Archiv für den Monat: Dezember 2013

Backwards played

Ich möchte noch einmal auf das 1970 erschienene Album Benefit von der Gruppe Jethro Tull zurückkommen, das vor kurzem als Deluxe Edition (u.a. DVD mit 5.1-Ton) erschienen ist. Es geht um das Thema: rückwärts gespielte Flöte, von dem ich vor einiger Zeit einmal schrieb:

Zur „rückwärts gespielten Flöte“ habe ich auf der offiziellen Tull-Website etwas gefunden, dort heißt es:

“Group leader Ian Anderson begin experimenting with production techniques, including the famed “backwards-played” flute on “With You There to Help Me” which would become a concert joke as Ian turned his back to the audience to play the opening notes. This track, and others, reflect Ian’s budding romance with a Chrysalis secretary who would become Ian’s first wife.”

Vom Beatclub gibt es ja auch eine Aufnahme dieses Stückes „With You there …“, allerdings spielt der Meister „vorwärts“. Immerhin lässt sich so das Vorwärts- und Rückwärtsgespiele sehr gut vergleichen. Und zum weiterem Vergleich: Den Anfang des Stückes (Original von der Benefit-Scheibe) und dann das Ende habe ich im Rückwärtsgang (reverse, wie der Engländer sagt) abspielen lassen – wie nachfolgend zu hören ist:


Jethro Tull: With You There To Help Me (Ausschnitt – reverse)

Im Beitrag Was ist bloß mit Ian los? Teil 43: Mondlandung mit Shakespeare schrieb ich dann weiter dazu:

Bei cupofwonder.com las ich Folgendes zum Lied „With You There to Help Me“, das mit der rückwärts gespielten Flöte:

According to Greg Russo this song is about Jennie Franks, a secretary in Chrysalis’ publishing department, whom Ian would marry later that year. The lyrics reflect the pressure of the heavy touring schedule and his longing for being home.

Danach beschreibt der Text seine Sehnsüchte nach dem trauten Heim mit seiner ersten Frau Jennie. Also doch eine Art Liebeslied, auch wenn Herr Anderson im oben erwähnten Interview behauptet, keine ‚klassischen’ Liebeslieder schreiben zu können. Okay, auch der folgende Text ist nicht ’klassisch’ (statt von ‚ihr’ singt er u.a. von ‚den einen’ – ‚the ones’).

In days of peace
sweet smelling summer nights
of wine and song;
dusty pavements burning feet.
Why am I crying, I want to know.
How can I smile and make it right?
For sixty days and eighty nights
and not give in and lose the fight. (nachgeben)

I’m going back to the ones that I know,
with whom I can be what I want to be.
Just one week for the feeling to go
and with you there to help me
then it probably will. (wird es möglich sein)

I won’t go down
acting the same old play.
Give sixty days for just one night.
Don’t think I’d make it: but then I might.
I’m going back to the ones that I know,
with whom I can be what I want to be.
Just one week for the feeling to go
and with you there to help me
then it probably will.

Was die ‚rückwärts’ gespielte Flöte dieses Stückes betrifft, da bin ich mir immer noch nicht im Klaren. Ich habe beide Versionen (‚rückwärts’ gespielte Flöte des Originals und die nochmals im ‚Rückwärtsgang’ eingespielte Version – mithin müsste es die Flöte ‚vorwärts’ wiedergeben) noch einmal verglichen. Nach den Anmerkungen auf der Tull-Website stand der Meister mit dem Rücken zum Publikum. Das kann aber kaum mit ‚rückwärts’ gemeint sein. In Frage kommt auch die kontrapunktische Technik des Krebses, das Rückwärtsspielen einer Notenpassage. Ich denke mir aber, dass die Bandaufnahme des Flötenspiels einfach ‚rückwärts’ abgespielt wurde. Dafür spricht die Aussage, Anderson hätte mit ‚production techniques’ experimentiert.

Krebs in ‚Zombie Woof’ vom Album ‚Over-Nite Sensation’ von Frank Zappa
Krebs in ‚Zombie Woof’ vom Album ‚Over-Nite Sensation’ von Frank Zappa

Also noch einmal: Die Aufnahme erfolgte nach meiner Meinung mit der Technik des Krebses, die Noten wurden von Anderson also für die bestimmten Passagen ‚rückwärts’ eingespielt. Dann wurde die aufgenommene Passage rückwärts abgespielt, sodass die Passage im Grunde notentechnisch ‚vorwärts’ ablief.

Auf dem Album „Benefit“ gibt es noch eine Aufnahme, die mich etwas irritiert: „Play in Time“. Diesmal ist es die Gitarre, die reichlich ‚komisch’ klingt. Hört Ihr es auch?


Jethro Tull – Play in Time – MyVideo

Ich habe einen kleinen Ausschnitt aus dem hinteren Teil genommen und diesen dann rückwärts abspielen lassen. Sollte neben der rückwärts gespielten Flöte auch Martin Barres Gitarre rückwärts-krebsmäßig eingespielt und wiedergegeben sein? Hier der kleine Ausschnitt von jeweils 15 Sekunden – zunächst normal abgespielt, dann rückwärts …


Jethro Tull: Play In Time (Ausschnitt – 0:15 Sek. normal vorwärts – 0:15 Sek. reverse)

Siehe u.a. auch den Beitrag: Was ist bloß mit Ian los? Teil 40: Jahreswechsel

Herunterladen von Videos im Internet

Immer wieder werde ich gefragt, ob und wie man Videos, die man im Internet angucken kann, auch auf seinen Rechner herunterladen kann. Schon vor einiger Zeit habe ich im Beitrag Real goes youtube auf den RealPlayer verwiesen, der beim Installieren auch ein so genanntes Add-on für den Internet Explorer von Microsoft einrichtet. In der inzwischen Version 16 gibt es auch ein Add-on für Firefox. Den RealPlayer kann man sich u.a. kostenlos herunterladen. Wie dann das Herunterladen funktioniert, wird hier beschrieben.

Für Firefox ist es aber besser, statt des RealPlayers (mit seinem doch etwas großen Umfang) das spezielle Add-on Video-Downloadhelper in den Firefox einzubinden:

    Add-on für Firefox: DownloadHelper

Add-on für Firefox: DownloadHelper

Um es gleich zu sagen: So ohne weiteres lassen sich nicht alle Videos herunterladen. Viele Websites betreiben einen großen Aufwand, um eben den Download ihrer Videos zu verhindern. Ein solches Tool wie der DownloadHelper kann natürlich nicht alle diese Techniken austricksen. Aber sehr gut klappt er z.B. bei Videos von Youtube. Ist das Add-on installiert, so kann man über Extras – DownloadHelper – Medien nach dem Aufruf einer Seite mit Videos gucken, welche Downloads zur Verfügung stehen. Zum Download dann einfach das gewünschte Video anklicken. Im folgenden Fall kann man u.a. das Video als HD-Video (720p) bzw. in Standarddefinition (entspricht 480p) im Format MP4 herunterladen, außerdem gibt es das Video als Flashvideo (FLV) in verschiedenen Auflösungen und dann noch als 3GP-Videos für mobile Endgeräte mit entsprechend kleineren Auflösungen.

Add-on für Firefox: DownloadHelper – Anzeige der herunterladbaren Medien
Add-on für Firefox: DownloadHelper – Anzeige der herunterladbaren Medien

Vorweihnachtszeit 2013 (10): Weihnachtliche Dekoration

Meine Frau hält sich streng an den Kalender. Wenn es dann aber soweit ist, dann verwandelt sich das Haus innerhalb kürzester Zeit. Jetzt in der Vorweihnachtszeit heißt das: Weihnachtliche Dekoration schmückt das Haus. Da sollte selbst bei tristem Wetter einwenig weihnachtliche Stimmung aufkommen – auch oder gerade trotz mancher beruflicher ‚Anfechtungen’. Die Tage des Jahres sind gezählt. Und in einer Woche kann und darf ich drei dicke Kreuze unter diesem Jahr machen und zusätzlich zwei fette Striche ziehen, dann habe ich Urlaub. Mag nur Petrus dafür sorgen, dass das Wetter bis dahin besser sein wird: Es darf ruhig kalt sein und Schnee fallen – und dann die Sonne scheinen! – Nur fürchte ich, wird es damit nichts werden …

Weihnachtsdekoration: 2 Weihnachtsmänner
2 Weihnachtsmänner
Weihnachtsdekoration: Adventskranz Weihnachtsdekoration: Holzfiguren
Adventskranz Holzfiguren
Weihnachtliche Dekoration: Briefkasten Weihnachtliche Dekoration: Gesteck mit Lichtern
Briefkasten Gesteck mit Lichtern
Weihnachtliche Dekoration: Viele Weihnachtsmänner Weihnachtliche Dekoration: Kerze mit Weihnachtsmann
Viele Weihnachtsmänner Kerze mit Weihnachtsmann
Weihnachtliche Dekoration: Eingangstür Weihnachtliche Dekoration: Fahrradschuppen
Eingangstür Fahrradschuppen
Weihnachtliche Dekoration: Wohnzimmerfenster Weihnachtliche Dekoration: Eisbären
Wohnzimmerfenster Eisbären (dürfen bei AlbinZ nicht fehlen)

Heute Ruhetag (44): Charles Dickens – Weihnachtslied

Bei Charles Dickens und Weihnachten denken viele gleich an seine Weihnachtsgeschichte, auch als Weihnachtslied bekannt (was dem englischen Titel A Christmas Carol näher kommt), die man vor allem aus einer der vielen Verfilmungen her kennt. Selbst Donald Duck und vor allem Dagobert Duck als Ebenezer Scrooge, einem alten, grantigen Geizhals, mussten dafür herhalten. Gelesen haben dürften aber nicht gerade viele – wenigstens bei uns – die Geschichte.

Die Erzählung handelt eben von jenem Ebenezer Scrooge, der in einer einzigen Nacht zunächst Besuch von seinem verstorbenen Teilhaber Jacob Marley und dann von drei weiteren Geistern erhält, die ihm schließlich dazu verhelfen, sein Leben zu ändern. Das Buch enthält stark sozialkritische Töne, mit denen Dickens die Missstände in England im 19. Jahrhunderts anprangern wollte. Parallelen zu heute wären erwünscht.

Hier nun zum Nachlesen – auch im englischen Original (und als Hörbuch im Original).

Übrigens: Charles Dickens hat noch weitere Weihnachtsgeschichten geschrieben, die sich ebenfalls lohnen, gelesen zu werden:

Drei Weihnachtsgeschichten (Der Behexte und der Pakt mit dem Geiste, Die Silvesterglocken, Auf der Walstatt des Lebens. Übersetzer: Gustav Meyrink)

Vier Weihnachtsgeschichten (Der Weihnachtsabend, Das Heimchen am Herde, Der Kampf des Lebens, Die Silvester-Glocken)

Weihnachtserzählungen (Doktor Marigold, Mrs. Lirripers Fremdenpension, Die Geschichte des Schuljungen, Die Geschichte des armen Verwandten. Übersetzer: Carl Kolb/Julius Seybt)

Heute Ruhetag = Lesetag!

Marley war tot, damit wollen wir anfangen. Kein Zweifel kann darüber bestehen. Der Schein über seine Beerdigung ward unterschrieben von dem Geistlichen, dem Küster, dem Leichenbestatter und den vornehmsten Leidtragenden. Scrooge unterschrieb ihn, und Scrooges Name wurde auf der Börse respektiert, wo er ihn nur hinschrieb. Der alte Marley war so tot wie ein Türnagel.

Versteht mich recht! Ich will nicht etwa sagen, daß ein Türnagel etwas besonders Totes für mich hätte. Ich selbst möchte fast zu der Meinung neigen, daß das toteste Stück Eisen auf der Welt ein Sargnagel sei. Aber die Weisheit unsrer Altvordern liegt in den Gleichnissen, und meine unheiligen Hände sollen sie dort nicht stören, sonst wäre es um das Vaterland geschehen. Man wird mir also erlauben, mit besonderem Nachdruck zu wiederholen, daß Marley so tot wie ein Türnagel war.

Wußte Scrooge, daß er tot war? Natürlich wußte er’s. Wie sollte es auch anders sein? Scrooge und er waren, ich weiß nicht seit wieviel Jahren, Kompagnons. Scrooge war sein einziger Testamentsvollstrecker, sein einziger Verwalter, sein einziger Erbe, sein einziger Freund und sein einziger Leidtragender. Und selbst Scrooge war von dem traurigen Ereignis nicht so schrecklich mitgenommen, um nicht selbst am Begräbnistag ein vortrefflicher Geschäftsmann sein und ihn mit einem unzweifelhaft guten Handel feiern zu können.

Nun bringt mich die Erwähnung von Marleys Begräbnistag wieder zu dem Ausgangspunkt meiner Erzählung zurück. Es gibt keinen Zweifel, daß Marley tot war. Das muß scharf ins Auge gefaßt werden, sonst kann in der Geschichte, die ich erzählen will, nichts Wunderbares geschehen. Wenn wir nicht vollkommen fest überzeugt wären, daß Hamlets Vater tot ist, ehe das Stück beginnt, so wäre durchaus nichts Merkwürdiges in seinem nächtlichen Spaziergang bei scharfem Ostwind auf den Mauern seines eigenen Schlosses. Nicht mehr, als bei jedem anderen Herrn in mittleren Jahren, der sich nach Sonnenuntergang rasch zu einem Spaziergang auf einem luftigen Platz entschließt, zum Beispiel auf dem Sankt-Pauls-Kirchhof.

Scrooge ließ Marleys Namen nicht ausstreichen. Noch nach Jahren stand über der Tür des Speichers »Scrooge und Marley«. Die Firma war unter dem Namen Scrooge und Marley bekannt. Leute, die Scrooge nicht kannten, nannten ihn zuweilen Scrooge und zuweilen Marley; aber er hörte auf beide Namen, denn es galt ihm beides gleich.

Oh, er war ein wahrer Blutsauger, dieser Scrooge! Ein gieriger, zusammenkratzender, festhaltender, geiziger alter Sünder: hart und scharf wie ein Kiesel, aus dem noch kein Stahl einen warmen Funken geschlagen hat, verschlossen und selbstgenügsam und ganz für sich, wie eine Auster. Die Kälte in seinem Herzen machte seine alten Gesichtszüge starr, seine spitze Nase noch spitzer, sein Gesicht runzlig, seinen Gang steif, seine Augen rot, seine dünnen Lippen blau, und sie klang aus seiner krächzenden Stimme heraus. Ein frostiger Reif lag auf seinem Haupt, auf seinen Augenbrauen, auf dem starken struppigen Bart. Er schleppte seine eigene niedere Temperatur immer mit sich herum: in den Hundstagen kühlte er sein Kontor wie mit Eis, zur Weihnachtszeit machte er es nicht um einen Grad molliger.

Äußere Hitze und Kälte wirkten wenig auf Scrooge. Keine Wärme konnte ihn wärmen, keine Kälte frösteln machen. Kein Wind war schneidender als er, kein Schneegestöber erbarmungsloser, kein klatschender Regen einer Bitte weniger zugänglich. Schlechtes Wetter konnte ihm nichts anhaben. Der ärgste Regen, Schnee oder Hagel konnten sich nur in einer Art rühmen, besser zu sein als er: sie gaben oft im Überfluß, und das tat Scrooge nie und nimmer.

Niemals kam ihm jemand auf der Straße entgegen, um mit freundlichen Blicken zu ihm zu sagen:»Mein lieber Scrooge, wie geht’s, wann werden Sie mich einmal besuchen?« Kein Bettler sprach ihn um eine Kleinigkeit an, kein Kind fragte ihn, wie spät es sei, kein Mann und keine Frau hat ihn je in seinem Leben nach dem Weg gefragt. Selbst der Hund des Blinden schien ihn zu kennen, und wenn er ihn kommen sah, zog er seinen Herrn in einen Torweg und wedelte dann mit dem Schwanz, als wollte er sagen: »Gar kein Auge, blinder Herr, ist besser als ein böses Auge.«

Doch was kümmerte all das den alten Scrooge? Gerade das gefiel ihm. Allein seinen Weg durch die engen Pfade des Lebens zu wandern, jedem menschlichen Gefühl zu sagen: »Bleibe mir fern«; das war es, was Scrooge gefiel.

aus: Erste Strophe: Marleys Geist

    Signatur: Charles Dickens

Charles Dickens: Weihnachtslied

siehe auch: Heute Ruhetag (27): Charles Dickens – Oliver Twist

10 Jahre Metronom – mein bescheidenstes Erlebnis

Am Sonntag beginnt wieder der Winterfahrplan bei Deutscher Bahn und den anderen Eisenbahngesellschaften, so auch beim Metronom hier im Norden. Dabei hat der Metronom einen Grund zu ‚feiern’, denn heute vor zehn Jahren, genau genommen am Sonntag, den 14.Dezember 2003, nahm diese Eisenbahngesellschaft mit den Strecken Hamburg-Bremen und Uelzen-Hamburg seinen Betrieb auf.

    Fahrgäste verlassen den Metronom-Zug

Aus diesem Anlass sollten die Fahrgäste unter dem Motto „Und es begab sich eines Tages…“ (so fangen manche Märchen an …) schöne, aufregende, spannende oder skurrile Geschichten im Zusammenhang mit dem Metronom erzählen. Spannendes und Skurriles gab es bestimmt einiges, aber wirklich Schönes? In 10 Jahren tut sich viel. Und da ich leider eher viel Bescheidenes mit dem Metronom erlebt habe (um es euphemisch auszudrücken), fällt es mir schwer, DAS bescheidenste Erlebnis ausfindig zu machen.

Beginne ich am Anfang, vor 10 Jahren: Natürlich war ich nicht gleich am ersten Tag, einem Sonntag, mit dem Metronom unterwegs. Und am Montag, den 15.12.2003, fuhr ich morgens – es war kalt geworden und hatte etwas geschneit – um 6 Uhr 17 ab Tostedt mit der Regionalbahn (RB) der Deutschen Bahn, die sich aus Rotenburg kommend um rd. 8 Min. wegen einer Weichenstörung verspätet hatte. Abends dann aber fuhr ich zum ersten Mal Metronom. Eigentlich wollte ich mit dem Metronom-Express (ME) um 17 Uhr 13 ab Hamburg Hbf. fahren. Ein Metronom-Zug kam mir aber schon über Dammtor entgegen: Fuhr der Zug nun doch ab Altona (es saßen Fahrgäste im Zug)? Am Hbf. entpuppte sich der Zug als der verspätete ME 16:47 eben ab Hamburg-Altona. Immerhin bekam ich am Hbf. einen Sitzplatz, der Zug stand dann noch eine längere Zeit, hatte angeblich eine ‚Betriebsstörung‘, hielt auch in Sprötze (tatsächlich lt. Fahrplan?!) und hatte in Tostedt fast 20 Min. Verspätung. Was mit dem ME um 17 Uhr 13 geschah, entging meiner Aufmerksamkeit. So oder so: Das fing für mich schon einmal ganz ‚toll’ an.

Sicherlich haben Verspätungen usw. nicht immer allein etwas mit dem Metronom zu tun (die Bahnstrecke wurde und wird weiterhin von der Deutschen Bahn betrieben). So gab es bereits ab 5. April 2004 im Bahnverkehr zwischen Buchholz und Hamburg-Harburg wegen Erneuerung des Gleisbettes eine Vollsperrung der Strecke, die dann bis zum 11. Dezember 2004 dauerte. Ein Baustellenfahrplan verkündigte veränderte Fahrzeiten mit längerer Fahrdauer.

Ab Dezember 2004 weitete sich dann der Hamburger Verkehrsverbund (HVV) nach Niedersachsen auf die gesamten Landkreise Stade, Harburg und Lüneburg aus. Und ab Dezember 2007 übernahm der Metronom auch die Regionalstrecke bis Tostedt bzw. Rotenburg/Wümme von der Deutschen Bahn als Metronom-Express regional (ME-r).

Weiteres Stichwort: StammplatzCard (als Abo-Kunde hatte man einen Anspruch auf einen zuvor ausgewählten Stammplatz morgens wie abends), was absolut nervig war, wenn man einmal zu einer anderen Zeit unterwegs war und fast alle Sitzplätze stammplatzreserviert waren. Inzwischen gibt es diesen Unsinn nicht mehr. Dann wurde der Metronom ‚alkoholbefreit’. Sicherlich war das zu begrüßen (inzwischen fahren auch die S-Bahnen ‚alkoholfrei’), nur nervten die ständig wiederholten Ansagen (die geradezu penetranten Hinweise, dass ein absolutes Alkoholkonsumverbot besteht – sowohl das Trinken wie Bereitenstellen von alkoholischen Getränken sei verboten). Und 2011 wurde dann monatelang die Metronom Eisenbahngesellschaft durch ihre Lokführer bis zum Abwinken bestreikt, sodass man lange Wartezeiten oder weite Umwege in Kauf nehmen musste, wenn man überhaupt je ans Ziel kam.

Ein wirklicher Höhepunkt war für mich die Fahrt mit einem ME-r an einem frühen Morgen, der wieder einmal einen ‚Betriebsschaden’ hatte. Die Fahrt endete wenige Meter vor dem Hamburger Hauptbahnhof. Da standen wir nun und kamen nicht weiter. Hübsch anzusehen war, wie andere, später gestartete Metronomzüge, einer nach dem anderen, ungeschadet den Hamburger Hauptbahnhof erreichten, während ich mit meinen Leidensgenossen wie blöd im Zug verweilen durfte. Erst nach gut einer Stunde schaffte man es endlich, den Zug in den Bahnhof zu bekommen. Ähnliches passierte mir, als mein Zug kurz vor Harburg hinter einem stehen gebliebenen Güterzug eine gute ¾ Stunde ausharren durfte. Letzter Höhepunkt meiner zehnjährigen Leidensgeschichte mit dem Metronom war natürlich der stundenlange Stillstand aller Züge durch Orkantief ‚Christian’.

    Verspätung mit dem Metronom – Bescheinigung

Natürlich geht vieles nicht allein auf die Kappe der Metronom Eisenbahngesellschaft. Stillstand wegen Überholungen von Fernzügen, Streckensperrungen wegen Böschungsbränden, ‚fremden Personen im Gleis’ oder wie bis vor kurzem durch Bauarbeiten verantwortet in erster Linie die Deutsche Bahn mit ihren Tochterunternehmen. Aber viele Verspätungen, Zugausfälle und die genannten ‚Behinderungen’ werden nun einmal allein durch den Metronom verursacht. Da kommt eben das eine zum anderen. Und wenn man bedenkt, wie viel man für diesen ‚eingeschränkten“ Service jeden Monat aufs Neue zu bezahlen hat, dann kommt einem schon schnell die Suppe vom Vortag hoch. Und es grenzt an Hohn, wenn man aufgefordert wird, eine schöne, aufregende, spannende oder skurrile Geschichte im Zusammenhang mit dem Metronom zu erzählen.

Und jetzt der neue Fahrplan: Ich fahre nun einmal morgens fast immer zur gleichen Zeit (ich bin eben ein Gewohnheitstier). Und was sehe ich da: Mein Zug, der ME-r 81977, der um 5 Uhr 04 in Rotenburg startet und zudem ich um 5 Uhr 24 in Tostedt zusteige, wenn er denn pünktlich ist, endet am Hamburger Hbf. ab 16.12. vier Minuten später. Wer nun denkt, man trägt den bisherigen, andauernden Verspätungen damit Rechnung, muss sich geirrt sehen. Denn bis einschließlich Harburg hat dieser Zug die gleichen Abfahrtzeiten (und die jetzigen Verspätungen entstehen oft schon vor Harburg), nur für den Weg Harburg – Hbf. braucht er statt 10 jetzt satte 14 Minuten. Grund dürfte eine nicht behebbare Überschneidung mit anderen Zügen sein (und das schon am frühen Morgen), was wiederum heißt: zusätzliche Verspätungen sind weiterhin nicht ausgeschlossen. Gerade morgens haben auch andere Nahverkehrszüge des Metronoms längere Fahrzeiten. Ansonsten halten sich die Änderungen in Grenzen.

Ich will den Metronom nicht schlechter machen als er ist. Mit dem neuen Fahrplan gibt es ein erweitertes Angebot für Nachtschwärmer und Ausflügler. So fährt der Metronom z.B. in den Nächten von Freitag auf Samstag und Samstag auf Sonntag kurz nach 3:00 Uhr von Hamburg Hauptbahnhof nach Bremen. Der Metronom um 01:15 Uhr von Bremen nach Rotenburg (Wümme) wird in diesen Nächten bis Hamburg Hauptbahnhof durchfahren.

Krimis aus der Provinz

So ziemlich kurz vor Weihnachten deckten uns die öffentlich-rechtlichen Sender (ARD und ZDF) gleich mit 2 ½ Kriminalfilme ein, die in Bayern spielen. Der ½ Krimi war eben nur ein Halber. Um es gleich zu sagen: Mir haben alle drei Filme sehr gut gefallen. Die skurrilen Typen waren einfach köstlich. Und das sage ich als Norddeutscher. Norddeutsche haben eigentlich nicht gerade eine Affinität zu allem, was südlich des Weißwurstäquators liegt. Dabei haben nach meiner Meinung Norddeutsche und Bayern doch einiges gemeinsam, z.B. die Sturheit und Kratzbürstigkeit – und die lakonische Ausdrucksweise. Und wenn man sich nicht innerlich sperrt und sich einfach darauf einlässt, dann kommt man als Nordgewächs auch mit der bayerischen Mundart zurecht.

Da gab es zunächst im Ersten Seegrund – ein Klufingerkrimi mit Herbert Knaup als skurrilen Kommissar Kluftinger – Regie: Rainer Kaufmann, dem Regisseur u.a. der Martin Walser-Verfilmung Ein fliehendes Pferd. Natürlich ist der Fall ‚weithergeholt’, aber darauf kommt es gar nicht an. Es sind die Menschen (und natürlich die Landschaft), die den Fall ausmachen.

Krimis aus Bayern 2013: Seegrund – Dampfnudelblues – Die Gruberin

Diesem Krimi folgte ebenfalls in der ARD Dampfnudelblues u.a. mit Sebastian Bezzel als Dorfpolizist Franz Eberhofer, Lisa Maria Potthoff als Franz’ Freundin Susi und Stephan Zinner als Metzger Simmerl, dem Kumpel vom Franz – Regie: Ed Herzog. Auch hier wurde kriminalistisch ziemlich ‚dick’ aufgetragen. Aber das glichen die köstlich gezeichneten Charaktere (allen voran Eisi Gulp, den ich lange nicht mehr gesehen habe) ganz schnell wieder aus. Der genannte halbe Krimi war dann, diesmal im Zweiten, Die Gruberin. Hier spielt Lisa Maria Potthoff als Sofie Gruber, eben die Gruberin, die Hauptrolle, Sebastian Bezzel ist der Schwager (und ebenfalls Polizist) und Stephan Zinner der zu Tode gekommene, ungeliebte Ehemann – Regie: Thomas Kronthaler.

Ja, ich liebe Krimis mit Lokalkolorit, eben auch mit bayerischen, wie dem Oberbayern-Krimi Tod in Garmisch. Und allem Anschein nach haben Krimis aus der Provinz immer wieder Hochkonjunktur. Da braucht man nur zur Tatort-Serie in der ARD schauen.

Ich habe ein besonderes Faible für Inseln. Erst vor kurzem spielte so ein Tatort-Krimi auf Langeoog, eine der Ostfriesischen Inseln. Schon früher gab es aus Hamburg gleich drei Insel-Tatort-Fälle (mit Stoever und Brockmüller). Überhaupt den 1. Stoever-Tatort (noch ohne Brockmüller), der Helgoland (Haie vor Helgoland 1984) als Ausgangspunkt hat. Dem folgten Krimis wie Tod auf Neuwerk (1996) und Tod vor Scharhörn (2001), dem letzten Fall des Hamburg-Ermittler-Duos.

    Tatort mit Stoever und Brockmüller: Tod auf Neuwerk (1996)

Jetzt so in der Vorweihnachtszeit, in der es schon am Nachmittag früh dunkel wird, bietet es sich an, abends vielleicht den einen oder anderen alten Tatort aus der eigenen Videothek hervorzuholen, um ihn in Ruhe wiederzusehen. Dazu mummelt man sich mollig ein und legt sich auf die Couch. Allein die insgesamt 46 Tatort Schimanski- bzw. Schimanski-Folgen reichen da für den halben Winter aus.

Vorweihnachtszeit 2013 (9): Weihnachtsmarkt Göttingen 2013

Am letzten Wochenende weilte ich mit meiner Frau und dem jüngeren meiner beiden Söhne in Göttingen und besuchte dort zwei Jahre nach unserem ersten Besuch meinen älteren Sohn, der jetzt schon seit über drei Jahren in der Studentenstadt weilt. Mit meiner Frau hatte ich ein Doppelzimmer im dortigen Hotel Kasseler Hof gebucht, da es genau auf halbem Weg zwischen Innenstadt und der Wohnung meines Sohnes liegt. Und wir lagen damit richtig: ein kleines, ruhiges Hotel, bei dem der Preis in einem guten Verhältnis zu den Leistungen steht. Und für 8 € pro Person frühstückten dann auch meine Söhne und die Freundin meines Ältesten im Hotel gleich mit (nach Absprache gab es auch veganes Essen).

Wir hatten überlegt, was wir unternehmen könnten, und entschieden uns dann doch schnell, den Göttinger Weihnachtsmarkt zu besuchen. Zuletzt waren wir gemeinsam 2010 auf dem Weihnachtsmarkt in Goslar. Und ähnlich wie in Goslar ist der Weihnachtsmarkt in Göttingen allein durch sein Umfeld, die Innenstadt mit vielen alten Häusern, sehr schön gelegen. Diesmal gönnten wir uns auch ein alkoholisches Heißgetränk (Feuerzangenbowle), was ich aber – ehrlich gesagt – keinem empfehlen möchte. Anschließend war mir schlecht von dieser klebrigen Brühe.

Göttinger Weihnachtsmarkt 2013

Dafür tranken wir Kaffee bei Cron & Lanz, dem traditionsreichen Göttinger Kaffeehaus. Natürlich probierten wir auch jeweils eine der leckeren Torten. Obwohl das Cafe proppenvoll war, bekamen wir doch innerhalb kurzer Zeit einen Tisch für fünf Personen. Wer in Göttingen Kaffee trinken geht, kommt an Cron & Lanz wohl nicht vorbei.

Fürs Abendessen entschieden wir uns, es mit Sushi zu versuchen und reservierten im Busumo, einer kleinen Sushi-Bar in der Groner Straße, einen Tisch. Nachdem jeder seine Suppe gelöffelt hatte, gab es jeder Menge Sushi-Maki und Nigiri – alles frisch zubereitet und lecker. Der Abend endete bei einem Bier in der Wohnung meines Sohnes.

Nun Weihnachtsmärkte sind für mich einfach zu überlaufen. Und neben den vielen Fress- und Saufbuden gibt es nur wenige Kaufstände, die wirklich interessantes Handwerkliches anbieten. Den Weihnachtsmarkt von Göttingen kann ich aber durchaus empfehlen, weil eben auch das ganze Drumherum, das Ambiente, wie man sagt, sehr schön ist. Und am Abend gibt es in der Innenstadt zahlreiche Restaurants und Kneipen, in denen man in gemütlicher Runde den Tag ausklingen lassen kann. Leider gab es in Göttingen keinen Schnee (wie noch am Samstagmorgen bei uns in Tostedt).

Nun wir haben nicht nur gegessen und getrunken, sondern machten am Sonntagmittag auch einen ausführlicheren Spaziergang entlang der Leine, die bekanntlich auch durch die niedersächsische Landeshauptstadt fließt (‚Warum ist Hannover eine wilde Stadt?“ – ‚Weil sie an der Leine liegt!’). Mit dem Zug ging es am späteren Sonntagnachmittag dann wieder nach Hause.

Vorweihnachtszeit 2013 (8): Big Business: X-mas

Die Vorweihnachtszeit könnte so schön sein, ließe man sich nicht vom Kaufrausch und allgemeinen Konsumterror anstecken. Die Lieben daheim wollen schließlich Geschenke …! Gewollt übertrieben stellt sich der folgende Beitrag dar, dessen Urheberschaft ich leider nicht ausmachen konnte (d.h. das Folgende ist nicht von mir). Viel Spaß trotz alledem:

Wie die Weihnachten in den Vorjahren im Internet gezeigt haben, heißt Weihnachten nicht mehr Weihnachten, sondern X-mas, also muss der Weihnachtsmann auch X-man sein! Da X-mas 2011 quasi schon vor der Tür steht, ist es spätestens seit September höchste Zeit mit der Weihnachtsvorbereitung zu beginnen – Verzeihung: das diesjahrige Weihnachts-Roll-Out zu starten und die Christmas-Mailing-Aktion just in time vorzubereiten.

Hinweis:
Die Kick-off-Veranstaltung (früher 1. Advent) für das diesjährige SANCROS (SANta Claus ROad Show) fand bereits am 27. November 2011 statt.

Daher wurde das offizielle Come-Together des Organizing Committees unter Vorsitz des CIO (Christmas Illumination Officer) schon am 6. Januar abgehalten. Erstmals haben wir ein Projektstatus-Meeting vorgeschaltet, bei dem eine in Workshops entwickelte “To-Do-Liste” und einheitliche Job Descriptions erstellt wurden. Dadurch sollen klare Verantwortungsbereiche, eine powervolle Performance des Events und optimierte Give-Away-Allocation geschaffen werden, was wiederum den Service-Level erhöht und außerdem hilft, “X-mas” als Brandname global zu implementieren.

Dieses Meeting dient zugleich dazu, mit dem Co-Head Global Christmas Markets (Knecht Ruprecht) die Ablauf-Organisation abzustimmen, die Give-Away-Distribution an die zuständigen Private-Schenking-Centers sicherzustellen und die Zielgruppen klar zu definieren. Erstmals sollen auch sogenannte Geschenk-Units über das Internet angeboten werden. Via Trusted Third Parties bei einem Third-Party-Processor darf man dann mit einer Purchasing Card die Geschenk-Units bezahlen. Die Service-Provider (Engel, Elfen und Rentiere) wurden bereits via Conference Call virtuell informiert und die Core-Competences
vergeben.

    X-mas Girls

Ein Bündel von Incentives und ein separater Team-Building-Event an geeigneter Location sollen den Motivationslevel erhöhen und gleichzeitig helfen, eine einheitliche Corporate Culture samt Identity zu entwickeln.

Der Vorschlag, jedem Engel einen Coach zur Seite zu stellen, wurde aus Budgetgründen zunächst gecancelt. Statt dessen wurde auf einer zusätzlichen Client Management Conference beschlossen, in einem Testbezirk als Pilotprojekt eine Hotline (0,30 c / Minute Talkline) für kurzfristige Weihnachtswünsche, sorry X-mas Requirements, einzurichten, um den Added Value für die Beschenkten zu erhöhen.

Durch ein ausgeklügeltes Management Information System (MISt) ist auch Benchmark-orientiertes Controlling für jedes Private-Schenking-Center möglich. Nachdem ein neues Literatur-Konzept und das Layout-Format von externen Consultants definiert wurde, konnte auch schon das diesjährige Goldene Buch (Golden Book Release 2.1) erstellt werden. Es erscheint als Flyer, ergänzt um ein Leaflet und einen Newsletter für das laufende Updating. Hochauflagige Lowcost-Giveaways dienen zudem als Teaser und flankierende Marketingmaßnahme.

Ferner wurde durch intensives Brain Storming ein Konsens über das Mission Statement gefunden. Es lautet “Let’s keep the candles burning” und ersetzt das bisherige “Frohe Weihnachten”. Santa Claus hatte zwar anfangs Bedenken angesichts des Corporate-Redesigns, akzeptierte aber letztlich den progressiven Consulting-Ansatz und würdigte das Know-how seiner Investor-Relation-Manager.

In diesem Sinne …
… noch erfolgreiche X-mas Preparations für das Jahr 2013.

Vorweihnachtszeit 2013 (7): Weihnachten 1932 in Wasserburg/Bodensee

Die Bescherung fand, weil auf das Klavier nicht verzichtet werden konnte, im Nebenzimmer statt. Das heißt, Josef und Johann hatten erst Zutritt, als der Vater am Klavier Stille Nacht, heilige Nacht spielte. Der Einzug ins Nebenzimmer geschah durch zwei Türen: von der Wirtschaft her zogen, ihre Gläser in der Hand, die vier letzten Gäste hinter Elsa herein. Hanse Luis, der Schulze Max, Dulle und Herr Seehahn. Durch die Tür vom Hausgang her zogen Josef, Johann, Niklaus und der Großvater ein. Zuletzt Mina, die Prinzessin und die Mutter, sie kamen aus der Küche.

Immer an Weihnachten trug Herr Seehahn am grünen Revers seiner gelblichen Trachtenjacke den Päpstlichen Hausorden, den er bekommen hatte, weil er als Marinerevolutionär in München zum päpstlichen Nuntius, den er hätte gefangen nehmen sollen, gesagt hatte: Eminenz, wenn Sie mit mir kommen, sind Sie verhaftet, wenn Sie die Hintertür nehmen, sind Sie mir entkommen.

Wasserburg/Bodensee

Dulle war wohl von allen am weitesten von seiner Heimat entfernt. Dulle war aus einem Ort, dessen Name in Johanns Ohren immer klang, als wolle man sich über Dulle lustig machen. Niemals hätte Johann in Dulles Gegenwart diesen Namen auszusprechen gewagt. Buxtehude. Dulle sprach anders als jeder andere im Dorf. Er hauste in einem Verschlag bei Frau Siegel, droben in Hochsträß, direkt an der frisch geteerten Landstraße. Dulle war Tag und Nacht unterwegs. Als Fischerknecht und als Durstiger. Oder hinter Fräulein Agnes’ Katzen her. Adolf behauptete, Dulles Verschlag, Wände und Decke, sei tapeziert mit Geldscheinen aus der Inflation. Hunderttausenderscheine, Scheine für Millionen, Milliarden, Billionen. Eine Zeitung habe, sagte Adolf, 1923 sechzehn Milliarden Mark gekostet. Immer wenn Johann von dieser Inflation etwas hörte, dachte er, das Land hat Fieber gehabt damals, 41 oder 42 Grad Fieber müssen das gewesen sein.

Der Schulte Max war nirgendwo her beziehungsweise überall her, eben vom Zirkus. Er nächtigte im Dachboden des von zugezogenen Fischerfamilien bewohnten Gemeindehauses, und zwar auf einem Lager aus alten Netzen.

Verglichen mit den Schlafstätten von Dulle und Schulze Max, war das, was Niklaus droben im Dachboden als Schlafstatt hatte, eine tolle Bleibe. Niklaus hatte ein richtiges Bett so mit alten Schränken umstellt, daß eine Art Zimmer entstand. Niklaus war für Johann interessant geworden, als Johann ihm einmal zugeschaut hatte, wie er seine Fußlappen über und um seine Füße schlug und dann in seine Schnürstiefel schlüpfte. Die Socken, die Mina ein Jahr zuvor für Niklaus gestrickt und unter den Tannenbaum gelegt hatte, hatte er einfach liegen lassen. Als Mina sie ihm in die Hand drückten wollte, hatte er den Kopf geschüttelt. Niklaus sprach selten. Mit Nicken, Kopfschütteln und Handbewegungen konnte er, was er sagen wollte, sagen. Wenn er meldete, daß Freifrau Ereolina von Molkenbuer drei Zentner Schwelkoks und Fräulein Hoppe-Seyler zwei Zentner Anthrazit bestellt hatten, merkte man, daß er keinerlei Sprachfehler hatte. Er sprach nicht gern. Sprechen war nicht seine Sache.

Unterm Christbaum lagen für Josef und Johann hellgraue Norwegerpullover, fast weiß und doch nicht weiß, silbergrau eigentlich. Mit graublauen, ein bißchen erhabenen Streifen. Aber auf der Brust zwei sehr verschiedene Muster, eine Verwechslung war zum Glück ausgeschlossen. Josef zog seinen sofort an. Johann hätte seinen lieber unterm Christbaum gesehen, aber weil alle sagten, er solle seinen doch auch probieren, zog er ihn an. Johann mußte, als er spürte, wie ihn dieser Pullover faßte, schnell hinaus, so tun, als müsse er auf den Abort, aber er mußte vor den Spiegel der Garderobe im Hausgang, er mußte sich sehen. Und er sah sich, silbergrau, fast bläulich erhabene Streifen, auf der Brust in einem Kreis ein Wappen. Königssohn, dachte er. Als er wieder hineinging, konnte er nicht ganz verbergen, wie er sich fühlte. Mina merkte es. Der steht dir aber, sagte sie.

Dieser Pullover waren aus dem Allgäu gekommen, von Anselm, dem Vetter genannten Großonkel.

Zu jedem Geschenk gehörte ein Suppenteller voller Plätzchen, Butter-S, Elisen, Lebkuchen, Springerle, Zimtsterne, Spitzbuben, Makronen.

Die Mutter sagte zu Mina hin und meinte die Plätzchen: Ich könnt ’s nicht. Johann nickte heftig, bis Mina bemerkte, daß er heftig nickte. Er hatte letztes Jahr von Adolfs Plätzchenteller probieren dürfen. Bruggers Plätzchen schmeckten alle gleich, von Minas Plätzchen hatte jede Sorte einen ganz eigenen Geschmack, und doch schmeckten alle zusammen so, wie nur Minas Plätzchen schmecken konnten. In diesem Jahr lag neben Johanns und Josefs Teller etwas in Silberpapier eingewickeltes Längliches, und aus dem Silberpapier ragte ein Fähnchen, darauf war ein rotes Herz gemalt und hinter dem Herz stand –lich. Über dem Herz stand: Die Prinzessin grüßt. Josef probierte schon, als Johann noch am Auspacken war. Nougat, sagte er. Richtig, sagte die Prinzessin. Toll, sagte Josef. Johann wickelte seine Nougatstange unangebissen wieder ein.

Für Mina und Elsa gab es Seidenstrümpfe. Beide sagten, daß das doch nicht nötig gewesen wäre. Für Mina lag noch ein Sparbuch dabei. Mit einem kleinen Samen, sagte die Mutter. Bei der Bezirkssparkasse. Die gehe nicht kaputt. Mina sagte kopfschüttelnd: O Frau, vergelt ’s Gott! Für die Prinzessin lagen mehrere Wollstränge in Blau unter dem Baum. Sie nahm sie an sich, salutierte wie ein nachlässiger Soldat mit dem Zeigefinger von der Schläfe weg und sagte: Richtig. Und zu Johann hin: Du weißt, was dir bevorsteht. Johann sagte auch: Richtig! Und grüßte zurück, wie sie gegrüßt hatte. Er mußte immer abends die Hände in die Wollstränge stecken, die die Prinzessin dann, damit sie nachher stricken konnte, zum Knäuel aufwickelte. In jeder feien Minute strickte sie für ihren Moritz, den sie einmal im Monat in Ravensburg besuchen durfte; aber allein sein durfte sie nicht mit dem Einjährigen. Die Mutter des Siebzehnjährigen, der der Kindsvater war, saß dabei, solange die Prinzessin da war. Nach jedem Besuch erzählte die Prinzessin, wie die Mutter des Kindsvaters, die selber noch keine vierzig sei, sie keine Sekunde aus den Augen lasse, wenn sie ihren kleinen Moritz an sich drückte. Die Prinzessin, hieß es, sei einunddreißig. Sie hatte jedem etwas neben den Teller gelegt, und jedesmal hatte sie ihr Herz-Fähnchen dazugesteckt. Für Elsa eine weiße Leinenserviette, in die die Prinzessin mit rotem Garn ein sich aufbäumendes Pferd gestickt hatte. Für Mina zwei Topflappen, in einem ein großes rotes A, im anderen ein ebenso großes M. Für Niklaus hatte sie an zwei Fußlappen schöne Ränder gehäkelt. Für Herrn Seehahn gab es ein winziges Fläschchen Eierlikör. Für die Mutter einen Steckkamm. Für den Vater ein Säckchen mit Lavendelblüten. Für den Großvater ein elfenbeinernes Schnupftabakdöschen. Johann, sagte sie, geh, bring ’s dem Großvater und sag ihm, Ludwig der Zweite, habe es dem Urgroßvater der Prinzessin geschenkt, weil der den König, als er sich bei der Jagd in den Kerschenbaumschen Wäldern den Fuß verstaucht hatte, selber auf dem Rücken bis ins Schloß getragen hat. Alle klatschten, die Prinzessin, die heute einen wild geschminkten Mund hatte, verneigte sich nach allen Seiten. Johann hätte am liebsten nur noch die Prinzessin angeschaut. Dieser riesige Mund paßte so gut unter das verrutschte Glasauge. Für Niklaus lagen wieder ein Paar Socken und ein Päckchen Stumpen unterm Baum. Die Socken, es waren die vom vorigen Jahr, ließ er auch diesmal liegen. Die Stumpen, den Teller voller Plätzchen und die umhäkelten Fußlappen trug er zu seinem Platz. Im Vorbeigehen sagte er zur Prinzessin hin: Du bist so eine. Sie salutierte und sagte: Richtig. Dann ging er noch einmal zurück, zum Vater hin, zur Mutter hin und bedankte sich mit einem Händedruck. Aber er schaute beim Händedruck weder den Vater noch die Mutter an. Schon als er seine Rechte, der der Daumen fehlte, hinreichte, sah er weg. Ja, er drehte sich fast weg, reichte die Hand zur Seite hin, fast schon nach hinten. Und das nicht aus Nachlässigkeit, das sah man. Er wollte denen, die ihn beschenkt hatten, nicht in die Augen sehen müssen. Niklaus setzte sich wieder zu seinem Glas Bier. Nur an Weihnachten, an Ostern und am Nikolaustag trank er das Bier aus dem Glas, sonst aus der Flasche. Johann sah und hörte gern zu, wenn Niklaus die Flasche steil auf der Unterlippe ansetzte und mit einem seufzenden Geräusch leertrank. Wie uninteressant war dagegen das Trinken aus dem Glas. Niklaus setzte auch jede Flasche, die angeblich leer aus dem Lokal zurückkam und hinter dem Haus im Bierständer auf das Brauereiauto wartete, noch einmal auf seinen Mund; er wollte nichts verkommen lassen.

Der Vater ging zum Tannenbaum und holte ein blaues Päckchen, golden verschnürt, gab es der Mutter. Sie schüttelte den Kopf, er sagte: Jetzt mach ’s doch zuerst einmal auf. Eine indische Seife kam heraus. Und Ohrringe, große, schwarz glänzende Tropfen. Sie schüttelte wieder den Kopf, wenn auch langsamer als vorher. Für den Großvater lag ein Nachthemd unter dem Baum. Er sagte zu Johann, der es ihm bringen wollte: Laß es nur liegen. Als letzter packte der Vater sein Geschenk aus. Lederne Fingerhandschuhe, Glacéhandschuhe, sagte der Vater. Damit könnte man fast Klavier spielen, sagte er zu Josef. Und zog sie an und ging ans Klavier und ließ schnell eine Musikmischung aus Weihnachtsliedern aufrauschen. Hanse Luis klatschte Beifall mit gebogenen Händen; das war, weil er seine verkrümmten Handflächen nicht gegen einander schlagen konnte, ein lautloser Beifall. Er sagte: Was ischt da dagege dia Musi vu wittr her. Er konnte sich darauf verlassen, daß jeder im Nebenzimmer wußte, Radio hieß bei Hanse Luis Musik von weiter her. Dann stand er auf und sagte, bevor er hier auch noch in eine Bescherung verwickelt werde, gehe er lieber. Es schneie immer noch, er solle bloß Obacht geben, daß er nicht noch falle, sagte die Mutter. Kui Sorg, Augusta, sagte er, an guate Stolperer fallt it glei. Er legte einen gebogenen Zeigefinger an sein grünes, randloses, nach oben eng zulaufendes Jägerhütchen, das er nie und nirgends abnahm, knickte sogar ein bißchen tänzerisch ein und ging. Unter der Tür drehte er sich noch einmal um, hob die Hand und sagte, er habe bloß Angst, er sei, wenn es jetzt Mode werde, statt Grüßgott zu sagen, die Hand hinauszustrecken, dumm dran, weil er so krumme Pratzen habe, daß es aussehe wie die Faust von denen, die Heil Moskau schrieen. Und dann in seiner Art Hochdeutsch: Ich sehe Kalamitäten voraus, Volksgenossen. Und wieder in seiner Sprache: Der sell hot g’seet: No it hudla, wenn ’s a ’s Sterbe goht. Und mit Gutnacht miteinand war er draußen, bevor ihm die Prinzessin, was er gesagt hatte, in Hochdeutsch zurückgeben konnte. Elsa rannte ihm nach, um ihm die Haustür aufzuschließen. Dann hörte man sie schrill schreien: Nicht, Luis … jetzt komm, Luis, laß doch, Luiiiis! Als sie zurückkam, lachte sie. Der hat sie einreiben wollen. Johann staunte. Daß Adolf, Paul, Ludwig, Guido, der eine Helmut und der andere und er selber die Mädchen mit Schnee einrieben, sobald Schnee gefallen war, war klar; nichts schöner, als Irmgard, Trudl oder Gretel in den Schnee zu legen und ihnen eine Hand voll Schnee im Gesicht zu zerreiben. Die Mädchen gaben dann Töne von sich wie sonst nie. Aber daß man so eine Riesige wie Elsa auch einreiben konnte! Hanse Luis war einen Kopf kleiner als Elsa. Kaum war Elsa da, erschien Hanse Luis noch einmal in der Tür und sagte: Dr sell hot g’sell, a Wieb schla, isch kui Kunscht, abe a Wieb it schla, desch a Kunscht. Und tänzelte auf seine Art und war fort. Die Prinzessin schrie ihm schrill, wie gequält nach: Ein Weib schlagen, ist keine Kunst, aber ein Weib nicht schlagen, das ist eine Kunst. Der Dulle hob sein Glas und sagte, Ohne dir, Prinzessin, tät ich mir hier im Ausland fühlen.

Die Bescherung war vorbei, jetzt also die Lieder. Schon nach dem ersten Lied, Oh du fröhliche, oh du selige, sagte der Schulze Max zur Mutter, die beiden Buben könnten auftreten. Der Vater hatte die Glacéhandschuhe wieder ausgezogen und spielte immer aufwendigere Begleitungen. Nach Kommet ihr Hirten, ihr Männer und Frau’n sagte der Schulte Max zu Dulle: Auf diese Musikanten trinken wir noch ein Glas. Wenn du einverstanden bist. Dulle nickte heftig. Dann gehen wir aber, sagte der Schulze Max. Dulle nickte wieder. Wieder heftig. Der Schulze Max: Wir wollen überhaupt nicht anwachsen hier. Dulle schüttelte den Kopf ganz heftig. Der Schulze Max: Heute schon gar nicht, stimmt ’s? Dulle nickte so heftig, daß er danach seine Brille wieder an ihren Platz hinaufschieben mußte. Der Schulze Max: Auch eine Wirtsfamilie will einmal unter sich sein, stimmt ’s? Dulle nickte wieder, hielt aber, damit er heftig genug nicken konnte, schon während des Nickens die Brille fest. Der Schulze Max: Und wann möchte, ja, wann muß eine Familie ganz unter sich sein, wenn nicht am Heiligen Abend, stimmt ’s? Dulle nahm, daß er noch heftiger als zuvor nicken konnte, seine Brille ab. Der Schulze Max: Und was haben wir heute? Dulle, mit einer unglaublich zarten, fast nur noch hauchenden Stimme: Heilichabend. Der Schulze Max, sehr ernst: Daraus ergibt sich, sehr, sehr verehrte Frau Wirtin, daß das nächste Glas wirklich das letzte ist, das letzte sein muß.

aus: Martin Walser: Ein springender Brunnen (suhrkamp taschenbuch 3100 – 1. Auflage 2000 – S. 92- 96, S. 98-101)

Vorweihnachtszeit 2013 (6): Kälte

Durch Orkantief „Xaver“, der uns hier im Norden Sturmböen bis zu Stärke 12 und gleich mehrere Sturmfluten bescherte (immerhin war die Sturmflut in Hamburg am Freitagmorgen gegen 6 Uhr die zweithöchste bisher gemessene – das Hochwasser stand höher als 1962 bei der legendäre Sturmflut, bei der 340 Tote zu beklagen waren), erlebten wir auch den ersten größeren Wintereinbruch mit Graupel und Schnee. „Xaver“ erwies sich nicht als so gefährlich wie zunächst befürchtet. Man kann allerdings auch sagen: Was Orkantief „Christian“ sechs Wochen zuvor nicht niederriss, hat „Xaver“ diesmal auch nicht geschafft. Während „Christian“ aber eher ein 100 m-Läufer war, entpuppte sich „Xaver“ als Langstreckenläufer und wütete rund zwei volle Tage über Norddeutschland. Auch jetzt noch weht es kräftig durch die ‚Nachwehen’ von „Xaver“.

Vorwarnung zu Orkantief ‚Xaver’

In der Nacht zu Sonntag stiegen die Temperaturen aber um rund 10 °C an. Statt Schnee fällt Regen. Während das Wetter sich bis Samstag noch winterlich und damit vorweihnachtlich zeigte, so ist es jetzt wieder eher herbstlich trübe. Das macht nur wenig Spaß. Und die Aussichten für die kommenden Tage verheißen nur wenig Besserung. Immerhin soll es meist nur wolkig, also trocken sein. Etwas weiter im Norden, genauer im Nordosten, in Finnland, da ist es zz. schon frostig. Aber in den nächsten Tagen soll es sogar dort milder werden.Bis Weihnachten ist es eben noch etwas hin. Da kann uns der große Wintereinbruch durchaus noch kommen. Und dann ist das Geheule noch größer als jetzt.

Ja, die Finnen, insbesondere die Lappen (eigentlich: Samen), haben ein etwas anderes Verhältnis zu Winter, Eis, Schnee und Kälte – wie folgende Aufstellung beweist, die uns übrigens von der finnischen Freundin meiner Frau übermittelt wurde:

Alles nur eine Frage der Einstellung …

+10°C
Die Bewohner von Mietwohnungen in Helsinki drehen die Heizung ab.
Die Lappen (Bewohner Lapplands) pflanzen Blumen.

+5°C
Die Lappen nehmen ein Sonnenbad, falls die Sonne noch über den Horizont steigt.

+2°C
Italienische Autos springen nicht mehr an.

0°C
Destilliertes Wasser gefriert.

-1°C
Der Atem wird sichtbar. Zeit, einen Mittelmeerurlaub zu planen.
Die Lappen essen Eis und trinken kaltes Bier.

-4°C
Die Katze will mit ins Bett.

-10°C
Zeit, einen Afrikaurlaub zu planen.
Die Lappen gehen zum Schwimmen.

-12°C
Zu kalt zum Schneien.

-15°C
Amerikanische Autos springen nicht mehr an.

-18°C
Die Helsinkier Hausbesitzer drehen die Heizung auf.

-20°C
Der Atem wird hörbar.

-22°C
Französische Autos springen nicht mehr an. Zu kalt zum Schlittschuhlaufen.

-23°C
Politiker beginnen, die Obdachlosen zu bemitleiden.

-24°C
Deutsche Autos springen nicht mehr an.

-26°C
Aus dem Atem kann Baumaterial für Iglus geschnitten werden.

-29°C
Die Katze will unter den Schlafanzug.

-30°C
Japanische Autos springen nicht mehr an.
Der Lappe flucht, tritt gegen den Reifen und startet seinen Lada.

-31°C
Zu kalt zum Küssen, die Lippen frieren zusammen.
Lapplands Fußballmannschaft beginnt mit dem Training für den Frühling.

-35°C
Zeit, ein zweiwöchiges heißes Bad zu planen.
Die Lappen schaufeln Schnee vom Dach.

-39°C
Quecksilber gefriert. Zu kalt zum Denken.
Die Lappen schließen den obersten Hemdknopf.

-40°C
Das Auto will mit ins Bett.
Die Lappen ziehen einen Pullover an.

-44°C
Mein finnischer Kollege überlegt, evtl. das Bürofenster zu schließen.

-45°C
Die Lappen schließen das Klofenster.

    Keine Waschlappen

-50°C
Die Seelöwen verlassen Grönland.
Die Lappen tauschen die Fingerhandschuhe gegen Fäustlinge.

-70°C
Die Eisbären verlassen den Nordpol.
An der Universität Rovaniemi wird ein Langlaufausflug organisiert.

-75°C
Der Weihnachtsmann verlässt den Polarkreis.
Die Lappen klappen die Ohrenklappen der Mütze runter.

-120°C
Alkohol gefriert. –> Der Lappe ist sauer.

-268°C
Helium wird flüssig.

-270°C
Die Hölle friert.

-273,15°C
Absoluter Nullpunkt. Keine Bewegung der Elementarteilchen.
Die Lappen geben zu: „Ja, es ist etwas kühl, gib‘ mir noch einen Schnaps“

    Willi, der Waschlappen

Und jetzt kennt Ihr den Unterschied zwischen Lappen und Waschlappen.

Vorweihnachtszeit 2013 (5): Ian Anderson liest Weihnachtliches

Alle Jahre wieder kommt nicht nur das Christkind, sondern liest uns unser Flötenguru, Ian Anderson von der Gruppe Jethro Tull, etwas traditionell Weihnachtliches aus seiner Heimat Schottland vor („Weihnachtliches mit Onkel Ian“):

    Ian Anderson: Happy New Year & Merry Christmas!

Es handelt sich hierbei um einen Radio-Beitrag zu einer Sendung namens „A Toss the Feathers Christmas Special 2004“ und wurde einst vor inzwischen neun Jahren über den amerikanischen Sender Public Radio International ausgestrahlt. Neben „Another Christmas Song“ und „Ring Out Solstice Bells” (am Ende) liest Ian Anderson aus Sir Walter Scott’s „Marmion“ – Dichtung in sechs Gesängen (Marmion – A Tale of Flodden Field in six Cantos; Edinburgh 1808) etwas Weihnachtliches vor:

INTRODUCTION TO CANTO SIXTH

Heap on more wood!-the wind is chill;
But let it whistle as it will,
We’ll keep our Christmas merry still.
Each age has deem’d the new-born year
The fittest time for festal cheer: 5
Even, heathen yet, the savage Dane
At Iol more deep the mead did drain;
High on the beach his galleys drew,
And feasted all his pirate crew;
Then in his low and pine-built hall, 10
Where shields and axes deck’d the wall,
They gorged upon the half-dress’d steer;
Caroused in seas of sable beer;
While round, in brutal jest, were thrown
The half-gnaw’d rib, and marrow-bone, 15
Or listen’d all, in grim delight,
While scalds yell’d out the joys of fight.
Then forth, in frenzy, would they hie,
While wildly-loose their red locks fly,
And dancing round the blazing pile, 20
They make such barbarous mirth the while,
As best might to the mind recall
The boisterous joys of Odin’s hall.

And well our Christian sires of old
Loved when the year its course had roll’d, 25
And brought blithe Christmas back again,
With all his hospitable train.
Domestic and religious rite
Gave honour to the holy night;
On Christmas eve the bells were rung; 30
On Christmas eve the mass was sung:
That only night in all the year,
Saw the stoled priest the chalice rear.
The damsel donn’d her kirtle sheen;
The hall was dress’d with holly green; 35
Forth to the wood did merry-men go,
To gather in the mistletoe.
Then open’d wide the Baron’s hall
To vassal, tenant, serf, and all;
Power laid his rod of rule aside, 40
And Ceremony doff’d his pride.
The heir, with roses in his shoes,
That night might village partner choose;
The Lord, underogating, share
The vulgar game of ‘post and pair.’ 45
All hail’d, with uncontroll’d delight,
And general voice, the happy night,
That to the cottage, as the crown,
Brought tidings of salvation down.

The fire, with well-dried logs supplied, 50
Went roaring up the chimney wide:
The huge hall-table’s oaken face,
Scrubb’d till it shone, the day to grace,
Bore then upon its massive board
No mark to part the squire and lord. 55
Then was brought in the lusty brawn,
By old blue-coated serving-man;
Then the grim boar’s head frown’d on high,
Crested with bays and rosemary.
Well can the green-garb’d ranger tell, 60
How, when, and where, the monster fell;
What dogs before his death he tore,
And all the baiting of the boar.
The wassel round, in good brown bowls,
Garnish’d with ribbons, blithely trowls. 65
There the huge sirloin reek’d; hard by
Plum-porridge stood, and Christmas pie:
Nor fail’d old Scotland to produce,
At such high tide, her savoury goose.
Then came the merry maskers in, 70
And carols roar’d with blithesome din;
If unmelodious was the song,
It was a hearty note, and strong.
Who lists may in their mumming see
Traces of ancient mystery; 75
White shirts supplied the masquerade,
And smutted cheeks the visors made;
But, O! what maskers, richly dight,
Can boast of bosoms half so light!
England was merry England, when 80
Old Christmas brought his sports again.
‘Twas Christmas broach’d the mightiest ale;
‘Twas Christmas told the merriest tale;
A Christmas gambol oft could cheer
The poor man’s heart through half the year. 85

Ich habe noch einmal nachgeforscht und entdeckt, dass es von diesem Poem mindestens zwei deutsche Übersetzung gibt:

Marmion. Eine Erzählung vom Schlachtfelde von Flodden. Dichtung in sechs Gesängen. Zwickau, Gebrüder Schumann, 1827 (Übersetzung: C. Richard) und
Marmion. Darmstadt 1857 (Übersetzung: Alexander Neidhardt, der auch Sonette von Shakespeare übersetzt hat)

Leider habe ich den deutschen Text nicht ausfindig gemacht, so dürft Ihr Euch selbst mit dem Schottischen herumschlagen (leider spricht Ian Anderson alles mehr oder weniger englisch aus. Schade eigentlich … Oder er kann nicht richtig schottisch).