So langsam komme ja auch ich in die Jahre. Da interessiert man sich für Literatur, die sich um das Thema Alterssex rankt. Zunächst habe ich von Mario Vargas Llosa ‚Die geheimen Aufzeichnungen des Don Rigoberto‚ (wieder-)gelesen. Don Rigoberto ist ja fast noch in meinem Alter. Und er treibt es eigentlich nur mit seiner Frau, wenn ihn die Fantasie (aber eben nur diese) auch ‚mal in andere Gefilde entführen lässt. Da tut es denn höchstens der Sohn es mit der Stiefmutter. Aber Don Rigoberto erweist sich trotz seiner gutbürgerlichen Existenz, dass er eigentlich ein Nonkonformist ist. Menschenansammlung (z.B. in Vereinen) ekeln ihn. Dafür versinkt er in seiner erotischen Kunstsammlung und träumt und treibt es – eben nur mit seiner Ehefrau, dafür aber mit vollem Genuss.
Die ‚Erinnerung an meine traurigen Huren‚ von Gabriel García Márquez ist dagegen eher enttäuschend. Nur dank der Großbuchstaben schafft es das Buch, als Roman ausgegeben, auf gerade einmal 150 Seiten. Und die Geschichte eines 90-jährigen, der sich in ein 15-jähriges Mädchen verliebt, ist nicht sehr überzeugend. Einen solch rüstigen Großvater (bzw. Vater) wünscht man sich. Wäre der Held (ähnlich wie García Márquez) an die 80 Jahre alt, schon würde man dem Ganzen mehr Glauben schenken. Aber so wird man versucht sein, die Liebesgeschichte als reines Wunschdenken eines, wenn auch in Ehren, ergrauten Literaten zu sehen. Aber das Buch hat auch seine kleinen Höhepunkte (sic!), in denen es dem Autor gelingt, die Liebe über alle Körperlichkeit hinaus hochleben zu lassen.
Dem gleichen Jahrgang wie García Márquez gehört auch Martin Walser an (1927). Sein Buch ‚Der Augenblick der Liebe‚ handelt von einem Mittsechziger, der sich unversehens in eine mittzwanziger Studenten verliebt. Beide finden sich über die Auseinandersetzung mit einem französischen Philosophen und lassen in dem Romanhelden ein vergessenes Lebensgefühl wieder auferstehen. Allein der Sprachwitz Walsers (und die genaue Recherche zum philosophischen Ausgangsthema) entschädigen für die dann doch manchmal gestelzten Figuren (aber das ist wohl Absicht, so ironisiert Walser seine beschriebenen Gestalten eben).
Alter Mann trifft auf junge Frau (oder gar Mädchen), da lässt Lolita grüßen! Am Ende irgendwie nichts Neues. Viel Wunschdenken vielleicht, aber wenig wirkliche Auseinandersetzung mit der Liebe und dem Sex im Alter. Und alles dann eben auch nur aus Sicht der Herrenwelt. Ein Buch, das das Thema aus der Sicht einer gealterten Frau darstellt, gibt es (noch) nicht. Wer könnte das auch schreiben? Doris Lessing fällt mir da (aus welchen Gründen auch immer) ein, aber lebt die eigentlich noch? Oder ein Buch, in dem die Liebe und der Sex zwischen zwei gleichaltrigen Alten beschrieben wird. Aber wer interessiert sich schon dafür …
Ich glaube, die Doris Lessing lebt noch – aber die ist auch irgendwie/-wo abgehoben …!