Am Donnerstag entscheiden die Schotten, ob sie sich aus dem Vereinigten Königreich lösen und sich als Nation selbständig machen wollen. Ich und meine Familie sind ja große Schottland-Fans und waren zuletzt 2005 für über drei Wochen dort auf Urlaub.
Schottland und die britische Krone bekämpften sich das ganze Mittelalter lang, bis beide Seiten 1707 ein Abkommen schlossen und zum Vereinigten Königreich fusionierten. Schottland entschloss sich vor allem aus Geldnot zu diesem Schritt. Heute haben die Schotten ein höheres Pro-Kopf-Einkommen als andere Einwohner der Insel.
Seit Jahren setzen sich schottische Nationalisten für mehr Eigenständigkeit ein. 1997 erreichten sie per Volksabstimmung, dass Edinburgh wieder ein Parlament zugesprochen bekam und weitgehende Autonomie bei der Bildungs-, Gesundheits-, Umweltpolitik sowie der Justiz.
Befeuert durch gute Wahlergebnisse will die Scottish National Party (SNP) noch einen Schritt weitergehen und das Volk über die völlige Unabhängigkeit von Großbritannien abstimmen lassen. Sie spricht von „Wahl zwischen Zukunft und Stillstand“: Das Hauptargument: Die Schotten könnten am besten alleine entscheiden, wie sie ihren Reichtum verteilen. Das will nun die britische Zentralregierung aufhebeln: Sie verspricht den Schotten mehr steuerliche Freiheit, wenn sie sich NICHT abspalten.
Bei Umfragen vor dem Referendum am letzten Donnerstag zeigt sich keine eindeutige Tendenz. Premierminister David Cameron will vor der Abstimmung noch einmal vehement für einen Verbleib Schottlands im Königreich werben. Laut britischen Medien könnte Cameron zurücktreten, sollte er ein Ende der mehr als 300 Jahre währenden Union mit Schottland verantworten müssen.
Das Ziel der Bewegung ist es, einen unabhängigen Zukunftsstaat zu gründen, am 24. Januar 2016 soll der erste Unabhängigkeitstag gefeiert werden. Stimmen die Schotten für die Unabhängigkeit, würden im Herbst Verhandlungen über die Zukunft der politischen Beziehung zwischen Schottland und Großbritannien beginnen. Bis 2016 will Schottland auf jeden Fall Mitglied des Vereinigten Königreichs bleiben (Quelle: zeit.de).
Schottische Flagge
Nun eine Unabhängigkeit Schottlands hätte allein schon ‚optische’ Veränderungen zur Folge. Es gäbe kein UK (United Kingdom = Vereinigtes Königreich) mehr und vor allem keinen Union Jack, da die blau eingefärbten Teile die schottische Flagge kennzeichnen. Den Union Jack finden wir aber z.B. auch in den Flaggen anderer Nationen – wie z.B. Australien und Neuseeland. Werden die ihre Flagge ändern, wenn es das Vereinigte Königreich nicht mehr geben sollte?
Union Jack
Ein uns bekannte Flötenkobold schottischer Abstammung (väterlicherseits) hat sich zu dem Referendum zu Wort gemeldet, obwohl er bei dem Referendum nicht stimmberechtigt ist (da er keinen Wohnsitz in Schottland hat): Ian Anderson fühlt sich als Brite durch und durch und lehnt so die Unabhängigkeit ab. Aus seiner Sicht ist das durchaus verständlich.
Nun es spricht vieles für, aber auch vieles gegen eine Unabhängigkeit des Landes. Ich will das hier nicht im einzelnen diskutieren. Immer wieder werden die Öl- und Erdgasvorkommen vor der schottischen Küste als Argument genannt. Die meisten der Erträge fließen in die Kassen Londons. Allerdings leistet London dafür auch wiederum Ausgleichszahlungen in Form von Transferleistungen. Am Ende gleicht sich das wohl aus. Allerdings gehen die Öl- und Erdgasvorkommen langsam zu Ende bzw. lassen sich nur erschwert erschließen. So setzt Schottland zunehmend auf erneuerbare Energien, z.B. die Windkraft.
Die Royal Bank of Scotland (RBS) hat jetzt erklärt, im Falle einer Unabhängigkeit den Hauptsitz von Edinburgh nach England zu verlegen. Dass ich nicht viel von Banken halte, brauche ich nicht erneut zu erklären. Gerade die Royal Bank of Scotland ist in der Finanzkrise gehörig ins Schleudern geraten. Wenn sie denn nach England ziehen sollte, dann kann ich der Bank nur empfehlen, den Namen zu wechseln. In Schottland wird man nicht unbedingt der RBS Tränen nachweinen.
Ich weiß nicht, wie ich mich entscheiden würde, wenn ich Schotte wäre. Sicherlich wird gerade in diesen Tagen viel Schwarzmalerei betrieben, um die Schotten zu einem ‚Nein’ zu bewegen. Ich denke aber, dass die völlige Eigenständigkeit Schottlands (auch entgegen der Meinung von Herrn Anderson) durchaus gut gehen kann. Auf jeden Fall bin ich gespannt, wie sich das schottische Volk am Donnerstag entscheidet.