Was nun, Herr Schönecke?

Seit Samstagmorgen bestreikt die GDL wieder einmal die metronom Eisenbahngesellschaft mbH. Ich war heute Morgen wieder fast zwei Stunden unterwegs zur Arbeit: Es ist zum Kotzen!

Da fällt mir Herr Schönecke ein, Heiner Schönecke, CDU-Politiker und der Vertreter meines Wahlkreises im niedersächsischen Landtag. Dieser hatte nämlich beim Wahlkampf zur letzten Landtagswahl 2008 auch mit dem metronom ‚im Rücken’ geworben.

Herr Schönecke und der ‚metronom’

Herrn Schöneckes Motto lautet: „Ich will nicht im Landtag sitzen, sondern ‚arbeiten’.“ Bravo, das hoffen wir doch. Bisher zeichnet sich Herr Schönecke aber besonders durch eine allgegenwärtige Gegenwart aus (die HAN nennt ihn den omnipräsenten Christdemokraten). Dort wo etwas eingeweiht wird (Bahnhöfe, Bundesstraßen, Eisenbahnbrücken etc.) ist Herr Schönecke zur Stelle. Unzählig Fotos in der regionalen Presse zieren sein Konterfei. Wahrscheinlich kommt er auch der Schnittchen wegen, die gereicht werden. Und vielleicht bekommt er auch ein Gläschen Grauburgunder oder zwei zum Hinunterspülen.

Nun Herr Schönecke hat eine Vorliebe für Bahnen. Das gilt für die Heidebahn bzw. das so genannte Heidekreuz und für den metronom. Er ist also ein Befürworter der Privatisierung der Bahn. Gern schmückt sich dabei der Hühnerzüchter mit Federn (leider nicht immer den eigenen). Herr Schönecke und der metronom – eine zweisame Erfolgsgeschichte?

Leider war es bis vor kurzem sehr ruhig um den Herrn Schönecke. So als gäbe es seit Ende Februar keine Streiks der GDL bei seinem heißgeliebten metronom. Erst mit Hilfe anderer CDU-Landtagsabgeordneter aus der umliegenden Region ließ er sich Anfang des Monats zum Verfassen eines offenen Briefs an die GDL hinreißen. „Es kann nicht sein, dass ein funktionierendes Nahverkehrssystem, das ausgesprochen erfolgreich am Markt operiere durch sinnlose Attacken von GDL-Funktionären an die Wand gefahren wird.“, heißt es dort.

Die GDL wird diesen Brief gleichfalls als „sinnlose Attacke“ empfunden und daher unbeantwortet gelassen haben. Vielleicht hätte man den metronom auch in die Pflicht nehmen sollen?

Ich hoffe nun, dass es nicht bei diesem offenen Brief bleibt. Da ist z.B. Lüneburgs Oberbürgermeister Ulrich Mädge (SPD). Mädge spricht von einem „schwerwiegenden Qualitätsproblem, auch in der Führungsebene“ des metronom. Er sitzt im Aufsichtsrat der LNVG (Landesnachverkehrsgesellschaft, die im Auftrag des Landes Niedersachsen den ÖPNV, den Öffentlichen Personennahverkehr, managt) und will das Thema metronom auf die Tagesordnung in der Sitzung am kommenden Freitag bringen. Die Kommunalpolitik ist also endlich erwacht.

Apropos LNVG: Hat die nicht erst vor kurzem den Zuschlag für den Betrieb des sogenannten Heidekreuzes an die OHE AG vergeben? Die ist übrigens über die NiedersachsenBahn GmbH Miteigner der metronom Eisenbahngesellschaft mbH und gehört wiederum der Netinera Deutschland GmbH, früher Arriva Deutschland GmbH, die wiederum der italienische Ferrovie dello Stato gehört (aber das Thema hatten wir hier ja schon: Italienische Verhältnisse). Die OHE AG hatte nichts Eiligeres zu tun, Mitte April die Heidekreuzbahn GmbH zu gründen, die das Heidekreuz nun betreibt. Geschäftsführer ist Wolfgang Birlin. Ja, genau der, der auch Geschäftsführer der metronom Eisenbahngesellschaft mbH ist. Nachtigall, ick hör dir trapsen!

Ich will hier nicht noch einmal die ganzen wirtschaftlichen und gewerkschaftlichen Verwicklungen wiederholen (siehe meine Beiträge zum Thema Bahn fahren). Ob der metronom seinen Lokführern wirklich Dumping-Löhne zahlt, wie die GDL mehr oder weniger behauptet, oder nicht, ist den Fahrgästen völlig ‚schnuppe’. Es kann nur nicht angehen, dass jetzt bereits seit dem 22. Februar immer wieder der Zugverkehr lahmgelegt wird. Metronom, GDL und auch die genannte LNVG, die für die Ausschreibungen der Bahnstrecken zuständig ist, tragen Verantwortung, der sich nicht gerecht werden.

Ja, Herr Schönecke, ich werfe auch ihrem geliebten metronom schwere Verfehlungen vor. Diesem Unternehmen geht Gewinnmaximierung vor Kundenzufriedenheit. Wobei es längst nicht mehr ‚um die Bequemlichkeit der Pendler’ geht, wie Sie richtig erkannt haben. Die Existenz von ganzen Familien ist durch die Streiks bedroht, und ich behaupte auch der „Innere Frieden“ (der Arbeitsfrieden beim metronom dürfte bereits nachhaltig schwer beeinträchtigt sein): Ich kann nur hoffen, dass so etwas wie die Sprengung eines metronom-Fahrkartenautomaten in Klecken nur die Tat einiger verwirrter Geister war (ich sehe allerdings durchaus einen Zusammenhang mit dem GDL-Streiks). Übergriffe auf das Zugpersonal hat es leider bereits gegeben. Die Website des metronom wurde gehackt. Das Verständnis der Pendler ist so ziemlich bei null angelangt, da droht das Ganze zu eskalieren. Wollen Sie das?

Also, Herr Schönecke, was nun? Mit wohlfeilen Worten ist es nicht getan. Die Politik ist trotz Tarifautonomie aufgefordert, etwas zu tun. Und die LNVG sollte auch endlich handeln und den metronom abmahnen, da diese ihren Auftrag, den öffentlichen Personenverkehr zu gewährleisten, nicht nachkommt. Evtl. sollte sogar mit einer Kündigung und einer Neuausschreibung des Verkehrsvertrages gedroht werden. Und die GDL ist evtl. durch einstweilige Verfügungen an weiteren Streiks zu hindern. Ich bin kein Jurist. Die studierten Rechtsgelehrten werden schon wissen, wie die Streikparteien zu zwingen sind. Diese müssen endlich den öffentlichen Druck spüren. Italienische Verhältnisse haben wir bereits. Eine Bananenrepublik wollen wir nicht!

Und noch eines. Hierzu lasse ich Herrn Steinfatt vom Fahrgastbeirat für den Landkreis Harburg zu Worte kommen (Quelle: taz.de):

„Die Tarifauseinandersetzung wird auf dem Rücken der Fahrgäste ausgetragen“, sagt Klaus Steinfatt, Sprecher des Fahrgastbeirates Harburg. „Die Züge sind unpünktlich und unzuverlässig. Wenn man morgens losfährt, weiß man nicht, ob man nach Feierabend wieder nach Hause kommt. Das sind unhaltbare Zustände.“

Steinfatt wirft der für den Regionalverkehr zuständigen Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen schwere Versäumnisse vor: „Nach allem was wir wissen, hat die weder versucht zu erreichen, dass die DB-Fernzüge für Nahverkehrspendler freigegeben werden, noch bei anderen Privatbahnen versucht, zusätzliche Züge zu bestellen.“ Ihn erbost, dass die Reisenden nicht entschädigt werden. „Die Leute müssen auf den PKW umsteigen oder mit dem Taxi fahren, bleiben aber auf den Kosten sitzen. Nur 27 Prozent der Züge fahren, aber 100 Prozent der Abogebühren werden abgebucht.“

Über WilliZ

Wurde geboren (in Berlin-Schöneberg), lebt (nach einem Abstecher nach Pforzheim, längere Zeit in Bremen und Hamburg) in dem Örtchen Tostedt am Rande der Lüneburger Heide - und interessiert sich für Literatur, Musik, Film und Fotografie (sowohl passiv wie aktiv) ... Ach, und gern verreise ich auch!

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