Die einen sprechen vom Werder-Gen, das vom neuen Trainerteam der Mannschaft eingepflanzt worden ist, ich nenne es ein Zurück zu grün-weißen Wurzeln, denn mit Viktor Skripnik hat ein alter Werderaner den Posten des Cheftrainers übernommen.
Nach neun sieglosen Spielen in der Fußball-Bundesliga und ‚Erreichen’ des 18. und damit letzten Tabellenplatzes zog man beim SV Werder Bremen die Reißleine und entließ den bisherigen Trainer Robin Dutt, dem Schwaben mit indischen Wurzeln (daher spricht sich sein Nachname eigentlich Datt aus). Nichts gegen Dutt. Er ist sicherlich ein guter Trainer. Aber als Schwabe kommt man wohl nicht unbedingt immer mit der hanseatischen Mentalität zurecht. Mit Viktor Skripnik, dem „Beckham der Ukraine“, übernahm wie es sich schon früh abzeichnete der bisherige U23-Trainer die Geschicke, der schon zuvor von 1996 bis 2004 als aktiver Spieler (nicht zuletzt wegen seiner Vereinstreue und Bodenständigkeit einer der Publikumslieblinge zu dieser Zeit) und danach als Jugend-Trainer für Werder tätig war. Und mit Skripnik ‚eilten’ die Bremer auf einmal von Sieg zu Sieg (nach dem Sieg im DBF-Pokal in Chemnitz gab es immerhin zwei Siege in Mainz und jetzt am Wochenende zuhause gegen Stuttgart).
Überhaupt hat sich nach diesem Fehlstart in den letzten Wochen einiges bei Werder getan. Willi Lemke, bisheriger Vorsitzender des Aufsichtsrates und gestrengster Hüter der Finanzen, trat am 25. Oktober 2014 freiwillig von seinem Posten zurück, um Marco Bode Platz zu machen (auch dank Günter Netzer). Zuvor wurde die Partnerschaft mit der Schweizer Sportrechte-Agentur Infront Sports & Media AG verlängert, wodurch ein größerer Millionenbetrag in die Kasse des SV Werder gespült wurde (Netzer, dem Executive Director von Infront, sei nochmals Dank). Denn um Geld ging es auch bei Herrn Lemke, der sich bis zuletzt dagegen wehrte, Spieler aus Pump zu verpflichten. Jetzt will man sich in Bremen wenigstens kurzfristig von der allzu konservativen Finanzpolitik lösen und mehr Risiko eingehen. Selbst von Tabubruch war die Rede, als der scheidende Geschäftsführer Klaus-Dieter Fischer eine „kurzfristige, nicht zu umfangreiche Verschuldung“ ins Spiel brachte, um die Mannschaft in der Winterpause zu verstärken.
Ob nun Geld wirklich Tore schießt, sei dahingestellt, z.B. konnte der HSV trotz der Kühne-Millionen bisher nicht überzeugen. Aber ohne Geld geht es wohl auch nicht: In der Bundesliga ist die Suche nach Investoren, mit denen der finanzielle (und damit natürlich der sportliche) Anschluss an die Spitze wiederhergestellt werden soll, voll entbrannt.
„Wenn einige Klubs anfangen, sich mit Geld von Investoren vollzusaugen, fallen die anderen, die das nicht machen, zurück“, erläutert Quitzau, der den Blog Fußball-Ökonomie.de betreibt (Quelle: zdfsport.de). Allerdings steigt mit dem Zufluss externen Kapitals auch die Gefahr externer Einflussnahme auf die Entscheidungsprozesse im Verein. Dies zeigen nicht nur die zahlreichen Einmischungen von HSV-Mäzen Klaus-Michael Kühne. Wenn sich Werder „sehr offen“ für den Einstieg von Investoren zeigt, dann nach Vorbild des FC Bayern, der eine strategische Zusammenarbeit mit größeren Unternehmen betreibt. Dabei sollte und muss Werder immer noch Werder bleiben. Die Rückkehr zu grün-weißen Wurzeln auch auf der Trainerbank ist dafür ein guter Ansatz.
Natürlich kann man von einem Trainerwechsel nicht Wunderdinge auf lange Sicht erwarten. Sicherlich spielt dabei die Psychologie eine unverkennbare Rolle. Und das Glück (bekanntlich ist das Glück mit den Tüchtigen). Aber Rückschläge sind nicht ausgeschlossen (hoffentlich nicht jetzt am kommenden Sonntag in Hamburg gegen den HSV). Es bleibt beim Kampf der Werderaner gegen den Abstieg. Aber die letzten Spiele sollten den Spielern endlich das Selbstvertrauen geben, um sich aus dem Liga-Keller zu lösen.