Am Freitag beginnt mit dem Eröffnungsspiel zwischen Co-Gastgeber Polen und Griechenland um 18 Uhr in Warschau die 14. Fußball-Europameisterschaft 2012 in Polen und der Ukraine. Deutschland muss zum ersten Mal am Samstag um 20 Uhr 45 in Lemberg gegen Portugal antreten. Alle 16 Mannschaften befinden sich also noch in der Vorbereitungsphase und haben dabei gezeigt, dass in Sachen Spritzigkeit und Feinanstimmung noch nicht alles bei 100 % liegt.
In Deutschland sind die Erwartungen hoch. Es gibt kaum einen, der nicht nur dem deutschen Team den Titel zutraut, sondern ihn von der Mannschaft geradezu erwartet. Natürlich traue auch ich der Mannschaft um Trainer Joachim Löw und Mannschaftskapitän Philipp Lahm den Gewinn der Europameisterschaft zu. Das Potenzial hat die Mannschaft. Sie ist jung, technisch versiert, spritzig und ‚hungrig’. Aber wie so oft im Leben, so ist besonders im Sport der Erfolg von vielen Faktoren abhängig. Glück, Tagesform, all die kleinen und großen Dinge spielen eine Rolle. Und manchmal ist es ein kleiner individueller Fehler, der alles zunichte macht.
Deutschland spiel mit Portugal, den Niederlanden und Dänemark in einer ausgesprochen schweren Gruppe. Aber eigentlich gibt es keine leichten und schweren Gruppen. Bei der EM 2012 treten die 16 besten Mannschaften Europas an. Der Unterschied kann dann auf den Tag gesehen marginal sein.
Ich traue der deutschen Mannschaft alles zu. So also auch ein Ausscheiden bereits in der Gruppenphase. Gerade weil man von ihnen den Titel erwartet, kann das ganz gehörig in die Hose gehen. Es ist eine fast durchgehend junge Mannschaft. Die Erwartungshaltung kann schnell zum Fluch werden.
Natürlich gibt es auch bei dieser Meisterschaft Favoriten und Außenseiter. Schaut man z.B. einmal auf die FIFA-Rangliste vom Mai 2012 dann findet man neben dem amtierenden Europameister (und Weltmeister) Spanien und dem deutschen Team als nächste europäische Mannschaften die Niederlande, Portugal, England, Kroatien und Dänemark. Daneben muss man mit Frankreich und Polen als einen der beiden Gastgeberländer rechnen. Alle Informationen zu den Teams und den einzelnen Spielern findet man übrigens auf der Website der UEFA zur Euro 2012.
Ranglisten hin, Ranglisten her: Wer sind nun aber die eigentlichen Favoriten?
Bei den Spaniern hat man zuletzt einen gewissen Sättigungsgrad festgestellt. Aber nachdem Real Madrid und der FC Barcelona in der Champions League im Halbfinale ausgeschieden sind, dürfte eine Trotzreaktion durchs spanische Team gegangen sein, die neuen Appetit entfacht hat, auch wenn wichtige Spieler wie Villa und Pujol für die EM ausfallen.
Zu den deutschen Gruppengegner. Die haben sich wie das deutsche Team (5:3-Niederlage in der Schweiz, allerdings ohne die Bayernspieler) in ihren letzten Vorbereitungsspielen nicht nur mit Ruhm bekleckert: Für die Niederlande gab zu Hause eine 1:2-Niederlage gegen Bulgarien, dann allerdings zwei Siege. Portugal verlor erst am Samstag zu Hause gegen die Türkei 1:3. Bei den Dänen geht es nach Niederlagen gegen Russland und Brasilien aufwärts: zuletzt steht ein 2:0-Sieg gegen Australien. Die Dänen bleiben aber Außenseiter in der Gruppe B. Als Favoriten auf den Gruppensieg werden neben Deutschland vorrangig die Niederlande gehandelt. Portugal fehlt es an der mannschaftlichen Geschlossenheit.
In Gruppe A spielen neben Polen und Russland Griechenland und Tschechien. Mit dem Heimrecht dürften es die Polen in die nächste Runde schaffen – zusammen mit den Russen. Aber die Griechen mit ihrem Minimalfußball sind nicht zu unterschätzen und dürften es besonders den Polen schwer machen.
Gruppe C hat natürlich mit Spanien den Topfavoriten. Daneben kämpfen Italien, Irland und Kroatien um den zweiten Platz. Italiens Nationaltrainer Cesare Prandelli erwägt angesichts des ewigen Wettskandals und den Beschuldigungen gegen Torwart Gianluigi Buffon einen Verzicht seines Teams bei der EM. Natürlich ist das Panikmache. Wie sollte im italienischen Fußball auch anderes als Chaos herrschen. So oder so wird sich die Altherrenmannschaft Italiens schwer tun. Die Chance für Irland oder Kroatien?
Bleibt die Gruppe D mit der Ukraine, Schweden, England und Frankreich. In Frankreich hat ähnlich wie in Deutschland ein Umbruch stattgefunden. Der Erfolg der letzten Zeit spricht für die Franzosen. Bei den Engländern steht der Umbruch noch aus. Jetzt fallen auch noch Lampert und Cahill wegen Verletzungen aus. Und Wayne Rooney ist für die beiden ersten Spiele gesperrt. Frankreich ist für mich Favorit auf den Gruppensieg. Für den zweiten, wer immer das sein wird, ist dann spätestens im Viertelfinale (wohl gegen Spanien) Schluss.
Hier der Spielplan in einer Übersicht bei zdf.de
Ich will nicht vorweg greifen. Für mich wäre aber ein Halbfinale mit dem deutschen Team, Russland (vielleicht doch den Niederlanden), Spanien und Frankreich denkbar. Aber warten wir erst einmal den ersten Spieltag in der Gruppenphase ab. Dann sind wir vielleicht etwas schlauer.