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Flöten im Weltall

Sorry, wenn ich erst jetzt dazukomme, dieses außergewöhnliche Ereignis zu würdigen. Okay, eine Revolution war es nicht gerade, die unser großer Flötenmeister da veranstaltet hat, wie Anne Leighton in ihrem Blog zu erahnen glaubte:

IAN ANDERSON’S OUT OF THIS WORLD FLUTE DUET
Stay tuned for Ian Anderson playing a unique flute duet live with NASA’s Colonel Cady, who–AT 14.09 (2:09) EST heads off tonight on mission 26 to the ISS where she will rendezvous with Ian’s flute which went up on a Russian supply rocket a few weeks ago. Says Ian, „We plan to play together – a space duet – in the New Year. Maybe Gagarin day – the 50th Anniversary of the first man in space on the 12th April.“

The Revolution in Music, Space, and Air will be Televised on NASA TV.

Ja, es war der Gagarin-Tag, der 50. Jahrestag des Beginns der bemannten Weltraumfahrt, als Juri Gagarin als erster Mensch in 108 Minuten einmal die Erde umrundete: Ian Anderson, unser Hurzelzwerg, packte seine Flöte aus, um mit der Bordingenieurin der ISS-Expedition, Cady Coleman, die sich noch bis zum Mai in der Umlaufbahn um unseren Planeten langweilen darf, ein kurzes Duett (sie hat sich ihre eigene Flöte an Bord ‚geschmuggelt’) zu intonieren:


Ian Anderson To Duet With Astronaut – am 12.4.2011
Ian Anderson + Cady Coleman flute duet in space

Auf dem Jethro Tull Board @ www.laufi.de ist schon reichlich gelästert worden. Sehr beeindruckend finde ich das Suppengrün hinter dem Meister (Gummibäume waren bei uns besonders in den 60er und 70er Jahren beliebt). Weste und Shirt machen sich besonders gut und betonen den durch Bluthochdruck (oder ist es doch die Aufregung, Akteur eines solch außergewöhnlichen Events zu sein) leicht geröteten Kopf (vielleicht kommt er auch gerade von der Sonnenbank). Nein, ganz ehrlich: Ich finde den Auftritt ganz toll und bewundere ihn dafür wie er es schafft, immer wieder Akzente besonderer Art zu setzen! Und alt geworden ist er …

Okay, Meister Anderson wurde in Perm im laufenden Bild festgehalten (sein Wohnzimmer ist weitaus geschmackvoller ausgestattet; der letze Gummibaum wurde Ende 1976 von Ian Anderson höchstpersönlich entsorgt) und vermittelt den versiegenden Hauch einer spätsozialistischen Ära.

Wen’s interessiert: Audio-Beitrag von BBC World Service zu Gagarins Raumfahrt 1961
(Interview mit Ian Anderson zum Thema startet ca. ab der 38. Minute)

On Preston Platform

Ian Anderson hat nicht nur mit „Locomotive Breath“ das wohl von der Gruppe Jethro Tull bekannteste Lied geschrieben. Es gibt auch noch andere Lieder, die etwas mit Eisenbahnen zu tun haben:

On Preston platform
Do your soft shoe shuffle dance

heißt es in dem sehr kurzen Lied „Cheap Day Return“, ein Liedchen mit akustischer Begleitung, wie es von Ian Anderson viele gibt (Wond’ring Aloud fällt mir auf die Schnelle ein, und Nursie – oder: Slipstream), meistens nicht eine Minute lang.

Cheap Day Return

Cheap Day Return war und ist wohl auch heute noch ein Bahnticket in Großbritannien: Wer am gleichen Tag auch wieder die Rückreise antritt, fährt preiswerter als mit einem normalen Ticket: Spartag-Rückfahrkarte würde das bei uns wohl heißen.


Jethro Tull – Cheap Day Return & Mother Goose

Die Preston Railway Station in Preston/Lancashire, England, ist eine Hauptstation auf der West Coast Main Line der britischen Bahn und bedient u.a. auch den First ScotRail Overnight Sleeper zwischen London und Schottland.

Brush away the cigarette ash that’s
falling down your pants.

Der Bahnsteig der Preston Station dient als Zwischenstation (um eine Zigarette zu rauchen) auf dem Weg zum kranken Vater. Dort angekommen, bedient die Krankenschwester auch ihn mit einem Tee und bittet um ein Autogramm. Und es ist ihr Lachen, was ihm in Erinnerung bleibt:

And you sadly wonder
does the nurse treat your old man
the way she should.
She made you tea,
asked for your autograph —
what a laugh.

Jethro Tull: A

Wie kann man ein Musikalbum nur ‚A’ nennen? Schon allein der Titel des 1980 erschienenen Albums von der Gruppe Jethro Tull verwirrte die treue Fangemeinde; wie sehr sollte es die ‚neue’ Musik erst sein. Des Rätsels Lösung: Das Album ‚A’ sollte eigentlich ein erstes Solo-Album ihres Mastermind Ian Anderson werden; das A steht für Anderson.

Nachdem am 14. April 1980 im Hammersmith Odeon, London die Stormwatch-Tour und damit für viele Jethro Tull-Fans gewissermaßen das ‚goldene Zeitalter’ der Gruppe endete, denn es war auch endgültig das letzte Konzert mit John Evan, Barrimore Barlow und David Palmer (siehe auch meinen Beitrag: Jethro Tull live 1. April 1980 München Olympiahalle), zog sich Ian Anderson Mitte des Jahres zu Aufnahmen ins Maison Rouge Mobile und Maison Rouge Studio, Fulham, London, zurück, um das gesagte Album aufzunehmen. Neben Ian Anderson, Martin Barre und Dave Pegg wirkten Mark Craney (Drums) und Eddie Jobson (Keyboards, elektr. Geige) als neue Mitglieder der Gruppe mit. Das Album erschien am 29.08.1980 in Großbritannien und am 01.09.1980 in den USA.

Nach der Folk Rock-Phase der Gruppe (etwa 1976-1979) begann mit diesem Album die Phase des Electronic Rock von Jethro Tull, die etwa 1984 mit dem Album „Under Wraps“ endete. Bei vielen der bisherige Fans brach damals das nackte Entsetzen aus, weil es die bis dahin wohl größte Veränderung der Gruppe war, nicht nur personell (die alten Recken Evan, Barlow und Palmer mussten gehen, dafür kam u.a. der androgyn wirkende Eddie Jobson), sondern in erster Linie natürlich musikalisch (Jobson hinterließ bei den neuen Kompositionen seinen musikalischen Einfluss: Anderson/add. mus. mat. Eddie Jobson steht bei den Liedern in Klammern). Und während Ian Anderson auf der Stormwatch-Tour noch mit langer Mähne über die Bühne wirbelte, waren die Haare auf der am 4. Oktober 1980 begonnenen ‚A’-Tour nicht nur wesentlich kürzer (und vorn auch lichter) geraten, auch das Outfit hatte nicht mehr den altertümlichen Touch, sondern wirkte futuristisch.

Im ‚Windschatten’ des neuen Albums erschien dann auch noch die Videokassette Slipstream (heute gemeinsam als A remastered (CD+Bonus DVD Slipstream) erhältlich), auf der neben einigen interessanten Videoclips (u.a. Ian Anderson als Vampir) auch Ausschnitte von der neuen Tour enthalten sind.


Jethro Tull: Black Sunday (Live on ‚A‘-Tour on 20th or 21st Nov 1980 at Royal Albert Hall London, UK)


Jethro Tull – Fylingdale Flyer (Videoclip – hieraus stammt auch das Cover zum ‘A’-Album)

Es gibt noch weitere Video bei Youtube:
Jethro Tull – „Crossfire“ live 1980 (Live at the Sports Arena LA, on the 11/12/1980 )
Ian Anderson of Jethro Tull Rare 1980 interview
Jethro Tull – „Crossfire-Fylingdale Flyer“ (1980 aus der dt. TV-Sendung Rock Pop – leider nur Playback & in magerer Qualität)

Ian Anderson und Jethro Tull haben immer wieder durch gravierende Stiländerungen ihrer Musik überrascht. Anderson versteht sich als Musiker, weniger als Rockmusiker, und beansprucht natürlich für sich, aus allen musikalischen Töpfen schöpfen zu dürfen. Als ich mir damals ‚A’ kaufte, war ich natürlich auch überrascht. Aber so sehr auch elektronische Klänge die Musik verändert hatten, die musikalische Herkunft namens Anderson ließ sich nicht verleugnen. Wenn mir ein Album aus dieser Zeit nicht gefällt, dann ist es „Under Wraps“ aus dem Jahre 1984 – aber hauptsächlich wegen des Drum Computers, den Ian Anderson wohl eigenhändig programmiert hatte, der aber nie die feinen Facetten handgemachter Trommelarbeit ersetzen konnte, so komplex die rhythmischen Strukturen auch gesetzt waren – in der Lautstärke vielleicht etwas gedrosselt wären die Drums erträglicher anzuhören.

Happy Birthday, Mr. Anderson

Heute habe ich einmal daran gedacht (stimmt auch nicht – durch YouTube-Kommentare wurde ich darauf aufmerksam gemacht – an seinen 60. hatte ich damals allerdings gedacht): Ian Anderson von der Gruppe Jethro Tull hat heute Geburtstag und wird 63 Jahre alt. Na denn: Happy Birthday, Mr. Ian Anderson!

Ian Anderson (Jethro Tull) 2008
aus: jethrotull.com/press/pressphotos (2008 – 1 MB groß)

Anlässlich des 300. Geburtstages von Johann Sebastian Bach trat die Gruppe Jethro Tull mit Ian Anderson und Gaststar Eddie Jobson am 16. März 1985 im Internationalen Congress Centrum Berlin auf: Bach Rock (Dank an www.laufi.de für die Videos).


Jethro Tull: Wond’ring Aloud (Bach Rock 1985)

Ians elf Finger?!

Nachdem ich die Gruppe Jethro Tull zum ersten Mal im Fernsehen sah (Wie ich zu Jethro Tull kam), kaufte ich mir meine erste Langspielplatte (LP – damals gab es noch keine CDs) am 6. September 1969. Das Datum ist mir auch heute noch gegenwärtig (6.9.69 – siehe meinen Beitrag: Mondlandung mit Shakespeare). Und natürlich war es eine Scheibe von Jethro Tull: Stand Up.

Jethro Tull: Stand Up (1969)

Es fiel mir nicht gleich auf, erst später: Auf der Zeichnung des Covers (genauer: ein Holzschnitt) hat Ian Anderson elf statt der üblichen zehn Finger. Über das Jethro Tull Board @ www.laufi.de bin ich wieder auf dieses Detail des Stand Up-Covers gestoßen: Ja, es sind elf Finger.

Ian Andersons elf Finger

Jetzt stellt sich natürlich die Frage, warum elf Finger? Hat sich der Künstler James Grashow einfach vertan (kann er nicht bis zehn zählen?)? Oder war es höhere Absicht, da Ian Anderson als Flötist besonders viele Finger braucht – vielleicht eine Art Heiligenschein auf etwas niedrigeren Niveau? Nun James Grashow hat sich in einem Interview erst kürzlich dazu geäußert: It was a mistake. So profan sind manchmal die Dinge.

Ich fand (und finde auch heute noch) das Cover natürlich sehr cool. Besonders Ians Tabaksbeutel hatte es mir damals angetan, sodass ich mir bald nach Kauf der LP auch einen solchen Tabaksbeutel zulegte, den ich am Hosengürtel trug (zum Barett wie bei Lockwood hat’s bei mir aber nicht gereicht).