Vor geraumer Zeit hatte ich in meinem Beitrag Faksimile-Mappe und Graphic Novels zu Franz Kafka einiges Interessante zum Prager Schriftsteller vorgestellt. Inzwischen habe ich mir mit Freuden und Schauern über den Rücken das Buch Kafka des Schriftstellers David Zane Mairowitz mit den Zeichnungen von Robert Crumb, dem Schöpfer von Fritz the Cat, angeschaut und innerhalb eines halben Tages durchgelesen.
Wer trotz des Kafka-Films immer noch kein Interesse an Kafka gewonnen hat, dem wird das vielleicht durch dieses Buch geweckt. Ansonsten: Hoffnungsloser Fall …?!
Kein Schriftsteller unserer Zeit und wahrscheinlich keiner seit Shakespeare ist dermaßen überinterpretiert und in Schubkästen gesteckt worden wie Franz Kafka. Jean-Paul Sartre nahm ihn für den Existenzialismus in Anspruch, Camus für das Absurde, sein lebenslanger Freund und Herausgeber Max Brod überzeugte mehrere Gelehrtengenerationen, dass sich in Kafkas Parabeln die komplizierte Suche nach einem unerreichbaren Gott ausdrückte.
In ‚Kafka’ haben David Zane Mairowitz und Robert Crumb das Wesentliche über Franz Kafka zusammengetragen: von seiner Kindheit bis zum posthumen Kafka-Kult; über die Konflikte, die der Schriftsteller mit sich selbst und anderen, allen voran mit seinem Vater, auszutragen hatte. Immer wieder geht es um Kafkas Zerrissenheit vor dem Hindergrund seiner deutsch-tschechischen Nationalität und der jüdischen Kultur. Die Stationen von Kafkas Leben werden ergänzt durch Briefe und Auszüge aus seinen Romanen und Kurzgeschichten.
(Umschlagtext)
„Kafkas Themen wie der Selbsthass, seine Beziehung zu Frauen, die Schuldfrage sind auch meine. Er ist mein Bruder im Geiste.“ – Robert Crumb
„Was habe ich mit Juden gemein? Ich habe kaum etwas mit mir gemein!“
Niemand erklärt Kafka besser als Kafka selbst – der Mann, der seinen Freunden stets erschien, als führe er ein Leben hinter einer Glaswand. Seine Romane und Erzählungen sind tief in der Tradition des jiddischen Geschichtenerzählens verwurzelt und zeichnen sich durch ihre bizarren Fantasien, gepaart mit düsterer Melancholie und subtilen Witz, aus.
Innerlich zerrissen und entfremdet von seinen jüdischen Wurzeln, seiner Nationalität, seiner Familie, seiner Umgebung und insbesondere von seinem Körper, schuf Kafka eine einzigartige literarische Sprache, in der er sich selbst verbergen, sich in ein riesiges Ungeziefer, einen Affen, einen Hund, eine Maus oder einen Künstler verwandeln konnte, der sich vor den Augen des Publikums zu Tode hungert.
David Zane Mairowitz’ dichter und pointierter Text, kombiniert mit den Zeichnungen eines der größten Comiczeichner unserer Zeit, Robert Crumb, gewährt einen Einblick in das Wesen und das Werk des Schriftstellers Franz Kafka.
Robert Crumb, geboren 1943 in Philadelphia, gehört zu den Pionieren des amerikanischen Underground-Comics. Der Schöpfer von Fritz the Cat und Mr. Natural ist zeitlebens ein kontroverser Künstler gewesen, der sowohl seine eigenen als auch die gesellschaftlichen Abgründe schonungslos offengelegt hat. Charakteristisch ist auch sein kräftiger Strich, durch den er zu einem der stilprägendsten Illustratoren und Comiczeichner schlechthin wurde, dessen Arbeiten sogar im New Yorker Museum of Modern Art ausgestellt wurden.
Für sein Lebenswerk erhielt Robert Crumb 1999 den Grand Prix des Internationalen Comic-Festivals in Angoulême. Er lebt mit seiner Frau und der gemeinsamen Tochter in Frankreich.
David Zane Mairowitz, ebenfalls Jahrgang 1943, wurde in New York geboren und lebt seit 1966 in Europa, heute in Avignon und Berlin.
Für seine Hörspiele, die in ganz Europa produziert werden, erhielt er zahlreiche Preise, unter anderem den Prix Italia und den Prix Europa. Sein Lebenswerk wurde 2006 in Frankreich mit dem Prix SACD de la Radio ausgezeichnet. Er ist der Autor mehrerer Comics, die er in Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Zeichnern unter anderem über Albert Camus und Wilhelm Reich veröffentlichte.
„Robert Crumb ist der Brueghel des 20. Jahrhunderts“ – Time
„Keiner hätte es besser machen können als Crumb“ – Libération
(Klappentexte)
… eine Zeile gegen mich … wie man die Fernrohre … richtet!
Was soll ich da noch sagen und ergänzen. Kafka ist für mich einer der ganz großen Schriftsteller. Wenn sich da nun ein Zeichner-Heroe wie Robert Crumb Kafkas annimmt, dann muss das Ergebnis schon außerordentlich sein. Und mit den kurzen, präzisen Texten eines David Zane Mairowitz ist ein Werk entstanden, das nicht nur sein Geld Wert ist, sondern so prägnant wie nur möglich in Kafkas Biografie und Werk einführt. Lange habe ich auf die Wiederveröffentlichung dieses Buchs gewartet, das bereits 1995 bei Zweitausendeins erschienen war. Dank also auch an den Verlag Reprodukt. Das Warten hat sich gelohnt.
Ein Gedanke zu „David Zane Mairowitz/Robert Crumb: Kafka“