Nur noch zehn Tage bis zum Heiligen Abend. Fieberhaft machen sich noch viele auf den Weg nach Geschenken für die Lieben. Und wer im Einzel- oder Großhandel arbeitet, weiß auf eigene Weise, was die Vorweihnachtszeit ihnen beschert: vermehrt Arbeit, denn das Geschäft blüht! Der Dezember ist ein Spitzenmonat, in dem ein Vielfaches von dem umgesetzt wird als sonst in den anderen Monaten. Nicht nur der Kunde gerät in Stress, sondern natürlich auch der Verkäufer. Überstunden, wegen der Witterung zeitlich verlängerte Wege zwischen dem Arbeitsplatz und dem Zuhause, summa summarum weniger Freizeit und weniger Möglichkeit zum Entspannen.
Und gerade die Vorweihnachtszeit sollte eine Zeit der Muße, der Besinnung, des Nachdenkens sein. Aber es wird nur darüber nachgedacht, welche ‚Freude’ man den Lieben mit welchen Geschenken machen kann.
Und nicht nur der Handel ist betroffen; z.B. in öffentlichen Einrichtungen beginnt schon Wochen zuvor, was man schlechthin als Herbstfieber bezeichnet und das bis in die Zeit vor Weihnachten reicht: Gelder müssen bis zum Jahresende ausgegeben werden, denn das Problem ist, dass nicht genutztes Geld nicht einfach auf später übertragen werden kann. Es verfällt. Und im nächsten Jahr gibt’s dann vielleicht sogar weniger Geld für Anschaffungen, die eigentlich dringend nötigt sind. Also wuselt man herum, eröffnet kurzfristig Ausschreibungsverfahren, die sich schon so schleppend genug dahinquälen. „Abends werden die Faulen fleißig“, heißt es, und wenn der Herbst beginnt.
Und meist kommt es noch schlimmer. Endlich ist Heiligabend erreicht. Die Geschäfte sind überfüllt, weil viele noch die letzte Einkaufsmöglichkeit nutzen wollen. Und dann zu Hause muss der Weihnachtsbaum aufgestellt, das Essen gekocht und die letzten Geschenke verpackt werden. Ich kenne die Statistik nicht, aber denke, dass die meisten Familienstreitigkeit am Heiligabend ausgetragen werden. Mit oder ohne Verletzte.
Ist es da verwunderlich, dass viele Weihnachten einfach hassen?
Man muss nicht unbedingt ‚Systemkritiker’ sein, um diese Art von Weihnachten zu verachten. Dieser Rummel passt nicht zum ‚Fest der Liebe’. Aber auch mit dem sprichwörtlichen ‚Friede, Freude, Eierkuchen’ sollte Weihnachten möglichst wenig zu tun haben. Tannenduft und Kerzenrauch – sicherlich gehört das schon traditionell zu Weihnachten. Und wenn’s nicht übertrieben wird (ich denke da an die blinkenden, bonbonfarbenden Lichterketten, mir wird schlecht davon), dann sieht’s nicht nur schön aus, sondern erfreut auch die Seele.
Mit Weihnachten wird gewissermaßen die letzte Runde des alten Jahres eingeläutet und damit eine Zeit, die geeignet ist, das Jahr einmal Revue passieren zu lassen. Es muss nicht ein Jahresrückblick sein, wie es die Fernsehsender zur Genüge ausstrahlen. Es wird eher ein persönliches Resümee sein, das zum Nachdenken anregen sollte, um aufzuzeigen, was wir im nächsten Jahr anders, vielleicht sogar besser machen könnten, ohne uns gleich mit zu vielen ‚guten Vorsätzen’ zu belasten.
In diesem Sinne, mit Besinnung, aber auch heiterer Gelassenheit, sollten wir Weihnachten feiern. Und wenn’s nicht gerade die Geschenke sind, die wir uns gewünscht haben, so können wir vielleicht den guten Willen zählen lassen, der sich hinter der Bescherung verbirgt.
Tief Luft holen und durch … Schöne Bescherung, meine Lieben!