Archiv für den Monat: Juni 2007

Was ist bloß mit Ian los? Teil 73: While my Guitar gently weeps

Hallo Wilfried, Hallo Lockwood,

diesen Beitrag muss ich einmal wieder mit einer Entschuldigung beginnen. Mir ist klargeworden, dass die Ursache für meine „John-Fogerty-Karohemd-Psychose“ in meiner ganz persönlichen Vergangenheit zu suchen ist, und nicht, wie ich das getan habe, verallgemeinert werden kann. Insbesondere möchte ich mich dafür entschuldigen, dass ich Euch hier mit meinen persönlichen Psychosen belästigt habe. Es ist nämlich so, dass ich selbst einen gewissen Teil meiner Vergangenheit im Karohemd-Outfit verbracht habe – hauptsächlich beim Kühe melken und Schafe hüten. Zum Beweis hier ein Bild von Kretakatze 1984 in Karohemd, Latzhose und Gummistiefeln beim Klauen schneiden (Bild ist miserabel, da aus einer Zeitung abgescannt – das Tier vor mir auf dem Boden ist ein Lamm mit schwarzem Kopf und schwarzen Beinen).

Tatsächlich habe ich, soweit ich mich erinnern kann, selbst jahrelang bei der Arbeit ausschließlich karierte Hemden getragen. Insofern erscheinen mir vermutlich Personen in Karohemd instinktiv vertraut, da sie mich an mich selbst erinnern. Dazu kommt, dass ich inzwischen bei genauerer Betrachtung weitere, über das karierte Hemd hinausgehende äußere Ähnlichkeiten zwischen Mr. Fogerty und mir entdecken konnte. Das reicht von den vorstehenden Schneidezähnen bis zur Pony-Frisur – ich möchte jetzt nicht in die Details gehen. Das alles könnte dazu geführt haben, dass ich mich unbewußt in einer unangemessen übersteigerten Form mit der Person des Mr. Fogerty identifiziert habe. Ich bitte daher, meine bisherigen Ausführungen betreffend Mr. Fogerty in diesem Lichte ggf. neu zu bewerten – Danke!

Uff – und jetzt wechseln wir ganz schnell das Thema. Bringen wir mal einen ganz anderen Musiker ins Spiel, mit dem ich garantiert keine Ähnlichkeit habe…

Von der Sorte „One-Man-Band“ habe ich in meiner Plattensammlung nämlich noch eine weitere Gruppe stehen (bemerkenswerterweise habe ich dort nur Solo-Musiker oder „One-Man-Bands“ stehen): Mark Knopfler und seine Dire Straits. Auch hier gibt es eine Geschichte mit einem Bruder, der nach relativ kurzer Zeit die Band verlässt und sich mit einer Solo-Karriere versucht, in diesem Fall Mark’s jüngerer Bruder David. Auch er wird nie ersetzt, die Truppe spielt zu dritt weiter. Von den Dire Straits hat man seit bald 15 Jahren nichts mehr gehört, obwohl die Band nie offiziell aufgelöst wurde. Mark Knopfler ist dagegen durchaus noch aktiv, so spielte er z.B. im Jahre 2004 auf dem letzten Album von John Fogerty mit – sozusagen Brothers In Arms, Brüder unter sich. Dabei sollte man meinen, dass Knopfler mit Ian Anderson mehr Gemeinsamkeiten hat als mit John Fogerty. Zum Einen sind beide Schotten und Literaten (Knopfler ist studierter Journalist), und zum Anderen hat Anderson schon einmal ein Album herausgebracht, von dem man sagt es klingt als wäre es von Knopfler. Just für dieses Album hat er dann auch noch einen Grammy bekommen. Da wäre es doch naheliegend auch einmal zusammen zu musizieren. Aber das könnte Anderson vielleicht seinem Martin Barre nicht antun. Oder er befürchtet, dass er neben Knopfler doch nur als der Zweitbeste erscheinen könnte? Fogerty dagegen scheint keine Probleme damit zu haben sich einen Gitarristen „einzukaufen“, von dem er auch noch etwas lernen kann.

Wie man an dem obigen „Brothers in Arms“-Video sieht, stehen da auch bei den Dire Straits schon in den 80ern (Video stammt vermutlich aus der Tour 1985/86) deutlich mehr als die eigentlichen 3 Bandmitglieder auf der Bühne. Ich könnte jetzt nicht einmal sagen, wer von diesen Musikern zu den Dire Straits gehört und wer „zugekauft“ ist. Was man auch sieht: Der völlig andere Bühnenauftritt im Vergleich zu Anderson. Knopfler erscheint in Jeans und T-Shirt, spricht üblicherweise so gut wie überhaupt nicht mit dem Publikum, steht mit unbewegtem Gesicht nahezu regungslos am Mikrophon und wirkt teilweise fast gelangweilt. Krasser geht’s eigentlich nicht mehr. Trotzdem habe ich mich noch nie bei einem Video von ihm gelangweilt.

Aber auch Knopfler hat im Laufe der Jahre dazu gelernt. So bewegt er sich jetzt mehr auf der Bühne und lächelt sogar gelegentlich! Im Gegensatz zu Anderson und Fogerty scheint ihm allerdings immernoch jede Eitelkeit fremd zu sein. Er erscheint auf der Bühne weißhaarig, kahlköpfig und bebrillt – wie er halt so ist. Und die Fans störts überhaupt nicht, die sind begeistert. Zum Beweis hier ein ziemlich gutes Bootleg von 2005, Knopfler’s „Werbespot“ für Deutschland und deutsches Bier:
Why Aye Man (Soundqualität nicht ganz so toll, aber ich wollte was Aktuelles). Das Einzige, was ich bei diesem Song schon beim ersten Hören einwandfrei verstanden habe, waren die Zeilen „plenty Deutschmarks here to earn“, „german beer is chemical free“ und „tonight we’ll drink the old town dry“. Wahrscheinlich wird er extra von der deutschen Bierindustrie dafür bezahlt, dass er diese Worte deutlich ausspricht, ansonsten bekommt er ja beim Singen die Zähne kaum auseinander. (Damit – wer möchte – wenigstens ein bißchen was vom Text versteht, hier noch der Original-Videoclip von 2002). Bleibt vielleicht noch zu ergänzen, dass sich Knopfler’s Stimme bislang nicht verändert zu haben scheint. Er hatte allerdings auch noch nie eine.

Diese wenigen Worte über Mark Knopfler hatte ich übrigens bereits geschrieben, bevor Du, lieber Wilfried, nach den Gitarristen und Gitarrensoli gefragt hast. Es hat nur zu meinen letzten Beiträgen nicht gepasst. Aber Du wirst Dir jetzt wahrscheinlich schon denken können in welche Richtung meine Antwort gehen wird. Wenn ich eine Rangliste der besten Gitarrensoli aufstellen sollte, dann wären mindestens die Plätze 1 bis 20 lückenlos von Mark Knopfler belegt. Danach hätten dann vielleicht auch noch andere Musiker eine Chance (in den Lücken). Das Solo aus I Put A Spell On You wäre sicher mit dabei, außerdem While my Guitar gently weeps und vielleicht noch ein paar Titel von Al Stewart, dessen beste Songs auf YouTube leider nicht zu finden sind (jedenfalls keine mit Gitarrensolo). Ansonsten kann ich mich Lockwood nur anschließen: Welche Gitarristen „gut“ sind, kann ich nicht beurteilen. Ich entscheide einzig danach, ob mir die Musik gefällt, ganz gleich ob sie leicht oder schwer zu spielen ist.

Tatsächlich war ich ziemlich überrascht Aqualung auf der Liste der Gitarrensoli zu finden – mir war bislang nicht einmal bewusst, dass es in Aqualung ein Gitarrensolo gibt (dabei dachte ich, ich kenne das Stück). Da kannst Du mal sehen, wie beeinduckt ich von dem Solo war. Ich muss zugeben, dass ich in der Musik von Jethro Tull Gitarrensoli nie wahrgenommen habe, ich kann mich an kein einziges erinnern. Das ist vermutlich eine fürchterliche Schande für einen Jethro Tull Fan – falls ich einer bin. Deshalb habe ich gerade noch einmal Aqualung angeschaut, damit ich wenigstens weiß, wovon wir sprechen. Und ja, das ist die Stelle wo Mr. Anderson kurz die Bühne verlässt und ich – zumindest geistig – auch. Es ist eins von den Gitarrensoli, die laut und schnell sind, aber für mich ohne erkennbare Melodie. Bei solcher Musik schalte ich ab.

Ich habe überhaupt ein Problem mit Instrumentalmusik. Für mich ist der Gesang, der Klang der menschlichen Stimme in der Musik sehr wichtig, um mein Interesse und meine Aufmerksamkeit zu gewinnen. Bei den meisten Instrumentalpassagen beginne ich mich schon nach 30 Sekunden zu langweilen. Instrumentalmusik muss schon sehr viel zu bieten haben, damit sie mich anspricht. Am ehesten gelingt das, wenn der Klang des Soloinstruments der menschlichen Stimme ziemlich nahe kommt, und auch die Melodie wie gesungen klingt. Dafür ist eine Querflöte schon einmal recht gut geeignet. Noch besser geht das mit einer elektrischen Gitarre, aber der Klang muss stimmen – lärmend und kreischend mag ich garnicht. Deshalb schaue ich bei den meisten Gitarrensoli eher auf die Uhr und frage mich, wann’s endlich vorbei ist.

Die einzige Ausnahme ist da Mark Knopfler. Dem kann ich stundenlang zuhören, ohne dass ich merke wie die Zeit vergeht. Eigentlich dachte ich, ich hätte Sultans Of Swing schon so oft gehört, dass es mir langsam zum Hals heraushängt, aber ich wollte trotzden eine Version in meine Playlist verlinken. Also habe ich mich durch die verschiedenen Versionen durchgeklickt, weil ich die beste heraussuchen wollte. Irgendwann habe ich gemerkt, dass ich seit anderthalb Stunden nicht anderes als verschiedene Versionen von Sultans Of Swing höre, und ich hätte noch eine Weile so weitermachen können.

Krasser Wechsel zu einem ganz anderen Musikstil.
Proud Mary in der Version von Ike und Tina Turner war mir bisher unbekannt. Vielleicht habe ich das Stück auch schon so gehört, nur habe ich es nicht mehr wiedererkannt. Die ursprüngliche Melodie kann ich in dieser Version nämlich nur noch mit großer Mühe erkennen, der Anfangsteil ist zu langsam und der Schluss zu schnell. Die Interpretation dieses Stücks scheint hauptsächlich aus Gekreische und Hinterngewackel zu bestehen. Was das mit dem Inhalt des Lieds zu tun hat, ist mir bislang verborgen geblieben. Und warum sich Tina zum Hinternwackeln gerade dieses Musikstück ausgesucht hat, wird mir wohl auch ein Rätsel bleiben. Jedenfalls weiß ich jetzt wieder, warum ich sie noch nie leiden konnte – sie schafft es ein gutes Lied bis zur Unkenntlichkeit zu versauen.

Lieber Wilfried, da finde ich Deine Version doch noch deutlich besser (wenn sie auch nicht ganz an das Original herankommt). Und das gilt noch viel mehr für „Dirty Old Town“. Während sich die „Originale“ (?) von den Pogues und den Dubliners in meinen Ohren kaum unterscheiden und beide so klingen, wie das Lied heißt – dirty and old, stumpf-dumpf trist und schwerfällig – klingt Deine Version flott und beschwingt. Also in meiner Hitparade belegst Du jedenfalls die vordernen Plätze deutlich vor der Prominenz! Und von „belegter Simme“ konnte ich auch nichts hören. Sei nur nicht so bescheiden. Warum habt Ihr das Musizieren eigentlich aufgegeben?

So, machen wir Schluss für heute. Und am besten verabschiede ich mich auch gleich in den Urlaub – ich werde mich höchstens noch einmal kurz melden, falls mir die Zeit noch reicht. Amüsiert Euch in der Zwischenzeit gut ohne mich!

Liebe Grüße
Kretakatze

PS.:Da ich nun schon einmal im Photoalbum gekruschtelt habe und außerdem nicht möchte, dass Ihr denkt ich laufe die ganze Zeit in Karohemden, Latzhosen und Gummistiefeln herum: Hier noch ein paar Bilder von mir, die beweisen, dass ich vielseitig veranlagt bin und nicht nur Klauen schneiden sondern auch griechisch tanzen kann. Dem möchte ich noch vorausschicken, dass unsere Tanztruppe sehr laienhaft zusammengesetzt und ausgestattet war, also nicht vergleichbar mit Tanz-Videos, die ich bereits verlinkt hatte. Ich hoffe daher auf stark gedämpfte Erwartungen, damit ich diese zumindest noch knapp übertreffen kann (Die Bilder stammen übrigens von 1995):
Seimbekikos
Sirtaki
Chasaposervikos

11.06.2007

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Hallo Ihr beiden Hübschen,

Ihr wart ja wieder fleißig. Besonders Kretakatzes letzte Beiträge haben mir sehr gut gefallen. Du hast die beiden Herren, Fogerty und Anderson, wohl sehr treffend geschildert. Ich möchte dabei auf den von Dir angesprochenen Unterschied zwischen nationaler Herkunft einerseits und unterschiedlichem familiären und gesellschaftlichen Background andererseits kurz zurückkommen. Ich habe John Fogerty als typisch amerikanisch hingestellt. Ich muss dazu sagen, dass ich nie in den USA war. Aber man liest halt so manches und Hollywood gibt ja auch genügend Anschauungsunterricht. Was ist also typisch amerikanisch? Amerika ist bekanntlich das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Und sicherlich gibt es dort einen allgemeinen Trend, die gesellschaftlichen Schranken aufzuheben (trotz der Rassenschranken). Auf jeden Fall fragt man zunächst weniger nach dem Staat, sondern ist gern selbst seines Glückes Schmied. Man ist freundlich und aufgeschlossen, aber doch meist sehr unverbindlich dabei (z.B. Einladungen, wozu und wohin auch immer, sollte man nicht unbedingt wörtlich nehmen). Und in einer Länderkunde von Dietrich Schwanitz in seinem Buch „Bildung“ las ich das Folgende:

„Wundere dich nicht, wenn beim Essen der Amerikaner zuerst das ganze Steak mit Messer und Gabel zerschneidet, dann das Messer hinlegt, die Gabel in die Rechte nimmt und die Linke unter dem Tisch auf das Knie stützt. Er braucht sie, um den Colt zu halten.“

Einfach gefühlsmäßig würde ich John Fogerty so auch als netten amerikanischen Guy sehen.

In Großbritannien dagegen herrscht auch heute noch ein ausgeprägtes Klassenbewusstsein – sowohl in der Upper als auch Lower Class. Zur Upper Class gehört man dabei nicht unbedingt durch Geburt, sondern mehr noch durch eine entsprechend gute Schullaufbahn. In diesem Sinne gehört Ian Anderson sicherlich zur Oberklasse – und entsprechend gebärdet er sich auch. Also um Herrn Anderson halbwegs (tiefenpsychologisch) näher zu kommen, muss man vieles von dem verstanden haben, was als typisch britisch angesehen wird. Ich habe mich hierzu einmal etwas näher ausgelassen, wenn auch bezogen auf deutsche Verhältnisse: Die ‘neue’ und die ‘alte’ Unterschicht Teil 1 und Teil 2

Andersons politische Engagement ist nicht offensichtlich. Er nimmt an keiner Demonstration teil. Wir haben ihn auch nicht in Heiligendamm gesehen. Unpolitisch ist er dagegen mit Sicherheit nicht. Er hat sich z.B. im amerikanischen Fernsehen bewusst kritisch über die Allgegenwart der Amerikatümelei (in Form von amerikanischen Flaggen, die in jedem Vorgarten wehen) geäußert, was ihm u.a. ein Verbot bei einigen anderen Sendern einbrachte. Auch hat er sich oft genug ablehnend gegen George W. Bush geäußert (nun, gut, das ist kein Kriterium – welcher Mensch mit Verstand wird Bush mögen). Seine Texte sind gespickt mit kritischen Anmerkungen zum politischen Geschehen. Nur ein Beispiel: Vor einiger Zeit hatte ich das Solo-Album von Ian Anderson Walk into Light für mich digitalisiert. Auf dem Album gibt es das Lied Different Germany. Es thematisiert auf Anderson’sche Art die wachsende politische Tendenz in den 80-er Jahren in Deutschland nach rechts außen. Und, um noch einmal auf dunkle Segel am Horizont zurück zu kommen, es finden sich auch in vielen anderen Texten vielleicht verschlüsselte, aber durchaus entzifferbare Hinweise auf kritische (und damit durchaus politische) Stellungnahmen. Ähnlich ist es um das Lied „No Lullaby“ bestellt. Anderson bedient sich einer Bildersprache, die zunächst ein ‚oberflächliches“ Szenario wiedergibt. Erst wenn man am Lack kratzt, zeigt sich, dass sich das alles auch anders, eben ‚tiefer’ deuten lässt. So ist nun einmal die Sprache der Dichter: metaphorisch, meist auch reichlich kryptisch.

Neben seinem Engagement für Wildkatzen usw. hat er sich auch für den Regenwald stark gemacht, wie das folgende Video beweist (auch wenn das bereits längere Zeit her ist): Artists United For Nature – Yes We Can – hier hat er sich u.a. mit Musikern und Sänger wie Brian May (sic!), Joe Cocker, Harold Faltermeyer, Herbie Hancock, Chaka Khan und vielen anderen zusammen getan. Eine solche Aktion muss man auch als politisch werten.

Brian May und Mark Knopfler lasse ich gern als hervorragende Gitarrenkünstler gelten. Natürlich tauchen beide auch in den entsprechenden Bestenlisten auf. Martin Barre gilt weiterhin als unterbewertet, obwohl er einen sehr eigenen Stil entwickelt hat, der sich in einigen Stücken an der menschlichen Gesangsstimme orientiert. Mein Neffe, auch viele Jahre als Gitarrist unterwegs, war kein ausgesprochener Tull-, dafür aber ein um so größerer Barre-Fan. Er könnte Euch sicherlich einiges mehr zu dessen Stil und technisches Können erzählen. Ich muss eines gestehen: Dass ich ähnlich Kretakatze früher den guten Martin auch eher überhört habe, manchmal ihn eher als schlecht empfunden habe. Heute aber (und nach längeren Diskussionen mit meinem Neffen) bin ich hörtechnisch Martin Barre ‚hintergestiegen’. Er ist schon etwas gewöhnungsbedürftig.

Und Kretakatze hat es erfasst: „Crest of a Knave“ klingt wirklich sehr knopfler-isch. Zum einen klingt Martin Barres Gitarre sehr im Stile von Mark Knopfler; und dann ‚imitiert’ auch noch Herr Anderson dessen Stimme. Mich hat das damals auch sehr verwundert. Obwohl ich nicht unbedingt von Plagiat sprechen möchte, so würde es mich eigentlich schon interessieren, wie es bei Anderson & Co. dazu gekommen ist, sich an Dire Straits zu orientieren, denn leugnen wäre zwecklos.

Zu den Gitarrengöttern zählen sicherlich Eric Clapton und Jimi Hendrix. Beide haben ebenfalls einen unüberhörbaren eigenen Stil. Von Hendrix hätte ich gern mehr Stücke, in denen er nicht so vollgedröhnt daherspielt, als müsste er die ganze Welt in Flammen setzen. Bei diesen Endlossoli klappen mir auch die Ohren zu, schnell zum nächsten Stück. Clapton ist aber nun wirklich „God“. Er hat zwar kaum wirklich gute eigene Lieder erfasst (aber welcher gute Gitarrist hat das schon). Wie er aber z.B. mit Cream bei den Stücken White Room oder Crossroads in die Saiten haut, das hat schon etwas. White Room ist zudem ein Lehrstück für (künftige) Bassisten (ich finde das Stück einfach geil, eines meiner Liebensstücke eben).

Apropos Clapton: Kretakatzes Link auf den Beatles-Titel While My Guitar Gently Weeps – kein anderer als Clapton spielt hier das Solo (am Ende zusammen mit Harrison). Und zusammen mit Mark Knopfler war sich Clapton nicht zuschade, auch einmal nur auf der Gitarre zu schrammeln, hier eine andere Version von Sultans of Swing.

Zu anderen (auch meist unterbewerteten) Gitarristen später etwas mehr. Die Gitarre ist nun einmal in der Rockmusik DAS Instrument. Welcher Jugendliche, der daran denkt, einmal Musik zu machen (Rockmusik meine ich), der will natürlich Gitarre spielen. Keyboards, Schlagzeug, Bass – alles ganz nett, aber KLAMPFE, das ist es eben!

Zum Ende der ‚legendären’ Band Black Out: Das Ganze spielte sich in Bremen ab, weil alle Beteiligten dort wohnten. Ich bin dann Anfang der 80-er Jahre zwecks Studium nach Hamburg gezogen – und an den Wochenende nach Bremen gependelt. Das wurde mir mit der Zeit aber zuviel. Außerdem wollte unser Schlagzeuger öfter auftreten (wir übten in einem dunklen Keller), um zusätzlich Geld zu verdienen. Das wollten die anderen (und ich) aber nicht. Und so kam es, wie es kommen müsste. Es wurde liquidiert, was liquidiert werden musste. Und das war es denn. Also keine Streitigkeiten zwischen Brüdern.

Kretakatzes John-Fogerty-Karohemd-Psychose finde ich ganz normal. Was mein Outfit anbelangt, ich schrieb es bereits, da bewege ich mich ganz auf dem Fogerty’schen Niveau. Ich bin da das, was man bekanntlich den Schotten zuschreibt: geizig! Ich trage vielleicht nicht immer karierte Hemden, aber oft genug, und ansonsten Hemden, die eben bunt sind (wenn auch gestreift oder so statt kariert). Und die trage ich meist so lange, bis sie aus dem Leim gehen. Ähnliches gilt für meine Hosen, die meist Jeans sind (aber nicht von Armani). Ich sehe nicht ein, mich einem Modediktat zu beugen und mehr für Klamotten auszugeben, als es Not tut. Bequem muss es sein, dass ist das erste (und einzigste), was zählt. Anzüge, Schlips und Kragen sind nichts für mich. Es war wohl letztes Jahr, da habe ich zum ersten Mal selbst in meinem Leben einen Krawattenknoten gebunden (Anleitung aus dem Internet), übrigens eine Krawatte im Anderson-Tartan (klar: schottisches Karomuster), die ich spaßeshalber zu einer Familienfeier trug. Ansonsten mussten mir immer andere helfen (manchmal kommt man nicht umhin, ein solches Stranguliergerät zu tragen). Mit Jacketts und dergleichen tue ich mich ebenso schwer. Ist nun einmal so und ich stehe dazu.

Nun denn, ich wünsche euch noch einige geruhsame Arbeitstage. Und Dir, Kretakatze, wünsche ich einen schönen, erholsamen Urlaub. Ich drücke Dir die Daumen, dass es klappt mit der Eintrittskarte. Es steckt auch etwas Eigennutz dahinter, denn schließlich wollen wir wissen, wie sich Herr Anderson so gemacht hat im weiten Süden.

Wir lesen voneinander.
Viele Grüße

Wilfried

12.06.2007

English Translation for Ian Anderson

Videobearbeitung am PC – 2. Teil

Ein sehr mächtige Tool ist Macromedia Flash, jetzt Adobe Flash, das ich in der Version Professional 8 vorliegen habe. Es ist eine eigenständige Entwicklungsumgebung zur Erstellung von multimedial ausgerichteten Grafik- und Animations- bzw. Videodateien, die als Flash-Filme (eigenes SWF-Format) mit einem Abspielprogramm, dem Flash Player, betrachtet werden können. Dieser Player ist in der Regel als so genanntes Plugin im Webbrowser (Internet Explorer, Firefox u.a.) eingebunden.

Vereinfacht gesagt: Flash ist ein Ersatz für animierte GIF-Dateien. Durch Programmierung lassen sich aber weitaus komplexere Zusammenhänge erstellen. Daher ist die Anwendung von Flash auch nicht sehr leicht und benötigt ein umfangreiches Studium, was natürlich zeitaufwändig ist. Daher habe ich mich mit Flash bisher eher nur am Rande beschäftigt.

Macromedia Flash Professional 8

Übrigens: Flash verfügt auch über einen eigenen Video Encoder. Viele Video-Portale (z.B. youtube.com, myvideo.de) nutzen diesen Video Encoder. So habe ich mich auch schon etwas darin versucht.

Videobearbeitung am PC – 1. Teil: Ulead MediaStudio Pro 8.0

Neues für WilliZ Jukebox – Juni 2007

Auf der Suche noch ’neuen Tönen‘ bin ich bei der Gruppe „The White Stripes“ hängen geblieben, eine Band aus Detroit, USA, die aus den Ex-Eheleuten (angeblich auch Geschwistern) Jack (Gitarre, Gesang, gelegentlich auch Keyboards) und Meg White (Schlagzeug, gelegentlich Gesang) besteht. Sie fabrizieren eine Mischung aus Rock, Punk, Indie, Blues und Folk und werden im Schublädchen ‚Garagenrock‘ geführt. Dieser Tage erscheint ihre neue Scheibe Icky Thump, wohl auch als CD, nachdem viele der früheren Veröffentlichungen als Vinyl auf den Markt kamen. Eine in vielerlei Hinsicht ‚durchgestylte‘ Band, bei der die Zahl 3 eine größe Rolle zu spielen scheint: So besteht ihre Kleidung lediglich aus den Farben rot, schwarz und weiß. Und neben Gitarre und Schlagzeug lassen sie nur noch Gesang an ihre Lieder (Ausnahmen bestätigen die Regel). Hier eine Hörprobe aus der neuesten CD/Vinyl-Scheibe:

The White Stripes: Icky Thump


The White Stripes: Prickly Thorn, But Sweetly Worn

Eine eher alte Bekannte ist für mich Suzanne Vega, die vom 30.7. bis 4.8. auch in Deutschland auf Tour geht, um ihr neuestes Werk Beauty & Crime vorzustellen, das sich im Wesentlichen um NYC dreht – mit anspruchsvollen, feministisch ausgerichteten Texten zu schönen Melodien, meist mit Begleitung durch eine aktustische Gitarre und sparsamen Arrangements, also im Stile einer Singer-Songwriterin. Auch hier eine Hörprobe:

Suzanne Vega: Beauty & Crime


Suzanne Vega: As You Are Now

Jethro Tull live at Hammersmith Odeon, London (8. Sept. 1984)

Wolfgangs Schatzkämmerlein (Wolfgang ’s Vault) macht es möglich: Das Konzert von Jethro Tull zur „Under Wraps“-Album Tour aus dem Hammersmith Odeon in London vom 8. September 1984 ist in (fast) voller Länge (rund 2 Stunden) als Audio-Stream zu hören. Man muss sich nur auf der Website anmelden, das natürlich kostenlos.

Neben Ian Anderson, Martin Barre, Doane Perry (der kurz zuvor bei Tull sein Debüt als Drummer gab) und Dave Pegg am Bass ist Peter-John Vetesse an den Keyboards zu hören. Setlist: Locomotive Breath (inst. intro.)/Hunting Girl, Under Wraps, Later That Same Evening, Nobody’s Car, Pussy Willow, Clasp, Living In The Past, Thick As A Brick, Aqualung, Locomotive Breath, Too Old To Rock’N’Roll/Thick As A Brick (reprise)

Jethro Tull at Hammersmith Odeon 1984

Jethro Tull
live at Hammersmith Odeon, London (8. Sept. 1984)
weitere Konzerte (meine Favoriten):
Ry Cooder
at Record Plant, Sausalito, CA – 7/7/74
Gentle Giant
at Academy of Music – New York, NY 01/18/195

Kreuz und quer durch Manhattan

Dank einer neuen Funktion bei Google Maps ist es jetzt möglich, ausgedehnte Streifzüge durch New York und andere (bisher nur amerikanische) Großstädte zu unternehmen. Grundlage sind Panoramafotos, die von einem Auto aus über ein kugelförmiges Kamerasystem aufgenommen wurden. Bürgerrechtler kritisieren inzwischen diesen Dienst, weil sie fürchten, dass durch die Detailgenauigkeit der Fotos die Privtsphäre der Bürger beeinträchtigt werden könnte.

New York: W 33rd St / E 33rd St / 5th Ave
Manhattan/New York: u.a. 5th Avenue

siehe zdf.de: Google sieht alles

Was ist bloß mit Ian los? Teil 72: Favourite Guitarists (1)

Liebe Kretakatze, lieber Wilfried,

Wilfrieds Zeitdokumente von Black Out sind gute Beispiele dafür, dass auch mit geringem technischem Aufwand gute Musikaufnahmen möglich sind. Mich würde interessieren, wie es zum Ende der Gruppe gekommen ist. Ich kann mir vorstellen, dass das nicht jedem der beteiligten Musiker leicht gefallen ist.

Wilfried, wirst Du die aktuelle intensive Beschäftigung mit John Fogerty zum Anlass nehmen, Dir sein Konzert in Hamburg anzusehen ? Ich denke, die Gefahr, dass sich seine Fans immer noch aus 7jährigen rekrutieren, ist eher gering. Eine persönliche Inaugenscheinnahme einer unserer Zielpersonen könnte unsere Diskussion gewiss zusätzlich beleben. Allerdings muss ich zugeben, dass ich persönlich kein großer Freund von Open-Air-Konzerten bin, wegen Akustik und Stimmung, you know.

Ich bin Dir sehr dankbar für Deine Frage nach den Lieblingsgitarristen. Eine wirklich gute Idee und ein sehr schönes Thema. Natürlich schätzen wir alle die Saitenkünste des Martin Lancelot Barre. Seine Verdienste um die musikalische Qualität von Jethro Tull kann man nicht überbewerten. Er ist allerdings nicht mein Lieblingsgitarrist. Das hat überhaupt nichts mit seinen Fähigkeiten an der Rockgitarre zu tun, sondern einzig und allein damit, dass Jethro Tull für mich eine Folk-Rock – Band ist, mit der Betonung auf Folk. Mit anderen Worten: Mir gefallen der Gesang (der weiteren Vergangenheit) des Mr. Anderson und die akustischen Saiteninstrumente besser als die Aspekte der Rockmusik, die Mr. Barre in das Spektrum der Gruppe einbringt.

Mein favourite Guitarist ist Brian May von Queen. Er und seine Red Special. Die beiden gehören zusammen wie John Wayne und die Winchester. Trotz meines wenig musikalischen Gehörs würde ich die Red Special unter hundert anderen Gitarren heraushören. Das wohl populärste Zeugnis seiner Kunst legte Mr. May mit dem Solo in der Live-Version von Brighton Rock ab: Durch eine spezielle Spieltechnik (Echo- und Delay-Effekte) ist er in der Lage, mit sich selbst mehrstimmig zu spielen (der Mehrstimmen-Effekt beginnt etwa bei Minute 2:20, aber es lohnt sich, das ganze Video anzusehen). Diese Live-Version hörte ich erstmals auf dem Album Live Killers Ende der 70er Jahr. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nichts von dem Echo-Effekt. Ich wusste nur, dass dort mehr als eine Gitarre zu hören ist. Damals dachte ich, dass sich ein anderes Bandmitglied mit einer Gitarre bewaffnet hat um Mr. May zu unterstützen. Aber, meine lieben Freunde, ein Mr. May hat keine Unterstützung nötig.

(Wem das Brighton-Rock – Solo gefallen hat, mag zusätzlich auf eine kleine Gitarrenschule von Mr. May klicken.)

Neben dem einzigartigen Klang seines Instruments und seinem virtuosen Spiel ist es einfach seine sympathische Erscheinung, die ich an ihm schätze. Ähnlich wie Mr. Barre blieb Mr. May als graue Eminenz bescheiden im Hintergrund. Er hat auch schöne Hände, der Lange. Für mich war er mindestens ebenso entscheidend für den Queen-Sound und den Erfolg der Gruppe wie Mr. Mercury seligen Gedenkens.

Jimmy Page von Led Zeppelin zähle ich ebenfalls zu den ganz großen. Obwohl: Seine Auftritte gefallen mir nicht immer. Ich habe irgendwann einmal einen Auftritt der Gruppe gesehen, bei dem er eine 3-stöckige Gitarre umgeschnallt hatte. Mehr Instrument als Page. Man konnte nur noch vermuten, wer sich hinter diesem Instrument befand. Das ist in meinen Augen reine Protzerei. Dessen ungeachtet steht das Led Zeppelin – Album „Physical Grafitti“ weit oben auf meiner persönlichen Bestenliste.

(Das wäre vielleicht auch ein interessantes Thema: Die Lieblings-Alben unserer Dreier-Runde, getrennt nach JT und dem Rest der Welt).

Beim Schreiben dieser Zeilen wird mir klar, dass ich die Leistung eines Gitarristen nicht objektiv beurteilen kann. Für mich ist entscheidend, ob das, was er spielt, mir gefällt. Ein Beispiel: Möglicherweise ist Ricky King der beste Gitarrist aller Zeiten, aber von mir wird er niemals auch nur einen einzigen Punkt bekommen.

An Wilfried: Als ich vom Evangelischen Kirchentag in Köln hörte, habe ich tatsächlich daran gedacht, ob Familie Albin sich daran beteiligen wird. Diese Frage ist nun beantwortet. Leider scheinen die Kirchentage ganz schön ins Wasser zu fallen; das ganze Rheinland liegt seit Tagen unter einer Gewitterfront.

Ich teile den Eindruck von Kretakatze, dass Mr. Anderson in seinen Texten fast nie politisch geworden ist. Er hat einige gesellschaftskritische Texte geschrieben (Thick As A Brick, Aqualung, Cross Eyed Mary…), aber zu Innen- oder Außenpolitik hat er sich so gut wie nie geäußert. Ungewöhnlich für einen Intellektuellen.

Dass er sich, seine Musik, Texte und sein Publikum für etwas Besonderes hält, versucht er erst gar nicht zu kaschieren. Ich denke da an ein Interview mit ihm, in dem er sinngemäß sagt: „Ich erwarte nicht, dass jeder Künstler solche Texte schreibt wie ich. Es muss auch Texte für Fußballfans geben.“ Das klingt nicht bloß latent arrogant. Ein wenig egozentrisch ist er schon, unser Mr. Anderson. In diesem Zusammenhang: Deine Einschätzung, liebe Kretakatze, dass Jethro Tull de facto ein Solo-Unternehmen ist, teile ich uneingeschränkt. Die Bezeichnung Jethro Tull für seine häufig wechselnde Ansammlungen von Studiomusikern halte ich für den reinsten Etikettenschwindel. Das bringt mich wieder auf den guten Mr. Barre. Welche Rolle spielt er wirklich im Andersonschen Musiktheater ? Ist er ein Freund, den man nicht im Regen stehen lassen will ? Oder ist er eine musikalische Säule, ohne die das Potenkimsche Gebilde namens Jethro Tull zusammenbrechen würde ? Ich wüßte dazu gerne die Meinung des Mr. Barre. Mr. Anderson’s Meinung dazu interessiert mich nicht; dem kann man sowieso nichts glauben.

Liebe Kretakatze, die von Dir vorgestellten CCR-Songs „Hideaway“ und „Fortunate Son“ wirken sehr ernst, traurig, melancholisch. Wenn man diese beiden Lieder hört, kann man sich nur schwer vorstellen, dass sehr viele Kinder zu den CCR-Fans zählen.

Den von Dir getippten Text von JT habe ich nicht erkannt. Ich musste nachschlagen. Der Text ist aus dem Lied „Silver River Turning“ aus dem Album „Nightcap“. „Nightcap“ gehört zu den späten Alben der Gruppe, die ich mir schon gar nicht mehr gekauft habe. Zu viele Metamorphosen sind im vorausgegangen.

Ich erlaube mir, dass o.g. Antikriegslied von CCR als Brücke zu missbrauchen, um auf zwei weitere Antikriegslieder aus dem britischen Umfeld aufmerksam zu machen. Es sind Lieder des zeitgenössischen schottischen Liedermachers Eric Bogle, die oft von Künstlern aus dem irisch-schottischen Dunstkreis interpretiert werden. Beide Lieder haben die Schrecken des Ersten Weltkriegs zum Inhalt: The Green Fields of France behandelt den jungen Gefreiten Willi McBride, der in den Schützengräben Frankreichs ums Leben kam. Durch dieses Lied ist Willi McBride wohl der bekannteste Gefallene des Ersten Weltkriegs geworden. Das Lied gehörte zum Repertoire unserer lokalen Irish-Folk – Gruppe und ich kann Euch versichern, dass ich dabei jedesmal eine Gänsehaut bekam. Der Sänger konnte den Eindruck vermitteln, er habe selbst an der Somme im Schützengraben gelegen.

The Band played Waltzing Mathilda, hier in einer Version von den Pogues, handelt von der furchtbaren Schlacht um Gallipoli. Und Wilfried hat Recht; dieses Lied ist auch von Tom Waits interpretiert worden. Anmerkung des Autors: Ich verstehe nicht, warum das th in Mathilda nicht wie das englische ti-ädsch ausgesprochen respektive gesungen wird.

Meine Lieben, ich wünsche Euch einen schönen Sonntag und einen sanften Einstieg in die neue Woche !

Wenn ich mich recht erinnere, steht Kretakatze kurz vor ihrem verdienten Urlaub, oder ?
Bis bald
Lockwood

09.06.2007

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Hallo Wilfried, Hallo Lockwood,

ich fürchte mit meiner Bemerkung zu Kate Bush habe ich etwas überzogene Erwartungen geweckt. Tatsächlich war ich natürlich auch Anno 1978 von ihrem Titel Wuthering Heights begeistert. Nun ist sie auch ungefähr so alt wie ich, höchstens ein paar Monate älter, und es war damals etwas Neues für mich, dass jemand im gleichen Alter in den Charts war. Ich habe auch ein paar Fernsehauftritte von ihr gesehen und fand ihre Darbietung ziemlich stark – da sie halt nicht nur einfach dasteht und singt, sondern ihre Lieder praktisch darstellt. Ihre Stimme fand ich anfangs ziemlich gewöhnungsbedürftig – sie klingt doch etwas kindlich-quäkend – aber bei einem Titel wie Wuthering Heights kann einen das auf Dauer nicht stören. Das ist der Urschrei des Verlangens, und den kann ich auch fünfmal hintereinander hören, ohne dass es mir langweilig wird.

Das war es dann aber auch schon mit Kate Bush und mir für die nächsten knapp 30 Jahre. Anfang diesen Jahres kam ich zu dem Schluss, dass ich mir ein paar Lieder aus dem Internet herunterladen sollte von Musikern, von denen ich vielleicht ein oder zwei Stücke gut finde, so dass sich die Anschaffung einer ganzen CD nicht lohnt. Kate Bush und ihr Wuthering Heights standen ganz oben auf meiner Liste. Dann hatte ich da noch so vage in Erinnerung, dass es in den 70ern noch ein anderes Stück von Kate Bush gegeben hatte, das mir gefallen hatte, ich konnte mich nur weder an Melodie noch Titel erinnern. Schließlich habe ich meinen Sohn gefragt, ob er eine Idee hätte wo man im Internet nach so etwas suchen könnte, und er hat mir YouTube empfohlen. Das war der Anfang vom Ende meines Nachtschlafs. Den gesuchten Song von Kate Bush habe ich allerdings nicht gefunden, wahrscheinlich habe ich mir den nur eingebildet.

Nun finde ich Kate Bush’s Musik durchaus sehr anhörbar, ich habe aber keinen anderen Titel gefunden, bei dem mich die Melodie irgendwie angesprochen hätte, und ich habe auf der Suche nach dem „verlorenen Lied“ wirklich so ziemlich alles durchgeklickt. Aber ich habe vollstes Verständnis dafür, wenn sie Dich , lieber Lockwood, mehr anmacht als – sagen wir mal John Fogerty (nein, das sollte nur ein Scherz sein…). Dass ein geschlechtsloser Außerirdischer mit dem von Dir verlinkten Video viel anfangen könnte, wage ich allerdings zu bezweifeln. Ich fürchte man muss ein Geschlecht haben, um dieses Video zu verstehen.

Eine Bemerkung vielleicht noch zu „Room For The Life“: Mich erinnert Kate Bush’s Gesang in diesem Lied an Vogelgezwitscher. Nett anzuhören, aber für mich ohne greifbare Melodie. Allerdings finde ich, es passt recht hübsch zu einem zwitschernden Vögelchen, wie sie sich da in ihrem Nest räkelt… Ich glaube den geschlechtslosen Außerirdischen hast Du gerade gefunden.

Auch Deine Videos zu den Pogues habe ich angeschaut, aber ich fürchte, das ist nicht meine Welt. Mir erschienen sie beide düster und trist, was aber auch an den Bildern liegen könnte. Deshalb habe ich noch ein paar weitere Videos angeklickt, aber mit denen bin ich auch nicht viel glücklicher geworden. Irgendwie scheinen alle diese Lieder denselben „Hauruck“-Rhythmus zu haben, den ich als eintönig, schwerfällig und zu simpel empfinde. Er erinnert mich stark an deutsche Volksmusik. Und die Texte, soweit ich etwas verstehen konnte, sprechen mich auch nicht gerade an. Eigentlich hatte ich mir die irische Volksmusik etwas „filigraner“ und beschwingter vorgestellt. Sorry, aber ich fürchte, mit dieser Musik kann ich nichts anfangen.

Themawechsel! Diese Mail habe ich mit enttäuschten Erwartungen begonnen, und ich denke das ist ein interessantes Thema. Wir alle leben in dem Korsett der Erwartungen, die unsere Umwelt an uns hat, oder von denen wir denken, dass unsere Umwelt sie an uns hat. Eigentlich tun wir ständig nichts anderes, als uns Gedanken darüber zu machen, was unsere Mitmenschen von uns erwarten, und uns zu bemühen diese Erwartungen zu erfüllen – oft auch völlig unbewußt. Man möchte niemanden enttäuschen. Ich denke das gilt in noch viel höherem Maße für Künstler, die davon leben, dass sie Erwartungen erfüllen oder gar übertreffen. Was erwarte ich also z.B. von unseren Hauptakteuren Anderson und Fogerty?

Von Mr. Fogerty um 1970 erwarte ich zunächst einmal, dass sein Hemd kariert ist. Das klingt wie ein Witz, ist aber keiner. Zu Fogerty’s Erscheinungsbild gehört einfach, dass er kariert aussieht, und wenn er nicht kariert ist, dann bin ich enttäuscht. Es gibt 2 oder 3 Videos, in denen die Karos auf seinem Hemd so kontrastarm sind, dass es aus einiger Entfernung wie einfarbig aussieht. Das sticht mir sofort ins Auge. Ich bin verwirrt und irritiert. Kann es sein, dass das Hemd nicht kariert ist? Ich starre aufs Hemd, kneife die Augen zusammen, ob ich dann vielleicht doch Karos erkennen kann, auf die Musik achte ich schon längst nicht mehr. Dann geht die Kamera näher ran und ich sehe – ah, da sind ja doch Karos drauf, alles in Ordnung, ich kann aufatmen und mich erleichtert zurücklehnen. Und dann erst denke ich „Spinnst Du eigentlich?“. Es ist ein interessantes psychologisches Phänomen, das sich sicher lohnen würde näher zu ergründen. Zur rein optischen Gewöhnung – und der Mensch gewöhnt sich bekanntermaßen nur ungern um – kommen die Zweifel an der eigenen Menschenkenntnis. Da denkt man, man kennt einen Menschen seit über 35 Jahren, und dann muss man plötzlich feststellen: Er trägt auch unkarierte Hemden. So etwas verunsichert.

Desweiteren erwarte ich, dass das, was er singt, nicht klingt wie Mary Don’t You Weep. Nach diesem Video hätte ich fast geheult, ich habe zweimal Witch’s Promise gebraucht, um die Fassung zurückzuerlangen. Auch ich habe meine Erholungsvideos, und gegen süßlich-schmalztriefend, was ich besonders schlecht verkrafte, hilft Witch’s Promise am besten. Ansonsten habe ich eigentlich keine besonderen Erwartungen, das Übliche eben. Er sollte was singen, wenn möglich dazu ein bißchen Gitarre spielen, und falls er was sagt, keinen allzu großen Blödsinn reden. Das war’s dann auch schon.

Sollte ich jetzt aber ein neues Video entdecken mit der Überschrift „Jethro Tull – Thick As A Brick 1972 live Part2“ von TullTapes (nein, Ihr braucht jetzt nicht danach zu suchen, das gibt’s nicht, das ist nur Wunschdenken), dann würde ich einen Meter hoch vom Stuhl aufspringen, eine Flasche Champagner kaltstellen… nein, ich will Euch jetzt nicht mit dem ganzen Vorbereitungs-Prozedere langweilen. Vermutlich würde ich auch nichts von alledem tun, da ich reflexartig innerhalb von Millisekunden dieses Video anklicken würde, bevor mein Gehirn auch nur an Champagner denken kann. Was ich dann erwarten würde, wäre nicht weniger als ein Paradoxon: Ich würde erwarten, dass ich etwas zu sehen bekomme, das ich nicht erwarte. Etwas Sensationelles eben, das ich mir noch nicht einmal vorstellen kann.

Wenn man es geschafft hat, in seinen Mitmenschen eine derartige Erwartungshaltung aufzubauen, dann hat man eigentlich ausgespielt, dann sitzt man in der Falle. Solche Erwartungen kann man auf Dauer nicht erfüllen, da bleibt nur noch eins: Man schert sich einen feuchten Sch***rott um das, was von einem erwartet wird, und tut etwas ganz anderes. Am besten das genaue Gegenteil, oder einfach sonst etwas Schreckliches, Fürchterliches, Entsetzliches. Jedenfalls irgend etwas, mit dem man erreicht, dass diese unerfüllbaren Erwartungen so heftig enttäuscht werden, dass sie eines jähen Todes sterben. Diese Strategie scheint Mr. Anderson nun schon seit einigen Jahrzehnten zu verfolgen.

Bei mir hatte er damit Erfolg. Meine Erwartungen sind inzwischen auf knapp über den absoluten Nullpunkt gesunken. Finde ich ein neues Video mit der Überschrift „Jethro Tull – Thick As A Brick 2007 live“, dann gehe ich folgendermaßen vor: Ich mache zuerst einige entspannende Atemübungen. Dann spreche ich mir selbst Mut zu, indem ich mir sage, dass es eigentlich nichts Schlimmeres geben kann als das, was ich bereits gesehen habe, und dass ich das ja auch überlebt habe. Schließlich klammere ich mich am Stuhl fest und klicke das Video an. Wenn ich das Video überstanden habe, ohne vom Stuhl gefallen zu sein, und ohne laute Entsetzensschreie von mir gegeben zu haben, dann fühle ich mich bereits positiv berührt. „Hm“, denke ich mir, „das war ja garnicht so schlimm, da kann ich ja auch mal ins Konzert gehen.“ Wenn man bei seinen Fans eine derartige Erwartungshaltung erzeugt hat, ist das eine Basis, auf der man aufbauen kann. Von da an kann es eigentlich nur noch aufwärts gehen.

Um es noch einmal kurz zusammenzufassen. Ein einfaches Konzept, wie das von Mr. Fogerty – eingängige Melodie, starke Stimme, kariertes Hemd – lässt sich durchaus 40 oder mehr Jahre durchhalten, solange einem die dafür notwendigen Melodien einfallen, die Stimme mitmacht und es karierte Hemden gibt. Dieses Glück war Mr. Fogerty bislang beschieden. Ein Konzept wie das von Mr. Anderson – jedes Jahr etwas neues, jedes Jahr besser und jedes Jahr sensationeller als im Jahr zuvor – lässt sich unmöglich 40 Jahre durchhalten. Es ist erstaunlich genug, und beweist Mr. Anderson’s Genialität, dass es ihm etwa 10 Jahre lang gelungen ist. Allerdings erklärt das auch noch nicht, warum Mr. Anderson ins Gegenteil verfallen musste: Seine Fans fast jährlich mit neuen Fehlgriffen zu schockieren.

Nachdem ich nun kürzlich meine tiefenpsychologischen Fähigkeiten an Mr. Fogerty angewandt und ihn bis auf den Grund seiner Seele durchleuchtet habe, wäre es wohl eigentlich an der Zeit, nun auch Mr. Anderson dieselbe Behandlung angedeihen zu lassen. Nur muss ich zugeben – da bin ich völlig überfordert. Nicht in meinen kühnsten Phantasien kann ich mir vorstellen, was in seinem Kopf vorgeht. Deshalb bin ich ja überhaupt in diesem Weblog gelandet. Ursprünglich war ich hier von YouTube mal hergesurft, um ein paar Videos anzuschauen. Dann habe ich diesen Link gesehen „Was ist bloß mit Ian los?“. „JA!“ habe ich mir gesagt, „Das ist doch genau das, was ich auch gerne wüßte. Vielleicht steht’s ja hier.“ – klick. Leider, so muss ich gestehen, lieber Wilfried und lieber Lockwood, wurde ich bitter enttäuscht. Ich mußte feststellen, dass Ihr auch nicht mehr wisst als ich, ja dass Ihr bereits mit so einfachen Fragen wie Haar- und Augenfarbe völlig überfordert seid. Da habe ich beschlossen, Euch ein wenig hilfreich unter die Arme zu greifen. An dem Versuch der Beantwortung der Frage „Was ist bloß mit Ian los?“ kann aber auch ich nur hoffnungslos scheitern.

Lieber Wilfried, zu Dir, der Gruppe „Black Out“ und Deinen Gesangskünsten bin ich jetzt noch garnicht gekommen. Aber das verdient eingehende eigene Betrachtung, und deshalb werde ich mich darüber erst in meiner nächsten Mail auslassen. Solange schon einmal vielen Dank, dass Du Dir die Mühe gemacht hast die alten Aufnahmen auszugraben und aufzubereiten. Das muss auch entsprechend gewürdigt werden – in meiner nächsten Mail…

Seid lieb gegrüßt
Kretakatze

PS.: Und hier jetzt wie versprochen die Videos zu diesen beiden Textpassagen vom letzten Mal:


Take me back down where cool water flows,
Let me remember things I love,
Stopping at the log where catfish bite,
Walking along the river road at night…

I walked down that boulder road,
Through a child’s eye saw places where I used to go.
Where I crawled barefoot with a fishing pole
To the rock that overlooked that steelhead hole…

Den catfish hat Mr. Fogerty im Green River gefangen, während Mr. Anderson dem steelhead (ich nehme mal an, das ist eine Fischart) in Silver River Turning (mit komplettem Text in der Beschreibung des Videos) aufgelauert hat. Die Texte sind sich so ähnlich, aber wenn man die beiden Titel so kurz hintereinander hört, sticht einmal wieder der enorme Unterschied in Art und Qualität der Musik ins Ohr – es sind extreme Gegensätze.

10.06.2007

English Translation for Ian Anderson

Untermieter

Wenn man ein Haus hat mit ein wenig Garten rundum, dann hat man meist auch mehr oder weniger ungebetene Untermieter. Einmal ist es Nachbars Katze, dann können es Tiere aus der freien Wildbahn sein. Wir haben zz. gleich mehrere Gattungen tierischen Lebens bei uns vertreten.

Igel in Nachbars Garten

Des Nachts kommt schon einmal ein Igel vorbei, in einem hoch aufgehängten Nistkasten hat sich ein seltenes Vogelpärchen breit gemacht, um für Nachwuchs zu sorgen (es müsste ein Grauschnäpper sein aus der Familie der Fliegenschnäpper, zu denen auch Blau- und Rotkehlchen gehören bzw. die Nachtigall). Als weitere Untermieter haben sich Hummeln in einem Lüftungsschlitz im Mauerwerk ein Zuhause gesucht.

'Untermieter' Fliegenschnäpper

Was ist bloß mit Ian los? Teil 71: Stolze Maria in schmutziger, alter Stadt

Hallo Ihr Lieben,

vielen Dank für die Komplimente zu meinen unvorstellbaren Link-Künsten. So ganz langsam komme ich im 21. Jahrhundert an. Ich gestehe, dass ich mich zwischen zwei IT-Profis manchmal klein und hilflos fühle. Aber dank Wilfrieds geduldiger und effektiver Nachhilfe kann ich die schlimmsten Lücken schließen.

Zum Verhältnis von Abba und CCR (ich glaube, es gibt nicht viele Foren, in denen diese beiden Namen in einem Satz genannt werden):
In meiner letzten mail wollte ich ausdrücken, dass ich es mir nicht vorstellen kann, ein CCR-Lied von den Abba-Damen gesungen zu hören. Das liegt aber allein an meiner schon sprichwörtlichen Unmusikalität und nicht daran, dass es musiktechnisch unmöglich wäre. Ich habe ganz einfach zu wenig musikalische Vorstellungskraft. Das Abba-Cover vom „Midnight Special“ klingt vollkommen nach Abba. Ich wäre nie auf die Idee gekommen, dass es aus der Feder von jemand anderem stammen könnte. Mit dieser Coverversion ist meine unzureichende Phantasie in musikalischen Fragen unwiderlegbar bewiesen.

Liebe Kretakatze, ich muss zugeben, dass ich Deinen vorangegangenen Beitrag über die Parallelen zwischen Mr. Anderson und Mr. Fogerty gründlich missverstanden habe. Ich habe aus Deinen Zeilen das herausgelesen, was ich herauslesen wollte. Du wirst bei mir noch häufiger den Hang zur selektiven Wahrnehmung und kognitiver Dissonanz feststellen müssen. Also, vielen Dank für die Richtigstellung !

Deine Frage, warum Fogerty-Fans so zufrieden mit ihrem Star sind, während Anderson-Fans ganze Bücher mit ihren Lamentis füllen können, finde ich sehr interessant. Fast ein Sinnfrage, gerade für JT-Fans. Hätte ich mich also als junger Mensch für CCR begeistert, so wäre ich jetzt ein zufriedener Mann. Aber das klappte damals nicht und es klappt heute nicht. Wie gesagt, die Musik von Mr. Fogerty ist für mich ok, mehr aber auch nicht. Trotz aller Enttäuschungen der letzten Jahrzehnte habe ich meinen Status als selektiven JT-Fan nie bereut. Es reicht schon, mir einige der alten Tull-Platten anzuhören, um zu wissen, dass ich auf der richtigen Seite stehe.

Zurück zu Deiner Frage: Möglicherweise kennen wir die Antwort. Es ist die Beständigkeit, die die Fogerty-Fans bei der Stange hält. Er ist für seine Fans eine feste und berechenbare Größe. Eine Konstante in ihrem Leben. Der Fels in der Brandung des Zeitgeistes. Etwas, woran man sich klammern kann in Zeiten der Veränderungen und Umbrüche. Er ist jemand, der die Brücke zur guten alten Zeit schlägt, in der bekanntlich alles besser war. Er ist fleischgewordene Nostalgie, ein Bollwerk gegen eine nicht immer lustige Gegenwart und eine ungewisse Zukunft. Im krassen Unterschied dazu hat der aktuelle Mr. Anderson außer seinem Namen nichts, was mich an seine ruhmreichen Zeiten erinnert. Er ist ein anderer geworden. In Aussehen, Stimme, musikalischer Orientierung. Dein Bild der Metamorphosen passt hier sehr gut. Leider.

Abrupter Themenwechsel: Wenn man ein Bild der irischen Folklore zeichnen möchte, sollte man sich nicht zu lange bei den Dubliners aufhalten. Sie sind möglicherweise die populärsten Vertreter dieser Musik jenseits der Insel, aber bestimmt nicht die Besten. Ich möchte dem geneigten Leser an dieser Stelle eine weitere Formation vorstellen: Die Pogues spielten eine gefällige Mischung aus Folk, Rockabilly und Punk. Dabei interpretieren sie Traditionals ebenso wie eigene Werke. Die Pogues zähle ich ebenso wie die Dubliners nicht zu den Archetypen der irischen Folklore, aber sie machen deutlich, wie weit sich dieser Begriff dehnen läßt. Genialer Frontmann der Pogues war Shane McGowan, an dessen Alkoholsucht die Gruppe zerbrochen ist. McGowan ist vielleicht der hässlichste Mann, der jemals freiwillig eine Bühne betreten hat, aber auch das hat einen enormen Wiedererkennungswert. Neben Jethro Tull sind die Pogues für mich die Allergrößten !

Dass Jethro Tull – Fans hochintelligente, gebildete, sprachlich und musikalisch interessierte Intellektuelle mit hohen Qualitätsansprüchen sind, habe ich schon lange geahnt. Nach der letzten mail von Kretakatze wird es zur Gewissheit.

Das Faible für Kate Bush haben wir Drei gemeinsam. Vor einiger Zeit haben Wilfried und ich einige Gedanken zu dieser einzigartigen Künstlerin ausgetauscht. Gerade habe ich mir ihr Video zu Room for the Live noch einmal angeschaut. Ich bin jedesmal hin und weg. Ich habe noch nie einen Bühnendarbietung mit einer stärkeren femininen Austrahlung gesehen als diesen Auftrittt. Mrs. Bush verkörpert hier alles, was eine Frau ausmacht. Vielleicht haltet Ihr mich für einen Macho, aber das Risiko gehe ich ein. Wenn ich einem geschlechtlosen Außerirdischen erklären müsste, was eine Frau ist, würde ich ihm dieses Video zeigen. Kate Bush kenne ich seit ihrem Wuthering Hights, also seit 1978, und damit länger als JT, auf die ich erst später gestoßen bin.

1978 war ich zarte 15 und Ihr müsst Euch klar machen, welche Wirkung dieses Lied auf einen pubertierenden Jüngling haben kann. Irgendwie, wenn auch auf eine andere Art, stehe ich heute noch in ihrem Bann. Wenn ich abends im Bett liege und lese, höre ich dazu oft ihr letztes Album „Aerial“. Sie hat wirklich nichts von ihrer Faszination verloren.

Liebe Kretakatze, es würde mich interessieren, was Du zu Mrs. Bush zu sagen hast.

Das war es von meiner Seite für heute.
Es grüßt Euch herzlich
Lockwood

07.06.2007

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Hi Mädel(s) und Jung(s),

zunächst zu John Fogerty und dem Lied „Proud Mary“. Leider muss ich Dich enttäuschen, Kretakatze, aber bei dem Lied habe ich vor vielen Jahren in der Band lediglich Bass-Gitarre gespielt … und beim Chorus mitgebrummt: Rrrrroollin’, rrrroollin’, rrrroollin’ on the river. Und irgendwie kam dann noch ein Gezirpe a la doo-up-doo-doo-doo (oder so) ab dem Mittelteil hinzu.

Ich habe in den Tiefen meines Archivs geforscht und habe tatsächlich eine Aufnahme auf Kassette gefunden (ich habe zwar noch Tonbänder mit besserer Qualität, aber ohne funktionierendes Tonbandgerät nützen die mir nicht viel). Hier also die legendäre Gruppe Black Out mit „Proud Mary“ (Gesang übrigens von meinem Bruder mit seiner damaligen Frau):

Zur Ergänzung hier eine Version von Ike & Tina Turner-Proud Mary Live 1974.

Durch Lockwoods viele Links zu den Dubliners bin ich auf das folgendes Video bei youtube gestoßen: The Dubliners (Luke Kelly) – Dirty Old Town. Auch das Stück hatten wir gecovert – und mich dazu sogar als Sänger. Und damit sich der Kreis (fast) schließt: Wir kannten das Lied in einer Version von Rod Stewart und der ist bekanntlich Schotte. Ich habe lange überlegt, ob ich es euch wirklich antun soll (Proud Mary sollte für heute eigentlich genug sein). Die Aufnahme ist ziemlich bescheiden und meine Stimme belegt wie ein vielschichtiges Sandwich. Ich habe wenigstens noch die Höhen etwas herausgekitzelt … Nun, denn, ich denke, Ihr wollt es nicht anders: Hier also nochmals Black Out, diesmal mit „Dirty Old Town“:

Jetzt aber bitte keinen zu stürmischen Beifall. Dafür noch etwas zu John Fogerty. Der kommt Anfang Juli (wohl der 3.) tatsächlich nach Hamburg und gibt dort (fast könnte ich hier schreiben) im Stadtpark ein Open-Air-Konzert. Und da treten eigentlich nur die (fast) ganz Großen auf (okay, Jethro Tull ist 2001 und 2003 auch im Stadtpark aufgetreten).

Zum Thema Folklore im Allgemeinem: Sicherlich kannst Du, Kretakatze, nicht viel zur deutschen Folklore, speziell zum deutschen Volkslied, sagen; aber zur griechischen Folklore hast Du doch schon vieles beigetragen, wie anders lassen sich die griechischen Tänze deuten, wenn nicht als Volkstanz. Und Lockwood ist ja jetzt bemüht, uns die irische ‚Volksmusik’ Stück für Stück näher zu bringen. Vielen Dank dafür. Mit der einen oder anderen Ergänzung aus der schottischen Ecke (Irland und Schottland haben viele gemeinsame Wurzeln) kann ich dann vielleicht auch aufwarten.

Ich möchte noch einmal kurz auf das Wort ‚Volkslied’ zurückkommen. Der gute Herder hat den Begriff ja geprägt und die englische Bezeichnung ‚popular song’ hiermit übersetzt. Wir gehören einer Generation an, die noch oft die Begriffe Pop- und Rock-Musik benutzt. Von Pop-Musik spricht heute fast keiner mehr. Und Rock-Musik beinhaltet so viele Schublädchen, dass man darüber schnell den Überblick verliert. Nun ‚Pop’ kommt von englisch ‚popular’ und wird meist im Sinne von populär (bekannt, gängig, beliebt) benutzt. Der begriffliche Zusammenhang mit ‚Volk’ ist dabei verloren gegangen.

Kurz zum Technischen, das mit den Standbildern aus den youtube-Videos: Die Videos können ja angehalten werden, dann macht man eine Hardcopy (des Bildschirms – unter Windows mit der Druck-Taste), fügt das Bild in ein Grafik-Programm ein und bearbeitet es dort (z.B. Ausschneiden). Leider klappt das nicht mit allen Videoformaten (z.B. nicht bei RealMedia). Da benötigt man meist schon Videobearbeitungsprogramme usw.

Ich bin im Internet über diverse Listen der ‘100 greatest guitar solos’ gestolpert und habe mir auch schon viele der Liedchen angehört. Martin Barres Solo auf ‚Aqualung’ findet dabei die entsprechende Würdigung (einmal Platz 25, ein anderes Mal sogar Platz 9). Dem stimme ich gern zu. Es ist allerdings auch vieles dabei, bei dem ich mich frage, was diese Lieder/Soli hier zu suchen haben. Da würde ich Creedence Clearwater Revival mit I Put A Spell On You durchaus eine Chance geben, sich zu platzieren. Und natürlich fehlen mir Gitarristen, die ich für hervorragend halte. Ich weiß, dass das wieder ein neues Thema ist. Ich werde mich vielleicht in einem eigenen Beitrag dazu äußern. Mich würde nur interessieren, welche Gitarristen ihr gut findet (vom guten Martin einmal abgesehen – wer würde ihn als Tull-Fan nicht in den Gitarrenhimmel heben wollen).

Soll von meiner Seite her heute reichen. Wenn ich mich die nächsten Tage etwas rar mache: Wir haben Besuch von den sizilianischen Freunden meiner Frau, die für eine Woche ihre alte Heimat besuchen (ich hatte sie früher einmal erwähnt). Hoffentlich bleibt das Wetter einigermaßen. Und Lockwood, mein Sohn ist dieser Tage in Köln, ja, Kirchentag und so. Von dort sind es ja nur noch rund 80 km bis zu Dir.

Ansonsten schon heute ein schönes Wochenende.
Viele Grüße
Wilfried

P.S. Wir müssen etwas auf unseren Lockwood achten. Vor lauter Linkerei findet er jetzt auch kaum noch den nötigen Schlaf (ach nein, der konnte ja heute ausschlafen, denn er hatte einen Feiertag, Fronleichnam – du auch, Kretakatze? Ich durfte heute arbeiten!)

P.P.S. Dass sich Herr Anderson selbst die Haare färbt, bezweifle ich. Wozu hat er seine Frau? Nein, im Ernst, ich kenne keinen Mann, der sich selbst die Haare färbt, wenn er sie sich färbt. Und die Prominenz lässt sich die Haare von ‚seinem’ Friseur färben. Daher gibt es neben Bank- und Steuer- ja auch das Friseurgeheimnis (siehe Gerdi Schröder, dessen Friseur nach Sibirien verbannt wurde, nachdem dieser gegen jenes verstoßen hatte).

P.P.P.S. Ist ja nun wirklich kein Witz: Ich habe Lockwoods neueste Mail zwar auf der Arbeit gelesen, aber noch nicht die Links ‚gelüftet’. Und was kommt mir da jetzt entgegen: Dirty Old Town von den Pogues (nur zur Klärung des zeitlichen Zusammenhangs: Gestern hatte ich meine alten Aufnahmen eingespielt und auch schon mit dieser Mail begonnen …) Zu den Pogues später wohl etwas mehr. Irgendwie klingt da einiges nach Tom Waits.

07.06.2007

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Hallo Ihr Lieben!

Lieber Lockwood, Du solltest Dein Licht nicht so unter den Scheffel stellen. Außerdem – wir alle neigen zu selektiver Wahrnehmung, und ich kann verstehen, wenn nicht jeder sofort meinen wilden Phantasien folgen kann. Was ich mit „wilden Phantasien“ meine, wirst Du wahrscheinlich an meinem heutigen Beitrag noch erkennen. Deinen Ausführungen betreffend der Frage, warum Fogerty-Fans zufrieden sind und Anderson-Fans nicht, habe ich nichts hinzuzufügen – sie waren schlüssig und umfassend! Trotzdem gibt es von mir heute noch einmal einen Beitrag „volle-Kanne-Fogerty“ (sorry!), aber ich denke, das war dann der letzte in dem Umfang. Zu Deinen Videos und Kate Bush komme ich nächstes Mal, dafür muss ich mir noch ein bißchen Zeit lassen. Und was Abba und CCR betrifft – ich glaube, dass die beiden Gruppen sich musikalisch wesentlich näher sind als Abba und Jethro Tull oder CCR und Jethro Tull.

Manche Dinge erkennt man besser, wenn man sie vor einem kontrastfarbigen Hintergrund betrachtet, und deshalb werde ich jetzt – wie bereits erwähnt – noch einmal Mr. Fogerty bemühen und dabei auch noch tiefenpsychologisch werden. Es wurde hier schon angesprochen, dass ein Grund für den sehr unterschiedlichen Stil – betreffend Musik, Kleidung, Auftreten, eigentlich alles – der Herren Anderson und Fogerty die Tatsache ist, dass der Eine sehr schottisch-britisch und der Andere sehr amerikanisch ist. Ich glaube, das ist erst die Hälfte der Wahrheit. Die andere Hälfte ist im unterschiedlichen familieren und gesellschaftlichen Background der beiden Musiker zu suchen.

Ian Anderson singt „I come down from the upper class … my father was a man of power…“. Auch wenn er sich anschließend damit brüstet, seinen Vater „zurechtgestaucht“ zu haben, schwingt da doch Bewunderung mit und bestimmt der Wunsch, ihm in diesem Punkte nicht nachzustehen.

Anderson hat schon immer ein gewisser elitärer Anspruch angehaftet. In einem Interview ist es ihm wichtig zu betonen, dass er in seinen Texten versucht hat Worte zu verwenden, die sonst kaum jemand verwendet, und über Themen zu schreiben, über die noch nie ein Anderer geschrieben hat. Seine Texte sind häufig so verklausuliert, als ob sie einen Intelligenztest darstellen sollten. Seine Musik ist für höchste Ansprüche konzipiert, sie besteht vielfach aus komplexen Melodien in komplizierten Rhythmen und ist aufwändig arrangiert. Er ist stolz darauf, auf höchstem Niveau gegen den Strom zu schwimmen und trotzdem erfolgreich zu sein. Auf simplere Gemüter schaut er gerne ein wenig herab.

John Fogerty dagegen verkündet „I’m no senator’s son … I’m no millionaire’s son … I’m no fortunate son…“. Für mich steckt da auch so etwas drin wie „I come up from the lower class“.

Der Fogerty’sche Text entstammt dem Stück Fortunate Son, das üblicherweise als Protestsong gegen den Vietnamkrieg betrachtet wird. In meinen Augen ist es eigentlich eher ein Lied gegen die Ungleichbehandlung von „upper class“ und „lower class“ in der amerikanischen Gesellschaft. Obwohl Fogerty nicht wirklich aus der „lower class“ stammt – seine Mutter war Lehrerin – hat er sich immer mit den einfachen Leuten identifiziert, wie einige seiner Songtexte beweisen. Insofern hat er auch immer nur einfache Songs für’s einfache Volk schreiben wollen. Das Prinzip seiner Musik ist entsprechend simpel: Eine einfache, eingängige Melodie, vorgetragen von einer starken Stimme. Das Ganze muss dann nur noch ein bißchen instrumentell ausgefüttert werden.

An der obigen Version von Fortunate Son (TV-Studio Playback zur Originalaufnahme von 1969) finde ich übrigens noch interessant, dass sie Zeitgeschichte dokumentiert – den Vietnamkrieg und sein Einfluß auf die Rockmusik, andererseits aber auch die Möglichkeiten der Rockmusik, sich politisches Gehör zu verschaffen. Mir ist nicht bekannt, dass Jethro Tull jemals derart politisch geworden wären, aber vielleicht wisst Ihr da mehr als ich.

Auffällig ist an dem Songtext von „Fortunate Son“ aber auch dieses wiederholte „I’m no…son“. Fogerty’s Vater verließ die Familie, als dieser noch klein war, er hat ihn nur wenig gekannt. Soweit in seinen Liedern ein „Dad“ vorkommt – und das tut er an 3 oder 4 Stellen – ist der gerade am Weggehen, oder er schickt seinen Sohn fort. Am bittersten klingt das in dem Titel Porterville

They came and took my Dad away to serve some time,
But it was me that paid the debt he left behind.
Folks said I was full of sin, because I was the next of kin.
I don’t care! I don’t care!…

Vielleicht hat er sich aufgrund des „Makels“, von einem Vater im Stich gelassen worden zu sein, dem er – nach Meinung anderer – wohl auch noch ähnlich ist, auch einfach „lower class“ gefühlt…

Und jetzt möchte ich noch einmal auf das Thema „Band oder Solo-Karriere“ zurückkommen. Ich habe ja schon einmal erwähnt, dass ich glaube Mr. Anderson wäre eigentlich von Natur aus schon immer eher ein Solo-Musiker gewesen. Nach meiner Meinung sollte das Wesen einer Band darin bestehen, dass alle Musiker gleichberechtigt im Team zusammenarbeiten. Natürlich wird immer irgend einer die Führung übernehmen, aber die Arbeit sollte so verteilt sein, dass jeder seinen Beitrag leisten und sich auch im Ergebnis wiederfinden kann. Sonst macht so eine „Teamarbeit“ keinen Spass.

Die wichtigsten Aufgaben in einer Band sind Musik und Texte zu schreiben, das (oder die) Soloinstrument(e) zu spielen und zu singen. Üblicherweise ist der Sänger fürs Publikum die Hauptperson, er ist Gesicht und Stimme der Band, auf ihn sind Augen und Kameras gerichtet, er kommuniziert mit dem Publikum. Er wird also die meiste Aufmerksamkeit bekommen, dahinter müssen die Anderen immer ein bißchen zurückstehen. Wenn aber schließlich alle wichtigen Aufgaben in einer Band praktisch nur noch von einer einzigen Person wahrgenommen werden, wie das bei Jethro Tull und CCR der Fall war (bzw. ist), dann werden die anderen Bandmitglieder schließlich zur Staffage und zur Hintergrund-Dekoration degradiert. Die Kleinarbeit in der Entwicklungsphase der Songs, wenn zusammen an den Arrangements und am Sound gefeilt wird, wird vom Publikum üblicherweise nicht wahrgenommen und auch nicht honoriert. Wer hier welchen Beitrag geleistet hat, ist im Nachhinein nicht mehr zu erkennen. Für kreative Musiker ist das auf Dauer eine ziemlich unbefriedigende Situation. In einer solchen „Band“ wird es eine hohe Fluktuationsrate geben, oder sie zerbricht ganz. Da ist es ehrlicher, Solo zu arbeiten und sich nach Bedarf die erforderlichen Musiker „einzukaufen“ wie es ja Mr. Anderson im Prinzip auch schon seit Jahren tut – nur halt immer noch unter dem Namen Jethro Tull, da der bekannter ist als sein eigener.

Ich denke in diese „Band-Karriere“ ist Anderson nur durch seine Anfänge in einer Schülerband und seine musikalischen Schulfreunde „hineingerutscht“. Natürlich hat er sich in jungen Jahren auch erst noch entwickeln müssen. Bei Gründung von Jethro Tull war vermutlich noch jedes Bandmitglied der Meinung, mehr oder minder gleichberechtigt mitarbeiten zu können. Nach und nach hat dann einer nach dem anderen gemerkt, dass sie neben Anderson keine Chance haben, und sind gegangen. Nachgerückt sind Musiker, die dann schon wußten, auf was sie sich einlassen, und die zumindest eine zeitlang bereit waren das zu akzeptieren. Da dieses System in den 70ern erfolgreich war und gut funktioniert hat, hatte Anderson auch keinen Grund auszusteigen.

Als er es nach 15 Jahren Jethro Tull dann doch versucht hat, war er in einer musikalischen Phase, die eigentlich keiner so recht hören wollte. Entsprechend war der Erfolg bescheiden. Da hat er halt Jethro Tull weitergemacht, das hat sich vermutlich allein wegen des Namens besser verkauft, auch wenn nichts anderes drin war. Aber letztendlich hat er Jethro Tull genau so betrieben, als ob er Solo wäre. Als Band in dem Sinne, wie sich das manche Fans so vorstellen und wie es in den 70ern – zumindest nach außen – auch ausgesehen hat, hätte Jethro Tull nie so lange überleben können. Wäre Anderson von Anfang an ein Solo-Musiker gewesen, wäre musikalisch vermutlich auch nichts anderes herausgekommen, es hätte nur einen anderen Namen gehabt. Um aufzutreten muss man nicht in einer Band spielen, Elton John, David Bowie und Sting treten auch auf.

Bei CCR war die Situation ganz anders, da diese Truppe einen ganz anderen Zusammenhalt hatte. Als sie 1972 endgültig auseinanderbrach, hatte John Fogerty fast die Hälfte seines Lebens in diesem fixen „Familienverband“ verbracht, er war praktisch darin aufgewachsen. Anfänglich hatte man ihn vielleicht nur mitmachen lassen, damit „der Kleine“ halt aufgeräumt ist – als großer Bruder hat man ja manchmal auch Babysitter-Pflichten. Im Laufe der Jahre hat „der Kleine“ den Rest der Gruppe dann einfach überrollt – erst war er besser an der Gitarre als Tom, dann hatte er auch noch die interessanter klingende Stimme (Tom konnte durchaus auch singen) und zum Schluss hat er auch noch die Hits geschrieben. Alle anderen Mitglieder von CCR haben auch Songs geschrieben, dabei ist aber nie ein Hit herausgekommen. Ich glaube nicht, dass es seine Absicht war die Anderen platt zu machen, es ist einfach passiert.

Als Tom 1971 ausgestiegen ist, war wahrscheinlich niemand schockierter als John. Da war nicht irgendjemand gegangen, sondern sein Bruder, und einen Bruder kann man nicht ersetzen. Deshalb blieb die Position des Rhythmus-Gitarristen bei CCR auch unbesetzt. Danach kam in über einem Jahr nur noch eine Platte heraus, zuvor hatten CCR über 3 Jahre hin alle 6 Monate ein neues Album auf den Markt geschmissen – der rote Faden war weg und die Luft war raus. John hat noch versucht was er konnte, durch Kompromisse bei der Arbeit am letzten Album (es entstand nach dem Motto: Jeder schreibt 3 Songs und die spielen wir dann…) wenigstens seine „Restfamilie“ zu retten, aber sie ist ihm unter den Fingern weggebrochen. Ich glaube ich weiß, von wem er sich in diesem Song (Hideaway – hatte ich schon einmal verlinkt – siehe Text in der Videobeschreibung) verabschiedet.

Und ich verabschiede mich jetzt auch für heute, es wird mal wieder Zeit, dass ich etwas anderes tue…


Seid gegrüßt

Kretakatze

PS.: Heute gibt’s als Nachschlag zwei Textpassagen, die eine stammt von Anderson und die andere von Fogerty. Es geht um Kindheitserinnerungen und einen Fluß:

Take me back down where cool water flows,
Let me remember things I love,
Stopping at the log where catfish bite,
Walking along the river road at night…

I walked down that boulder road,
Through a child’s eye saw places where I used to go.
Where I crawled barefoot with a fishing pole
To the rock that overlooked that steelhead hole…

Sicher habt Ihr als Experten den Anderson’schen Text sofort erkannt, aber Ihr werdet zugeben, dass der Inhalt der beiden Passagen doch ziemlich ähnlich ist. Die Links zu den Songs gibt’s dann nächstes Mal.

07.06.2007

English Translation for Ian Anderson

Evangelischer Kirchentag in Köln

Heute endete in Köln der 31. Deutsche Evangelische Kirchentag. Mein Sohn Jan war seit dem Mittwochabend unter den rund 110000 Dauerteilnehmern und besuchte verschiedene Podiumsdiskussionen, Konzerte und Gottesdienste. Ein Schwerpunkt für ihn war dabei der christlich-jüdische Dialog.

Angesichts des G8-Treffens der Mächtigen in Heiligendamm so stand natürlich auch auf diesem Kirchentag die Frage, wie die Welt nach menschlichem Maß gestaltet werden kann, im Mittelpunkt vieler Veranstaltungen. Höhepunkte daher die Auftritte der Friedensnobelpreisträger Mohammed Yunus und Desmond Tutu.

Bischoff Desmond Tutu

Den Stolz und die Würde der Betroffenen hat denn auch – am Rhein und nicht an der Ostsee – niemand besser und klarer formuliert als der südafrikanische Bischof Desmond Tutu: „Ich bin ein Afrikaner. Ich bin ein Mann. Ich bin ein Mensch. Ich bin kein Objekt, das Almosen braucht. Ich bin stolz. Ich bin kein Objekt, das Mitleid braucht. Ich bin nach dem Ebenbild Gottes geschaffen. Wir sind geschaffen worden, um zusammenzuleben. Wir können nur zusammen überleben. Wir können nur zusammen menschlich sein. Ihr Führer mögt fragen, was ich brauche, was ich will. Nun, ich frage euch: Was braucht ihr denn?“

siehe auch zdf.de: Lieber aufsässig als innerlich