Jetzt weiß es jeder. Michael Moore arbeitet mit frei erfundenen Pointen, zeigt Filmausschnitte, die aus dem Zusammenhang gerissen sind und unterschlägt gern dem Tenor seiner Aussagen widersprechende Fakten. Debbie Melnyk, Dokumentarfilmerin aus Kanada war ein Fan von Moore und wollte eine Hommage über den verehrten Kollegen drehen – bis sie sich mit dessen Arbeitsmethoden befasste und hinter die ‚eigentliche‘ Wahrheit kam. Wie anders, wenn nicht als Dokumentarfilm, präsentiert sie jetzt das Ergebnis in dem Film „Manufacturing Dissent“ – ein Werk, das mit zahlreichen Beispielen belegt, wie Moore Fakten verbiegt.
Mich wundert Moores Arbeitsweise in keiner Weise. Ich habe drei seiner Bücher gelesen („Querschüsse – Downsize this!“ – „Volle Deckung, Mr. Bush – Dude, where’s my country?“ und „Stupid White Men – eine Abrechnung mit dem Amerika unter George W. Bush“). Diese Bücher sind auch Grundlage (oder Ergebnis) seiner bekannten Filme: „Bowling for Columbine“ und „Fahrenheit 9/11“. Hier belegt er die meisten seiner Fakten mit Fußnoten, die mir manchmal zweifelhafter Quellen entstammen. Ein Hauch von Wissenschaftlichkeit, wenn alles auch in einem eher lockeren (schnoddrigen) Ton verfasst ist. Oder anders ausgedrückt: typisch amerikanisch!
Dass dabei (in diesem amerikanischen Stile) manchmal die Fakten zurechtgebogen – okay: verbogen – werden müssen, die eine oder andere Pointe hinzugedichtet wurde, ändert für mich an der Moore’schen Grundaussage wenig. Manchmal muss man der Wahrheit auf die Sprünge helfen! Michael Moore, und das ist meine Meinung, hat sich nie als Dokumentarfilmer im klassischen Sinne aufgeführt. Er legt großen Wert auf Unterhaltung (Hollywood lässt grüßen). Für uns Europäer geht allein dieser Unterhaltswert etwas zu weit (auch mir). Aber wie soll man sonst Leute (vorwiegend in Amerika) ansprechen, wenn nicht auf eine Art und Weise, die ihnen vertraut (nicht anders bekannt) ist.
Nun dem guten Michael Moore geht man inzwischen ganz schön ans Leder. So hat man angeblich nachgewiesen, dass er Aktienpakete von Firmen besitzt, die eigentlich zu Moores Erzfeinden gehören. Wie auch immer: Moore ist ein amerikanisches Phänomen. Und ähnlich wie George W. Bush polarisiert, so polarisiert auch Michael Moore. Es ist zumindest angenehm zu wissen, dass es zu dem ersten ein gewichtiges Gegengewicht gibt – eben in Form und Weise eines Michael Moores.
siehe zdf.de: Der große Manipulator