Wolfgang Niersbach ist von seinem Amt als Präsident des Deutschen Fußballbundes (DFB) zurückgetreten. Was sagt uns das? Es muss mehr daran sein, als bisher vermutet: Hat Deutschland sein so genanntes „Sommermärchen“, die Fußball-Weltmeisterschaft 2006, gekauft, indem mindestens ein Mitglied des FIFA-Exekutivkomitees, der für Deutschland als Ausrichter der WM gestimmt hat, bestochen wurde? Bei Ermittlungen sei ein Schriftstück gefunden worden, das diesen Verdacht erhärte.
Niersbach übernimmt die „politische Verantwortung“ in diesem Skandal, ohne sich nach wie vor selbst für etwas verantwortlich zu fühlen. Logisch, er ist genauso ein unschuldiges Lamm wie Blatter, der noch amtierende Präsident des Weltfußballverbandes, die FIFA.
Bei der Vergabe von Fußballweltmeisterschaften an bestimmte Länder war hinter vorgehaltener Hand immer wieder von Mauscheleien die Rede, besonders zuletzt bei der Vergabe der WM 2022 an Katar. Im Oktober 2010 wurden Korruptionsvorwürfe laut: Zwei Reporter der „Sunday Times“ gaben sich als Lobbyisten amerikanischer Firmen aus und boten zwei Mitgliedern des FIFA-Exekutivkomitees hohe Geldsummen an, falls sie den USA ihre Stimme als Austragungsort für 2022 geben würden. Beide Funktionäre gingen auf diese Angebote ein mit der Angabe, sie wollten die angebotenen Summen in die Fußball-Infrastruktur stecken.
Ähnlich wird es sich nun auch bei der Vergabe der WM 2006 an Deutschland verhalten haben. Im Zentrum der gesamten Affäre steht eine Zahlung von 6,7 Millionen Euro, die der frühere adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus zunächst für das deutsche WM-Organisationskomitee an die FIFA überwiesen hat und die dann im Jahr 2005 unter falscher Deklarierung von den deutschen WM-Machern an den Franzosen zurückfloss.
Mir erscheint es so, als gebärdeten sich FIFA und DFB wie Staaten im Staate, als gelten für sie Gesetze einfach nicht, so als könnten sie entgegen jeden Anstandsregeln mit Geld jonglieren, wie es ihnen gefällt. Natürlich wissen das global agierende Firmen zu nutzen. Kein Wunder also, wenn ein Sportartikelhersteller viel Geld springen lässt, um sich damit ein Stück am Kuchen namens Weltfußball zu erwerben. Eine Hand wäscht die andere. Man kennt es zuletzt gar nicht anders bei den Herren Fußballfunktionären. Da wandert dann schon einmal die eine oder andere Million in die eigene Tasche.
So ist die FIFA längst in einem Korruptionssumpf versunken. Und auch beim DFB ist es kaum besser bestellt. Geschweige denn beim europäischen Fußballverband, der UEFA, mit Herrn Platini an ihrer Spitze, der sich gern als Saubermann auszugeben trachtet und Nachfolger von Blatter als FIFA-Präsident werden möchte, selbst aber mit beiden Beinen im Sumpf feststeckt.
All diesen Verbänden muss es jetzt wie einst dem Baron von Münchhausen gehen: sie müssen sich am eigenen Zopf aus dem Sumpf ziehen. Ob das gelingt, bleibt fraglich. Neue Männer oder gar Frauen braucht der Fußball an seiner Spitze. Aber längst ist Fußball ein lukratives Milliardengeschäft. Da trachtet jeder nach seinem eigenen Vorteil. Da wird wahrscheinlich auch der integerste Charakter schnell zum Schwein.