Peter Handkes Erzählung Die Angst des Torwarts beim Elfmeter, dessen Titel in der Fußballwelt zum geflügelten Wort geworden ist, habe ich schon einmal kurz angesprochen. Natürlich ist es eher die Angst der Schützen vor Versagen. Ein Torwart kann nur zum Helden werden – wie erst jetzt Tim Krul, der Torhüter der Niederländer, den sein Trainer Louis van Gaal Sekunden vor Ende der Verlängerung einwechselte, da es unweigerlich zum Elfmeterschießen kommen musste – und der dann auch zwei Elfmeter von Costa Rica hielt und damit den Niederlande das Weiterkommen ins Halbfinale bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien sicherte.
Als Torwart ist es sicherlich wichtig, wenn du groß bist, also über eine große Reichwerte verfügst. Wie im Elfmeterschießen zwischen der Niederlande und Costa Rica ist es sicherlich sehr hilfreich, wenn man weiß, wohin der jeweilige Schütze voraussichtlich schießen wird. Costa Rica musste ja bereits gegen Griechenland ins Elfmeterschießen. Die Videos davon werden sich die Niederländer sehr genau angeschaut haben. Gewisse Psychospielchen gehören wohl auch dazu. Und so eine überraschende Einwechslung wie durch van Gaal („Kommt da der Elfmeterkiller?“) trägt sicherlich auch noch zur Verunsicherung des Gegners bei.
Allerdings denke ich, dass Torwart Tim Krul mit seinen Psychospielchen da etwas zu weit gegangen ist, als er beim zweiten und dritten Elfmeter der Mittelamerikaner auf die Schützen zuging und auf sie einredete („Ich weiß, in welche Ecke du schießen wirst!“), um sie zu verunsichern. Das ist unsportlich und hat jetzt wohl auch eine Untersuchung der FIFA zur Folge. Krul selbst ist sich allerdings keiner Schuld bewusst. „Ich habe nichts falsch gemacht, war nicht aggressiv. Ich wollte nur in ihre Köpfe kommen, das hat funktioniert“, sagte der 26-Jährige bei einer Pressekonferenz.
Was kann aber den Schützen helfen, den Elfmeter zu verwandeln?
Professor Daniel Memmert, Leiter des Instituts für Kognitions- und Sportspielforschung, hat alle Elfmeterschießen bei Welt- und Europameisterschaften zwischen 1982 und 2006 ausgewertet. Er erneuerte jetzt in einem Interview eine alte These:
„Es ist wissenschaftlich belegt, dass es die Chancen der Schützen verbessert, wenn sie sich an drei Regeln halten.
– Erstens: Brust raus, Kopf hoch und den Torwart ansehen.
– Zweitens: Nach dem Ablegen des Balles auf dem Elfmeterpunkt nicht umdrehen und mit dem Rücken zum Tor zum Anlaufpunkt gehen, sondern rückwärts und den Torwart im Blick behalten.
– Drittens: Nach dem Pfiff des Schiedsrichters einen Moment warten.“
Auch wenn der Bundestrainer, Joachim Löw, nicht viel Sinn für Standards hat und erst durch seinen Ko-Trainer und einige Spielern aufgefordert wurde, z.B. Freistöße ausgiebiger zu trainieren (und der Erfolg gibt ihnen Recht – sieht von diesen Lachnummern einmal ab), so sollte er bedenken, dass in einen der nächsten beiden Spiele (im Halbfinale heute Abend gegen Brasilien, dann im Spiel um Platz drei oder im Endspiel) der Sieger vielleicht nur durch Elfmeterschießen ermittelt wird. Vielleicht helfen dann ja die diese drei Regeln, die man im Training testen sollte.