Martin Walser: Nietzsche lebenslänglich

Es ist ein kleines Buch. Eine gebundene Ausgabe, wie es heißt. Handlich und kompakt. Das möchte ich schon rein äußerlich wenig mit einem Kindle eBook Reader oder so tauschen.

Nietzsche lebenslänglich von Martin Walser zeugt von Walsers Interesse am eigenen Werk. Das kommt vor, erst recht in dem Alter Walsers. Da fragte er seinen Rechner, wie oft Nietzsche bei ihm vorkomme und erstaunte, als er erfuhr, dass es 732 Mal ist. Dabei hatte er nie eine Meinung über Nietzsche. Zumindest nicht geäußert. Walser hat Nietzsche nur gebrauchen können. Als Anrufungen.

„Aber auch meine Romanfiguren kommen nicht ohne ihn aus. Die Fabrikantengattin Blomich im Roman Halbzeit sowenig wie der ganz in Nietzsche Frequenzen lebende und leidende Lehrer Helmut Halm im Fliehenden Pferd und in der Brandung.“ (aus dem Vorwort, S. 7, Nietzsche lebenslänglich – Eine Seminararbeit – 1. Auflage – 2010 – Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg)

„Friedrich Nietzsche gehört zu den wirksamsten Lektüren Martin Walsers. Sein Werk trägt diese dauerhafte Beschäftigung über fünfzig Jahre hin in sich, und das vorliegende Buch bringt die universelle Brauchbarkeit dieses mächtigen Sprachverführers für Walser zum Vorschein.“ (Umschlagtext)

Und:

„Martin Walser, geboren 1927 in Wasserburg am Bodensee, hat, wie er in seinem Tagebuch notiert, gelegentlich ein „gestörtes Verhältnis zur Realität“, die ihn umgibt. Um so vertrauter und verläßlicher dagegen ist sein Verhältnis zur Literatur: Hölderlin, Kleist, Heine und Kafka (Beschreibung einer Form: Versuch über Kafka) zählen zu den erlebbaren und geistesgegenwärtigen Autoren, denen sich Walser besonders nahe fühlt, die seine Arbeit begleiten und die sein Schreiben von allem Anfang an durchdringen. Goethe wird ihm spät noch zum Thema ausführlicher Auseinandersetzung. Friedrich Nietzsche aber ist der Autor, der sich in Walsers Texte von Halbzeit (1960) über Jenseits der Liebe (1976), Ein fliehendes Pferd (1978) bis hin zu Brandung (1985) und der Verteidigung der Kindheit (1991) gleichsam eingeschlichen zu haben scheint, weil er brauchbar ist, für Walser, für seine Romanfiguren.“
(Zu dieser Ausgabe – S. 93)

Wahrscheinlich muss man begeisterter Walser-Leser sein, um dieses Büchlein zu kaufen. Es enthält die Passagen aus seinem Werk, in denen Walser Nietzsche erwähnt, nicht einmal zitiert (oder das nur sehr selten). Okay, einige Texte sind neu, bisher nicht veröffentlicht. Aber auch ohne diese wird ein Walser-Fan nicht gleich sterben wollen. Und doch: Was vielleicht auch für bisher Walser-Unkundige von Interesse sein könnte, dass ist der Einblick in ein kurzgefasstes Walser-Kompendium, in eine Anthologie von Walsers Prosa, auch wenn ich es persönlich nicht für sehr repräsentativ halte (ein bisschen mehr sollte es schon sein).

Über WilliZ

Wurde geboren (in Berlin-Schöneberg), lebt (nach einem Abstecher nach Pforzheim, längere Zeit in Bremen und Hamburg) in dem Örtchen Tostedt am Rande der Lüneburger Heide - und interessiert sich für Literatur, Musik, Film und Fotografie (sowohl passiv wie aktiv) ... Ach, und gern verreise ich auch!

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