Vom geistigen Eigentum und der Kohlescheffelei

René schreibt bei spreeblick.com am 12.06.2006:

Geistiges Eigentum, das hatten wir schon dann und wann, macht, wenn es zu sehr verregelt wird, eine Kultur niemals reicher, sondern ärmer. Geistiges Eigentum muss natürlich geschützt werden, obwohl die Frage „Warum?“ berechtigt ist, ist doch geistiges Eigentum nur dann Eigentum, wenn es im Kopf bleibt. Verläßt es diesen auf Platte, Film, Papier oder unphysisch durch Kabel in Deinen Screen, ist die Idee raus, die Welt soll sie bestaunen oder auslachen oder beides und kein Gesetz der Welt sollte jemanden daran hindern, mit ihr anzustellen, was man mag. Denn das ist Pop.

Des guten Renés Standpunkt ist klar und ein Freibrief für das, was man heute unter Piraterie (Stichwort: Filesharing) versteht. Ich möchte mich hier nicht über Urheberrechte auslassen, dazu fehlen mir die Kenntnisse in den rechtlichen Grundlagen. Aber zum Thema ‚geistiges Eigentum‘ und Kultur allgemein möchte ich mich doch äußern.

Erst einmal zum geistigen Eigentum. Bisher verstand man darunter im Wesentlichen die Zurechnung eines Werkes zu einer Person. Also die Glocke ist von Schiller und nicht von Goethe. Und hätte Goethe eine Ballade namens ‚Die Bimmel‘ geschrieben, dann müsste man untersuchen, ob er nicht plagiert, also geistigen Diebstahl begannen hatte … Oder: Die und die Idee wurde von dem und dem, aber nicht von einem anderen gedacht. Aber da fängt es ja schon an: Vielleicht hatte eine andere Person auch schon einmal die gleiche bestimmte Idee (soll ja vorkommen), nur hat er sich diese nicht rechtzeitig patentieren (oder was auch immer) lassen. Und schon ist dieser der Gelackmeierte. Denn damit kommen wir zu dem, mit dem heute geistiges Eigentum in Verbindung gebracht wird: Geld! Wer das Eigentum besitzt, der bekommt auch das Geld für dessen Nutzen. Wäre schön, wenn ’s denn so wäre. Denn erst einmal muss er sein geistiges Eigentum entsprechend ‚vermarkten‘. Und mangels Geld wird er das so ohne Weiteres nicht können. Also sucht er sich jemanden mit Geld. Und der gibt seine Kohle nicht heraus, ohne selbst an der ‚Idee‘ zu profitieren. Manchmal wird dann auch die Idee gleich ganz aufgekauft, weil es z.B. eine ’störende‘ Idee ist, die lieber nicht auf den Markt kommt.

Wie auch immer: Über geistiges Eigentum verfügt (fast) jeder. Der entscheidene Punkt ist seine Chance auf dem Markt. Nur was verspricht, Geld zu bringen, ist wirklich interessant. Und so geht das ganze Krakeele um Urheberrechte im Wesentlichen nur um die Ideen und geistigen wie künstlerischen Produkte, die viel Geld einbringen. Und es sind dann auch meist nicht die Ideengeber und Künstler selbst, die schreien, sondern die Firmen, die das geistige Eigentum an sich gerissen haben, um es zu vermarkten.

Große Ideen und künstlerische Leistungen prägen die Kultur eines Landes. Deutschland wäre nicht das Land der Dichter und Denker, wenn es nicht Menschen in Deutschland gegeben hätte, die entsprechend Großartiges geleistet hätten. Deren Werke werden nun bedenkenlos dem Kulturerbe aller Deutschen zugerechnet. So eröffnet man u.a. Museen, um der Allgemeinheit Zugang zu diesen Werken zu verschaffen.

Man bedenke nun, die Werke von Goethe oder Schiller wären nun im Eigentum eines Konzerns wie z.B. Sony. Von jedem, der es wagte, Verse eines dieser beiden zu zitieren, könnte nun dieser Konzern Gebühren oder dergleichen kassieren. Mit den einzelnen Werken und dem Eigentum daran fiele so schnell eine ganze Kultur sehr schnell in die Hände geldgieriger Firmen.

Mir ist klar, dass das so einfach nicht ist. Und auch das: Vieles von dem, was entsprechenden Firmen Geld bringt, ist nicht unbedingt geeignet, unser aller Kultur auf Dauer zu bereichern. Aber es ist schon ziemlich absurd, dass Menschen, die in welcher Form auch immer gegen Urheberrechte verstoßen, dermaßen kriminalisiert werden (abgesehen davon, dass ich es zum Kotzen finde, wenn im Kino, für das ich schließlich gezahlt habe, neben endloser Werbung auch immer wieder diese Anti-Piraterie-Werbespots gezeigt werden, die mich als potenziellen Täter darstellen). Die Fronten sind verhärtet.

Ich persönlich würde einer so genannten Kulturflatrate den Vorzug geben. Jeder mit Breitband-Anschluss ans Internet zahlt zusätzlich einen Betrag, der dann in einen Fond einfließt, aus dem Kulturschaffende bezahlt werden (und zwar nicht die, die sowieso schon das große Geld scheffeln). So könnte man vorallem Nachwuchskünstler fördern. Und im Gegenzug legalisiert man das Herunterladen von Musik- und ähnlichen Daten. Ähnlich verfährt man ja bereits beim Verkauf von CD-Rohlingen und dergleichen.

Über WilliZ

Wurde geboren (in Berlin-Schöneberg), lebt (nach einem Abstecher nach Pforzheim, längere Zeit in Bremen und Hamburg) in dem Örtchen Tostedt am Rande der Lüneburger Heide - und interessiert sich für Literatur, Musik, Film und Fotografie (sowohl passiv wie aktiv) ... Ach, und gern verreise ich auch!