Mann muss schon mindestens in meinem Alter sein oder aus dem Ruhrpott stammen, um ihn noch zu kennen: den Kabarettisten Jürgen von Manger. Er wurde mit seiner Bühnenfigur Adolf Tegtmeier zum Chronist des Milieus im Ruhrpott. Anfang März wäre von Manger 90 Jahre alt geworden. Er verstarb aber bereits 1994 wenige Tage nach seinem 71. Geburtstag.
„Seine Auftritte mit kabarettistischen Solo-Programmen, hauptsächlich um die Figur des Ruhrgebiets-Kleinbürgers Adolf Tegtmeier, die er ursprünglich für den Hörfunk entwickelt hatte, später aber auch auf zum Teil sehr erfolgreichen Sprechplatten (Stegreifgeschichten, zwei davon erhielten eine Goldene Schallplatte) und in zahlreichen Fernsehprogrammen verkörperte, begann von Manger in den 1960er Jahren zu vertiefen.“ „Im Fernsehen hatte von Manger großen Erfolg mit der Reihe Tegtmeiers Reisen [20 Folgen], die ab dem 14. Juli 1972 bis zum 3. Juli 1980 vom ZDF ausgestrahlt wurde.“ Es folgten 14 Folgen von Tegtmeier klärt auf (1981–1983).
Von Manger überzeichnete in seinen Darbietungen die Sprache des Ruhrgebiets-Bürgers bis ins Komische: „Wenn ich Sie mir so anguck, könnt ich mir vorstellen, dat die Fantasie von so mancher Herr ganz schön am Kochen fängt!“ „Bleiben Se Mensch“ oder „Dat is vielleicht ein Dingen“ sind auch so typisch von Manger’sche Sprüche.
Der Mann mit der schiefen Mütze und dem schiefen Mund erinnert einwenig an Heinz Erhardt. Was mich vielleicht für ihn eingenommen hat, war der ruhrdeutsche Dialekt, der mir über das kölsch-eingefärbte Sprechen meiner Mutter durchaus bekannt war. Denn in beiden Regiolekten finden sich Überschneidungen (Kappes = Mistzeug, schlechte Idee (ursprünglich Kohl); ne fiese Möpp). Selbst das rudimentär vorhandene Ostpreußische meines Vaters findet sich im Ruhrdeutschen in einigen Begriffen (z.B. Lorbass = Schlingel) wieder.
Welche Vorliebe ich für die deutsche Sprache im allgemeinen (u.a. Wortschatz – Günter Grass: Grimms Wörter) und für Dialekte im besonderen (u.a. Komm inne Puschen!) habe, wurde in diesem Blog hinreichend kundgetan.
Zurück zu Jürgen von Manger: Lange hat man von ihm nichts mehr gehört. Da hat der Bochumer Musikverlag Roof Music sein Werk in sein Programm aufgenommen. „‚Ich bin seit meiner Kindheit großer Jürgen von Manger-Fan’, erklärt Roof-Music-Geschäftsführer Bernd Kowalzik. ‚Irgendwann fiel mir auf, dass es keine Platten mehr gab.’ Vinyl war vergriffen, CDs noch nicht erhältlich.“ (Quelle: derwesten.de)
Dem nicht genug: Es gibt immer noch jede Menge unveröffentlichtes Material, das von Manger zz. selbst mit einem Tonbandgerät aufgenommen und dem Musikverlag zur Verfügung gestellt hat. Hier einige Hörproben von der CD Dönekes.
Das Beste von Adolf Tegtmeier (Jürgen von Manger)
Wer sich etwas intensiver mit den Texten von Jürgen von Manger und seinem Adolf Tegtmeier auseinandersetzen möchte, hier zwei längere Texte: Ausgewählte Sketche
Es gibt heute einige Kabarettisten die sich durchaus in der Tradition von Jürgen von Manger sehen, z.B. Helge Schneider, Hape Kerkeling oder Elke Heidenreich als „Else Stratmann, Metzgersgattin aus Wanne-Eickel“. Nach langen Jahren habe ich Jürgen von Manger in diesem Tagen gewissermaßen wiederentdeckt.