Nachdem die 18-jährige Südafrikanerin Caster Semenya im Endlauf über 800 m den Favoritinnen enteilte und Gold gewann, wurde es publik: Bei den Herren (vielleicht auch Damen) des Leichtathletik-Weltverbandes IAAF bestehen Bedenken hinsichtlich der Weiblichkeit der Siegerin. So wurde Caster Semenya einem Geschlechtstest unterzogen. Das bestätigte der Verband am Mittwoch. Zweifel, ob die 18-Jährige eine Frau ist, waren wegen ihrer männlichen Erscheinung aufgekommen. Die Ergebnisse der genetischen Untersuchung sollen innerhalb einer Woche vorliegen. Caster Semenya war vor drei Wochen aus dem Nichts kommend mit einer Zeit von 1:56,72 Minuten Weltjahresbestzeit gelaufen. Und nun der Sieg bei der Leichtathletik-Weltmeisterschaft in Berlin in neuer persönlicher Bestzeit.
Bei der üblichen Pressekonferenz der Medaillengewinner erschien Semenya nicht. Der Weltverband sah sich gezwungen, die 18-jährige Südafrikanerin zu schützen. Auf ihrem Platz saß IAAF-Generalsekretär Pierre Weiss und entschuldigte das Fehlen der Siegerin mit dem Hinweis, dass Semenya „nicht darauf vorbereitet ist, auf ihre Fragen zu antworten“.
Geschlechtstests wurden bei den Olympischen Spielen 1968 eingeführt, nachdem eine Reihe von osteuropäischen Athleten in Verdacht geraten waren. Vor den Sommerspielen 2000 in Sydney wurde die sogenannte „Gender verification“ jedoch wieder abgeschafft und ist seitdem nur noch in strittigen Fällen vorgesehen.
Da gab es in den 60er Jahren den Fall der Press-Schwestern. Tamara Press, Olympiasiegerin in Kugelstoßen und Diskuswerfen, Irina Press, die jüngere Schwester, Olympiasiegerin im 80-Meter-Hürdenlauf und im Fünfkampf.
Den beiden Schwestern wurde nachgesagt, ihr Geschlecht könne nicht festgelegt werden. Sie galten manchen schon bald zumindest als Hermaphroditen, also Zwitterwesen; nach anderer Ansicht waren sie mit männlichen Hormonen gedopt. Spötter nannten die beiden „Press Brothers“. Nachdem die Bestimmung des Geschlechts für alle international auftretenden Sportler 1968 zur Pflicht wurde, verschwanden beide Sportlerinnen von der Sportlerbühne. Die westliche Presse verstand diesen Rückzug als Eingeständnis. Die russischen Zeitungen dementieren dies bis heute.
Der Name ‚Tamara Press’ war lange Zeit ein Synonym für ein ‚gewaltiges’ Mannweib. Ein anderer Fall von Hermaphroditismus (oder genauer Intersexualität) in der Leichtathletik war der Fall der Stella Walsh aka Stanis?awa Walasiewicz. Die als Polin geborene Amerikanerin holte über 100 Meter 1932 in Los Angeles Gold und vier Jahre später in Berlin Silber. Als sie 1980 bei einem Überfall erschossen wurde, stellte sich heraus, dass Walsh männliche Geschlechtsorgane hatte.