 in Zürich; † 4. April 1991 ebenda) war ein Schweizer Schriftsteller und Architekt. Mit Theaterstücken wie „Biedermann und die Brandstifter“ oder „Andorra“ sowie mit seinen drei großen Romanen Stiller, Homo faber und Mein Name sei Gantenbein erreichte Frisch ein breites Publikum und fand Eingang in den Schulkanon. Darüber hinaus veröffentlichte er Hörspiele, Erzählungen und Prosawerke sowie zwei, die Zeiträume von 1946 bis 1949 und 1966 bis 1971 umfassende, literarische Tagebücher.
Anlässlich dieser Jahrestage strahlte am Sonntag, den 22.05., der TV-Sender Arte neben einer Dokumentation über Max Frisch auch den von Volker Schlöndorff 1991 verfilmten Roman Homo faber aus. Der Film ist auch bei YouTube Homo Faber (Voyager) German Part 1-11 zu sehen. Weiterea Filmmaterial findet sich auf dem Account maxfrischarchiv bei YouTube.
Homo Faber (1991) Movie Teaser
Der Titel des Romans setzt die Hauptfigur namens Walter Faber in Bezug zum anthropologischen Begriff des homo faber, des schaffenden Menschen. Walter Faber ist ein Ingenieur mit streng rationaler, technisch orientierter Weltanschauung: „Ich glaube nicht an Fügung und Schicksal, als Techniker bin ich gewohnt mit den Formeln der Wahrscheinlichkeit zu rechnen.“ (S. 22 – Max Frisch: Gesammelte Werke in zeitlicher Folge – 1957-1963 – Band IV.1 – Suhrkamp Verlag – 1. Auflage 1976) und „Ich halte es mit der Vernunft …“ (S. 80) und „Wir leben technisch, der Mensch als Beherrscher der Natur, der Mensch als Ingenieur, und wer dagegen redet, der soll auch keine Brücke benutzen, die nicht die Natur gebaut hat.“ (S. 106/107)
In diese so scheinbar geordnete Leben brechen von heute auf morgen der Zufall und die verdrängte Vergangenheit ein. Durch eine Verkettung unwahrscheinlicher Ereignisse trifft er nacheinander auf seinen verstorbenen Jugendfreund, seine unvergessene Jugendliebe und seine Tochter, von deren Existenz er nichts ahnt. Unwissentlich geht Faber mit der jungen Frau eine inzestuöse Liebesbeziehung ein, die ein tragisches Ende nimmt. Erst am Ende erkennt er seine Verfehlungen und Versäumnisse; todkrank will er sein Leben wandeln.
Neben autobiografischen Elementen verarbeitete Max Frisch in „Homo faber“ zentrale Kernthemen seines Werks: den Konflikt zwischen persönlicher Identität und sozialer Rolle, die Bestimmung des Daseins durch Zufall oder Schicksal, den Gegensatz von Technik zu Natur und Mythos („Manie des Technikers, die Schöpfung nutzbar zu machen, weil er sie als Partner nicht aushält, nichts mit ihr anfangen kann; …“ (S. 169)), die misslungene Beziehung zwischen den Geschlechtern („… der Mann [sagt Hanna] will die Frau als Geheimnis, um von seinem eignen Unverständnis begeistert und erregt zu sein. …“ (S. 140)) und das verfehlte Leben („Ich halte nichts von Selbstmord, das ändert ja nichts daran, daß man auf der Welt gewesen ist, und was ich in dieser Stunde wünschte: Nie gewesen sein!“ (S. 136))
Der Roman spielt im Jahre 1957 in den USA, Mittelamerika (Mexiko und Guatemala) sowie in Europa (das Ende in Griechenland), ist also bereits über 50 Jahre alt. Aber er hat nichts von seinem besonderen Reiz verloren und konnte genauso gut auch heute spielen (sieht von den technischen Gegebenheiten, z.B. Propeller- statt Düsenflugzeuge, einmal ab). Ich habe den Roman in den gesammelten Werken von Max Frisch vorliegen. Eine nachträgliche Recherche der Chronologie hat ergeben, dass das zunächst verwendete Datengerüst nicht ganz korrekt ist. Dieses wurde nachträglich mit den Publikationen des Romans seit der Taschenbuchausgabe 1977 geändert. Mit dem Titelhelden Walter Faber begeben wir uns so auf eine umfangreiche Reise (in Klammern stehen die ursprünglichen Daten):
26.03.1957 (02.04.1957) La Guardia, New York mit einer Super-Constellation (DC-4)
Houston, Texas (Zwischenlandung)
Wüste von Tamaulipas/Mexiko – Notlandung
Mexico-City (Ciudad de México)
Flug Campeche
Zug Campeche – Palenque (- Coatzacoalcos)
Weiter mit dem Landrover ab Palenque
Strecke zwischen Palenque und der Plantage – 70 Meilen Luftlinie / 100 Meilen zu fahren
18. Breitengrad
Rio Usumacinta, Grenze zwischen Mexico und Guatemala
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Campeche, Mexiko – Palenque, Chiapas, Mexiko – Frontera Echeverría, Chiapas, Mexiko (Grenze zu Guatemala)
20.04. Abflug Caracas
21.04. Ankunft New York, Idlewild
22. – 30.04. Schiffsreise N.Y. – Europa
29.04. Fabers 50. Geburtstag an Bord
30.4. in Southampton
1.5. Ankunft in Le Havre – Sonderzug nach Paris
Autoreise von Paris nach Griechenland über Italien
13.05. Avignon (Nacht der Mondfinsternis) – weiter Arles – Marseille – Toulon – Le Trayaz
Italien (Pisa – Florenz – Siena – Perugia – Arezzo – Orvieto – Assisi – Rom)
Laterano -> Via Appia
Auto in Bari gelassen
Patras – Korinth – Theodohori -> Agioi Theodoroi (Schlangenbiss und Unfall) – Megara – Daphni – Athen
27.05. (03.06). Widersehen mit Hanna in Athen
so muss sein 28.05. (04.06.) Tod Sabeths
01.06. (08.06.) New York
02.06. (09.06). Flug Richtung Caracas – Besuch bei Herbert (Plantage in Guatemala)
20.06. Ankunft in Caracas
21.06 – 08.07. Faber schreibt „Erste Station“ nieder in Caracas (erkrankt)
09.-13.07. Cuba, dann Lissabon
15.07. Düsseldorf
16.07. Zürich
19.07. Krankenhaus, Athen
20.07. Fabers OP Athen (ENDE des Romans)
Literatur von Max Frisch
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Berzona/Tessin/Schweiz – Wohnort von Max Frisch von 1964-1991
Max Frisch zum 100. Geburtstag: Kein stiller Eidgenosse
Ein Liebender, der mit dem Leben haderte – Max Frisch zum 100. Geburtstag
Das Max-Frisch-Fieber steigt
Das Prinzip Frisch
weiteres Material: Max Frisch-Archiv an der ETH-Bibliothek