Aus der spontanen Aktion einiger Wiener Kunststudenten entwickelte sich binnen Tagen eine landesweite Protestwelle und überrollte die Politiker, die weiterhin ratlos den Problemen gegenüberstehen: In Österreich ‚brennen’ die Unis!
Und ähnlich wie 1968, als die Studentenbewegung von den USA ausging und sich in Deutschland eine Außerparlamentarische Opposition (APO) formierte, so breitet sich der Uni-Streik inzwischen auch bis zu uns aus.
Der Frust der Studenten ist groß. Die Studenten haben die Nase voll von überfüllten Seminaren und Hörsälen, von zu wenig Professoren, von chronisch unterfinanzierten Unis, Frontalunterricht und Leistungsdruck. Und dafür zahlen sie mancherorts auch noch Studiengebühren.
Und noch ein wesentliches Problem besteht: Es geht um die Umsetzung der so genannten Bologna-Reform – also die Umstellung auf Bachelor- und Masterabschlüsse. „Die Anzahl der Prüfungen ist hoch, sämtliche Noten gehen in den Abschluss rein. Erst einmal ins Studium reinschnuppern, das Studieren lernen – das geht nicht mehr.“ Der Studienplan sei hochgradig verschult. Nebenbei noch Geld fürs Studium zu verdienen, das sei schwer, wird beklagt.
Selbst der Vorsitzende des Wissenschaftsrats, Strohschneider, kritisiert „handwerkliche Fehler“ bei der Einführung der Bachelor-Studiengänge. Die Studienreform sei zu einseitig auf die Verkürzung von Studienzeiten ausgerichtet.
Der Widerstand der Studenten gegen Missstände im Bildungswesen soll nach dem Willen der Organisatoren heute einen Höhepunkt erreichen. Allein in Berlin und Köln erwarten sie jeweils 5000 Demonstranten. In Freiburg, Stuttgart und Tübingen besetzten Studenten in der Nacht Hörsäle. Nicht nur Deutschland steht heute im Zeichen des Bildungsstreiks – in Österreich und Frankreich sind ebenfalls Proteste geplant.
Entsteht jetzt eine neue APO? Ich glaube das nicht. Die Bedingungen sind heute andere als vor über 40 Jahren. Damals kamen viele weitere Gründe hinzu (Vietnamkrieg, Aufarbeitung des Konfliktes zwischen Kriegs- und Nachkriegsgeneration), die vor allem zur Politisierung der Studenten führte. Heute geht es im Wesentlichen um die Verbesserung der Studienbedingungen. Jetzt ist die Politik gefragt. Sollte diese versagen, dann könnte der heutige Protest der Hochschüler allerdings sehr schnell militante Ausmaße annehmen, die der Studentenbewegung von 1968 ähnlich kommt. Dann könnte es mehr als ein Slogan sein: Die Uni brennt!