Archiv für den Monat: April 2007

Was ist bloß mit Ian los? Teil 58: Tull Symbols Font

Hallo Willi,

Ganz kurz zur Gibson-Passion: Was diesen Film von den dutzenden anderer Jesus-Filme unterscheidet, ist die dargestellte Brutalität. Im Grunde kann ein Passionsfilm nichts Neues bringen; Verlauf und Ausgang der Geschichte sind (zumindest den meisten) bekannt.

Zur Augenfarbe des Meisters: Nichts liegt mir ferner, als den Wahrheitsgehalt Deiner Notizen in Frage zu stellen. Du erinnerst Dich sicher an das Intro des Tampa-Mitschnitts. Hier kommt Mr. Anderson aus der Kabine, entsorgt Kippe, Handtuch und grüne Bierflasche, tut so, als würde er die Gitarre stimmen, schneidet noch eine Grimasse für sein Volk und geht dann geradewegs auf die Kamera zu, die dadurch eine Großaufnahme seines Gesichts macht. Die Augen, die dabei zu sehen sind, wirken auf mich grün. Nicht so grün wie seine Bierflaschen, aber immer noch grüner als blau.

Ian Andersons grüne Augen

Natürlich kann ich nicht ausschließen, dass die Färbung der Iris durch einfallendes Licht verzerrt dargestellt wird. Auch würde ich mir niemals anmaßen, die erstklassigen Recherchen eines Bravo-Journalisten anzuzweifeln. Also bleibt eine verlässliche Aussage über die Augenfarbe des Mr. Anderson ein weiteres Fernziel.

Dass Mr. Anderson auch in frühen Konzerten Gitarre spielte, ist mir nicht entgangen. Aber ich finde, ab Mitte der 70er Jahre macht er das häufiger als in den Zeiten davor. Das ist ein Grund, warum mir diese Tull-Zeit besser gefällt als frühere und spätere.

Hand aufs Herz: Findest Du nicht, dass sein Gezappel zu Beginn der 70er stark an Joe Cocker erinnert ? Glücklicherweise hat Mr. Anderson sich rechtzeitig von dieser Attitüde getrennt und bewiesen, dass er seine Bewegungskoordination doch unter Kontrolle hat. Mehr als das; seine athletischen Leistungen habe ich bereits an früherer Stelle gewürdigt.

Falls mich eine Mitschuld daran trifft, dass Du Deine JT-Perlen in youtube einstellst, so nehme ich sie gerne auf mich. Tausende weitere Schultern helfen mir tragen. Ich habe es in meiner letzten mail bereits gesagt und sage es noch einmal: Die JT-Fans haben Dir mehr zu danken als irgendwelchen elitären Zirkeln wie Laufi und Co.

Allerdings kann ich verstehen, dass Dich Anfragen nach kostenlosen DVDs nerven. Vielleicht sind das Auswirkungen der „Geiz ist geil“ – Gesellschaft. Der Versuch ist nicht strafbar und durch das Medium www brauche ich niemanden in die Augen zu sehen.

Vielen Dank für die beiden Stücke des Acoustic-Tull ! Deine Vermutung ist korrekt: Ich werde dieses Album nicht kaufen. Das Pastime… finde ich nicht schlecht, aber es reicht nicht, um mir den Glauben an den aktuellen Mr. Anderson wiederzugeben.

Die braune Maus gefällt mir, das Stück ist überraschend nah am Original. Stimmlich nicht so schlecht wie befürchtet. Da das Original zu meinen Favoriten gehört, fällt mein Urteil über die Acoustic-Version vergleichsweise milde aus.

Es ist, wie es ist: Die Stimme des Meisters ist unwiederbringlich dahin und dafür kann er nichts. Er hat die Stimme nicht beim Grölen auf dem Fußballplatz oder beim Skandieren politischer Parolen verloren. Er verlor seine Stimme durch ungezählte Konzerte: er hat sie für sein Publikum geopfert. Daraus will ich ihm nicht länger einen Strick drehen.

Trotz dieser neuen „Toleranz“ meinerseits gefallen mir die aktuellen Anderson- oder Tull-Auftritte nicht. Was ich dort sehe und höre, hat nichts mit dem Anderson zu tun, den ich so schätze. Dazwischen liegen Welten, die ich mir auch nicht durch 30 Jahre Zeitgeschehen erklären kann. Es liegt nicht nur daran, dass er älter und behäbiger geworden ist, das werden wir alle. Er hat seinen Stil verändert. Aber das hatten wir alles schon einmal und das möchte ich nicht noch mal aufwärmen.

In Deinem Blog habe ich Deinen Beitrag über die Bestie Mensch mit Interesse gelesen. Es ist unbestreitbar, dass der Mensch das schlimmste Untier ist, das die Evolution hervorgebracht hat. Gleichzeitig ist der Mensch auch zu guten Taten fähig und damit meine ich nicht nur die Heiligen der Kirche. Wäre es nicht so, wäre unsere Spezies schon lange vergangen. Was aus übergeordneter Sicht keine Katastrophe wäre. Vielleicht können wir dieses Thema irgendwann vertiefen. Die philosophische Anthropologie ist ein interessantes Feld.

Also, mein lieber Willi, ich wünsche Dir eine erträgliche Arbeitswoche und viel Zeit im Freien !
Bis bald
Lockwood

14.04.2007

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Hallo Lockwood,

ja, Auge in Auge ist es nicht zu übersehen: Andersons Augen sind grün. Den Intro-Teil des Tampa-Konzertes hatte ich überschlagen. Bei den anderen Nahaufnahmen (die aber nicht so nah wie im Intro sind) wirken die Augen dunkler und eher braun. Ob die Info auf meinem Notizzettel wirklich aus der ‚Bravo’ früherer Jahre stammt, ist nur eine Vermutung (aber wo sollten solche Infos gestanden haben, wenn nicht dort). Die wenigen ‚Bravo’-Ausschnitte die ich habe, bekam ich von der Schwester eines Freundes, die wusste, dass ich ein großer Tull-Fan (schon damals) war.

Zum Gezappele in den frühen 70-er Jahren hat sich Herr Anderson in einem Interview geäußert (muss auf der Isle of Wight-DVD enthalten sein). Ihm war es im Nachhinein eher peinlich und er sah darin eine Art von ‚Unbeholfenheit’. Joe Cocker empfand ich übrigens als einen spastisch Gelähmten, der nach Halt suchte. Die Bühnen waren damals ziemlich klein und enthielten viele Stolperfallen durch herumliegendes Kabelwerk. Hätte Ian Anderson bereits damals die Turnübungen späterer Jahre vollbracht, dann wäre er wohl öfter von der Bühne gestürzt.

Youtube.com bietet in letzter Zeit unterschiedlichste Möglichkeiten, den Anfragestrom zu lenken. Mails, die man gar nicht mag, kann man so ‚blocken’ oder als ‚Spams’ markieren (ja auch bei youtube wird man mit Werbung eingedeckt). Oder man erlaubt nur bestimmten Kontakten, Mails senden zu dürfen. Ich denke, dass das nicht von ungefähr kommt. Bisher habe ich nur von dem Spam-Filter Gebrauch gemacht (es ging natürlich wieder um Werbung für Sex-Seiten). Ähnlich geht es übrigens mit meinem Blog: auch hier werden laufend ‚Kommentare’ eingestellt, die nichts anderes zum Inhalt haben als Werbung für irgendwelchen Mist. Um die Kommentierungsmöglichkeit nicht ganz zu unterbinden, muss ich eben damit leben und lösche den ganzen Murx in regelmäßigen Abständen. Das ist eben die Kehrseite des Internets. Sobald man ‚Hallo’ ins Netz ruft, kommen als Echo mindestens 10 Spams zurück. Aber genug der Heulerei. Es geht nicht nur um eine „Geiz ist geil“-Mentalität, sondern auch um kriminelle Energien einiger Subjekte, die einen die gute Laune etwas vermiesen können.

Damit wäre ich bei meinem kleinen Beitrag „Bestie Mensch“. Wie Du siehst, habe ich in Harry Mulischs „Die Entdeckung des Himmels“ geblättert und habe es am vergangenen Wochenende angesichts des schönen Wetters sogar geschafft, das Buch draußen bei Sonnenschein und gekühlten Getränken zu Ende zu lesen. Zum Buch selbst später etwas mehr. Sicherlich ist die philosophische Anthropologie ein interessantes Feld. Ich habe mich früher ziemlich ausführlich mit Philosophie, Psychologie usw. befasst. Heute ist das Interesse nicht mehr ganz so groß. Man macht eben so seine Erfahrungen und muss das nicht noch zusätzlich durch Literatur bestätigt sehen. Da mein Blog auch eine Art Tagebuch ist, so habe ich aufgrund des Mulisch-Zitats meine Gedanken, die mir bei Lesen kamen, skizzenhaft niedergeschrieben. Außerdem hatte ich dieser Tage auch das besagte Buch von Erich Fromm (Anatomie der menschlichen Destruktivität) in Händen. So kam das eine zum anderen.

Zurück zu Ian Anderson und Jethro Tull: Das Acoustic-Album enthält wirklich fast alles, was wir an der Gruppe und dem Meister schätzen. Und es verkauft sich auch ziemlich gut, wenn man den ‚Charts’ bei amazon.de glauben darf (zeitweise in der Rubrik Rock unter den Top 100; zuletzt unter Musik insgesamt auf Platz 248 und bei ‚Classic Rock’ auf Platz 17). Für alte Tull-Fans ist es aber alles andere als ein Muss; wenn ich z.B. den Auftakt zu „Thick as a Brick“ höre und dann das Stück regelrecht ‚versandet’, dann überspringe ich das Stück und höre mir das Stück lieber „im Original“ von vorn bis zum Schluss an. Für mögliche neue Tull-Fans oder die es werden könnten, ist das Album natürlich okay. Um ehrlich zu sein: Ich finde das Album für überflüssig. Live eingespielte Akustik-Titel (möglichst aus früheren Zeiten) würden mir eher zusagen. Aber dazu hätte man altes Material ausgraben und technisch auf Hochglanz bringen müssen. Zuviel des Aufwandes (und der Kosten). Bei Zappa ist das übrigens möglich (aber der lebt ja nicht mehr und die Erben brauchen wohl Geld).

Nun die neuesten Tull-Auftritte überzeugen mich auch nicht gerade. Sicherlich kann man nicht erwarten, dass Tull auf die Bühne tritt, als wären sie aus dem Jungbrunnen entstiegen. Ich gestehe Herrn Anderson auch gern einen stilistischen Wandel zu. Aber dieser pseudo-orchestrale Kram geht mir auf den Geist. Da fuchtelt Herr John O’Hara in der Gegend herum, klimpert ab und zu auf dem Klavier, Martin langweilt sich eher und Ian Anderson tänzelt gelegentlich über die Bühne – alles ohne Esprit! Es springt kein richtiger Funke über. Wer das mag, dem sollst genügen. Dieses halb-orchestrale „Aqualung“ finde ich geradezu tödlich langweilig. Und wie man auf dem homemade-Video bei youtube.com sieht, nutzt man im Publikum solche Stücke, um aufs Klo zu gehen. Schade, sehr schade! Und dabei hatte ich eigentlich nichts gegen dieses Orchester-Projekt. Aber das kann man nur einmal machen und sollte sich dann wieder den eigenen Wurzel zuwenden.

Zuletzt etwas aus WilliZ Zauberkiste. Ich war ja schon früh in Sachen Jethro Tull im WWW unterwegs. Und neben den so genannten Skins für den Mediaplayer WinAmp habe ich dabei auch andere Sachen entdeckt, u.a. eine symbolische Schriftart für Windows. Ist nichts Tolles, aber wem es gefällt. Also statt Buchstaben kommen dann kleine S/W-Bildchen wie unten, wenn man die Schriftart „TullSymbolsFont“ ausgewählt hat. Das Ganze verbirgt sich in einer EXE-Datei (also in einem kleinen Progrämmelchen): tullsymbolsfont.exe, die man nur anklicken muss, und schon wird die Schriftart in das entsprechende Windows-Verzeichnis für Schriftarten (bei XP i.d.R. unter c:\windows\fonts\) installiert. Wie gesagt: nichts Tolles, aber so kann man z.B. Herrn Anderson in seine niedergeschriebenen Memoiren einbetten. Sollte man Mails, Briefe usw. an andere von PC zu PC verschicken, so braucht der Empfänger die Schriftart allerdings auch auf seinem Rechner.

Tull Symbols Font

Nun denn, ich wünsche Dir eine angenehme Arbeitswoche.
Man liest voneinander.
Wilfried

16.04.2007

English Translation for Ian Anderson

Frank Zappa: Buffalo

In regelmäßigen Abständen kommen alte Live-Aufnahmen von Frank Zappa, der 1993 verstorben ist, ähnlich wie seinerzeit zum Tod von Jimi Hendrix, auf den Markt. Die Erben wird es freuen. Zappa – das ist eigentlich Live-Musik. Und da von seinen Konzerten meist auch Aufnahmen gemacht wurden, wird es die Reihe Zappa live noch eine Weile geben. Aber ich will hier nicht ins Lästern geraten. Das zum 1. April erschienene Doppelalbum Buffalo, 1980 aufgenommen, bietet die ganze Zappa-Pallette. Manchmal klingt ’s wie Rock ’n‘ Roll, dann eher wie Varieté. Dann geht es geradezu hardrockig ans Werk oder eher etwas schnulzenhaft wie in „Bobby Brown“, ein Lied, das Zappa auch im Overground Lorbeeren einbrachte. Daneben Zappa-Klassiker wie Chunga’s Revenge, Tinsel Town Rebellion, The Torture Never Stops, Broken Hearts Are For Assholes oder Joe’s Garage.

Frank Zappa 1980: Buffalo

Hey there, people, I’m Bobby Brown
They say I’m the cutest boy in town
My car is fast, my teeth is shiney
I tell all the girls they can
kiss my heinie


Frank Zappa live 1980: Bobby Brown

Youtube zum Herunterladen

Die Videos bei youtube.com werden als Flash-Videos (Datei-Endung .FLV) abgespeichert. Es ist somit ein Videoformat von Adobe Flash, ein Werkzeug zur Erstellung von Animationen für das Internet (um es einfach und kurz zu sagen). Nun lassen sich bei youtube.com Videos nur anschauen, aber nicht herunterladen (die Videos werden zwar auf dem eigenen Rechner gespeichert, aber nur temporär, und sind auch nicht ohne Weiteres aufrufbar). Aber wie immer im Internet (und rundum den Computer) gibt es Findige, die schnell einen Ausweg ausfindig machen: youtubia.com.

youtubia.com

Hier besteht nun die Möglichkeit, die bei youtube.com gefundenen Videos auf den eigenen Rechner zu bekommen. Es gibt eine entsprechende Suchmöglichkeit – man kann aber auch die URL, also der Webadresse, die bei youtube.com gleich neben dem Video zu finden ist (z.B. http://de.youtube.com/watch?v=cRo5whIbau4), eingeben und kommt sofort zum Download.

Den heruntergeladenen Dateien muss man die Endung .FLV eigenhängig verpassen. Und da es sich um ein eigenständiges Videoformat handelt, benötigt man auch einen speziellen Mediaplayer (nein, der Flash Player tut es leider nicht). Aber auch der wird über die Website von youtubia.com angeboten.

An dieser Stelle passend: Ich habe nichts dagegen, wenn man Videos von mir über youtubia.com herunterlädt. Aber nicht ganz fair finde ich es, wenn man diese Videos, wie z.B. bei myvideo.de geschehen, unter eigenem Namen einstellt. An den einen oder anderen Videos habe ich schon etwas gebastelt, also Zeit investiert. Da sollte man es sich nicht zu einfach machen, Kollegen …

Wer ’s noch etwas genauer wissen will: weitere Infos zu Flash-Videos im Zusammenhang mit youtube.com

Kennen Sie Tostedt noch nicht?

Unter dem Motto „Kennen Sie Tostedt noch nicht? – Wir zeigen es Ihnen!“ soll den Bürgern die Gemeinde Tostedt näher gebracht werden. In Zusammenarbeit mit den Landfrauen, dem Heimatverein, dem Werbekreis Tostedt, der Verwaltung und der Agenda 21 Tostedt werden vom Mail bis Oktober 2007 verschiedene Besichtigungen angeboten. Das betrifft soziale Einrichtung, die Kirchen in Tostedt als auch die Fachwerkhäuser, die es in der Gemeinde gibt. Abgeschlossen wird das am 13. Oktober mit einem historischen Rundgang.

Informationsblatt als PDF-Datei

Was ist bloß mit Ian los? Teil 57: Keine ‚Blauäugigkeit’

Hallo Wilfried,

die Tampa-Videos sind in der Tat sehr anderson-lastig, aber ich habe diese Überfrachtung genossen. So weiß ich erst aus diesen Dokumenten, dass der Meister grüne Augen hat. So viel zu meiner Beobachtungsgabe.

Die frühen Konzerte von JT aus den frühen 70ern, Isle of Wight usw., sind mir leider nicht vollständig in Erinnerung, aber wenn mein Gedächtnis mich nicht trügt, spielte der Meister damals wesentlich seltener die akustische Gitarre als in späteren Zeiten. Liege ich mit diesem Eindruck richtig oder täusche ich mich in diesem Punkt ? Meine dominierenden Erinnerungen an Aufzeichnungen aus dieser Zeit sind ein flötender oder zappelnder Anderson.

Zum Kommentar aus der Laufi-Ecke:
Deine Einschätzung der elitären Ansprüche dieser Community ist sicher korrekt. Ich kann diese Leute sogar ein klein wenig verstehen: Sie möchten, dass ihre Kronjuwelen weiterhin nur im Tower ihres Forums betrachtet werden können und nicht unter dem Fußvolk herumgereicht werden. Sie möchten ihre Perlen nicht vor die Säue geworfen sehen (Math.7,6). Und genau diese Einstellung kann ich nachvollziehen. Wie Du weißt, bin ich ebenfalls der Meinung, dass sich die Musik von JT wohltuend von anderen Musikproduktionen abhebt. Ich bin auch so arrogant zu glauben, dass sich JT-Fans aus anderen Reihen rekrutieren als Fans der ‚Bay City Rollers’ oder von ‚Modern Talking’. Wenn man es kritisch betrachtet, mache ich seit Monaten in unserem Schriftwechsel nichts anderes, als mich von den meisten anderen Musikschaffenden und deren Fans zu distanzieren. Die teilweise sehr selbstbewussten Äußerungen des Meisters in Interviews sind dabei sehr hilfreich.

So viel zur Ideologie. Dem gegenüber steht mein Pragmatismus: Wenn die elitäre Sichtweise der Laufi-Leute dazu führt, dass ich bedeutende JT-Dokumente nur schwer, selten oder gar nicht zu sehen bekomme, dann lehne ich sie ab. Leute wie Du, die diese Dokumente einem breiten Publikum zugänglich machen, sind Idealisten. Es sind Menschen, die persönlichen Aufwand nicht scheuen, um Anderen (wie mir z.B. mir) eine Freude zu machen.

Wer macht sich also um die Musik von Jethro Tull mehr verdient: Leute wie Du oder eine Handvoll Gralshüter, die ihre Schätze im Elfenbeinturm hüten ? Allzu große Sorgen müssen sich die Laufi-Leute aber nicht machen, denn ich denke, dass kaum ein Dieter Bohlen – Fan in youtube auf ein JT-Video klicken wird. Genauso wenig wie ich auf „Modern Talking“ klicke.

Viele Grüße in die Heide sendet
Lockwood

10.04.2007

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Hallo Lockwood,

Hat Ian Anderson wirklich grüne Augen? In einer Mappe, in der ich früher alte Zeitungsausschnitte usw. gesammelt habe, ist ein Zettel, auf dem steht von mir handschriftlich notiert: Augen: braun – Haare: dunkelblond – 1,75 m groß. Woher ich die Angaben habe, weiß ich heute natürlich nicht mehr. Ich ‚fürchte’: aus der guten, alten ‚Bravo’. Zur körperlichen Größe hattest Du ja vor längerer Zeit einfach nachgefragt – unsere Schätzung ginge somit auf. Und ob nun braun oder grün (einfallendes Scheinwerferlicht kann schnell trügen), ist eigentlich egal. ‚Blauäugig’ ist der Meister auf jeden Fall nicht!

Ja am Anfang der 70-er Jahre war es ein eher zappeliger Anderson, der auch mehr mit der Flöte herumhantierte, als auf ihr spielte. Aber es gab eben auch Akustikstücke, wie „My God“, da pflanzte sich Ian Anderson auf einen Stuhl und zupfte die akustische Gitarre. Also schon früh zappelte und flötete Anderson nicht nur …

Ian Anderson 1970: My God

Was die Perlen resp. Kronjuwelen betrifft: Wenn sich die Damen und Herren ihre Schätze nur im hoch verlaubten Laufi-Kreis herumreichen, so soll es ihre Sache sein. Um aber eine DVD wie die Tampa-Videos finanzieren zu können, gebraucht man gern auch das Fußvolk, zumindest dessen Geld. Nun, was youtube.com betrifft, so hat das bei mir eine Eigendynamik entwickelt, an der Du nicht ganz unschuldig bist. Dabei wundert es mich aber eben auch, dass bisher wenige andere darauf gekommen sind, ihre Jethro Tull-Videos dort einzustellen. Ich kenne einige (neben Herrn Laufenberg), die mehr Videos besitzen als ich. Und urheberrechtliche Bedenken dürften diese Leute nicht davon abgehalten haben – immerhin gibt es einige, die gern gegen Entgelt Kopien ihrer kleinen Schätze verkauft haben. Inzwischen, ich muss es gestehen, wird es mir mit youtube.com auch etwas nervig. Öfter schon werde ich mit Anfragen überschüttet von Leuten, die gern die vorhandenen Videos z.B. als DVD zugeschickt haben möchten, möglichst versandkostenfrei. Das ist dann die andere Seite; die Unersättlichen, die sich nicht damit zufrieden geben können, die Videos online zu betrachten. Übrigens: Mit Idealismus hat das bei mir wenig zu tun. Vielleicht gilt das Karnevals-Motto: „Spaß an der Freude!“ Spaß an der Freude, die ich anderen damit machen kann. Immerhin ist die positive Resonanz nicht gering. Und eine Portion ‚Selbstdarstellung’ spielt sicherlich auch eine Rolle. Wer ist dagegen schon gefeit. Außerdem tritt mir meine Frau da öfter gegen das Schienbein, von wegen: Da bekommst du Mails aus aller Herren Länder, aber hockst vor deinem ‚einsamen’ Bildschirm … Recht hat sie!

Da ich annehme, dass Du Dir die neue ”Best of Acoustic Jethro Tull”-CD nicht zulegen wirst, so hier als Info zu den zwei letzten Stücke des Albums:

One Brown Mouse Re-recorded January 3 2007
Pastime With Good Company Live, Denmark 4.14 2006 mit Ann Marie Calhoun Violine (irgendwoher kenne ich das doch, ich denke von Blackmore’s Night – so übel ist das Stück dann doch wirklich nicht, oder?)

Alles andere sind Stücke von bisher bekannten Alben. Aber die Scheibe gibt genau das wieder, was Dir und auch mir an Jethro Tull gefällt: all die schönen Akustikstücke, die Ian Anderson herausgebracht hat. In diesem Zusammenhang: Sicherlich hast Du meine Beträge zum ‚kuriosen Musikinstrument’ Chapman Stick gesehen und ‚gehört’. Als ich die Videos zum ersten Mal sah, da juckte es gewaltig in meinen Fingern. Ob der Meister den Chapman Stick kennt?

Und abschließend: Inzwischen gibt es bei youtube.com zwei Videos zu aktuellen Tull-Auftritten. Anderson singt tatsächlich immer weniger und bietet dafür ein breiteres ‚instrumentales Angebot’. Nicht jedem wird das wirklich gefallen.

Das Wochenende naht – und die Wetteraussichten sind bestens.
Genieße mit Deinen Lieben die freien Stunden

Wilfried

12.04.2007

English Translation for Ian Anderson

Chapman Stick: Heavy Horses

In meiner Rubrik „Kuriose Musikinstrumente“ habe ich dieser Tage den Chapman Stick vorgestellt und das anhand einiger schöner Beispiele mit akustischen Stücken von Jethro Tull. Gespielt werden diese Instrumentaltitel von Rob Martino aus Virginia/USA. Jetzt habe ich ein weiteres Tull-Stück gefunden, wenn auch nur in einer Kurzfassung, wiederum von Rob auf dem Chapman Stick gespielt: Heavy Horses


Rob Martino (Chapman Stick) mit Jethro Tull: Heavy Horses

weitere Videos/Audios mit dem Chapman Stick – gespielt von Rob Martino

Bestie Mensch

„das Unmoralische ist, daß solche Machtworte möglich sind. ‚Baue einen Tempel!‘ … Oder nehmen wir Hitler. Der hat Himmler einmal seinen grundsätzlichen Befehl erteilt. ‚Ermorde alle Juden!‘ – drei Wörter, natürlich nur mündlich. Aber er selbst hat nie einen Juden ermordet, sowenig wie Himmler oder Heydrich oder Eichmann, das wurde dann vom niederen Fußvolk besorgt. Und in Auschwitz war es noch idiotischer. Dort mußten die jüdischen Gefangenen selbst das Zyklon-B in die Gaskammern werfen. Da hatte man dann die Situation, daß der eigentliche Mord nicht von den Mördern, sondern von den Opfern begangen wurde. Wer es getan hat, hat es nicht getan, und wer es nicht getan hat, hat es getan.“

aus: Harry Mulisch: Die Entdeckung des Himmels (Kapitel 40 – S. 494)

Es ist sicherlich leichtsinnig, in nur wenigen Sätzen die Gedanken zusammenzufassen, die mir zu dem oben Geschriebenen eingefallen sind. Es solches Thema lässt sich nicht auf wenige Begriffe verkürzen. Wenn ich es trotzdem wage, so nur, um einen Denkanstoß zu vermitteln zu einem Problem, das nicht Geschichte geworden ist, sondern uns alle tagtäglich, wenn auch meist im Kleinen, berührt.

1. Manager des Todes

Von den Osterfeiertagen haben wir noch die frohen Botschaften im Ohr, die uns helfen sollen, an das Gute im Menschen zu glauben. Aber angesichts der Kriege und des Elends in dieser Welt, alles von Menschenhand verursacht, zerrinnt dieser Glaube zwischen den Händen und es bleibt wieder nur das Bild des Menschen als Bestie, z.B. als kultivierte Bestie …

Erstaunlich ist, wie Menschen, die Macht ausüben, zu Mördern werden, ohne selbst einem Menschen je ein Haar zu krümmen. Wie ein Top-Manager der Industrie geben sie die Direktiven heraus, kurzgefasst und unmissverständlich, um die Richtung ‚des Unternehmens‘ zu bestimmen. Und schon setzt sich ein Team zusammen, um die Ausführungsrichtlinien zu verfassen. In diesen Etagen ist alles noch sehr abstrakt, ohne Berührungspunkte zur eigentlichen Tat. Die lässt man auf der untersten Ebene dieser perfiden Hierarchie ausführen. Handlungsgehilfen findet man überall.

Adolf Hitler und Eva Braun

Nach außen unterscheiden sich die Manager des Todes wahrlich kaum von Wirtschaftsführern. Man gibt sich gesellig und aufgeschlossen. Eher ist man in diesen Kreisen erschrocken über die Bestie Mensch, über die Brutalität, zu der Menschen untereinander fähig sind.

2. Das existenzialistisches Drama

Wie gesagt: Handlungsgehilfen finden die Manager des Todes überall. Das Leben ist ein existenzialistisches Drama, in dem die moderne Zivilisation leider zu oft als dünner Überzug entlarvt wird. Werden allgemein gültige Regeln aufgehoben, so reißt diese Hülle und die Bestie Mensch zeigt ihr wahres Gesicht. Gerade unter extremen Bedingungen wie im Krieg verlieren zivilisatorische Errungenschaften jede Bedeutung.

3. Anatomie der menschlichen Destruktivität

Erich Fromm hatte sich in den 70-er Jahren aus psychoanalytische Sicht mit den Managern des Todes eingehend beschäftigt. Sein Werk hierzu: Anatomie der menschlichen Destruktivität. Sicherlich muss man fragen, ob sich ein Mensch wie Hitler auf einen Fall von Nekrophilie ‚reduzieren‘ lässt (gemeint ist hier im Wesentlichen die zunehmende Tendenz zur Zerstörung) oder Heinrich Himmler als klinischen Fall des anal-hortenden Sadismus (bürokratisch-ordnungsfanatischer Charakter). Fromms Anatomie der Aggressionen, sowohl der lebensnotwendigen defensiven als der bösartigen Aggression, der Destruktivität, ist ein wichtiger Denkansatz und im Ergebnis eine Verteidigung der menschlichen Würde, ein Appell an die Menschheit, ihr Leben und dessen gesellschaftlichen Bedingungen zu verändern.

Jethro Tull live im Golders Green Hippodrome 1977: 10 Videos

Neben dem Konzert am 31.07.1976 in Tampa/Florida ist es besonders das Konzert im Golders Green Hippodrome in London vom 10.02.1977, das im Film festgehalten wurde, in diesem Fall vom britischen Fernsehen, dem BBC (Im Rahmen der Sendereihe Sight & Sound in Concert), und das nicht nur für den Tull-Fan ein wichtiges Dokument der Rock-Geschichte ist. In meiner Rubrik „Was ist bloß mit Ian los?“ kommen diese beiden Konzerte immer wieder zur Sprache.

Leider musste ich feststellen, das die Filmaufnahmen des Hippodrome-Konzertes aus 1977 bei youtube.com nur noch unvollständig vorhanden sind. So habe ich das Konzert in meinem kleinen Videoarchiv hervorgekramt. Dabei musste ich es für youtube.com in entsprechende Häppchen schneiden (so gibt es „Thick as a Brick“ in zwei Teilen), da dort die Länge eines Videos maximal 10 Minuten lang sein darf. Über eine Playlist sind die jetzt zehn Videos aber „am Stück“ abrufbar. Viel Spaß dabei:

Bürgerentscheid in Tostedt

Zum ersten Mal findet in Tostedt am 06.05.2007 ein Bürgerentscheid statt. Ausgangspunkt ist die Planung und Realisierung eines Verkehrskreisels, dem im Ortsteil Todtglüsingen das Ehrern- bzw. Mahnmal und eine alte Eiche weichen sollen. Die Kosten für den Kreisel sollen 350000 € betragen. Dagegen wendet sich eine Aktionsgemeinschaft, die für Erhaltung des Mahnmals und der Eiche über 2700 gültige Unterschriften gesammelt hatte und damit diesen Volksentscheid durchsetzte.

Der Gemeinderat hofft insgesamt auf die Trägheit der wahlberechtigten Bürger. Ich persönlich kann daher nur empfehlen, an dem Bürgerentscheid teilzunehmen – unabhängig davon, welche Stellung eingenommen wird.

Theodor Storm: Ostern

OsternEs war daheim auf unserm Meeresdeich;
ich ließ den Blick am Horizonte gleiten,
zu mir herüber scholl verheißungsreich
mit vollem Klang das Osterglockenläuten.

Wie brennend Silber funkelte das Meer;
die Inseln schwammen auf dem hohen Spiegel;
die Möwen schossen blendend hin und her,
eintauchend in die Flut die weißen Flügel.

Im tiefen Kooge bis zum Deichesrand
war sammetgrün die Wiese aufgegangen;
der Frühling zog prophetisch über Land,
die Lerchen jauchzten, und die Knospen sprangen. –

Entfesselt ist die urgewalt’ge Kraft,
die Erde quillt, die jungen Säfte tropfen;
und alles treibt, und alles webt und schafft,
des Lebens vollste Pulse hör‘ ich klopfen.

Der Flut entsteigt der frische Meeresduft;
vom Himmel strömt die goldne Sonnenfülle;
der Frühlingswind geht klingend durch die Luft
und sprengt im Flug des Schlummers letzte Hülle.

O wehe fort, bis jede Knospe bricht,
daß endlich uns ein ganzer Sommer werde;
entfalte dich, du gottgebornes Licht,
und wanke nicht, du feste Heimaterde! –

Hier stand ich oft, wenn in Novembernacht
aufgor das Meer zu gischtbestäubten Hügeln,
wenn in den Lüften war der Sturm erwacht,
die Deiche peitschend mit den Geierflügeln.

Und jauchzend ließ ich an der festen Wehr
den Wellenschlag die grimmen Zähne reiben,
denn machtlos, zischend schoß zurück das Meer –
das Land ist unser, unser soll es bleiben!

Theodor Storm

Frohe Ostern 2007

Allen Besuchern meines Weblogs wünsche ich hiermit frohe Ostern. Eigentlich solltet Ihr nicht hier sein, sondern die Feiertage für ’sinnvollere‘ Dinge des Lebens nutzen. Nun denn …

Ostern 2007

Eure Willi