Eigentlich sollte es noch bis zum 2. Februar 1968 dauern (meinem 14. Geburtstag), dass eine Gruppe namens Jethro Tull zum ersten Mal unter diesem Namen im wohlbekannten Marquee Club in der Wardour Street 90 zu London auftrat. Aber bereits heute vor 50 Jahren, am 14. Dezember 1967, war es eine Gruppe von vier Musikern, die unter dem Namen ‚Bag O’Blues‘ als Vorgruppe der Beatband The Remo Four, die zu Beginn der 1960er Jahre zu den wichtigsten Gruppen der englischen Beatszene zählte und u.a. regelmäßig in der TV-Musikshow Beat-Club auftrat, im Marquee Club ihr Debut gab. Es waren Ian Anderson, Mick Abrahams, Clive Bunker und Glenn Cornick – die line-up, die dann auch unter dem Namen Jethro Tull bekannt wurde.
Ian Anderson und Glenn Cornick hatte bereits am 19. Juni 1967 mit der Gruppe ‚John Evan Smash‘ (zuvor John Evan Band) ihr Debut im Marquee Club gegeben. Am 21. Oktober 1967 trafen die beiden dann Mick Abrahams von der Gruppe McGregor’s Engine in Luton, die als Vorgruppe von John Evan Smash auftrat, zum wahrscheinlich ersten Mal. Eine Einladung, bei John Evan Smash mitzuspielen, lehnte Abrahams damals noch ab. Wenig später war es dann aber soweit. Ian Anderson, Glenn Cornick, Mick Abrahams und als vierter Clive Bunker gründeten – in London angekommen – eine Band, die unter einer Vielzahl von Namen, u.a. ‚Ian Henderson’s Bag O’Blues‘, ‚Candy-Coloured Rain‘ (ging wohl über einen Namensvorschlag nicht hinaus), ‚Navy Blue‘ oder ‚The Four Fingers‘ ihr Publikum suchte. Und auch der Name ‚Jethro Tull‘ wurde bereits zeitweise benutzt.
Als die Gruppe dann am 2. Februar 1968 unter dem Namen Jethro Tull im Marquee Club auftrat, was es ihr Durchbruch. Von diesem Tag an blieb es bei diesem Namen.
Die Auftritte von Jethro Tull sind ziemlich genau bei ministry-of-information.co.uk dokumentiert (und auch die Ära davor). Die ersten Plattenaufnahmen stammen eigentlich aus der Zeit zwischen ‚John Evan Smash‘ und der späteren Gruppe Jethro Tull (siehe hierzu meinen Beitrag Jethro Tull: Blues For The 18th) und wurden Ende Oktober 1967 in den EMI Studios, Abbey Road aufgenommen, am 22.10.1967 das Lied ‚Aeroplane‘, wahrscheinlich auch ‚Blues For The 18th‘ (siehe auch meinen Beitrag: Abbey Road, London, City of Westminster NW8, UK).
(Prä-)Jethro Tull: Blues For The 18th (1967)
Jethro Tull live im Hyde Park, London am 29.06.1968
Am 6. Juli 1968 berichtete der Melody Maker von einem ‚free pop concert‘ aus dem Hyde Park, das am Samstag, dem 29. Juni 1968 stattfand und bei dem vor rund 7000 Zuschauern die Gruppen Pink Floyd, Tyrannosaurus Rex (später T. Rex), Roy Harper und Jethro Tull auftraten: ‚Peace, music and sunshine were the only results …‘. ‚It was a beautiful experience. There was no trouble at all and I only saw two policemen – at a distance, looking baffled and wondering what it was all about!‘, wie ein Zuschauer meinte. Es war das erste Open Air-Konzert dieser Art in Großbritannien. Jethro Tull spielte Stücken von der ersten LP: Cat’s Squirrel, Serenade To A Cuckoo, Stormy Monday, Dharma For One. Vor und nach diesem Konzert ergaben sich viele Auftriite – u.a. erneut im Marquee Club. Jethro Tull war beim Zuhörer angekommen.
Fast 15 war ich, als Jethro Tull ihren Auftritt im Hyde Park hatte. Da kannte ich sie noch nicht. Doch das war vorbei, als „Bourree“ bekannt wurde. Ihren ersten Auftritt im Beat-Club habe ich natürlich gesehen. Den habe ich fast immer gesehen, denn wo sonst konnte man die „Beat-Bands“ sehen?! – Weder bei unseren Eltern noch in der Schule waren Gefühlsausbrüche, die wir Teenager bei „unserer“ Musik hatten, erwünscht. Ich bin froh, dass ich mich davon nicht abbringen ließ. Anfangs war ich über das „Outfit“ von Mr. Ian Anderson erschrocken; schließlich wusste niemand etwas im abgeschirmten Osten über JT (Zeitungsberichte gab´s nicht – werder „Bravo“ noch den „Rolling Stone“). Aber den Äther konnten die Bonzen nicht abstellen! – Täglich hörte ich den englischen BFBS und den SFB (SF-Beat) – endlich keine Schlager, endlich keine Volksmutanten (die kamen später – leider). Ohne ständige Wiederholungen von Hits, die einem schnell über waren – ein breites Feld – ohne Queen in 15-Minuten-Abstand). Da wurde die ganze Vielfalt gespielt – ohne dass Pink Floyd auf „Another brick in the Wall“ und Jethro Tull auf „locomotive breath“ reduziert wurde. – Eine schöne Zeit! – Tull on! – Und vielen Dank für den schönen Beitrag.