Bereits 1978 hat sich der Archivar amerikanischer Musik, Ry Cooder, auch um ein Genre bemüht, dass ihm scheinbar fremd sein sollte: Mit Jazz nahm er sich des Ragtimes und anderer archaischer Jazz-Stile an (z.B. Chicago Jazz und Vaudeville), spielte mit entsprechendem Orchester lange zurückliegende Stücke von Musikern wie Jelly Roll Morton, Bix Beiderbecke oder Bert Williams ein – und das auf eine sehr authentische Weise, die überzeugt. Besonders bemerkenswert finde ich dabei die Instrumentierung: Tuba, Klarinetten, Vibraphon und viel Gebläse. Und immer dazu Cooders elegantes Spiel auf der Akustik-Gitarre oder die perfekten Gesangsparts (man höre nur „Nobody“). So taucht selbst der Nichtfan alter Jazzmusik in eine musikalisch andere Welt ein: Jazz mit vielen Synkopen, seltsamen Arrangements und witzigen Texten („Shine“).
Ry Cooder zeigt auf Jazz, welch großer Meister er auf der Gitarre ist. Er drängt sich nie nach vorn und ist doch immer gegenwärtig. Was mich besonders erstaunt: Wie gut z.B. Bläsersätze zum Gitarrenspiel passen können. Als Anspieltipp empfehle ich Nobody – rein akustisch, nur Gitarre und Stimmen, volle Mitten und eine vorbildliche Staffelung des Background-Chores.
Im Jahr des Erscheinens spielte Ry Cooder Teile der Scheibe auch bei einem Konzert in Chicago (wo denn sonst) ein, das sogar das durchweg junge Publikum überzeugte: Ry Cooder – Sound Stage u.a. mit David Lindley – 1978 – Chicago/Ill.
Playlist: Big Bad Bill is Sweet William Now – The Dream – Jezebel – Shine – Maria Elena – In a Mist – Flashes – Davenport Blues – Nobody Knows the Trouble I’ve Seen – Comin‘ in on a Wing & a Prayer