Weil es weiterhin an Kita-Plätzen fehlt, sind Tagesmütter (und Tagesväter) gefragt. So wurden im letzten Jahr rund 124.000 Kinder im Rahmen der Kindertagespflege betreut. Besonders für Kinder unter drei Jahre werden Tagesmütter gesucht, da es hier weiterhin große Engpässe bei Kitas (Kindertagesstätten) gibt. Nach dem Sozialgesetzbuch VIII ist diese Betreuungsform im familiennahen Umfeld übrigens gleichrangig mit der Betreuung in einer anderen Kindertageseinrichtung.
Wer nun glaubt, der Staat und besonders Brüssel unterstütze die Tagesmütter und –väter, muss sich getäuscht sehen. Immer mehr bürokratische Hürden werden aufgestellt, über die die Kindertagespflege für die Hunde geht.
Begonnen hat das bereits zu Zeiten der großen Koalition als der damalige Bundesfinanzminister, Peer Steinbrück, meinte, die bisher einkommensteuerfreie Kostenübernahme der Kommunen für die Tagespflege, die als Aufwandsentschädigung gezahlt wurde, zur Einkommensteuer heranzuziehen.
Daneben sind Tagesmütter und –väter sozialversicherungspflichtig. Wer nicht gerade unter 365 € im Monat (nach Abzug der Betriebskosten) Einnahmen hat und beim Ehegatten familienversichert ist, darf sich so u.a. auch noch krankenversichern (gilt nach meinem Wissen allerdings nur für eine Übergangszeit bis zum 31. Dezember 2013).
Seit 1. Januar 2012 gilt zudem eine EU-Richtlinie, die Tagesmüttern strenge Hygieneregeln auferlegt. Das geht soweit, dass im zeitlichen Abstand die Kühlschranktemperatur zu messen ist. Welchen Sinn das macht, sollte man die Bürokraten in Brüssel fragen. Das Land Niedersachsen hat sich bisher gesträubt, diese Richtlinie umzusetzen.
Und was ist nun der Dank und Lohn? Für jedes Kind bekommt die Tagesmutter 3 € pro Stunde. Es dürfen maximal fünf Kinder betreut werden. So ‚verdient’ eine Tagesmutter also maximal 15 € die Stunde. Die Betriebskosten, also der Sachaufwand für Spielzeug, Bücher, zusätzliche Heizkosten, zusätzliche Haftpflichtversicherung und Lehrgänge– und natürlich die angesprochenen Sozialabgaben und Steuern müssen von diesen Einnahmen bestritten werden. Aber welche verantwortungsvolle Tagesmutter hat schon fünf Kinder?
Und seit einigen Tagen gibt es nun auch noch ein Urteil des Bundesgerichthofes, nachdem bezahlte Kinderbetreuung in den eigenen vier Wänden gewerbliche Nutzung entspricht. Daher benötigen Tagesmütter eine Erlaubnis des Verwalters oder Vermieters, wenn sie die Tagespflege in einer Wohnung ausüben. Ob der Verwalter oder Vermieter die Genehmigung mit dem Argument verweigern darf, die Kinder seien zu laut, ließ der BGH allerdings aus prozessualen Gründen offen. Eigentlich wurde aus diesem Streitpunkt das Gerichtsverfahren geführt.
Deutschland war und ist weiterhin ein wenig kinderfreundliches Land. Was sich da Bürokraten in Brüssel und Berlin ‚zum Wohle der Kinder’ ausdenken, ist hanebüchen. Die Spitze ist natürlich jetzt dieses Gerichtsurteil, dass Kinderbetreuung als gewerblich einstuft und damit z.B. einer Werkstatt gleichstellt, in der gehämmert, gestanzt und gebohrt wird.
siehe auch. Tagesmütter und-väter e.V. des Landkreises Harburg