Archiv für den Monat: Februar 2013

Der Papst geht

Natürlich war auch ich erstaunt, als ich der Meldung las: Der Papst tritt zurück. Am Rosenmontag kann man das schon für einen Scherz halten. Wie viele dachte ich, ein Papst tritt nicht zurück, der stirbt und dann kommt ein neuer. Nun mit Päpsten habe ich nicht viel am Hut, auch wenn in diesem Blog das Wort Papst öfter vorkommt, als ich dachte (Literaturpäpste gibt es ja auch noch).

Aber ich habe schon einige Wort gefunden, als 2005 der erste polnische Papst Johannes Paul II starb (Noch ist Polen nicht verloren) – und nach über 480 Jahren erstmals wieder ein Deutscher zum Papst erkoren wurde: Habemus papam: Benedikt XVI.

Zum 28. Februar nimmt also Benedikt XVI seinen Pileolus, sein Scheitelkäppchen, und zieht sich in ein Kloster zurück. Dieser Entscheidung kann man nur Respekt zollen. Aber ich denke, dass es auch Zeit wird.

Als er vor fast acht Jahren zum Papst gewählt wurde, schrieb ich:

Bei aller Freude besteht bei vielen Skepsis, denn Benedikt XVI ist als konservativ bekannt, als Bewahrer der reinen Glaubenslehre, die sich entgegen jedem Modetrend zu bewähren hat.

Aber in bestimmten Dingen muss sich der neue Hirte über eine Milliarde Menschen doch fragen lassen, ob auch unabhängig vom Zeitgeist Änderungen überholter Ansichten notwendig sind.

Die Skepsis besteht bis heute zurecht. Aus religiöser Sicht war Benedikt XVI sicherlich ein guter Papst. Und sicherlich hat er sich für den Frieden auf unserer Erde eingesetzt. Aber als Hirte so vieler Menschen mit all ihren menschlichen Bedürfnissen im Diesseits vermochte er keine befriedigenden Änderungen überholter Dogmen der katholischen Kirche durchzusetzen. Für uns alle bleibt die katholische Doppelmoral unübersehbar sichtbar. Der sexuelle Missbrauch durch kirchliche Würdenträger wurde bisher nur unzurechend aufgearbeitet.

Jetzt wird über einen Nachfolger spekuliert. „Als geeignete Nachfolger werden unter anderem der Mailänder Erzbischof Angelo Scola (71) und die beiden Afrikaner Peter Turkson (64) aus Ghana und Francis Arinze (80) aus Nigeria genannt. Auch Kardinal Marc Ouellet (68) aus Quebec und dem New Yorker Erzbischof Timothy Dolan (63) werden Chancen eingeräumt. Aus Lateinamerika werden der Erzbischof von Sao Paulo, Kardinal Otto Scherer (63), und Kurienkardinal Leonardo Sandri (69) aus Argentinien genannt. Aus Asien gilt der philippinische Kardinal Luis Antonio Tagle (55) als ‚papabile’, also als möglicher Papst.“ (Quelle: heute.de).

Wer es auch sein wird, die Erwartungen sind hoch: Das neue Kirchenoberhaupt muss offen für die Welt sein und der Katholizismus wieder an Bodenständigkeit gewinnen.

Der Gott des Gemetzels

Der Gott des Gemetzels (Originaltitel: Carnage) ist eine schwarze Komödie von Roman Pola?ski aus dem Jahr 2011. In der Rolle des Alan Cowen ist Christoph Waltz zu sehen. Der Film basiert auf dem preisgekrönten Theaterstück Der Gott des Gemetzels der französischen Dramatikerin Yasmina Reza.

Buch „Der Gott des Gemetzels“: Mit 7 Fotos aus der Zürcher Inszenierung Uraufführung und Film als DVD bzw. BluRay Gott des Gemetzels sind im Handel erhältlich.


Roman Polanski: Der Gott des Gemetzels

Brooklyn Bridge Park, New York: Ein Elfjähriger gerät in einen Streit mit mehreren gleichaltrigen Mitschülern und schlägt einem der anderen Jungen mit einem Stock ins Gesicht, der dabei – wie wir später erfahren – zwei Zähne verliert. Kurze Zeit später treffen sich Michael (John C. Reilly) und Penelope Longstreet (Jodie Foster), die Eltern des Verletzten, in ihrer Wohnung mit Alan (Christoph Waltz) und Nancy Cowen (Kate Winslet), den Eltern des Schlägers. Schnell verständigen sie sich über die Streitpunkte und wollen wieder getrennte Wege gehen – man ist schließlich zivilisiert. Doch als die Cowens eigentlich schon aus der Tür sind, lassen sie sich noch zu einem kleinen Kaffee überreden. Nun kommt das Quartett doch wieder zum Streit der Kinder zurück und es zeigt sich, dass hier gar nichts geklärt ist. Schnell erhitzen sich die Gemüter immer weiter, es kommt zu einer vehementen Auseinandersetzung, in der es bald um ganz andere Dinge geht. Dabei werden munter die Fronten gewechselt und als auch noch Alkohol ins Spiel kommt, eskaliert die Situation völlig.

aus: filmstarts.de

    Roman Polanski: Der Gott des Gemetzels

Teile deinen Single Malt nur mit Menschen, die du kennst und magst … kann ich dazu nur sagen. Der Film ist eine köstliche Komödie, die trotz aller Übertreibungen aufzeigt, wo wir mit unserer ganzen Zivilisiertheit stehen, wenn wir bis auf den Grund herausgefordert werden. Da werden Frauen zu Furien und Männer zu abscheulichen Ekeln. Dabei muss man nicht gleich mit Messer und Gabel aufeinander losgehen. Der verbale Schlagabtausch allein hat es schon in sich und kann manchmal schlimmer verletzen als jede Schlag- oder Stoßwaffe.

Und kommt dann noch Alkohol ins Spiel (in Form eines edlen Single Malt Whisky aus Schottland), dann steigert sich das Ganze zu einer Orgie, bei der dann auch Gegenstände wie Smartphones, Blumen, Bildbände und Handtaschen dran glauben müssen.

Roman Pola?ski hat mit Jodie Foster, Kate Winslet, John C. Reilly und besonders Christoph Waltz ein Ensemble an schauspielerischen Schwergewichten versammelt, die ein nicht enden wollendes Dialogfeuerwerk voller satirischer Pointen und humoristischer Highlights bieten.

Dabei ist der Film eigentlich erschreckend: Unter dem Mäntelchen wohlfeiner Umgangsformen verbirgt sich ein Vulkan an verdrängter Wut, ja Hass und Ekel. Die Verlogenheit der Manieren, die sich in Schmeicheleien, einem ewig Vernünftigseinmüssen äußert, wird schnell aufgedeckt, wenn sich erst einmal der Boden unter den Füßen öffnet. „Es ist die pure Mechanik, und sie können nichts dagegen tun, es ist stärker als sie. Das Zwanghafte, es sitzt in den Augenfalten von Jodie Foster, im gemütlichen Gesichtsfett von John C. Reilly, im Grinsen von Christoph Waltz, in der bodenlosen Nervosität von Kate Winslet.“ (Peter Kümmel: Von schlimmen Eltern. In: Die Zeit)

Es ist ein Film, der auf hohem Niveau amüsiert und doch gleichzeitig zum Nachdenken anregt. Wie sind wir eigentlich, was schlummert in uns, in den tiefen Abgründen unserer Seele? In vielem erinnert mich der Film an Theaterstücke von Tennessee Williams, wie z.B. Die Katze auf dem heißen Blechdach. Oder an Wer hat Angst vor Virginia Woolf von Edward Albee – z.B. in der Verfilmung mit Elizabeth Taylor und Richard Burton.

Übrigens: Das Stück lief im letzten Jahr auch im Theater am Goetheplatz in Bremen (Theater Bremen). Mein jüngerer Sohn besuchte das Stück.

Dokus on demand – kostenlose Filmperlen

Gute Dokumentarfilme gibt es viele. Nur bekommt sie kaum jemand im Kino zu sehen. Deshalb haben sich europäische Dokumentarfilmfestivals zusammengeschlossen und ein On-demand-Angebot auf die Beine gestellt: die Doc Alliance.

    Your online documentary cinema

„Die meisten der mehr als 700 Filme, die bei der Doc Alliance erhältlich sind, sind … vor allem relevant. Und kaum gesehen. Denn nur wenige Dokumentarfilme schaffen es vom Festivalprogramm ins Kino. Zu klein ist das Publikum und ein Kinostart für die Filmverleiher damit zu teuer. Die Doc Alliance, ein Zusammenschluss mehrerer wichtiger Filmfestivals aus Europa, will das ändern.“ (Quelle: br.de)

Die FDP entgleist

Herr Rainer Brüderle, Vorsitzender der FDP-Bundestagsfraktion, hätte es sich wohl nicht träumen lassen, dass er einmal den Anlass zu einer Sexismus-Debatte geben könnte. Nach dem Motto, wer sich verteidigt, klagt sich nur an, schweigt der gute Mann.

Es ist sicherlich eine Frage des Standpunktes, wann ein Sprüchlein eines jovialen und leutseligen Weintrinkers als unangemessen aufdringlich oder als Kompliment zu gelten hat. Wie es sich zeigte, scheint sich Herr Brüderle mit seinen 67 Jahren entgegen seinen Ansichten doch nicht allzu gut mit 28-jährigen Frauen auszukennen.

Da springt ihm sein Parteikollege Dirk Niebel, ja, der mit den zollfreien Teppichen und noch Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, zur Seite mit seinem unseligen Spruch: „Es gibt auch Männer, die belästigt werden“ und seiner Forderung einer gesellschaftlichen Debatte über den Sexismus gegen Männer.

Selbst in der FDP war das Stöhnen groß angesichts einer solch verqueren Forderung. Herr Niebel muss da wohl so seine Erfahrungen gemacht haben: „Sie können ein Dirndl auch ausfüllen“, Herr Niebel.

Dirk Niebel spricht beim FDP-Dreikönigstreffen, Rainer Brüderle (Mitte) und Philipp Rösler hören zu
Quelle: zeit.de/©Michael Kappeler/dpa

Und dann fordert ein weiterer FDP-Mann zu einer „gesellschaftlichen Debatte“ auf. Hessens FDP-Chef Jörg-Uwe Hahn thematisiert die vietnamesische Herkunft unseres Bundeswirtschaftministers: „Bei Philipp Rösler würde ich allerdings gerne wissen, ob unsere Gesellschaft schon so weit ist, einen asiatisch aussehenden Vizekanzler auch noch länger zu akzeptieren“, sagte Hahn, als er zu den Personalquerelen in der FDP befragt wurde. Ein unglücklicher Satz im falschen Moment. Natürlich ist der Rassismus-Vorwurf von SPD und der Linken lediglich eine Art Reflex auf eine verwirrend-wirre Äußerung und im Grunde lächerlich. Schwerwiegender empfinde ich hier den Versuch des FDP-Mannes, von den eigenen Unfähigkeiten abzulenken und die daraus resultierenden schlechten Wahlergebnisse dem unterschwelligen Rassismus des Wählers zuzuschreiben.

Ja, die Fettnäppchen sind unzählig gesät. Da wird sich Herr Steinbrück freuen, nicht der einzigste zu sein, der ständig in das eine oder andere tritt. Die FDP befindet sich mit dem Verhalten und Reden ihrer Spitzen auf einem abschüssigen Gleis und ist dabei zu entgleisen. Trotz des guten Abschneidens bei der Niedersachsenwahl muss sie fürchten, aufs Abstellgleis abgeschoben zu werden, wohin sie nach meiner Meinung längst gehört. Und mit ihrem neuen Hoffungsträger, den etwas zu jovialen und auch nicht mehr ganz taufrischen Herrn Brüderle, wird’s dann auch eher nichts werden.

Da nützt auch der eher populistisch angehauchte Ruf der FDP, den Inflationsschutz ins Grundgesetz als Freiheitsrecht zu schreiben, nicht viel. Gerade die FDP muss das fordern, die mit ihrer libertär gefärbten Wirtschaftspolitik zumindest die geistigen Grundlagen der Finanzkrise gelegt hat. Der Wahlkampf zur Bundestagswahl im Herbst scheint eröffnet zu sein und die FDP bemüht sich mit allen Mitteln, ihren Abwärtstrend umzubiegen.

Der wundersame Support bei 1&1

Wenn ein Unternehmen massiv auf Werbung setzt, dann ist das für mich äußerst suspekt. Wer möchte schon Kunde einer Firma sein, die einen nicht unbedeutenden Teil ihrer Ausgaben für Marketing statt für Kundendienst und technische Unterstützung ausgibt. Und bisschen billiger hätte es ja auch sein können …

Mein Sohn ist vor über zwei Jahren zur beruflichen Ausbildung nach Göttingen gezogen. Er will dort ab Herbst auch studieren. So benötigt er natürlich Telefon und Internetanschluss. Im Herbst 2010 habe ich so mit ihm nach einen entsprechenden Provider gesucht. Damals war 1&1 der offensichtlich günstiges Anbieter.

    1&1 - Eins und Eins

1&1 kennt jeder aus der Werbung. Kein Telekommunikationsanbieter macht soviel Werbung wie 1&1, die Deutsche Telekom vielleicht ausgenommen, aber die haben ja bekanntlich auch die höchsten Preise.

Unser Empfinden, was unlauterer Wettbewerb ist, hat in den letzten Jahren sehr gelitten. Betrachten wir nur die Zinssätze von Banken, dann hätte man früher von Wucher gesprochen. Ähnlich verhält es sich auch auf dem Markt für Telekommunikation. Wenn ein Unternehmen wie 1&1 mit Preisen von z.B. 9 € 99 wirbt, dann vergleiche ich das gern mit einer Gaststätte, die Getränke ab 0 € 99 anbietet, weil das billigste Getränk, ein Kamillentee, tatsächlich nur 99 Cent kostet, ein Mineralwasser dann aber schon 2 € 40. Wer trinkt aber schon freiwillig Kamillentee?!

Wie Werbung geradezu in die Hose gehen kann, hat 1&1 bekanntlich auch bewiesen. Jener Marcell D’Avis, den man im Fernsehspot als „Leiter Kundenzufriedenheit“ präsentierte, wurde schnell zum Hassobjekt, denn frustrierte Verbraucher fühlten sich massenhaft getäuscht. Es dauert etwas, bis diese Werbefigur abgeschafft wurde (siehe spiegel.de). Dafür setzt man heute wieder verstärkt auf den Geldbeutel der Kunden.

Mitte November 2012 meldete mir mein Sohn, dass er nicht mehr ins Internet käme (und damit auch das Telefon nicht funktionierte). So meldeten wir das über das Kundenkonto online im Supportcenter als Störung (Gleichzeitig kündigten wir auch den verbliebenen Vertrag über die Doppel-Flat 6000).

1. Es kam eine automatisch erstellte Antwort, indem an das 1&1 Hilfe-Center im Internet mit vielen verschiedenen Links (Konfiguration und Verkabelung der Hardware – Meine 1&1 DSL-Modem funktioniert nicht, was kann ich tun? – Störungen erkennen und lösen) verwiesen wurde. „Wir hoffen, dass wir Ihre Fragen umfassend beantwortet haben.“ Beantwortet man Fragen mit Fragen?

2. Nun, mein Sohn konnte im LAN die Fritz Box aufrufen, startete diese auch neu, spielte eine neue Firmware auf das Gerät und kontrollierte alle Kabel. Alles ohne Erfolg. Er bat so 1&1 mit Mail vom 5. Dezember 2012 darum, von außen die Funktionsfähigkeit der Fritz-Box zu testen. Statt einer entsprechenden Antwort kam am 6. Dezember 2012 eine Mail mit der Bitte, den Service zu bewerten (Wie, bitte …?!)

3. Mit Mail vom 6. Dezember 2012 wurde mein Sohn zunächst „aufgeklärt“, wie das mit der Automatik des 1&1-Mailversandes aussieht: „Anhand von Schlagworten (z. B.: ‚Störung’, ‚FRITZ!Box’ oder ‚DSL’) in Ihrer E-Mail schickt Ihnen unser System automatisch eine Antwort mit möglichen Lösungsvorschlägen zu. In der Regel können wir damit Ihre Fragen beantworten und ein weiterer Kontakt mit der Kundenbetreuung ist für Sie nicht notwendig.“ Des Weiteren wurden die bereits zuvor gestellten Fragen (Punkt 1.) erneut gestellt.

4. Nun, mein Sohn beantwortete die Fragen und teilte mir am 13. Dezember 2012 nur mit, dass „das Zurücksetzen ein voller Erfolg war, ich kann jetzt gar nix mehr an der Fritzbox einstellen …“ Denn: „Zurückgesetzt habe ich es, neu einrichten ist ohne Internetverbindung nicht möglich. Daher konnte ich auch nicht die weiteren Daten einsehen, ich habe nun keinen Zugriff mehr auf meine FritzBox.“ (soweit die Meldung meines Sohnes an 1&1)

5. Als Antwort kam eine Mail von 1&1 (inzwischen schreiben wir den 13. Dezember 2012): „Prüfen Sie bitte, ob:
– Ihr 1&1 HomeServer angeschlossen und eingeschaltet ist.
– Ihre Internetzugangsdaten korrekt eingetragen sind und eine dauerhafte Verbindung aufgebaut ist.“

Mein Sohn schrieb mir nur: „So langsam fühle ich mich verarscht von diesem Karnevalsverein… Meinen die mit dauerhafter Verbindung funktionierendes Internet?!“ – Hatte mein Sohn 1&1 nicht mitgeteilt (siehe Punkt 4.), dass sich die Daten nicht mehr eintragen lassen und sich eine dauerhafte Verbindung somit nicht aufbauen lässt?

6. Mit Mail vom 17. Dezember 2012 schrieb dann 1&1: „Damit Sie Ihren 1&1 DSL-Anschluss schnell wieder nutzen können, benötigen wir Ihre Unterstützung. Leider konnten wir Sie telefonisch nicht erreichen. Bitte rufen Sie uns daher einfach über ein Mobiltelefon vom Anschlussort aus an. So können wir die erforderlichen Leitungsprüfungen sofort gemeinsam durchführen und die weiteren Schritte direkt mit Ihnen besprechen.“

Apropos telefonische Erreichbarkeit! Wie soll das möglich sein, wenn neben Internet auch die Telefonie nicht funktioniert? Und ein Mobiltelefon ist ein MUSS, wenn man den 1&1-Service in Anspruch nehmen möchte?

7. Nach längerem Hin und Her (dazu ist zu sagen, dass mein Sohn durch Ausbildung und Nebenjob etc. nicht immer in seiner Wohnung erreichbar ist) schrieb mir mein Sohn dann: „Der Techniker war heute da, zwar zwei Stunden später als angekündigt, aber ok. Es liegt weder an der FritzBox noch an der Telekom, 1&1 scheint irgendein Problem zu haben und nix an die Telekom zu senden. Ich muss da heute Abend nochmal anrufen, mal sehen ob das dieses Jahr noch was wird…..“

8. Am 28.12.2012 dann die Meldung meines Sohnes an mich: „Moin, ich habe seit vier Minuten wieder Internet. Und woran lag’s? An 1&1, irgendein Port war defekt oder nur falsch eingestellt. Nachdem der Callcenterfutzi mir fast eine neue FritzBox andrehen wollte und ich meinte, dass der Telekommensch einen anderen Fehler gefunden hätte, dauerte es ganze zwei Minuten bis alles wieder funktionierte…“

Die DSL-Leitungen der Deutschen Telekom werden bei 1&1 „durchgeschleift“. Dort an dem entsprechenden Port ist der Fehler aufgetreten (also bei 1&1).

Nach sechs Wochen kam mein Sohn also endlich wieder ins Internet und konnte telefonieren. Wie heißt es so schön bei 1&1: Nur wenn Sie zufrieden sind, sind wir es auch (Wie unzufrieden müssen die sein!). Und um das zu unterstreichen, gibt es eine 1&1 Entstörungs-Garantie: „Sollte Ihre Leitung wider Erwarten wirklich einmal vorübergehend gestört sein, kümmern wir uns schnellstmöglich darum. So beheben wir zum Beispiel Störungen, die bis 12 Uhr mittags gemeldet werden, oft noch am gleichen Tag, spätestens jedoch am nächsten Werktag. Ansonsten erlassen wir Ihnen eine monatliche Grundgebühr.“ Obwohl die „Störung“ eindeutig von 1&1 verursacht wurde und mein Sohn sechs Wochen ohne Internet und Telefonie war, ist diese Garantie (sprich: Erlass mindestens einer monatlichen Grundgebühr) bisher NICHT eingehalten worden.

Natürlich ist diese Entschädigung nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Immerhin war mein Sohn sechs Wochen ohne Internet. Und von den Unannehmlichkeiten ganz zu schweigen, die er hatte. Erst einmal hat der Kunde Schuld, wenn etwas nicht klappt. Ich werde mich mit diesem Beitrag an Herrn Frank Doberer, Vertragsadministration bei 1&1, wenden – u.a. mit der nochmaliger Bitte um sofortige außerordentliche Kündigung – und bin mehr als gespannt, wie die Reaktion sein wird. Lassen wir uns überraschen – auch positiv …

Nachbetrachtung: In diesem Zusammenhang verweise ich auf ein BGH-Urteil zum Schadenersatz bei Internetausfall: Mit seiner Entscheidung würdigt der Bundesgerichtshof die Bedeutung des Internets für private Lebensführung.

Internet-Nutzer haben nach einem Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs Anspruch auf Schadenersatz, wenn der Anschluss ausfällt. Der Zugang zum Internet sei auch im privaten Bereich von zentraler Bedeutung für die Lebensführung, entschied der BGH am Donnerstag. Deshalb bestehe auch ohne Nachweis eines konkreten Schadens ein Ersatzanspruch, wenn die Nutzungsmöglichkeit entfällt. Das gleiche gelte für den Telefonanschluss. Konkrete Summen nannte der BGH nicht (Az.: III ZR 98/12). Damit zählen Internet und Telefon für den BGH zu den wenigen Wirtschaftsgütern, bei denen sich ein Ausfall typischerweise „auf die materiale Grundlage der Lebenshaltung signifikant auswirkt“. (Quelle: tagesspiegel.de vom 25.01.2013)

Heino strikes back

Lange hat man ihn verspottet, von Otto Waalkes, der ihn in einem Spot als Vampir auferstehen und eine Techno-Version von „Schwarzbraun ist die Haselnuss“ singen ließ, bis zu Norbert Hähnel, dem wahren Heino aus Berlin, der im Vorprogramm der Toten Hosen auftrat. Aber aller Häme zum Trotz, war und ist er eine Karikatur seiner selbst: Heinz Georg Kramm alias Heino.

So nebenbei: Der „echte“ Heino erwirkte vor dem Landgericht Düsseldorf eine einstweilige Verfügung gegen Hähnel. Infolge dessen durfte Hähnel nicht mehr als „Heino“ auftreten und musste 10.000 DM Ordnungsgeld zahlen. Die Toten Hosen spielten ein Benefizkonzert, um das Ordnungsgeld und die Kosten für Hähnels Anwalt zu tragen. Hähnel nahm das Geld dankend an, weigerte sich aber, die Strafe zu zahlen und saß ersatzweise lieber Ordnungshaft ab. Hähnel äußerte den Verdacht, der „echte“ Heino hätte nur gegen ihn geklagt, weil er befürchtete, seine Fans könnten langsam zu ihm, dem wahren Heino, überlaufen. (Quelle: de.wikipedia.org)

„Wer Heino schätzte, wusste immer, dass sein gesamtes Oeuvre eine subtile – na ja, subtil ist vielleicht übertrieben –, jedenfalls eine Dekonstruktion national-chauvinistischer Mythen und reaktionärer Einstellungen darstellt. Wer sonst hätte ganze Mehrzweckhallen bierseliger Deutscher dazu bringen können, offen zu bekennen: ‚Schwarzbraun bin auch ich!’“ (Quelle: welt.deich staune …)

Nun hat Heino ein Album mit Cover-Versionen von den Ärzten bis zu Rammstein aufgenommen: Mit freundlichen Grüßen. Und (fast) ganz Deutschland hat endlich ein Thema, um sich zu erregen – für oder gegen den blonden Barden aus Düsseldorf.

Heino: Mit freundlichen Grüßen eines Untoten

Dabei hat Heino die Originalinterpreten bzw. Rechteinhaber nicht gefragt, ob er ihre Lieder covern darf. Dies hatte nicht unerhebliche Auswirkungen auf die Produktion. So durfte er an Komposition und Text nicht die kleinste Kleinigkeit verändern und musste sich stur ans Original halten. Täte er dieses nicht, bedarf es nur eines anwaltlichen Schreibens von einem der Rechteinhaber und die komplette Auflage landet im Shredder. Dies möchte Heino natürlich nicht, also bleibt alles wie beim Original.

Nun, ich habe einmal in „das verbotene Album“ hineingehört. Den Trubel kann ich wirklich nicht nachvollziehen. Heino klingt weiterhin wie Heino. Zwischen den verschiedenen Musikstilen differenziert er nicht. „Wo ist der Unterschied, ob ich ‚Junge komm‘ bald wieder’ von Freddy Quinn oder ‚Junge’ von Die Ärzte singe?“, sagt Heino selbst. Er muss es wohl wissen.

Erstaunlich ist dabei besonders die Reaktion derer, die Heino bislang verachtet haben. So kaufen Leute das neue Album, obwohl sie „normalerweise keine Heino-Fans“ sind, finden die Scheibe „witzig und unterhaltsam“ oder sogar „endgeil“. Sicherlich ist die (Geschäfts-)Idee zu diesem Album clever zu nennen. Auch der Zeitpunkt, die Karnevalszeit, ist bestens gewählt. Und was Heino in all den Jahren seiner Karriere nicht gelungen ist, das gelingt ihm jetzt: Die Numero eins in den Charts zu sein. Selbst zum legendären „Wacken Open Air“ soll Heino nun eingeladen sein.

Jetzt darf man Heino also statt in schalldichten Kellerräumen auch bei der nächsten Gartenparty abspielen, ohne als verkappter Heino-Fan abgetan zu werden. Und wer nicht in diesen kollektive Jubel ausbricht, ist ein Spielverderber.

Nicht dass ich Herrn Kramm diesen Erfolg missgönne. Diese Art der späten Rache an seinen Verächter hat durchaus seine witzige Seite. Aber deshalb muss ich mir doch nicht dieses Album kaufen. Statt die Rentenkasse des Herrn Kramm aufzubessern, sollte man doch besser talentierte Nachwuchsmusiker unterstützen. Trotzdem Glückwunsch, Herr Kramm! Aber bitte NICHT weiter so …?!

siehe auch meinen Beitrag:
Die lebende Schlaftablette: Heino vor Gericht

„Reform“-Tarifvertrag

Ich arbeite bei einem Wohlfahrtsverband, bei dem die Gehälter nach einem eigenen Tarifvertrag bestimmt werden, der sich früher einmal sehr eng an den Bundesangestelltentarif (BAT) im Öffentlichen Dienst angelehnt hatte. Mit dem 1. Oktober 2005 wurde der BAT durch den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) abgelöst. Dieser enthält eine völlig andere Vergütungsstruktur. Entsprechendes geschah auch beim Wohlfahrtsverband, der einen so genannten „Reform“-Tarifvertrag schuf. Dieser neue Tarifvertrag wurde wie die jeweiligen Gehaltserhöhungen (Entgelttarifverträge) zwischen einer Bundestarifgemeinschaft des Wohlfahrtsverbandes und der Gewerkschaft ver.di – Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft, Berlin ausgehandelt.

Das Problem dieser neuen Tarifverträge war und ist, dass die neuen Entgeltgruppen (mit ihren jeweiligen Stufen) im Vergleich zu den Vergütungsgruppen des BAT ein deutlich niedrigeres Gehalt ausweisen, z.B. hätte ich nach dem neuen Tarif über 560 € weniger Gehalt bekommen, wenn dieses nicht durch einen so genannten Besitzstandsbetrag ausgeglichen worden wäre. Ein Mitarbeiter, der mit den gleichen tariflichen Voraussetzungen wie ich nach dem neuen Tarif bezahlt wird, bekommt also über 560 € weniger als ich. So schufen sich der Öffentliche Dienst und auch mein Wohlfahrtsverband enorme Einsparpotentiale. Die Kritik am BAT, seine starren Vorschriften erschwerten ein flexibles Arbeiten und berücksichtige nicht individuelle Leistung, ist sicherlich gerechtfertigt, ist aber nach meiner Meinung in diesen neuen Tarifverträgen halbherzig umgesetzt und daher mehr als fadenscheinig.

Soviel zur Vorrede.

Ich sollte ja eigentlich glücklich sein, noch nach dem alten Tarifvertrag eingestellt worden zu sein. Immerhin bekomme ich ja den Besitzstandsbetrag als Ausgleich, der auch durch die Entgelttarifverträge, also den in der Regel jährlichen Gehaltserhöhungen berücksichtigt wurde. Nun bin ich aber zum 1. Januar in meiner Entgeltgruppe eine Stufe höher eingruppiert, was früher einmal einer Gehaltserhöhung von knapp 500 € entsprochen hätte. Nur steht im so genannten „Reform“-Tarifvertrag folgender Passus: „Der individuelle Besitzstandsbetrag verringert sich entsprechend den jeweiligen Stufenaufstiegen“, d.h. der mir zustehende Besitzstandsbetrag von etwas über 560 € wurde um diese Erhöhung verringert. Ich bekomme also nur noch einen Besitzstandsbetrag von etwas mehr als 70 €. Klartext: Meine Gehaltserhöhung beträgt in der Summe 0 €. Oder auf gut Deutsch: Meine Gehaltserhöhung können sich gewisse Damen und Herren gern in ihren verlängerten Rücken stecken!

Reformtarifvertrag

Natürlich ist das alles rechtens. Ein einziger kleiner Satz im genannten Tarifvertrag lässt den Arbeitgeber bei mir jährlich 6000 € sparen. Der „Reform“-Tarifvertrag hat mich nach über sechs Jahren „endlich“ eingeholt. Dass ich mich verarscht fühle, ist wohl logisch.

Was ich von einer Gewerkschaft, die solche Verträge unterschreibt, halte, brauche ich wohl nicht näher auszuführen. Da von Reform zu sprechen, ist dann schon lächerlich. Aber warum sollten sich Arbeitgeber davon ausschließen, den Bürger abzuzocken, wenn auch „nur“ auf diese Weise.

Apropos Gewerkschaften: ver.di hat immerhin im April letzten Jahres für uns (und damit auch für mich) eine Gehaltserhöhung von 5,5 % durchgesetzt. So ließ es die Gewerkschaft in großen Lettern verkünden. Schaut man etwas genauer hinter diese Zahl, so kann man über diese „Augenwischerei“ von Gewerkschaftsseite her nur erstaunt sein:

Der vorherige Tarifvertrag lief am 31.12.2011 (übrigens mit einer Gehaltserhöhung für 2011 von 1,0 %) aus. Der neue Vertrag hat dann eine Laufzeit von zwei Jahren. Zum 01.07.2012 mit einer Erhöhung von 3,5 % – ab 01.01.2013 dann eine weitere Erhöhung von 2,0 %. Das sind dann 5,5 %, oder? Ich bin kein Kaufmann, aber Zinsen und ähnliches (und Gehaltserhöhungen gehören dazu) werden immer noch per annum gerechnet. Dann wären es für 2012 die Hälfte von 3,5 %, also gerade einmal 1,75 % Gehaltserhöhung – und für 2013 dann die genannten 2 %. Aber 5,5 %??? Das wäre so, als würde man auf zehn Jahre eine Erhöhung von 1 % als eine Erhöhung von 10 % ausgeben.

siehe u.a. auch meinen Beitrag. Bad Case Management

Verzehrsituationen

„Im Mittelpunkt der Ernährungssoziologie stehen nicht die Lebensmittel und ihre Verarbeitung wie die Geschichte der Kartoffel oder des Kaffees in Europa, sondern die soziale Verzehrsituation (Tischordnung, Anlass, Brauch, Ritual), der gesellschaftliche Stand und die jeweils unterschiedliche Ernährung (Bier oder Wein, Lammbraten oder Innereien) und die regionale oder internationale Verbreitung (Diffusion) von Lebensmitteln und ihre Popularität.“ (Quelle: de.wikipedia.org)

Den Begriff Verzehrsituation habe ich neulich zum ersten Mal gehört. Es war im Radio und zudem auf Plattdeutsch und wenig ernst gemeint. Es ging dabei um den Verzehr ‚zwischen Tür und Angel’, wie ich es nennen möchte, um Fast Food im weiteren Sinne.

Verzehrsituation: Fast Food to go

Man macht sich bei solchen Begriffen so seine eigenen Gedanken. Und recherchiert vielleicht wie ich auch etwas im Internet. Nun, Tischordnung, Anlass, Brauch und Ritual war in dem Beitrag nur beiläufig gemeint. Denn wer seine Mahlzeit nicht im gewohnten Rahmen (z.B. zu Hause am Essenstisch) einnimmt, sondern unterwegs, vielleicht noch in der Bahn, der hat keine Tischordnung, der Anlass ist lediglich Hunger, von Brauch und Ritual kann keine Rede sein, außer dass der Essende sich das Essen ‚rituell’ gedankenlos, da nicht anders gewohnt, in den Mund stopft.

Ich bin dabei auf ein Modell zur Nahrungsforschung von Ulrich Tolksdorf gestoßen: Seine Grundeinheit ist die „Mahlzeit“. Er zerlegt sie in einem Baumdiagramm in „Speise“ und „Verzehr-Situation“ (da haben wir wieder das Wort). Den Speisekomplex wiederum sieht er zusammengesetzt aus Nahrungs-Mittel und kultureller Technik. Die Verzehr-Situation spaltet er auf in soziale Zeit und sozialen Raum.

Das mit Zeit und Raum, zu dem sozial definiert, kommt der Sache schon etwas näher. Der, um den es mir hier geht, der also z.B. im Zug zwischen Hamburg und Bremen seine Nahrung zu sich nimmt, scheint mir jeden sozialen Bezug zu Raum und Zeit (und damit zu seinen Mitmenschen) verloren zu haben. Wenn z.B. in Zügen des Metronom sehr schnell Brühe als Heißgetränke aus Automaten aus dem Angebot gestrichen wurde (siehe meinen Beiträge: Es ist noch Suppe da), so ist das nicht verwunderlich. Wer mag schon Fettaugen auf seinem Kaffee. Außerdem stank es im ganzen Zug erbärmlich. Pommes und Hamburger, die nach ranzigem Frittenfett stinken, von nach Hause eilenden Mitfahrern verzehrt, duften nicht gerade angenehmer. Wahrscheinlich hilft tatsächlich nach Rauch- und Alkoholverbot nur ein Verzehrverbot, zumindest von warmen Speisen, bei den Bahnen im Nahverkehr (Der bahnreisende Querulant meldet sich wieder zu Wort).

Ein Wort – und eine ganze Wissenschaft! Die muss es wohl geben, um den Menschen zu zeigen, dass der Verzehr von Speisen nicht nur der Sättigung dient, sondern auch einen sozialen Aspekt besitzt. Ich gestehe, auf der Arbeit auch oft meine Stullen oder was auch immer so gedankenlos ‚zwischen Tür und Angel’ zu essen. Im Grunde schmeckt mir das dann gar nicht. Wie schön ist es dagegen gemeinsam zu Hause mit seinen Lieben zu speisen.

Essen ist ein Teil unserer Kultur. Und die sollte man pflegen. Von Massentierhaltung, Gen-Technik bei Lebensmitteln sowie dem Spekulieren damit usw. will ich lieber schweigen …

Übrigens: Die Verzehrsituation spielt auch eine Rolle bei der Mehrwertsteuer: Für die meisten Lebensmittel in Deutschland gilt ein Mehrwertsteuersatz von 7 %. Abhängig von der Verzehrsituation können aber auch 19 % Mehrwertsteuer fällig werden, z.B. wenn ein Essen zubereiten und im Verkaufsraum zum Konsum angeboten wird, so entfällt darauf der volle Mehrwertsteuersatz. Die Zubereitung, Portionierung und Ausgabe der Speisen und Getränke, die Bereitstellung und Reinigung der Räumlichkeiten und des Geschirrs wird als Dienstleistung eingestuft und deshalb mit 19 % besteuert. Man könnte jetzt sagen: Um so kultivierter man die Speisen zu sich nimmt, um so teurer wird es. Danke, Herr Finanzminister!

Lars von Trier: Antichrist

Bei den Filmen von Lars von Trier tue ich mich etwas schwer. Das trifft besonders für den Film Antichrist zu, der 2009 entstand und dem russischen Filmemacher Andrej Tarkowski gewidmet ist. Wie bereits in Lars von Trier: Melancholia spielte in diesem Film Charlotte Gainsbourg diesmal die einzigste weibliche Hauptrolle – und in von Triers neuesten Projekt wird sie wieder eine Hauptrolle übernehmen.


Lars von Trier: Antichrist

Während Sie (Charlotte Gainsbourg) und Er (Willem Dafoe) Sex haben, merkt das Paar nicht, wie sich im Kinderzimmer ein schrecklicher Unfall ereignet. Der kleine Sohn klettert auf das Fenstersims und stürzt in den Tod. Sie lässt sich ein paar Monate später stationär behandeln, aber Er möchte seine Frau zu Hause therapieren. Der ruhige, analytisch denkende Psychologe scheint den Verlust des Kindes verarbeitet zu haben und ist überzeugt, eine effiziente Traumatherapie durchführen zu können. Obgleich Sie ihn als zunehmend arrogant und gleichgültig erlebt, lässt sie sich auf sein Angebot ein. Nicht die eigene Familie therapieren, nicht mit der Patientin schlafen – das sind bald vergessene Grundsätze. Um Sie mit ihren Urängsten zu konfrontieren, reist das Paar tief in die Wälder, zur Hütte „Eden“. Kaum angekommen, entdeckt Er im Unterholz einen sterbenden Fuchs und beobachtet entsetzt, wie das Tier sich selber zerfleischt. Die baldige Herrschaft des Chaos ist prophezeit…

aus: filmstarts.de

    Lars von Trier: Antichrist

Dem Film Antichrist lässt sich schwer ein Etikett aufkleben. Psychothriller mag wohl gehen; Horrorfilm, wenn auch rein optisch Elemente dieser Gattung durch die expliziten Darstellung von Gewalt zu finden sind, träfe daneben.

Ich tue mich bei diesem Film wohl so schwer, weil es eine große Kluft zwischen dem ‚Thema’ des Films und seiner optischen und akustischen Umsetzung gibt. Das Thema ist die Trauerarbeit der Frau nach dem Tod des Sohnes. Der Ehemann versucht als Therapeut, seine Frau darin zu unterstützen. Es geht um die Verzweiflung der Frau, um die Ängste, die tief in ihrem Inneren wurzeln und sie zu verzehren drohen. Es geht aber auch um irrationale Schuldzuweisungen. Daraus erwächst eine Situation, beklemmend und für beide qualvoll, die zu einem blutigen Ende eskaliert. Die seelische Qual wird zu einer körperlichen Qual, das seelische Leid endet in körperlicher Misshandlung.

Hier bedient sich der Film die ihm zur Verfügung stehenden Mittel. Ein unheilvolles Gedröhne begleitet die leicht schwankenden Bilder der Handkamera. Eicheln prasseln aufs Dach der Waldhütte. Die Natur gibt sich in vielen Anspielungen ‚bedeutungsschwanger’.

Dann eskaliert der Film aber auch thematisch: Beim Durchstöbern der Hütte findet der Mann auf dem Dachboden die unvollendete Doktorarbeit seiner Frau über Hexenverfolgungen und Frauenmorde, zusammen mit Darstellungen der Folter, Verstümmelung und Verbrennung von Frauen. Als der Mann die Frau auf seinen Fund anspricht, gesteht sie in wirren Worten, dass sie alle Frauen für von Grund auf böse halte.

In Cannes hatte Lars von Trier wiederholt mit pornografischen oder gewalttätigen Szenen in seinen Filmen oder kontroversen Äußerungen provoziert. In einem Interview mit der „Zeit“ sagte er unter anderem: „Meine Familie hatte sehr genaue Vorstellungen von Gut und Böse, von Kitsch und guter Kunst. Mit meiner Arbeit stelle ich all das in Frage. Ich provoziere nicht nur die anderen, ich erkläre mir, meiner Erziehung, meinen Werten, auch ständig selbst den Krieg. Und ich attackiere die Gutmenschen-Philosophie, die in meiner Familie herrschte.“

„Antichrist“ avancierte zum Skandalfilm. Zum einen warf man von Trier die plumpe „Instinkt-Wirkung vermeintlich emotionaler Kinobilder“ vor, zum anderen sah man in dem Film ein „verkünstlerischtes, aufgeblähtes Genrekino, das mehr sein will als Genre“. (Quelle: de.wikipedia.org)

Der Ball rollt wieder …

Nach der kurzen Winterpause rollt der Fußball wieder. Und der SV Werder Bremen kam nur stockend aus den Startlöchern. Gleich zu Anfang hagelte es zu Hause gegen den Deutschen Meister, Borussia Dortmund, eine 0:5-Schlappe. Dem folgte eine weitere, vielleicht am Schluss doch unglückliche 2:3-Niederlage beim HSV (und zwei gelb-rote Karten). Am Freitagabend nun wurde die Mühe, wenn auch erst in den letzten Spielminuten, mit einem 2:0-Sieg gegen Hannover 96 belohnt. So ganz weiß man aber immer noch nicht, wo die Mannschaft aus Bremen steht. Werder profilierte immerhin von den Niederlagen aller vorplatzierter Anwärter auf einen Europa League-Platz (von Mainz bis zum HSV) und hat ‚nur’ noch vier Punkte Rückstand auf den 6. Tabellenplatz.. Die Champion League-Plätze sind dabei weiterhin in weiter Ferne.

siehe auch: Fußballjahr 2012 geht zu Ende

Was wären die Fußball-Vereine ohne ihre Fans. Besonders die Bundesliga-Vereine sind Wirtschaftsunternehmen, die ihren Betrieb nur unterhalten können, wenn die Einnahmen stimmen. Bekanntlich ist der Kunde König. Und da der Fußball-Fan Kunde der Vereine ist, sollte er König sein?! Vereine sind also Dienstleister. Was die Fußballspieler auf dem grünen Rasen abliefern, ist eine Dienstleistung. Dafür zahlt der Fan. Wenn die Leistung nicht stimmt, kann es schnell zu Reklamationen kommen. Das ist die eine Seite, die andere:

Es gibt Fußball-Fans, die unabhängig von der Leistung ihrer Mannschaft meinen, randalieren zu dürfen, die Pyrotechnik abfeuern – und dabei andere Fans bis hin zu den Spielern gefährden. Solche Fans will kein Verein und will auch nicht die Mehrheit der anderen Fans. Daher stimmte die Mehrheit der deutschen Erst- und Zweitligisten auf der DFL-Mitgliederversammlung in Frankfurt am Main für ein verschärftes Sicherheitskonzept.

Dieses Sicherheitskonzept ist nicht nur bei Fans umstritten, z.B.: Welcher Fan möchte schon ständig bis aufs Unterhemd kontrolliert werden. Dem steht natürlich der offene, kontinuierliche und verbindliche Dialog zwischen den Vereinen und Fans (Antrag 2) gegenüber. Dass dies ausdrücklich ‚vereinbart’ werden musste, zeigt, dass es bei einigen Vereinen in diesem Punkt deutlich Defizite gibt.

Denn mit dem Fußball ist es eben doch etwas anders. So ganz lässt sich das nicht mit betriebswirtschaftlicher Einordnung erklären. Fußball ist natürlich auch Herzenssache. Ich denke, sowohl bei den Verantwortlichen im Verein als eben auch bei den Fans. Und wenn da etwas schief läuft (und in der letzten Saison ist gehörig viel schief gelaufen), dann müssen die ‚Vertragspartner’, Vereine und die Fans, miteinander ins Gespräch kommen.

Ich will den SV Werder Bremen da nicht allein als Vorbild darstellen. Aber besonders in Bremen hat man früh erkannt, dass man nur „mit den Fans“ und nie gegen ihn arbeiten kann. Früh hat man klare Spielregeln (Werder-Kodex) aufgestellt, auch von Seiten der Fans selbst: „Fairness, Toleranz und Rücksicht aufeinander zu nehmen, ist für die allermeisten Werder-Fans ganz selbstverständlich. Mehr noch: Unsere Fans haben in der Vergangenheit wiederholt intolerantes und gewalttätiges Verhalten unter Fußballfans in Deutschland öffentlich kritisiert – mit eindeutig formulierten Transparenten in der Ostkurve, Beiträgen in Fanzines oder im Internet. Diese Fankultur kommt aber nicht von ungefähr – unsere Fans haben sie selbst geschaffen und sorgen aktiv dafür, dass es dort, wo grün-weiße Fans Stimmung machen, tolerant und friedfertig zugeht. Das erste organisierte Fan-Projekt in Deutschland war das Fan-Projekt Bremen. Bis heute leisten die verschiedenen Fan-Initiativen einen ureigenen gesellschaftlichen Beitrag, bei dem sie der SV Werder Bremen nach Kräften unterstützt. Unsere Fan- und Mitgliederbetreuung arbeitet eng mit den Fans und Institutionen zusammen.“
(Quelle: werder.de)

Werder gegen Rassismus

Man spricht viel von ‚Spielkultur’. In Bremen (und sicherlich auch bei anderen Vereinen) hat man im Laufe der Jahre auch eine Fan-Kultur geschaffen. Aber die kommt nicht von ungefähr, sondern lässt sich nur durch die enge Zusammenarbeit zwischen Verein und Fangemeinde schaffen.

Wer allerdings Intoleranz, Gewalt, wer Rassismus, Sexismus, Homophobie und Rechtsextremismus auf seine Fahnen schreibt, der hat in keinen Fußballstadion etwas verloren. Und ich denke, die Fans sollten die Feuerwerkskörper auch lieber zu Hause lassen.

Heute Ruhetag (30): Albin Zollinger – Pfannenstiel

Sein Vorname ist mein Nachname. Hätte nicht der damals noch junge Max Frisch die Begegnung auf dem Pfannenstiel mit ihm, drei Wochen vor seinem Tod im Alter von nur 46 Jahren, in seinem „Tagebuch 1946–1949“ festgehalten, Albin Zollinger (1895 – 1941) wäre uns so gut wie unbekannt geblieben. Dabei gehörte er zu den weitsichtigsten kritischen Schweizer Intellektuellen seiner Zeit.

Bevorzugt schrieb er in Zürcher Kaffeehäusern, wohin er jeweils von Oerlikon, heute einem Stadtteil von Zürich und bis 1934 selbständige Gemeinde, nach der Schule mit der Straßenbahn fuhr. Fast legendär war in den 30er Jahren sein Marmortischchen im Café Terrasse. Dort war er oft in Gesellschaft von weiteren Zürcher Literaten und Kulturschaffenden anzutreffen.

1940 veröffentlichte Albin Zollinger den Roman „Pfannenstiel – Die Geschichte eines Bildhauers“. Darin beschreibt er den Höhenzug als «ein Grat von schlichtem Verlauf, welchem sonderliche Überraschungen nicht eigentlich zugetraut werden konnten». Im Roman wird ein in die Schweiz zurückgekehrter Bildhauer von der politischen Realität enttäuscht, zieht sich auf den Pfannenstiel zurück, baut sich dort ein Haus und findet eine intakte dörfliche Gemeinschaft.

Kein Wunder, dass Max Frisch die Begegnung mit Zollinger in Erinnerung blieb. Beide hatten ein zwiespältiges Verhältnis zu ihrer Heimat, der Schweiz. Nachdem Frisch jahrelang im Ausland gelebt hatte, beschäftigte er sich nach seiner Rückkehr zunehmend kritisch mit seinem Heimatland. Im Roman „Pfannenstiel“ ist die Thematik ähnlich.

Heute Ruhetag = Lesetag!

Zwei Freunde, Bildhauer, reisten zusammen von Paris nach der Schweiz zurück.

Sie waren nicht mehr jung; einige vierzig; dem Dunklen, zur Behäbigkeit neigenden, lichtete sich das Haar von seinem Wirbel aus, der andere, der ein Hüne war, trug noch die Mähne eines Jünglings. Beide blickten sehr jugendlich aus den Augen, nach deren Bläue beurteilt sie hätten Brüder sein können; die von Stapfer schienen verträumter, Krannig hatte den Schalk im Gesicht.

«Pass auf, es wird sein wie immer,» sagte er gegen das Scheibenglas, «wir kommen gleichsam in eine moosige Luft hinein, alles ist sehr traulich muschlig, die Dinge überraschen dadurch, dass sie noch etwas niedlicher sind als man sie sich vorsichtigerweise dachte; sogar die Alpen erstaunen auf den Abstand durch ihre geringe Höhe – wenn man freilich an sie herantritt . . . ! Die Seen erscheinen als Flüsse, und immer halten die Züge, kaum dass sie in Bewegung gekommen sind.»

«Ja,» antwortete der blonde Landsknecht, «und alles das ist gewiss sogar nicht wenig sinnbildlich für das Ganze. Aber du weisst, wir kommen nicht los davon; dieses sonderbare Ländchen beschäftigt uns mit seinen Mängeln ebenso wie mit seinen Zaubern. Was hab ich nicht Heimweh ausgestanden! Meist sah ich den Pfannenstiel in Blust und Amseln.»
«Es wird sich zeigen, ob die Luft unserer Arbeit zuträglich ist oder nicht. Ihr Gehalt an Säuerlichkeit ist zu fürchten, einer Säuerlichkeit, die den Bienenstock nicht verlässt. Mein Gott, schliesslich ist es Hochland, ein Hochland mit Hagebutten; die Kapellen geraten ein wenig spröder, die Ornamente schnörkliger – Bernini, nein, für dergleichen ist die Atmosphäre allzu gestopft, allzu frostig: Reisläufer sind daher herabgestiegen, Kerle immerhin, die die Welt veränderten, und das Hochland hat seine unergründlichen enzianblauen Wasser.»

«Für mich fürchte ich weniger als für dich; doch ist mir beides gleich denkbar, dass sie die Käseglocke ihres Stillschweigens über dich setzen oder aus dem Bedürfnis nach der Gegenart dich vergötzen werden. Du müsstest dich in Sorrent ansiedeln, Orangengärten mit deinem appollinischen Geschlecht bevölkern, du Göttersohn.»

[…]

Kapitel 1: Marie
Geschrieben März/April 1940

Albin Zollinger - Pfannenstiel

Albin Zollinger: PfannenstielDie Geschichte eines Bildhauers