Sorry, wenn ich erst jetzt dazukomme, dieses außergewöhnliche Ereignis zu würdigen. Okay, eine Revolution war es nicht gerade, die unser großer Flötenmeister da veranstaltet hat, wie Anne Leighton in ihrem Blog zu erahnen glaubte:
IAN ANDERSON’S OUT OF THIS WORLD FLUTE DUET Stay tuned for Ian Anderson playing a unique flute duet live with NASA’s Colonel Cady, who–AT 14.09 (2:09) EST heads off tonight on mission 26 to the ISS where she will rendezvous with Ian’s flute which went up on a Russian supply rocket a few weeks ago. Says Ian, „We plan to play together – a space duet – in the New Year. Maybe Gagarin day – the 50th Anniversary of the first man in space on the 12th April.“
The Revolution in Music, Space, and Air will be Televised on NASA TV.
Ja, es war der Gagarin-Tag, der 50. Jahrestag des Beginns der bemannten Weltraumfahrt, als Juri Gagarin als erster Mensch in 108 Minuten einmal die Erde umrundete: Ian Anderson, unser Hurzelzwerg, packte seine Flöte aus, um mit der Bordingenieurin der ISS-Expedition, Cady Coleman, die sich noch bis zum Mai in der Umlaufbahn um unseren Planeten langweilen darf, ein kurzes Duett (sie hat sich ihre eigene Flöte an Bord ‚geschmuggelt’) zu intonieren:
Ian Anderson To Duet With Astronaut – am 12.4.2011
Ian Anderson + Cady Coleman flute duet in space
Auf dem Jethro Tull Board @ www.laufi.de ist schon reichlich gelästert worden. Sehr beeindruckend finde ich das Suppengrün hinter dem Meister (Gummibäume waren bei uns besonders in den 60er und 70er Jahren beliebt). Weste und Shirt machen sich besonders gut und betonen den durch Bluthochdruck (oder ist es doch die Aufregung, Akteur eines solch außergewöhnlichen Events zu sein) leicht geröteten Kopf (vielleicht kommt er auch gerade von der Sonnenbank). Nein, ganz ehrlich: Ich finde den Auftritt ganz toll und bewundere ihn dafür wie er es schafft, immer wieder Akzente besonderer Art zu setzen! Und alt geworden ist er …
Okay, Meister Anderson wurde in Perm im laufenden Bild festgehalten (sein Wohnzimmer ist weitaus geschmackvoller ausgestattet; der letze Gummibaum wurde Ende 1976 von Ian Anderson höchstpersönlich entsorgt) und vermittelt den versiegenden Hauch einer spätsozialistischen Ära.
Wen’s interessiert: Audio-Beitrag von BBC World Service zu Gagarins Raumfahrt 1961
(Interview mit Ian Anderson zum Thema startet ca. ab der 38. Minute)
Ian Anderson hat nicht nur mit „Locomotive Breath“ das wohl von der Gruppe Jethro Tull bekannteste Lied geschrieben. Es gibt auch noch andere Lieder, die etwas mit Eisenbahnen zu tun haben:
On Preston platform
Do your soft shoe shuffle dance
heißt es in dem sehr kurzen Lied „Cheap Day Return“, ein Liedchen mit akustischer Begleitung, wie es von Ian Anderson viele gibt (Wond’ring Aloud fällt mir auf die Schnelle ein, und Nursie – oder: Slipstream), meistens nicht eine Minute lang.
Cheap Day Return war und ist wohl auch heute noch ein Bahnticket in Großbritannien: Wer am gleichen Tag auch wieder die Rückreise antritt, fährt preiswerter als mit einem normalen Ticket: Spartag-Rückfahrkarte würde das bei uns wohl heißen.
Brush away the cigarette ash that’s
falling down your pants.
Der Bahnsteig der Preston Station dient als Zwischenstation (um eine Zigarette zu rauchen) auf dem Weg zum kranken Vater. Dort angekommen, bedient die Krankenschwester auch ihn mit einem Tee und bittet um ein Autogramm. Und es ist ihr Lachen, was ihm in Erinnerung bleibt:
And you sadly wonder
does the nurse treat your old man
the way she should.
She made you tea,
asked for your autograph —
what a laugh.
Ende der 60er Jahre entstand in England eine Musikrichtung, die Genre bestehender populärer Musik wie Pop- und Rockmusik und Blues aufgriffen und um stilistische Merkmale anderer musikalischer Gattungen ergänzten. Dazu gehörte die klassische Musik, aber auch Einflüsse aus Jazz und traditioneller, teilweise sogar nichtwestlicher Musik. Das Ganze nannte sich Progressive Rock (kurz: Prog oder Prog-Rock). Besonders in den 70er Jahren wurde diese Musik durch Gruppen wie King Crimson, Emerson, Lake & Palmer, Yes, Genesis, Gentle Giant und Jethro Tull populär und eroberte die Charts. Neben Gitarre, Keyboards, Bassgitarre und Schlagzeug kamen bei diesen Gruppen auch Streich- und Blasinstrumente sowie besondere Tasteninstrumente wie den Moog-Synthesizer oder das Mellotron zum Einsatz.
Der Progressive Rock gründete sich auf eine besondere musikalische Komplexität und beanspruchte einen an der europäischen Kunstmusik orientierten Stil. Nach dem steilen Aufstieg dieser Musik gab es allerdings sehr bald einen Wandel. Zum einen vergraulte man das subkulturelle Club-Publikum in England, das sich schnell anderen musikalischen Richtungen, z.B. dem Punk, zuwandte. Auch wie handwerkliches Können auf narzisstische Weise zur Schau gestellt wurde (z.B. von Keith Emerson) trug nicht dazu bei, einerseits den Kunstanspruch zu bekräftigen, andererseits ein breites Publikum zu bedienen. So gab es Gruppen, die versuchten, dem Publikumsgeschmack zu entsprechen, was aber z.B. bei einer Gruppe wie Gentle Giant gehörig in die Hose ging. Sie gewannen keine neuen Fans, vergraulten aber ihr ‚Stammpublikum’.
Inzwischen hat sich der Progressive Rock weiterentwickelt und kommt heute u.a. als Artrock, New Artrock oder New Prog daher. Viele Schubläden eben.
Nun wie oben bereits angesprochen, stand der Progressive Rock in der Kritik, gab aber dadurch auch genügend Anlass, literarisch aufgearbeitet zu werden. So gibt es eine sicherlich interessante Website The Progressive Rock Bibliography, die viele Verweise zu meist englischsprachiger Literatur aufzeigt. Dann gibt es eine deutsche Website mit den Rezensionen klassischer Prog-Alben Suppersready.
Aus einer Anzahl weiterer englischsprachiger Websites wie Progarchives – DPRP (mit einem chronologischen Überblick über die Geschichte des Prog-Rocks) ragt aber die Gibraltar Encyclopedia of Progressive Rock, ergänzt durch das Gibraltar Prog Blog, hervor. Hier findet sich nicht nur reichlich Material zu all den Größen dieser Musikrichtung, sondern auch genügend Informationen zu all den anderen Gruppen, die eher nationale, wenn nicht gar nur lokale Erfolge erzielten. Und es bleibt nicht auf England bzw. Großbritannien beschränkt. Natürlich kann nicht jede hier aufgeführte Gruppe allein dem Progressive Rock zugeordnet werden. Es gibt reichlich Grauzone, also viele Randgebiete, die hier nicht vernachlässigt werden, was der ganzen Übersicht dann eher gut tut.
Progressive Rock lebt also auch heute noch, wenn auch manchmal unter einem anderen Mäntelchen. Ohne mich hier elitär oder dergleichen geben zu wollen: Aber ich finde es nach wie vor gut und wichtig, wenn sich eine Richtung der Rockmusik eines gewissen Kunstanspruches bedient. Seichtes Musikgeplänkel gibt es genügend und für mich zum Überdruss. Gute, anspruchsvolle Musik findet gerade deshalb auch heute ihre Hörer.
John Glascock (* 2. Mai 1951 in Islington, Großbritannien; † 17. November 1979 in London) war von 1975 bis 1979 Bassist der britischen Rockgruppe Jethro Tull und spielte auf folgenden Alben der Gruppe:
Too Old To Rock ‚N‘ Roll, Too Young To Die (1976)
Songs From The Wood (1977)
Heavy Horses (1978)
Live – Bursting Out (1978) (live) (2 LP)
Stormwatch (1979).
Während der Heavy-Horses-Tour der Gruppe erkrankte er schwer, als eine Zahnerkrankung sein (durch einen von seinem Vater ererbten Herzklappenfehler bereits vorbelastetes) Herz schädigte. Eine Operation, bei der die defekte Herzklappe ersetzt wurde, brachte nicht die erhoffte Besserung, und nachdem er bereits im Jahr 1978 nicht mehr alle Auftritte der aktuellen Tour bestreiten konnte, stand er am 1. Mai 1979, genau drei Jahre nach seinem Debüt, zum letzten Mal für Jethro Tull auf der Bühne.
Während der Aufnahmen zum aktuellen Album „Stormwatch“ verschlechterte sich sein Zustand zusehends, und John war gezwungen, die Gruppe zu verlassen. Die noch fehlenden Parts am Bass übernahm Ian Anderson selbst. Sein Nachfolger wurde später Dave Pegg.
Nachdem sein Körper die neue Herzklappe schließlich abgestoßen hatte, starb John Glascock am 17. November 1979 in London.
Jethro Tull-Fans kennen John Glascock nicht nur von den genannten Alben her, sondern auch von den wohl besten Filmaufnahmen, die es bisher von der Gruppe gibt:
Jethro Tull 1976 live in Tampa/Florida
Jethro Tull 1977 live at Golders Green Hippodrome
Weitere Stationen seiner Karriere vor Jethro Tull führten John Glascock zu „The Gods“ (1965 bis 1969 mit Ken Hensley und Lee Kerslake, beide von Uriah Heep bekannt), „Head Machine“ (1970), „Toe Fat“ (1969-1970 mit Cliff Bennett) und Chicken Shack (1971 bis 1972).
Mit der Gruppe Chicken Shack nahm John Glascock das Album Imagination Lady (1972) auf. Hier einige der Lieder (bei YouTube) – es ist Musik im Bluesstil und ähnelt in der Gitarrenspielweise etwas der von Jimi Hendrix:
Von 1973 bis 1975 spielte John Glascock, zunächst gemeinsam mit seinem Bruder Brian, bei „Carmen“, einer innovativen Flamenco-Rock-Band aus Los Angeles. Mir ist keine Band in der bisherigen Rockgeschichte bekannt, die Rockmusik derart mit traditioneller Flamenco-Musik verbunden hat (deshalb auch unten eine größere Auswahl der Stücke). Sicherlich ist die Musik etwas gewöhnungsbedürftig. Aus dem Rahmen fallen auch die Tanzeinlagen von Sänger und Sängerin. Nicht ganz mein Geschmack sind dabei die Gesangparts, die mich manchmal mehr an Musicals als an Rockmusik erinnern. Dafür überzeugen mich aber die instrumentalen Teile, die die Rhythmik von Rock und Flamenco gekonnt verbinden.
Bei einem Engagement von „Carmen“ als Vorgruppe für die War-Child-Tour von „Jethro Tull“ lernten sich John Glascock und Jethro Tull-Frontman Ian Anderson kennen. „Carmen“ löste sich im Jahr 1975 auf. Die Band hatte finanzielle Probleme, keinen aktuellen Plattenvertrag, und ein Engagement als Vorgruppe der „Rolling Stones“ wurde kurzfristig abgesagt. Außerdem hatte sich der Schlagzeuger der Gruppe bei einem Sturz von einem Pferd schwer verletzt.
Von der Gruppe „Carmen“ erschienen insgesamt drei Alben:
Carmen – Fandangos In Space (1973) Tracks: Bulerias (Cante-Baille-Reprise) / Bullfight / Stepping Stone / Sailor Song / Lonely House / Por Tarantos / Looking Outside (Theme-Zorongo-Finale) / Tales Of Spain / Retirando / Fandangos In Space / Reprise
Carmen – Dancing On A Cold Wind (1974) Tracks: Viva Mi Sevilla / I’ve Been Crying / Drifting Along / She Flew Across The Room / Purple Flowers /Rememberances: Table Two For One – She’s Changed – Gypsy Girl – Time – People Dressed In Black – Dancing On A Cold Wind (Instrumental – Vocal) – The Horseman – Conclusion
Carmen – The Gypsies (1975) Tracks: Daybreak / Shady Lady / High Time / Dedicated To Lydia / Joy / The Gypsies / Siren Of The Sea / Come Back / Margarita
Das letzte Album “The Gypsies” war Ian Anderson und Terry Ellis, früherer Jethro Tull-Plattenproduzent und -Manager, gewidmet.
Von der Gruppe „Carmen“ mit John Glascock gibt es bei YouTube leider nur eine Videoaufzeichnungen von einem TV-Auftritt (immerhin), Glascock finden wir rechts:
Carmen – Bulerias (mit Tanzeinlage – 1973 David Bowie’s Midnight Special)
Dafür gibt es allerdings viel Audio-Material, das ich wie folgt (nach Alben getrennt) zusammengestellt habe:
Nachdem er für mehrere Monate arbeitslos war, erhielt John Glascock eine Einladung von Ian Anderson, den sich anderen Projekten zuwendenden bisherigen Jethro Tull-Bassisten Jeffrey Hammond-Hammond zu ersetzen.
Interessante Fakten: Obwohl John Glascock Linkshänder war, spielte er einen Rechtshänder-Bass — John war bekannt für seine originellen Bühnen-Outfits, die er in der Regel selber geschneidert hatte — Der Bruder Brian Glascock spielte u.a. auf Alben von Joan Armatrading (Info lt. Wikipedia – ich habe alle Alben durchforstert, bin dabei aber nicht auf den Namen Glascock gestoßen, vielleicht doch ein Fake) — Die Sängerin von der Gruppe Carmen, Angela Allen, singt die Backing Vocals auf dem Album „Too Old to Rock ’n‘ Roll, too Young too Die“ von Jethro Tull bei den Stücken „Crazed Institution“ and „Big Dipper“ (neben Maddy Prior, für deren Alben öfter der Gitarrist von Jethro Tull, Martin Barre, gearbeitet hat).
Das Neueste gleich am Anfang: Ian Anderson macht auf „soziales Netzwerk“ und nutzt seit wenigen Tagen die Dienste von Twitter unter @jethrotull bzw. Facebook: Jethro Tull. Viel tut sich da noch nicht, ist ja auch noch jung. Ich bin gespannt, wie es da weitergeht (oder ob es sich schon bald als Todgeburt herausstellt).
Immer wieder stellen sich alte (natürlich auch junge) Tull-Fans die Frage, wann denn wieder einmal etwas Neues auf Tonträger von Jethro Tull auf den Markt kommt. Dazu müssten die Jungs nicht nur genügend Material zusammenbekommen, sondern auch einmal wieder ein Tonstudio von innen betrachten. Mein Ton verrät es sicherlich: Ich glaube eher an den Weihnachtsmann als …
In meinem schon längere Zeit zurückliegenden Beitrag Neues aus Ians Werkstatt? hatte ich von zwei Stücken berichtet, die neu sind: Tea with the Princess und Change of Horses. Inzwischen gibt es auch ein Video bei Youtube von einem weiteren neuen Stück: Hare In The Wine Cup. Ich traue mich nicht richtig, etwas dazu zu schreiben. Das Stück klingt folkig, gut geeignet für Altherrenabende bei einem guten Glas Wein (darf auch a wee drum of whisky sein) als Hintergrundsmusik. Schon etwas älter (das Stück, nicht die Herren) dürfte der Instrumentaltitel The Donkey and the Drum(mer) sein.
Aber genug gelästert. Mir und einigen anderen Tull-Fans bleibt immerhin genügend Videomaterial aus alten Tagen zur Betrachtung verfügbar – und dank YouTube kommt das eine oder andere Video in etwas besserer Qualität hinzu (und auch bisher Ungesehenes erfreut das Gemüt):
Ein absolut geiler optischer Schmackerl ist das folgende Video: Jethro Tull mit „Teacher“. Aufgenommen für den altehrwürdigen Beat-Club in Bremen 1970. Klar, es ist nur Playback (und die Version mit der Orgel), aber den Meister auf ’ner E-Gitarre (Gibson) klampfend sieht man nicht alle Tage.
Bei YouTube bin ich über eine interessante TV-Dokumentation gestolpert, die ich hier gern vorstellen möchte. Auf dem Account von steamrollerblues3000 findet sich (in drei Teile aufgeteilt) eine Produktion des Hessischen Rundfunks (HR) aus dem Jahre 1992 mit dem Titel „Roadies on the Road“. Ha, die Anspielung auf den Tull-Titel „Rocks on the Road“ habt auch Ihr verstanden, sehr gut.
Ja, es geht um die Arbeit von Roadies anlässlich einer Tournee von Jethro Tull durch Deutschland aus dem Jahre 1992. Und einige längere Konzertmitschnitte werden in der gut 25-minütigen Dokumentation gleich mitgeliefert. Es ist ein hartes Brot: der Job als Roadie. Ein echtes Privatleben gibt nicht, wenn die Jungs auf Tour sind. Während Herr Anderson seinen Feierabend bereits genießen darf, müssen die Jungs noch einmal kräftig ranklotzen, um Anlage und Instrumente abzubauen und in die LKWs zu verfrachten. Und beim Aufbau der Anlage gibt es immer wieder das eine oder andere technische Problem, das zu lösen ist. Am Abend muss alles funktionieren, sonst gibt es Ärger mit Herrn Anderson.
Jethro Tull – „Roadies on the Road“ 1992 in 3 Teilen
Wie kann man ein Musikalbum nur ‚A’ nennen? Schon allein der Titel des 1980 erschienenen Albums von der Gruppe Jethro Tull verwirrte die treue Fangemeinde; wie sehr sollte es die ‚neue’ Musik erst sein. Des Rätsels Lösung: Das Album ‚A’ sollte eigentlich ein erstes Solo-Album ihres Mastermind Ian Anderson werden; das A steht für Anderson.
Nachdem am 14. April 1980 im Hammersmith Odeon, London die Stormwatch-Tour und damit für viele Jethro Tull-Fans gewissermaßen das ‚goldene Zeitalter’ der Gruppe endete, denn es war auch endgültig das letzte Konzert mit John Evan, Barrimore Barlow und David Palmer (siehe auch meinen Beitrag: Jethro Tull live 1. April 1980 München Olympiahalle), zog sich Ian Anderson Mitte des Jahres zu Aufnahmen ins Maison Rouge Mobile und Maison Rouge Studio, Fulham, London, zurück, um das gesagte Album aufzunehmen. Neben Ian Anderson, Martin Barre und Dave Pegg wirkten Mark Craney (Drums) und Eddie Jobson (Keyboards, elektr. Geige) als neue Mitglieder der Gruppe mit. Das Album erschien am 29.08.1980 in Großbritannien und am 01.09.1980 in den USA.
Nach der Folk Rock-Phase der Gruppe (etwa 1976-1979) begann mit diesem Album die Phase des Electronic Rock von Jethro Tull, die etwa 1984 mit dem Album „Under Wraps“ endete. Bei vielen der bisherige Fans brach damals das nackte Entsetzen aus, weil es die bis dahin wohl größte Veränderung der Gruppe war, nicht nur personell (die alten Recken Evan, Barlow und Palmer mussten gehen, dafür kam u.a. der androgyn wirkende Eddie Jobson), sondern in erster Linie natürlich musikalisch (Jobson hinterließ bei den neuen Kompositionen seinen musikalischen Einfluss: Anderson/add. mus. mat. Eddie Jobson steht bei den Liedern in Klammern). Und während Ian Anderson auf der Stormwatch-Tour noch mit langer Mähne über die Bühne wirbelte, waren die Haare auf der am 4. Oktober 1980 begonnenen ‚A’-Tour nicht nur wesentlich kürzer (und vorn auch lichter) geraten, auch das Outfit hatte nicht mehr den altertümlichen Touch, sondern wirkte futuristisch.
Im ‚Windschatten’ des neuen Albums erschien dann auch noch die Videokassette Slipstream (heute gemeinsam als A remastered (CD+Bonus DVD Slipstream) erhältlich), auf der neben einigen interessanten Videoclips (u.a. Ian Anderson als Vampir) auch Ausschnitte von der neuen Tour enthalten sind.
Jethro Tull: Black Sunday (Live on ‚A‘-Tour on 20th or 21st Nov 1980 at Royal Albert Hall London, UK)
Jethro Tull – Fylingdale Flyer (Videoclip – hieraus stammt auch das Cover zum ‘A’-Album)
Ian Anderson und Jethro Tull haben immer wieder durch gravierende Stiländerungen ihrer Musik überrascht. Anderson versteht sich als Musiker, weniger als Rockmusiker, und beansprucht natürlich für sich, aus allen musikalischen Töpfen schöpfen zu dürfen. Als ich mir damals ‚A’ kaufte, war ich natürlich auch überrascht. Aber so sehr auch elektronische Klänge die Musik verändert hatten, die musikalische Herkunft namens Anderson ließ sich nicht verleugnen. Wenn mir ein Album aus dieser Zeit nicht gefällt, dann ist es „Under Wraps“ aus dem Jahre 1984 – aber hauptsächlich wegen des Drum Computers, den Ian Anderson wohl eigenhändig programmiert hatte, der aber nie die feinen Facetten handgemachter Trommelarbeit ersetzen konnte, so komplex die rhythmischen Strukturen auch gesetzt waren – in der Lautstärke vielleicht etwas gedrosselt wären die Drums erträglicher anzuhören.
Durchs Internet bin ich an eine DVD mit Konzertaufnahmen von der Gruppe Jethro Tull aus dem Jahr 1980 gekommen, bei der ich erst dachte, na ja, Bild und Ton sind akzeptabel, auch enthält es Stücke, die man sonst so nicht von Videos her kennt – aber mehr dann eben auch nicht. Aber bei näherer Betrachtung wurde mir dann klar: Bei diesem Konzert, das am 1. April 1980 in der Münchener Olympiahalle ausgezeichnet wurde, handelt es sich um eines der letzten Konzerte, bei denen John Evan an den Keyboards und Barrimore Barlow am Schlagzeug (David Palmer kann ich leider nicht erkennen) mitgewirkt haben.
Aber eines nach dem anderen:
Im Frühjahr bis in den Sommer des Jahres 1979 hinein wurde im Maison Rouge Mobile und Maison Rouge Studio, Fulham, London das Album „Stormwatch“ aufgenommen. Bei den Aufnahmen waren die genannten Evan, Barlow und David Palmer (der das Stück „Elegy“ aus seiner Feder beisteuerte) dabei, außerdem der Bassist John Glascock. Dieser war während der Heavy-Horses-Tour der Gruppe schwer erkrankt, als eine Zahnerkrankung sein (durch einen von seinem Vater ererbten Herzklappenfehler bereits vorbelastetes) Herz schädigte. Eine Operation, bei der die defekte Herzklappe ersetzt wurde, brachte nicht die erhoffte Besserung, und nachdem er bereits im Jahr 1978 nicht mehr alle Auftritte der aktuellen Tour bestreiten konnte, stand er am 1. Mai 1979, genau drei Jahre nach seinem Debüt, zum letzten Mal für Jethro Tull auf der Bühne. Während der Aufnahmen zum aktuellen Album „Stormwatch“ verschlechterte sich sein Zustand zusehends, und John war gezwungen, die Gruppe zu verlassen. Die noch fehlenden Parts am Bass übernahm Ian Anderson selbst. Glascocks Nachfolger wurde später Dave Pegg. Nachdem sein Körper die neue Herzklappe schließlich abgestoßen hatte, starb John Glascock am 17. November 1979 in London.
Mit Dave Pegg ging es dann auch auf die Stormwatch-Tour. Am 1. April 1980 gastierte die Gruppe dann in München. Das Konzert wurde vom Fernsehen aufgezeichnet und zusammen mit einem Interview mit Ian Anderson im österreichischen Fernsehen ORF 2 in Rahmen des Jugendmagazins „Ohne Maulkorb Spezial“ ausgestrahlt.
Die DVD, die mir jetzt vorliegt, enthält die (von einer VHS-Kassette digitalisierte) TV-Sendung und ist knapp 55 Minuten lang (Video: MPEG2 Video 720×576 (4:3) 25.00fps 8200Kbps – Audio: 48000Hz stereo 1536Kbps).
Nach diesem Konzert in München gab es noch weitere. Die Stormwatch-Tour endete am 14. April 1980 im Hammersmith Odeon, London. Das war dann auch endgültig das letzte Konzert mit John Evan, Barrimore Barlow und David Palmer. Mit diesem Konzert endete für viele Jethro Tull-Fans gewissermaßen das ‚goldene Zeitalter’ der Gruppe.
Zur Mitte des Jahres 1980 zog sich Ian Anderson zu Aufnahmen ins Maison Rouge Mobile und Maison Rouge Studio, Fulham, London, zurück, um das Album ‚A‘ aufzunehmen. Neben Ian Anderson, Martin Barre und Dave Pegg wirkten Mark Craney (Drums) und Eddie Jobson (Keyboards, elektr. Geige) als neue Mitglieder der Gruppe mit. Das Album erschien am 29.08.1980 in Großbritannien und am 01.09.1980 in den USA.
Aber zurück zu der Stormwatch-Tour und zu der TV-Sendung. Zwischen dem Interview mit Ian Anderson gibt es (fast) vollständig die Aufzeichnungen von dem Konzert. Jethro Tull spielte mit Ian Anderson (Gitarre, Flöte und Gesang), Martin Barre (E-Gitarre), Dave Pegg (Bassgitarre), John Evan (Keyboards bzw. Klavier) und Barriemore Barlow (Drums):
01. Intro/Interview
02. Aqualung
03. Interview
04. Dark Ages
05. Interview
06. Home
07. Orion
08. Interview
09. Too Old To Rock-n-Roll, Too Young To Die
10. Cross-Eyed Mary
11. Interview
12. Minstrel In The Gallery
13. Dambusters March (Locomotive Breath)
Und natürlich sind die Lieder auch bei YouTube auf dem Account von BenRossington im Internet zu betrachten. Ich habe diese zu einer Playlist zusammengefügt:
Heute habe ich einmal daran gedacht (stimmt auch nicht – durch YouTube-Kommentare wurde ich darauf aufmerksam gemacht – an seinen 60. hatte ich damals allerdings gedacht): Ian Anderson von der Gruppe Jethro Tull hat heute Geburtstag und wird 63 Jahre alt. Na denn: Happy Birthday, Mr. Ian Anderson!
Nachdem ich die Gruppe Jethro Tull zum ersten Mal im Fernsehen sah (Wie ich zu Jethro Tull kam), kaufte ich mir meine erste Langspielplatte (LP – damals gab es noch keine CDs) am 6. September 1969. Das Datum ist mir auch heute noch gegenwärtig (6.9.69 – siehe meinen Beitrag: Mondlandung mit Shakespeare). Und natürlich war es eine Scheibe von Jethro Tull: Stand Up.
Es fiel mir nicht gleich auf, erst später: Auf der Zeichnung des Covers (genauer: ein Holzschnitt) hat Ian Anderson elf statt der üblichen zehn Finger. Über das Jethro Tull Board @ www.laufi.de bin ich wieder auf dieses Detail des Stand Up-Covers gestoßen: Ja, es sind elf Finger.
Jetzt stellt sich natürlich die Frage, warum elf Finger? Hat sich der Künstler James Grashow einfach vertan (kann er nicht bis zehn zählen?)? Oder war es höhere Absicht, da Ian Anderson als Flötist besonders viele Finger braucht – vielleicht eine Art Heiligenschein auf etwas niedrigeren Niveau? Nun James Grashow hat sich in einem Interview erst kürzlich dazu geäußert: It was a mistake. So profan sind manchmal die Dinge.
Ich fand (und finde auch heute noch) das Cover natürlich sehr cool. Besonders Ians Tabaksbeutel hatte es mir damals angetan, sodass ich mir bald nach Kauf der LP auch einen solchen Tabaksbeutel zulegte, den ich am Hosengürtel trug (zum Barett wie bei Lockwood hat’s bei mir aber nicht gereicht).