Ich war schon etwas enttäuscht, als die isländische Mannschaft bei der Handball-Europameisterschaft 2016 in Polen bereits in der Vorrunde ausschied. Immerhin war man mit einem Sieg gegen Norwegen erwartungsgemäß gestartet. Bedenkt man, dass Island mit gerade etwas mehr als 330.000 Einwohner im Handball zur Weltklasse zählt (und inzwischen auch im Fußball durch die erfolgreiche Qualifikation zur Euro 2016 überraschen konnte), so versteht man vielleicht dieses Faible. – Die junge deutsche Mannschaft verlor dagegen ihr erstes Spiel gegen Spanien, dem Weltmeister von 2013. Während die Isländer dann ihre weiteren Spiele verloren, begab sich die deutsche Mannschaft auf einen Weg, der von Sieg zu Sieg führte. Obwohl schon im Vorfeld vier Stammspieler verletzungsbedingt nicht die Reise nach Polen antreten konnten, im Spiel gegen Russland (in der Hauptrunde) mit Weinhold und Dissinger zwei weitere Leistungsträger durch Verletzungen ausfielen, erreichten die deutschen Spieler das Endspiel gestern in Krakau – wiederum gegen Spanien.
Deutschland siegte besonders in dieser Höhe überraschend mit 24:17. Garanten dieses Sieges waren neben der hervorragenden Abwehr besonders der Torhüter Andreas Wolff, der mit einer Weltklasseleistung die Spanier förmlich zur Verzweiflung trieb – und Kai Häfner mit seinen sieben Toren – er war für den verletzten Steffen Weinhold nachnominiert worden und lag vor einer Woche noch zu Hause auf dem heimischen Sofa, um von dort die Spiele der Handball-EM zu betrachten.
Apropos Island: Der Erfolg der deutschen Handballer ist auch ein isländischer: Dagur Sigurðsson, früher isländischer Nationalspieler, trainiert die deutsche Nationalmannschaft und hat sicherlich einen nicht unbedeutenden Anteil an dem Gewinn der Europameisterschaft.
Das Bemerkenswerte daran: Mit dem Gewinn des Europameistertitels ist Deutschland automatisch für die nächste WM 2017 in Frankreich und vor allem für die Olympischen Spiele in diesem Jahr in Rio de Janeiro qualifiziert. Das deutsche Team war das jüngste des EM-Turniers. Viele Spieler waren erstmals bei einem großen Turnier dabei. Man darf gespannt sein, was die nächsten Turniere für diese Mannschaft bringen werden. Experten verheißen dem Team eine große Zukunft.
Hintergrund dieses Erfolgs ist die Einsicht der Bundesliga-Vereine, nicht mehr teure Weltklassespieler aus dem Ausland zu verpflichten, sondern verstärkt den eigenen Nachwuchs zu fördern.
Siehe auch meine früheren Beiträge:
Ein Wintermärchen – Handball-WM 2007 in Deutschland
Ein Wintermärchen mit gutem Ende (Handball-WM in Deutschland)
Es fehlte ein Tor zum Glück (Handball-WM in Kroatien 2009)
Handball-Europameisterschaft 2012 in Serbien