Kategorie-Archiv: Wahlen in Deutschland

… zur Bundestagswahl 2005 und 2009

Kommunalwahl 2011 in Niedersachsen

Gestern am 11. September 2011 fanden die Kommunalwahlen in Niedersachsen statt. Trotz Verlusten bleibt die CDU stärkste Kraft im Land: 37,0 Prozent der Wähler stimmten in kreisfreien Städten und in den Landkreisen sowie in der Region Hannover für die Christdemokraten. Vor fünf Jahren waren es mehr als 41 Prozent gewesen. Für die SPD stimmten 34,9 Prozent, 1,7 Prozentpunkte weniger als 2006. Die Grünen legten mit 14,3 Prozent (7,8) deutlich zu, wo hingegen die FDP um 3,3 Prozentpunkte auf 3,4 Prozent abrutschte. Die Linke konnte mit 1,5 Prozentpunkten einen leichten Zuwachs auf 2,4 Prozent erreichen.

„Ganz überwiegend gibt es sehr viel Licht für die CDU in Niedersachsen“, bewertete CDU-Chef und Ministerpräsident McAllister die Wahl. Das dürften einige Bürgermeisterkandidaten seiner Partei sicherlich anders sehen: Die Oberbürgermeisterwahl in Wolfsburg hat SPD-Kandidat Klaus Dieter Mohrs gewonnen – deutlich vor Mitbewerberin und Ex-Kultusministerin Elisabeth Heister-Neumann (CDU).

Erfreulich ist ohne Zweifel die wieder gestiegene Wahlbeteiligung. Hier die Ergebnisse für meinen Wahlkreis, den Landkreis Harburg. Dabei ist zu bedenken, dass es z.B. in meinem Wohnort insgesamt drei Wahlen gab, die zum Gemeinderat, die zum Samtgemeinderat und die zum Kreistag.

Kommunalwahl Landkreis Harburg

Kreistag     Gemeinden  
  2011 2006 2011 2006
CDU 38,0 42,8 34,5 38,0
SPD 30,1 28,7 28,6 27,4
Grüne 16,6 9,3 12,3 6,3
FDP 4,2 9,3 3,3 6,6
Linke 1,9 2,2 1,3  
WG 7,5 7,6 18,4 20,7
Wahlbet. 54,2 49,6 54,5 49,7

Fragwürdig ist die gesetzliche Regelung des Wahlrechts. Danach ist wahlberechtigt u.a. der, der seit mindestens drei Monaten im jeweiligen Wahlgebiet, in dem dieser wählen will, seinen Wohnsitz hat. Mein ältester Sohn lebt nun seit über 16 Jahren in Niedersachsen, durfte aber an dieser Kommunalwahl nicht teilnehmen. Warum? Seit fast einem Jahr wohnt er in Göttingen. Als ersten Wohnsitz hatte er weiterhin Tostedt gemeldet. Nun hat er sich vor zwei Monaten umgemeldet und Göttingen als ersten Wohnsitz gewählt. Es greift die 3-Monatsregelung.

Nachtrag: Einzelergebnisse für Landkreis Harburg mit allen Ergebnissen für Tostedt auf tostedt.de

Kamikaze Mappus

Es war schon überraschend, wie bei den Politikern der Union und der FDP eine kollektive Nachdenklichkeit ausgebrochen ist und sie plötzlich Skrupel zeigen, was die Energiegewinnung aus Atomkraft betrifft. So plötzlich von heute auf morgen, als wären sie in Japan dabei gewesen. Und besonders die Hardliner a la Mappus, die bisher bedenkenlos (gedankenlos?) Atomkraft befürwortet haben, begeben sich in innere Klausur: „Merkel sagte, durch die Störfälle in japanischen Atomkraftwerken habe sich die Realität verändert. ‚Ein kluger Ministerpräsident wie Stefan Mappus reagiert darauf’, sagte sie. Wer nicht zur Kenntnis nehme, was passiert sei und sich keine Gedanken darüber mache, sei ein Ignorant. Auch hätten die Ereignisse Mappus und Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) ‚einander energiepolitisch näher gebracht’. In der Debatte um die Laufzeitverlängerungen im vergangen Jahr hatte Mappus den Rücktritt Röttgens gefordert, weil ihm dessen Pläne für eine Laufzeitverlängerung nicht weit genug gingen. In dieser Woche sprach Mappus sich dann für die schnelle und dauerhafte Stilllegung des Atommeilers Neckarwestheim I aus.“ (Quelle: zdf.de)

Aber was hören wir da auf einmal? Was meinte Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle im Kreise der Atom-Lobby? „Am Tag, als die Bundesregierung ihren atemberaubenden Atomschwenk verkündete, saß Brüderle mit Kernkraftbossen beim Lobbyverband BDI und lüftete offenbar in trauter Runde den Schleier der Politik. ‚Der Minister… wies … darauf hin, dass angesichts der bevorstehenden Landtagswahlen Druck auf der Politik laste und die Entscheidungen daher nicht immer rational seien.’ So zitiert die ‚Süddeutsche Zeitung’ aus dem Sitzungsprotokoll des BDI..“ (Quelle: zdf.de)

Auf gut Deutsch: „Das Atom-Moratorium ist offenbar nur unter dem Druck der Landtagswahlen entstanden.“ (Quelle: zdf.de) Gewissenbisse aus wahltaktischem Kalkül? Von einer größtmöglichen Wählerverachtung will ich gar nicht sprechen (das machen andere viel besser). Ich kann nur auffordern, den Lügenbaronen und Machtbesessenen morgen am Sonntag eine Abfuhr zu erteilen. Schickt Mappus und Co. in die Wüste. Wir haben alle genug von solchen Kamikaze-Politikern, wie sie uns in Berlin meinen regieren zu können.

Bundestagswahl 2014

Nachdem die Legislaturperiode durch die schwarz-gelbe Regierung auf 5 Jahre verlängert wurde, kam es nach der Bundestagswahl im Jahr 2014 zu folgendem Ergebnis:

  2014 zum Vergleich 2009
CDU/CSU 26,3 33,8
SPD 18,4 23,0
FDP 6,4 14,6
Linke 18,7 11,9
Grüne 16,7 10,7
Piraten 8,7 2,0
sonstige 4,8 4,0

Damit hätte eine rot-rot-grüne Koalition mit 53,8 % der Wählerstimmen die nötige Mehrheit für ein Regierungsbündnis.

Ursachen für dieses Wahlergebnis waren u.a. folgende:

1. Die FDP verlor so dramatisch, weil sie in Bürgerrechtsfragen gegenüber der CDU/CSU eingeknickt war. Bundesinnenminister Schäuble konnte seine umschrittenen Pläne zu Online-Untersuchungen u.ä. gegenüber den freien Demokraten behaupten. Nach der Datenpanne beim BKA, als kurz vor der Wahl 2014 herauskam, dass mindestens jeder zweite Bundesbürger kriminalpolizeilich erfasst wurde, entschieden sich viele Wähler statt für die FDP für die Piratenpartei, die schlechthin als eine FDP 2.0 bezeichnet wurde – nur mit dem Unterschied, dass sich diese Partei vehement gegen das Schäuble-Diktat gewendet hatte.

2. Die SPD hatte sich auch nach fünf Jahren kaum von der Wahlschlappe 2009 erholt; weitere Wähler wanderten zu den Linken, da sie sich von denen besser vertreten sehen.

3. Die verheerende Panne in dem AKW Emsland, bei dem ein ganzer Landstrich radioaktiv verseucht wurde (mindestens 400 Menschen starben bisher an den Folgen der Verstrahlung), führte zu massiven Anti-Atomkraft-Kundgebungen. Bei der Bundestagswahl konnten so die Grünen ihr Wahlergebnis deutlich verbessern.

4. Die genannten Punkte führten auch zu Verlusten bei der CDU/CSU. Allerdings konnte sie ihre Verluste in Grenzen halten, weil sie es schaffte, alte Stammwähler zu mobilisieren.

Bundestagswahl 2014

Anmerkung: Bereits die Bundestagswahl 2009 hat verdeutlicht, dass sich die Parteienlandschaft wesentlich verändert hat. Die großen so genannten Volksparteien verloren Stimmen an kleine Parteien, sodass es inzwischen fünf Parteien sind, die die 10-%-Grenze übersteigen. Sollten Bürgerrechte weiterhin eingeschränkt werden, dürfte das auch zu einer Stärkung der Piratenpartei führen und zu deren Einzug in die Parlamente.

Efdepitis-Epidemie

Wer mit einem anderen Ergebnis zur Bundestagswahl 2009 gerechnet hat, der ist ein Träumer. Aber wer träumt nicht gern und hofft bis zuletzt. Aber schon die erste Hochrechnung zeigte: CDU/CSU bekommen mit der FDP die Mehrheit der Stimmen (auch unabhängig von weiteren Überhangmandaten, immerhin das).

Doch umgehend stritten sich die künftigen Partner darüber, ob die FDP ihren Erfolg den Leihstimmen aus dem Unions-Lager verdankt. Wer FDP gewählt habe, sei FDP-Wähler, so Westerwelle. Ist klar! Alles andere ist Blödsinn. Was Westerwelle sagt, hat Hand und Fuß und wird wohl in den kommenden Jahren die deutsche Außenpolitik bestimmen. Und: auch Steinmeier kannte im Ausland vor vier Jahren kein Schwein!

Wie gesagt: Bis zuletzt habe ich gehofft, dass diese Sch…-FDP nicht so viele Stimmen bekommt. Aber es ist wohl die Efdepitis (FDP-itis) ausgebrochen. Fast so schlimm wie Entenpest, Schweinegrippe und Hirnkrebs zusammen. Besonderes Symptom dieser Krankheit: ein ewig grinsender, ewig geschwätziger Westerwelle (die Bugwelle der Atomlobby). Über 14 % der wählenden Deutschen ist an dieser Seuche erkrankt.

Tante Merkel & Onkel Guido: Tigerenten-Duo

Also Schwarz-Gelb mit Tante Merkel und Onkel Guido – die Tigerenten-Koalition, wie man reichlich euphemistisch den neuen Klüngelclub nennt – wird uns die nächsten Jahre regieren (mischt man schwarz mit gelb entsteht braun … aber lasse ich das). Die Wirtschaft wird’s freuen.

Liest man einige der vielen Kommentare, die in den letzten Stunden nach der Wahl im Internet verbreitet wurden, dann muss man jetzt mit dem Schlimmsten rechnen. Ich sehe das gar nicht so eng. Okay, zunächst werden die Laufzeiten der Atomkraftwerke verlängert. An den sozialen Leistungen und im Gesundheitswesen wird hingegen gekürzt. Aber da die Wirtschaft (Industrie und Großbanken vorn weg) jetzt ‚ihre’ Regierung hat, wird sie den Teufel tun, um ein Klima zu schaffen, das die Menschen auf die Barrikaden bringt. Zwar wird es auch mit der FDP nicht gelingen, den Schuldenberg abzubauen (wie denn auch, wenn man die Steuern senken will), noch wird die Arbeitslosenzahl entscheidend gesenkt werden. Wir dümpeln weiter vor uns hin. Und alles andere wird ausgesessen (die Merkel ist eine gelehrige Schülerin ihres Meisters Kohl), bekanntlich heilt die Zeit alle Wunden. Da würde es mit Rot-Rot und evtl. Grün mehr Probleme geben. Glaubt es mir.

Nein, wir werden die Bundesregierung haben, die wir verdienen. Warum nicht den Bock zum Gärtner machen (nach der Finanzkrise lassen wir die Verfechter der ungezügelten Marktwirtschaft mitregieren). Mit Merkel und Westerwelle kann es, ich glaube es selbst (fast), nur noch aufwärts gehen.

Traurig dagegen das Abschneiden der SPD. Dass die Sozialdemokraten an Linke, teilweise auch an die Grünen und jetzt auch noch an die Piraten (mit über 845.000 Wählern immerhin 2 % der Stimmen) sowie wohl an die FDP verlieren, war vorauszusehen. Aber mit jetzt nur noch kümmerlichen 23 % steht die Partei vor dem Verfall. Wenn sich die SPD in den nächsten Jahren nicht rundum erneuert, dann sehe ich schwarz (sic!) für uns alle. Die parteipolitische Landschaft hat sich wesentlich verändert. Ein Ende dieser Umwälzung ist dabei noch nicht in Sicht.

Bundeswahlleiter mit dem bundesweiten Wahlergebnis BTW 2009
Landeswahlleiter Niedersachsen mit dem Wahlergebnis BTW 2009

P.S. Volle Zustimmung zum Spreeblick-Artikel

Werden Überhangmandate die Wahl entscheiden?

Bei der heutigen Wahl zum deutschen Bundestag ist davon auszugehen, dass neben den beiden großen Parteien weitere drei mit einem Stimmenanteil von über 10 % rechnen dürfen. Das könnte u.a. zur Folge haben, dass es eine größere Anzahl von Überhangmandaten gibt – besonders in den neuen Bundesländern.

Überhangmandate entstehen dann, wenn eine Partei in einem Bundesland dank der Erststimme mehr direkte Mandate bekommt, als ihr nach Auszählung der Zeitstimmen, die eigentlich für die Verteilung der Bundestagssitze maßgebend sind, zustehen. Gewinnt eine Partei in einem Bundesland, das z.B. 10 Wahlkreise hat und damit 10 Direktmandate stellt (insgesamt darf dann die doppelte Anzahl, also 20 Mandate, gestellt werden), sämtliche Direktmandate, hat aber nur einen Stimmenanteil von rd. 35 % der Zweitstimmen, dann dürften eigentlich nur 7 Kandidaten dieser Partei (35 % von 20 Sitzen) in den Bundestag ziehen. Da diese Partei aber 10 Direktmandate stellt, dürfen auch diese 10 Kandidaten nach Berlin (so entstehen 3 Überhangmandate – für dieses Bundesland kämen dann 23 statt 20 Mandate in den Bundestag – es müsste der Plenarsaal um diese Überhangmandate erweitert werden).

Mehr Sitze für den Bundestag: Überhangmandate

Das Entstehen von Überhangmandaten hat das Bundesverfassungsgericht grundsätzlich für verfassungskonform erklärt. Trotzdem kommt gerade vor Bundestagswahlen das Thema immer wieder zur Diskussion.

Da wir nun einmal ein so genanntes personifiziertes Verhältniswahlsystem haben, also die Hälfte der Mandate über die erste (Direkt-)Stimme gewählt werden, müssen wir auch mit dem Entstehen von Überhangmandaten leben. Allerdings muss gerade heute damit gerechnet werden, dass eine größere Anzahl von Überhangmandaten entsteht – und das genau diese die Wahl letztendlich entscheiden können.

Ich persönlich sehe noch keine eindeutige Mehrheit für Schwarz-Gelb und halte ein Kopf-an-Kopf-Rennen bis zum Schluss für möglich. Lassen wir uns überraschen!

WIR haben die Kraft

Es klingt wie eine ‚Erweiterung’ von Obamas „Yes, we can“! Ja, wir können (es), (denn) wir haben die Kraft. Auch so kann sich eine Partei und ihre Spitze über das Unterbewusstsein des Wählers der Wahlslogans erfolgreicher Kandidaten bedienen. Oder?

Andererseits ließe sich dieses „WIR haben die Kraft“ pseudoreligiös (dem C im Parteinamen gerechtwerdend) mit „ …und die Macht und die Herrlichkeit. – in Ewigkeit. Amen.“ ergänzen.

Der göttliche Funke ist es trotzdem nicht gerade, der hier überzuspringen scheint. Und da es so ein Wischi-Waschi-Sprüchlein ist, wurde inzwischen für Spott und satirische Überzeichnungen genug gesorgt.

CDU: WIR haben die Kraft ...

CDU: WIR haben die Kraft ...

Genug zur Bundestagswahl 2009 meinerseits. Wer nicht zur Wahl geht, erspart dem Steuerzahler Geld, die ansonsten für seine Stimme als Wahlkampfkostenerstattung an die gewählte Partei geht. Ich werde trotzdem zu Wahl gehen … Es ist immerhin eine der wenigen Rechte, die ich als Bundesbürger habe.

Möge die Macht Kraft mit Dir Euch sein!

Wegbereiter der Finanzkrise

Zunächst ist der Liberalismus nichts Negatives. Im Zentrum der politischen Philosophie des Liberalismus steht das Individuum, dessen Freiheit zu sichern und zu verteidigen die oberste Aufgabe des Staates sei. Daher lehnt die FDP als deutsche liberale Partei u.a. den großen Lauschangriff, flächendeckender Videoüberwachung und den biometrischen Reisepass ab. Auf wirtschaftlichem Gebiet fordert die FDP eine Entbürokratisierung der Wirtschaft mit dem Ziel, das Wachstum zu fördern und dadurch Arbeitsplätze zu schaffen.

Das klingt alles zunächst sehr gut. Ich denke da an den Anfang der FDP und Theodor Heuss, der BRD erster Bundespräsident. Namen wie Hildegard Hamm-Brücher, Gerhart Baum und Burkhard Hirsch stehen für einen freiheitlichen Liberalismus.

Dann kamen die Bange-, Hauss- und Möllemänner und lehrten den Deutschen das Gruseln. Und heutigen Tags hat die FDP in Guido Westerwelle den großen Vorturner, die Ein-Mann-Show, neben der jede andere Personalie bei den freien Demokraten verblasst (mir fällt nur noch der Name Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, aber auch nur des Namens wegen).

Wahlkampf mit Guido Westerwelle

Laissez-faire heißt übersetzt „lasst machen“ im Sinne von „einfach laufen lassen“. Es ist vor allem der Grundsatz liberaler Wirtschaftspolitik. Man vertraut dabei auf die Selbstheilungskräfte des Marktes, wenn z.B. etwas aus dem Ruder läuft. So wenig Staat wie möglich, der Markt reguliert sich schon selbst. Für mich beinhaltet dieses „Laissez-faire“ die Philosophie, die den Finanzmarkt und damit fast die gesamte Wirtschaft in die Krise führte. Hier ist etwas den Bach hinuntergegangen, was sich nicht mehr selbst zu heilen verstand: Der Liberalismus als Wegbereiter der Krise.

Und vorn weg, das Banner tragend: Guido Westerwelle. Ob ihm bewusst ist, dass seine Art des wirtschaftlichen Denkens solche Krisen begünstigt? Ohne den Eingriff des Staates hätte der Finanzsektor jegliche Kontrolle über sich verloren.

Und einer solchen Partei und ihrem Fraktions- und Parteivorsitzenden soll ich bei dieser Bundestagswahl meine Stimme geben? Nein, danke, Herr Westerwelle. Sie mögen propagieren, dass sich Arbeit wieder lohnen muss. Nur welche und für wen? Bestimmt nicht die von Millionen Arbeitnehmern, denen sie in sozialer Hinsicht nur die kalte Schulter zeigen (selbst Seehofer, CSU, bezeichnet die FDP als „Partei der Kälte“, wenn auch aus wahlpolitischem Kalkül).

Sie haben gut reden, Herr Westerwelle. Aber viel mehr als Gemeinplätze sind es leider nicht. Sollten Sie wirklich ‚an die Macht’ kommen, dann würde mich jetzt schon interessieren, welches politische Amt Sie übernehmen werden, in dem sie endlich auch Verantwortung zeigen müssten. Ich hoffe, es kommt nicht soweit.

siehe auch Extra3: Guido Westerwelle Hymne

und siehe auch meine Beiträge zur BTW 2005: Westerwelle – der historische IrrtumWesterwelles TurnübungenWesterwelle auf WahltourGuido und die drei Könige

Wahl-O-Mat: Ich bin ein ‚Linker’

Ja, da war doch noch etwas: In wenigen Tagen ist die Bundestagswahl. Kaum zu glauben, dass diese große Koalition mit der Merkel vier Jahre durchgehalten hat. Dazu muss man ja fast gratulieren. Und selbst die der Welt größte Finanzkrise hat man gekonnt umschifft (die Rechnung kommt noch).

Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, diese Wahl zu ‚boykottieren’. Also einfach nicht wählen zu gehen. Die Qual der Wahl zwischen CDU und SPD ist fast wie die Wahl zwischen stinkendem Fisch und verdorbenem Fleisch. Klar, da gibt es die Möglichkeit, es mit den kleinen Parteien zu versuchen, den Grünen, der FDP oder den Linken. – das sind ja längst keine kleinen Parteien mehr – bei dieser Bundestagswahl dürften zuerst in der Geschichte unserer Republik fünf Parteien über zehn Prozent kommen.. Und die Piraten gibt es auch noch (als Ein-Themen-Partei verschrieen – als Kompetenzpartei angetreten).

Was also tun? Was wählen? Da gibt es den so genannten Wahl-O-Mat. Hierfür haben sich 24 Parteien zu wichtigen politischen Fragen geäußert. Die Antworten lassen sich mit dem eigenen Standpunkt vergleichen. Am Ende erfährt der Wahl-O-Mat-Benutzer, mit welcher Partei er wohl am besten könnte (soll aber nur ein Informationsangebot und keine Wahlempfehlung sein).

Wahl-O-Mat

Auch ich habe es versucht und war über das Ergebnis zunächst überrascht. Aber nicht lang. Danach müsste ich ein absolut ‚Linker’ sein. Nicht nur die „der Linken“, schlimmer noch, die Antworten der MLPD decken sich mehrheitlich mit den meinen. Vielleicht liegt es daran, dass ich die These „Die Demokratie, die wir in der Bundesrepublik haben, ist die beste Staatsform“ mit ‚neutral’ beantwortet habe, denn ich denke, dass manche ‚Mehrheitsentscheidung’ nicht unbedingt das Resultat von Kompetenz ist und mancher Wähler auch einen Besenstiel wählen würde, wenn dieser nur der ‚richtigen’ Partei angehört. Aber für eine Diktatur des Proletariats bin ich nun auch nicht unbedingt.

Die 38 Thesen, zu denen man sich im Wahl-O-Mat äußern kann, sind sicherlich repräsentativ, wie man so schön sagt. Da die Antworten aber wenig Spielraum zulassen, kann es schon passieren, dass man auch mit Meinungen von Partei anscheinend konform ist, die man nie im Leben wählen würde. Trotzdem kann der Wahl-O-Mat, unter Berücksichtigung von gewissen Feinheiten und Prioritäten, bei der Wahlentscheidung hilfreich sein.

Bei mir zeigte sich, dass ich mit der FDP (dazu später sicherlich noch etwas mehr) und der CDU/CSU am wenigsten am Hut habe. Die Wahrheit liegt bekanntlich (meist) in der Mitte. Und da finde ich im Meinungsbild mit den Grünen die entsprechende Übereinstimmung. Ich werde wählen gehen!

Siehe auch: Wer steht zur Wahl?

Urheberrecht, Patente und Piraten

Nachdem die Schweden einen Abgeordneten der Piratenpartei ins Europaparlament wählten , hat nun auch der Bundestag für wenige Wochen einen Piraten an Bord: Der Internet-Experte Jörg Tauss verlässt die SPD und schließt sich der Piratenpartei an:


Interview mit Jörg Tauss über seinen Beitritt zur Piratenpartei vom 20.06.2009

Damit hat die Piratenpartei natürlich große Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit erlangt. Herr Tauss ist allerdings durch den Kinderporno-Vorwurf nicht ganz unbelastet, u.a. wurde in der Wohnung von Tauss in Berlin einschlägiges Material sichergestellt. Das Auffinden dieses Materials begründete er mit seiner Tätigkeit als medienpolitischen Sprecher. Zunächst stellte Jörg Tauss seine Ämter zur Verfügung, Jetzt ist er wegen der Zustimmung der SPD zu den Internet-Sperren zur Eindämmung von Kinderpornografie aus der Partei ausgetreten. Mit diesem Gesetz solle „eine staatliche Zensurinfrastruktur“ errichtet werden.

Die Ziele der Piratenpartei sind im Wesentlichen auf die neuen Medien, speziell das Internet, abgestimmt; u.a. fordert man informationelle Selbstbestimmung der Bürger, lehnt Patente auf Lebewesen und Gene, auf Geschäftsideen und auch auf Software einhellig ab und fordern eine Neuregelung des Urheberrechts, weil das veraltete Verständnis von so genanntem „geistigem Eigentum“ der angestrebten Wissens- oder Informationsgesellschaft entgegen steht.

Zunächst scheinen die Ziele der Piraten nicht gerade existenzielle Probleme der Menschen zu berühren. Ähnlich den Grünen in ihrer Anfangszeit setzen die Piraten den Fokus auf eine bestimmte Thematik. Für uns als Informationsgesellschaft wird es aber Zeit, dass die Probleme, die in diesem Zusammenhang bestehen, definiert und geklärt werden und endlich auch eine politische Ausrichtung erhalten. Dabei geht es durchaus auch um Fragen, die für uns lebensbedeutend sind, z.B. Patenrechte auf Lebewesen (Tierzuchtpatente und Patente auf Nutzpflanzen). So vergab das Europäische Patentamt (EPA) in Den Haag ein Patent für Sonnenblumen aus traditioneller Zucht, die eine Schädlingsresistenz besitzen und für Lebens- und Futtermittel verwendet werden, 2006 an den US-Agrarkonzern Pioneer. Greenpeace hatte 2007 Einspruch gegen das Patent eingelegt. Die Umweltorganisation befürchtet, dass das EPA damit einen Präzedenzfall für die Erteilung von Eigentumsrechten an Nutzpflanzen aus traditioneller Züchtung schaffen will. Patente auf Pflanzen und Tiere müssen nach Auffassung von Greenpeace verboten werden.

„Wenn ganz normale Pflanzen wie Sonnenblumen zu einer Erfindung erklärt werden, kann bald jedes Tier oder jede beliebige Pflanze unter den Patentanspruch eines Konzerns fallen“, sagt Christoph Then, Patentexperte und Berater von Greenpeace. „Lebensmittelkonzerne wollen die Kontrolle über alle Stufen der Nahrungserzeugung bekommen. Die Interessen von Landwirten, Züchtern und Verbrauchern werden an die Industrie verkauft – trotz aller Verbote.“

Auch ein Überdenken des Urheberrechts halte ich für notwendig. Rechtsinhaber ist der Urheber. Nach § 7 UrhG ist dies der Schöpfer des Werkes. Bezogen auf die Musikbranche haben aber nicht die Künstler, die eigentlichen Urheber, die Urheberrechte, sondern treten diese gezwungenermaßen an die Firmen ab (in Form von Nutzungsrechten in Deutschland, da Urheberrechte bei uns nicht übertragbar sind). Dafür bekommen sie dann 9,009 % des Verkauferlöses (wenn ich mich nicht täusche). Also von einer CD für 12,99 € sind das dann 1,17 €. Kein Wunder also, wenn manche Künstler den Vertrieb ihrer Musik selbst in die Hand nehmen (wofür sich das Internet natürlich bestens eignet).

So ist es natürlich auch in erster Linie die Musikindustrie, die gegen Raubkopien vorgeht, da deren Gewinne geschmälert werden. Das Urheberrecht wird vorgeschoben. Welch unsinnig seltsame Blüten das treibt, haben wir jetzt wieder einmal aus den USA erfahren, wo eine mehrfache Mutter, bei der eigentlich nichts zu holen ist, zu einer Millionen-Strafe wegen illegaler Musik-Downloads verdonnert wurde.

Nun das Thema ist schon von richtigen erfahrenen Ökonomen und Spieltheoretikern (Michele Boldrin und David K. Levine) umfassend in ihrem Buch „Against Intellectual Monopoly“ abgehandelt worden. In einem Kommentar zum Urheberrecht auf der Website der Piratenpartei habe ich Folgendes gefunden, das sicherlich manchmal auf einem Bein hinkt, das aber doch verständlich macht, das ein Umdenken notwendig erscheint:

Menschen haben zu allen Zeiten Musik gemacht (wir kennen Flöten aus der Steinzeit) und Geschichten erzählt, und fast nie und nirgends gab es ein Urheberrecht, um ihnen ein Monopol auf ihre Lieder oder Geschichten zu geben. Wenn ein Bedarf dafür da ist, wird das auch bezahlt, wenn über den Bedarf hinaus oder am Markt vorbei produziert wird, eher schlecht. Das gilt für Milchbauern ebenso wie für Pop-Musik. Monopole korrumpieren, und genau das erleben wir ja auch. Am deutlichsten bei Software, denn das, was Microsoft sich da leistet (mit schlechten Produkten einen riesigen Reibach machen), würde in einem freien Markt völlig unmöglich sein. Und es ist ja nicht nur Microsoft – SAP verlangt für ihr eher lausiges Produkt ja auch Apotheker-Preise (die Preise haben nichts mit dem Namen des Chefs zu tun, sondern mit der ähnlich monopolisierten Struktur der Pharma-Branche).

Wie man Geld macht mit frei kopierbarer Software, das fragt am besten Konzerne, die das bereits jetzt machen, also RedHat, Novell und ähnliche. Die Antwort ist ganz einfach: Mit Service. Das Geschäft läuft, Novell hat in diesem Bereich ordentliches Wachstum, in dem Konzernbereich, in dem noch proprietäre („urheberrechtlich geschützt“) Software zu finden ist, schrumpfen sie.

Natürlich kann man für Musik keinen Service leisten. Dafür kann man Konzerte geben. Und auch Romanautoren haben ja auch vor der Einführung des Urheberrechts gut gelebt, die Werke von Goethe, Schiller, Shakespeare und Cervantes sind alle völlig ohne Schutz entstanden – und man fragt sich, wo denn durch das Urheberrecht gefördert auch nur vergleichbar gute Werke hervorgebracht wurden. Bach, Mozart und Beethoven haben alle ihr Business-Modell entwickelt. Und Werke, die aus Vergnügen heraus entstehen, bedürfen auch keiner Bezahlung (die größten Werke Michelangelos sind z.B. komplett ohne Entlohnung entstanden – das Werk selbst schaffen zu dürfen war ihm Lohn genug. Und was für Werke das waren!).

Ein anderes Argument ist: Kopiert wird sowieso nur das, was schon erfolgreich ist. Erfolgreich ist, was sich in größeren Stückzahlen verkauft hat. Da hat der Schöpfer wohl schon seinen Reibach gemacht. In der Regel steigert durch das Kopieren auch noch die Popularität des Originals, siehe Bill Gates, der lange nur sehr wenig gegen die privaten Raubkopien von Windows und Office gemacht hat.

Auch ich habe mich in einem kleinen Kommentar geäußert: Urheberrechte etc.

Wenn es darum geht, Verstöße gegen das Urheberrecht anzuprangern, dann werden immer wieder nur die ‚Großen‘ aufgeführt. Keiner regt sich auf, wenn es um einige illegale Downloads von Musikstücken kleiner Bands geht. Und wer erregt sich da in erster Linie? Die Musikindustrie, die sich die Urheberrechte angeeignet hat, nicht der eigentliche ‚Schöpfer‘. Das heißt: Es geht ums Geld und eigentlich nicht um den Schutz gedanklichen oder künstlerischen Eigentums.

Es ist nun einmal an der Zeit, dass sich andere Strategien der ‚Vermarktung‘ entwickeln. Viele Künstler haben das begriffen. Aber selbst die ‚Großen‘ (z.B. Madonna) wenden sich von den großen Firmen der Musikindustrie ab, um in eigener Regie ihre Werke dem Markt zugängig zu machen.

Ich denke, dass nicht allein, was Urheberrechte, Patente usw. betrifft, sondern dass grundsätzlich ein Umdenken stattfinden muss. Ich finde es geradezu unmoralisch, wenn z.B. im Fußball zig Millionen Euro an Ablösesummen gezahlt werden, die im Grunde dann doch nur der kleine Mann (hier: Fußballfan) zu zahlen hat.

Das sollen hier nur erste Gedankenanstöße sein. Ich selbst werde die Piratenpartei zunächst durch meine Unterstützerunterschrift helfen, damit sie bei den nächsten Wahlen zugelassen wird. Ob ich sie dann wirklich auch wählen werde, entscheide ich z.B. kurz vor der Bundestagswahl im September. Bis dahin ist ja noch genügend Zeit, um zu sehen, wie die Parteien insgesamt zu den aufgeworfenen Fragen wie Patente und Urheberrecht Stellung beziehen.

Europawahl 2009

Heute findet nun auch in Deutschland die Wahl zum Europaparlament statt. Es wird mit einer sehr geringen Wahlbeteiligung gerechnet – wahrscheinlich unter 40 %.

Er sei absolut politisch, „deshalb wähle ich auch nicht mehr.“ Europa sei ihm zu abstrakt und unverständlich geworden. Brüssel sein für ihn das Synonym für Regulierungswut: „Bürokraten sind überall, sie beherrschen uns.“ Mit einer Wahl fürchtet er, dieses System zu unterstützen. Außerdem ist er mit dem politischen Personal unzufrieden.

So äußert sich Oliver Thiele, freier Kameramann in Berlin. Als Gründe für die Europaskepsis gelten die fehlende Transparenz europolitischer Entscheidungen und die geringe Wahrnehmung des Europa-Parlaments. Außerdem hat das Europaparlament das Handicap, dass es selbst keine Regierung und keinen Regierungschef in Europa bestimmen kann. Für viele Wähler ist das aber ein wesentlicher Bestandteil einer Wahl: die, wenn auch indirekte Einsetzung einer Regierung.

Europawahl 2009

Ich selbst bin mir bis heute noch nicht sicher, ob ich wirklich zur Wahl gehen werde. Ich teile die Skepsis vieler Bürger. Brüssel, das heißt für mich in erster Linie Bürokratie. Allein Stimmenverweigerung wird aber keine Reform dieses erstarrten Europas bringen. Es müssen zusätzlich andere Wege gefunden werden.

siehe auch heute.de: Die Europawahl 2009

Nachtrag: Nach heißen Diskussionen mit meinem älteren Sohn, der zum ersten Mal wählen darf, habe ich mich entschlossen, doch zur Wahl zu gehen: Jede nicht abgegebene Stimme ist eine verlorene Stimme. Man kann seinen Protest gegen die Europa-Bürokratie auch dadurch zum Ausdruck bringen, indem man z.B. eine ungültige Stimme abgibt. Zwar hat die Abgabe einer ungültigen Stimme keinen Einfluss auf das Wahlergebnis, aber in der amtlichen Wahlstatistik werden ungültige Stimmen explizit aufgeführt. Ansonsten empfehle ich die Wahl der Piratenpartei.

Die Zukunft ist gelb

Alles ist rosarot …? Neinein, und die Zukunft ist auch nicht schwarz! Also, was?

Erst kündigt SPD-Chef Müntefering seinen Rückzug von der Partei-Spitze an, weil man ihm Frau Nahles als Generalsekretärin vor die Nase setzen will und stützt damit seine Partei in einen Zustand zwischen Wut und Resignation. Und mit Vizekanzlerschaft und Arbeitsministerium weiß er noch nicht …

Da will auch Edmund Stoiber lieber in München bleiben und nicht in die geplante Bundesregierung eintreten. Wegen Müntefering und überhaupt, weil ihm der Zuschnitt des Wirtschaftsministeriums, dem er vorstehen wollte und sollte, nicht passt.

Und dann denkt Andrea Nahles plötzlich über einen Rückzug von ihrer Kandidatur nach …

Ätsch Mann, bätsch Mann: Alles Banane!

    Andy Warhol's Banana

Klar, die Zukunft ist gelb … Nicht FDP-gelb, Herr Westerwelle, der plötzlich wieder von Jamaika träumt. Gelb wie eine Banane!

Und wenn schon alles zusammenbricht (ist es das nicht schon längst?), da werden die Unkenrufe nach Neuwahlen laut. Sollte ich etwa doch eine Art von Prophet sein? Siehe meinen Beitrag: Neuwahl in Sicht?!

Apropos gelb und Banane! Von Bananenrepublik war da auch schon ‚mal die Rede!