Am Freitag und Samstag erlebten wir bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien die Viertelfinalspiele. Und entgegen meiner sehr gewagten Tipps haben doch wieder einmal die ‚üblich Verdächtigen’ die Runde der letzten Vier erreicht (immerhin hatte ich Recht mit meiner Annahme, mit diesen Tipps (fast) völlig danebenzuliegen):
Frankreich – Deutschland – mein Tipp: 1:2 (Ergebnis: 0:1)
Brasilien – Kolumbien – mein Tipp : 1:2 (Ergebnis : 2:1)
Argentinien – Belgien – mein Tipp 0:1 (Ergebnis: 1:0)
Niederlande – Costa Rica – mein Tipp: 0:1 (Ergebnis 0:0 / 4:3 n.E.)
Im Halbfinale am Dienstag bzw. Mittwoch spielen dann also:
Brasilien – Deutschland (ZDF um 22 Uhr)
Niederlande – Argentinien (ARD um 22 Uhr)
Ich will mich nicht allzu sehr loben, aber vor der WM hatte ich Folgendes geschrieben:
Trotzdem glaube ich nicht, dass Deutschland Weltmeister wird. Im Halbfinale (wahrscheinlich gegen Brasilien) ist spätestens Schluss. Mein Halbfinaltipp:
Brasilien – Deutschland
Spanien – Argentinien
– wobei z.B. die Belgier neben Italien, Frankreich und vielleicht der Elfenbeinküste bis ins Viertelfinale ziehen könnten. Mein Endspiel lautet dann Brasilien gegen Spanien (mehr verrate ich nicht).
Sieht man einmal von Spanien ab (dafür spielt jetzt die Niederlande), so waren meine Tipps damals gar nicht so schlecht, oder? Und wie tippe ich jetzt?
Zu den Viertelfinals:
Immerhin hatte ich in meiner Annahme Recht, dass Deutschland gegen Frankreich gewinnt. Auch wich meine Aufstellung – wie folgt
Neuer – Durm, Hummels, Boateng (Mertesacker), Lahm – Schweinsteiger (Khedira), Kroos, Götze – Schürrle, Özil, Müller (Klose)
von der tatsächlichen Aufstellung gar nicht so weit ab. Mertesacker hatte ich in Klammern gesetzt, weil ich einfach davon ausgegangen war, dass er für die Franzosen trotz guten Stellungsspiels nicht schnell genug wäre und daher die Bank drückt. Okay, Schweinsteiger und Khedira spielten zusammen bis zum Schluss. Götze wurde erst zum Ende hin für Özil eingewechselt und Klose stand in der Startelf, wurde erst in der 69. Minute durch Schürrle ausgetauscht (und statt Durm kam doch wieder Höwedes zum Einsatz). Ich hätte Schürrle von Anfang an gebracht, ihn dann vielleicht so ab der 60. Minute durch Klose ausgetauscht.
Immerhin hat der Bundestrainer Löw Lahm als rechten Verteidiger gebracht, der dort gerade gegen Frankreich viel wirkungsvoller war, zumal es das ‚Loch’, das Lahm im Mittelfeld hätte stopfen sollen, gar nicht gab – die Franzosen überbrückten das Mittelfeld immer wieder mit langen Bällen nach vorn.
Es war kein allzu schönes Spiel – und lediglich eine Standardsituation (Freistoß Kroos, Kopfbaltor Hummels) entschied am Ende das Spiel. Aber trotz der Hitze und hohen Luftfeuchtigkeit spielte das deutsche Team diszipliniert und ließ nur wenige Torchancen der Franzosen zu, die dann Manuel Neuer, diesmal in Torwartmanier, zu Nichte machte. Attraktivität und Tempo blieben dabei allerdings auf der Strecke. Irgendwie erinnert mich diese Art von Spiel der deutschen Mannschaft an die der Italiener früherer Jahre (2006 wurde Italien so Weltmeister – nicht gerade zu meiner Freude).
Brasilien gewann dann am Abend gegen aufopferungsvoll kämpfende Kolumbianer mit 2:1. Auch hier entschied im Grunde ein frühes Tor das Spiel. In dem mit viel Härte geführten Spiel zeigte sich der Schiedsrichter immer wieder großzügig, wohl zu großzügig. Denn so passierte das, was nicht passieren darf. Gegen Ende des Spiel sprang der kolumbianische Spieler Juan Zúñiga den Brasilianer Neymar von hinten an und rammte diesem sein rechtes Knie in den Rücken. Dabei brach sich Neymar den dritten Lendenwirbel und musste verletzt ausgewechselt werden. Für Brasiliens besten Spieler ist damit die Weltmeisterschaft zu Ende. Man mag spekulieren, ob dieses Foul auch geschehen wäre, wenn der Schiedsrichter zuvor härter durchgegriffen hätte. Auch mag man Zúñiga keine böse Absicht unterstellen. Aber der Ausfall Neymars wirft einen tiefdunklen Schatten auf diese WM. Das ganze Land ist geschockt – es wird sich zeigen, ob Brasilien im Halbfinalspiel gegen Deutschland den Ausfall kompensieren wird (Bundestrainer Löw meint dazu: „Brasilien ohne Neymar ist viel schwieriger“). Außerdem ist der Abwehrchef und Mannschaftskapitän der Brasilianer, Thiago Silva, wegen einer zweiten gelben Karte für das Spiel am Dienstag gesperrt.
Immerhin gab es eine schöne, versöhnliche Geste nach dem Spiel durch David Luiz, der das 2:0 für Brasilien geschossen hatte und der nach Spielende James Rodríguez, der für den Anschlusstreffer der Kolumbianer gesorgt hatte (und damit die Torschützenliste mit sechs Treffer anführt), in die Arme nahm, als dieser so untröstlich weinte. Natürlich ist David Luiz ein schlauer Fuchs, denn er tauschte mit James das Trikot – eines Tages wird das Gold wert sein, denn der Kolumbianer dürfte schon sehr bald zu den ganz Großen des Fußballsports gehören.
Zu Argentinien gegen Belgien ist nicht viel zu sagen: die Argentinier gewannen mit minimalen Aufwand auch hier durch ein frühes Tor 1:0 gegen Belgier, die nicht an ihre Leistung, mit der sie die USA 2:1 geschlagen hatten, anknüpfen konnten. Bitter für Argentinien: Ángel Di María fällt ebenfalls verletzt für den Rest des Turniers aus.
Das Spiel der Niederlande gegen Costa Rica war sicherlich kein Leckerbissen. Costa Rica verteidigte mit fast allen Mann und ließ nur wenige Torchancen der Niederländer zu, die der hervorragende Torwart Keylor Navas vereitelte. So kam es nach 120 Minuten zum Elfmeterschießen. Dabei hatte Hollands Bondschoach Luis van Gaal wieder einmal ein glückliches Händchen: Erst Sekunden vor Ende der Verlängerung hatte er Tim Krul eingewechselt, der wohl speziell für dieses Elfmeterschießen trainiert hatte (Costa Rica hatte bereits gegen Griechenland ein Elfmeterschießen – und wieder waren es die gleichen Spieler, die antraten). Sicherlich ein taktischer Geniestreich. Dabei war dem Trainer bewusst, dass der Schuss auch nach hinten hätte losgehen können. “Wenn es schiefgegangen wäre, hätten mich alle für verrückt erklärt“, sagte van Gaal. Auch dank unsportlicher Psychospielchen hielt Krul zwei Elfmeter und ermöglichte so das Weiterkommen der Niederländer.
Vor der WM hatte ich ja den Gastgeber Brasilien im Endspiel (gegen Spanien) gesehen. Jetzt ‚fürchte’ ich, dass es Deutschland (hoffentlich dann doch nicht in ‚italienischer Manier’, sondern mit etwas mehr Spielwitz und Charisma) am Dienstag schaffen könnte, den Gastgeber zu schlagen. Nein, nicht nur, weil Neymar und Thiago Silva fehlen …
Beim 2. Spiel bin ich mir alles andere als sicher. Aber da die Niederländer so gern gegen Deutschland spielen wollen, so könnte ihr Wunsch in Erfüllung gehen (dann siegt aber Deutschland im Endspiel 😉 ).
Übrigens: Um kurz vor Mitternacht ereilte Juan Camilo Zuniga die Nachricht, dass der Fußball-Weltverband FIFA nicht weiter gegen ihn ermittelt, sein Foul gegen Neymar also zumindest keine Sperre nach sich zieht.
Für Thiago Silva, der für das Spiel morgen gegen Deutschland gesperrt ist, wird voraussichtlich Dante von Bayern München auflaufen, für Neymar der junge Willian.