Thomas Brasch (* 19. Februar 1945 in Westow/Yorkshire; † 3. November 2001 in Berlin) war ein deutscher Schriftsteller, Dramatiker, Drehbuchautor, Regisseur und Lyriker. Sein Theaterstück Mercedes – Für Caspar L – wurde am 07.11.1983 in der Regie von Matthias Langhoff am Schauspielhaus Zürich uraufgeführt.
„‚Mercedes’ – symbolträchtiges Auto und Name der heiligen Maria von der Gnade der Gefangenenbefreiung. Das Stück des vielseitigen und experimentierfreudigen Autors Thomas Brasch (1945 – 2001) oszilliert zwischen Irrsinn und Groteske, Traum und Trauma, Poesie und Klamauk, Drogenwahn und Alltag, Diesseits und Jenseits, Oi und Sakko, Mercedes und Mercedes. Von ‚A’ wie ‚Arbeit’ bis ‚Z’ wie ‚Zuni-Indianer’: ‚Mercedes’ ist ein Verwirr- und Assoziationsspiel über den alltäglichen Wahnsinn.“ (Quelle: www.theaterportal.de)
Personen:
Oi (sie) und Sakko (er), eine Zufallsbekanntschaft, sie Gelegenheitsnutte, er arbeitslos, sind die »Versuchspersonen«.
Mann im Auto
Das Stück spielt an keinem bestimmten Ort und entwickelt keine Handlung.
Ein Stück über freie Zeit, unsere Zeit und Arbeitslosigkeit.
MERCEDES VON THOMAS BRASCH
Ratlos die Worte, die sie einander wechseln, leer die Gedanken, die sie einander verschweigen … und erkennen einander nicht mehr … nennen Datura das Kraut oder Stechapfel, das ihnen schafft eine andre Zeit
(in: 6 Zeitverschiebung – S. 233 – Ausgabe: Theater heute – suhrkamp taschenbuch 1190 – 1. Auflage 1985)
Das Stück ist experimentell und zeitgebunden. Wir begegnen einem jungen, arbeitslosen Paar in der achtziger Jahren, der Zeit des Punk und von No Future. Brasch bereitet diese Zeit sehr symbollästig auf, wobei der ‚Mercedes’ als Statussymbol für Reichtum steht, anstößig und zur Gewalt herausfordernd. Das Experiment erfolgt in verschiedenen Versuchsreihen, in denen das Paar, Sakko und Oi, die Versuchspersonen sind:
„Ein Mann und eine Frau begegnen sich auf der Straße. Sie sind arbeitslos, sie haben viel Zeit – zum Beispiel, um sich füreinander zu interessieren. Aber das Gespräch kommt nur schwer über den Austausch von angeödeten No-Future-Parolen hinaus. Über sich wirklich reden können sie nur, wenn sie sich andere Rollen vorspielen, ein anderes Leben zusammenphantasieren. Der Mann, der sich Sakko nennt, träumt sich zurück in sein Funktionieren in der Arbeit, in der er gebraucht wurde und seinen Platz hatte. Die Frau, die sich Oi nennt, setzt ihre Sehnsucht um in anarchische, vielleicht kriminelle Energie. Fast sieht es so aus, als gelänge es ihr, Sakko anzustecken; fast sieht es so aus, als würde auf dem Umweg über das immer enthemmtere Spiel für die zwei gestrandeten Einzelnen etwas möglich, was in der stupiden Realität nicht zustande kommt: Nähe.“ (Quelle: theatertexte.de)
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