Dominique Strauss-Kahn, bis vor kurzem geschäftsführender Direktor des Internationalen Währungsfonds (IWF) und bis dahin auch aussichtsreicher Kandidat für die französischen Präsidentschaftswahlen, sitzt so ziemlich in der Bredouille. Während einer privaten Reise wurde er am 14. Mai 2011 am John F. Kennedy International Airport in New York wegen versuchter Vergewaltigung, sexueller Belästigung (erzwungener Oralsex) und Freiheitsberaubung einer Angestellten des New Yorker Hotels Sofitel festgenommen und angeklagt.
Kaum geht der Fall Kachelmann in die letzte Runde, da beschäftigt ein weiterer Fall von Vergewaltigung – mutmaßlich durch einen Prominenten begangen – die Öffentlichkeit, die im Fall Strauss-Kahn bisher mit vielen Gerüchten und wenigen Fakten konfrontiert wurde. Selbst von Verschwörung war die Rede.
Inzwischen ist Strauss-Kahn zwar gegen Auflagen und Kaution auf freiem Fuß, aber er hat es vorgezogen, seinen Sessel als Direktor des IWFs zu räumen. In einem verbittertem Schreiben wandte er sich an seine früheren Mitarbeiter und wies darin den Vorwurf der versuchten Vergewaltigung scharf zurück. „Die Wahrheit werde ans Licht kommen.“ Nur welche Wahrheit? Inzwischen sollen Medienberichten zufolge Sperma-Spuren an der Uniform des Zimmermädchens gefunden worden sein, die mit der DNA des Ex-IWF-Chefs übereinstimmen. Und er soll weiteren Hotelangestellten Avancen gemacht haben.
Eine gewisse weitere Brisanz bekommt der Fall durch die Tatsache, dass die Anklage durch den Staatsanwalt von New York, Cyrus Vance, geführt wird. Dieser ist Sohn des demokratischen Politikers Cyrus Roberts Vance, der von 1977 bis 1980 unter Präsident Jimmy Carter US-Außenminister war. Vance steht schon deshalb im Fokus, weil er sich mit dem Fall Strauss-Kahn landesweit und sogar international einen Namen machen kann. Zudem ist das Amt des Staatsanwaltes ein Wahlamt in dem USA.
Interessant zu wissen ist vielleicht, dass im Fall einer Verurteilung in allen Anklagepunkten Strauss-Kahn eine Gesamtstrafe von bis zu 74 Jahren Haft droht. Dass die Verteidiger mit allen Tricks und Kniffen arbeiten werden, gilt als sicher. Strauss-Kahns Anwalt Brafman handelte 1991 CNN zufolge für den gefürchteten Auftragskiller Salvatore „Sammy the Bull“ Gravano einen guten Deal aus: Sein Mandant gestand 19 Morde im Namen der Mafia. Im Gegenzug für seine Aussage musste er nur fünf Jahre hinter Gittern verbringen.
Strauss-Kahn wäre nicht der erste Politiker, der wegen eines Sexualdelikts verurteilt würde: Israels Ex-Präsident Katzav wurde u.a. wegen Vergewaltigung während seiner Amtszeit für schuldig gesprochen. Und die Sexeskapaden des Herrn Berlusconi, nach wie vor Ministerpräsident Italiens, sind hinreichend bekannt.
Manch mächtiger Mann scheint für sich besondere Rechte in Anspruch nehmen zu können. Ein Schuldbewusstsein kennen sie dabei nicht. Der Fall Guttenberg ist nur ein Beispiel. Auch er beteuerte bis zuletzt, „unschuldig“ zu sein – trotz klarer Beweislage.
Es wird Zeit, dass diese Herren (und Damen) langsam wieder auf den Boden der Tatsachen zurückkommen. Auch sie haben sich an die Spielregeln zu halten, die für uns Otto Normalverbraucher gelten. Wer meint, z.B. in privaten Situationen über alles erhaben zu sein, wird auch in seinem politischen Handeln keine Scheu zeigen, ‚über Leichen’ zu gehen. Ohne Skrupel. Ähnlich den Herren Gaddhafi, Mubarak oder Assad. Diese kriminelle Arroganz der Macht ist beängstigend und tritt jede Rechtschaffenheit, die Grundlage unseres Staatsgefüges sein sollen, mit Füßen.
Wie gut, dass wir eine Frau Merkel haben, die wenig für sexuelle Gefälligkeiten anfällig sein dürfte.
Toller Beitrag. Würde gern mehr Blogposts zu dem Thema sehen.