Kategorie-Archiv: Glotzkiste

Neues und Altes im Kino & TV

Besinnliche Filme zur Weihnachtszeit

Weihnachten sollte eine geruhsame und besinnliche Zeit sein, die ganz der Familie gehört. Daher sollten wir diese Zeit nicht unbedingt stundenlang vor dem Fernseher verbringen. Wenn’s denn unbedingt sein sollte, dann muss es nicht ein Action-Kracher sein, ein besinnlicher Film kann dann für die richtige Weihnachtsstimmung sorgen. Hier drei Filme, die in der Weihnachtszeit für uns fast unentbehrlich geworden sind und die wir durchaus immer wieder ansehen mögen.

Zunächst eine Komödie, die kaum ein Auge trocken lässt. Dieser Film hat geradezu Tradition bei uns. Vielleicht fehlt ihm die ‚Besinnlichkeit’ des Weihnachtsfestes, aber Lachen soll ja nicht unbedingt schaden:

Schöne Bescherung (USA 1989) mit Chevy Chase – VOX – 24.12.2011 – 20 Uhr 15

Weihnachten steht vor der Tür und wie alle Familien in der Nachbarschaft wollen auch die Griswolds ihr trautes Heim schmücken und es sich pünktlich zum Fest gemütlich machen. Das wichtigste Utensil ist natürlich der Weihnachtsbaum, den Mutter Ellen, Vater Clark und die beiden Kinder Audrey und Rusty nach längerer Suche in einem Wald finden. Leider hat der schusselige Clark die Säge vergessen und so muss das gute Stück wohl oder übel ausgegraben werden. Zu Hause angekommen setzen sich die Schwierigkeiten fort, denn beim Aufstellen des unhandlichen Baumes geht die eine oder andere Scheibe zu Bruch. Doch damit nicht genug: Clark möchte, dass das ganze Haus im hellen Schein erstrahlt und schmückt das Haus mit Lichterketten aus mehreren tausend Glühbirnen. Der erste Versuch, die Lichterketten anzuschalten, schlägt fehl. Doch wenig später gelingt es den Griswolds durch Zufall, ihr Haus vollständig zu illuminieren. Natürlich ahnen sie nicht, dass im nahegelegen Atomkraftwerk eigens ein zweiter Reaktor in Betrieb genommen werden musste. Kaum ist diese Hürde genommen, plant Clark sofort ein weiteres Projekt zur Verschönerung des Hauses: Er erwartet von seinem Chef einen Weihnachtsbonus, mit dem er einen Swimming Pool im Garten bauen möchte. Leider entpuppt sich dieser Bonus keineswegs als Finanzspritze, sondern lediglich als ein Gutschein für einen Kochkurs. Dies bringt nicht nur Clark, sondern auch seinen völlig verrückten Vetter Eddie auf die Palme, der seine Solidarität mit Clark auf seine ganz eigene Art zum Ausdruck bringt: Kurzerhand entführt er Clarks Chef und verschleppt ihn in das Haus der Griswolds. Leider lässt sich Clarks Chef trotzdem nicht dazu bringen, den Bonus auszuzahlen. Stattdessen umstellt und stürmt die Polizei das Haus der Griswolds…


Schöne Bescherung

Die Titel verraten es bereits. Es sind zwei Liebes-Komödien, romantisch, immer auch witzig, eben echtes Popcorn-Kino und genau richtig zur Weihnachtszeit (aber nicht nur):

Tatsächlich … Liebe (GB/USA 2003) mit Hugh Grant, Keira Knightley, Emma Thompson – ZDF – 25.12.2011 – 14 Uhr 50

London Heathrow: Der gigantische Flughafen gilt nicht gerade als Ort der Romantik. Stress und Hektik bestimmen das Treiben zwischen Terminals und Rollbahn. Doch wer einmal einen genaueren Blick in die Ankunftshalle wagt, wird sie finden: Freunde, Verwandte und Verliebte, die sich nach Zeiten der Trennung leidenschaftlich in die Arme fallen. Tatsächlich Liebe ist einfach überall! Ein abgetakelter Schlagerbarde und sein liebenswerter Manager versuchen, mit einem scheußlichen Remake an bessere Zeiten anzuknüpfen. Ein von seiner Freundin betrogener Schriftsteller verliebt sich in sein portugiesisches Hausmädchen – obwohl sie nicht ein Wort Englisch versteht. Familiäre Routine treibt einen gestressten Verlagsleiter geradewegs in die Arme seiner verführerischen Sekretärin. Und dessen Frau befürchtet, dass sie ihren Ehemann nun endgültig verliert. Ein Zehnjähriger ist das erste Mal verliebt – und sein Stiefvater kann das erste Mal wieder nach dem Tod seiner Frau an die Liebe glauben. Ein Hochzeitsvideo bringt ans Licht, dass der beste Freund des frischgebackenen Ehemanns unsterblich in dessen Frau verliebt ist. Ein bei den Girls erfolgloser Aufschneider ist fest davon überzeugt, in den USA als unwiderstehlicher Liebhaber Karriere machen zu können. Eine schüchterne Angestellte bringt es einfach nicht übers Herz, ihrem Arbeitskollegen zu zeigen, was sie seit Jahren für ihn fühlt. Ein Pärchen lernt sich ausgerechnet am Set eines Pornodrehs kennen. Und last but not least verliebt sich der neue und noch ziemlich chaotische Premierminister Hals über Kopf ausgerechnet in eine Bedienstete. Sie alle erfahren die Macht der Liebe mit allen Verlockungen und Enttäuschungen, allem Glück und allem Leid, aller Energie und allem Frust. Sie alle stürzen sich ins Chaos der Gefühle und erleben schließlich ihr ganz persönliches Wunder.


Tatsächlich … Liebe

Liebe braucht keine Ferien (USA 2006) mit Cameron Diaz, Kate Winslet, Jack Black – ZDF – 25.12.2011 – 16 Uhr 50

Sitzengelassen, enttäuscht, hintergangen. Das dürfte auf den ersten Blick wohl alles sein, was die urbane Medienfrau Amanda (Cameron Diaz) aus Los Angeles und die Londoner Journalistin Iris (Kate Winslet) aus der englischen Provinz verbindet. Dennoch bringt sie die Suche nach absolut männerfreien Weihnachtsfeiertagen und zwei Wochen Erholung für den emotionalen Haushalt zusammen und auf die gleiche Lösung: ein Wohnungstausch auf Zeit. Sie tauschen die Seiten des Atlantiks, Häuser, Autos und irgendwie ihr Leben. Nur damit, dass der Tapetenwechsel auch für eine neue Liebe sorgt, hätten sie nie gerechnet. Neben der Begegnung mit regionalen Gepflogenheiten wartet so in England der unwiderstehliche Charme Grahams (Jude Law) auf Amanda während Iris in Amerika von Miles‘ (Jack Black) herzlichem Ungestüm verführt wird.


Liebe braucht keine Ferien

Wim Wenders/Ry Cooder: The End of Violence

Wenn der Klang-Archivar und -Archäologe Ry Cooder nicht gerade dabei ist, alte, längst in Vergessenheit geratene Klangschätze auszugraben und unseren verblüfften Ohren zuzuführen, dann geht der Maestro der Slide-Gitarre auch gerne seinem einträglichen Broterwerb nach und spielt mal den einen oder anderen herausragenden Film-Soundtrack ein.

So hat er bei mehreren Filme für den Regisseur Walter Hill, z.B. Long Riders (1980) und Crossroads – Pakt mit dem Teufel (1986), dafür gesorgt, dass die Hintergrundmusik stimmt. Und nach dem vielgelobten Soundtrack zu Paris, Texas von 1985 ist The End of Violence (Am Ende der Gewalt) aus 1997 bereits die zweite Arbeit von Ry Cooder für einen Film von Wim Wenders. Ebenfalls 1997 arbeiteten die beiden Künstler in der Musikdokumentation Buena Vista Social Club zusammen.

Dass dieser instrumentale Original-Score zu The End of Violence mit diversen Selbstzitaten, getragenem Jazz und klassischen Elementen doch ein gehöriges Maß anders klingt als erwartet, liegt nicht zuletzt an der glücklichen Mitwirkung von Ausnahmemusikern wie Jon Hassel, Jacky Terrasson, Howie B., James Blood Ulmer, Flaco Jimenez und Sohnemann Joachim Cooder, die der vorliegenden CD auch ohne Filmbilder zu einem eindrucksvollen Eigenleben verhelfen. Zudem ist diese Musik in erster Linie eine reine Filmmusik, die man beim Betrachten des Films nicht so richtig wahr zunehmen scheint. Wäre der Film aber ohne diese Musik, so verlöre dieser enorm an Spannung und Emotion. Zudem tauchen bestimmte musikalische Themen immer wieder auf.

Ry Cooder: The End of Violence

Zu diesem Film sind zwei Soundtracks erschienen. Ein Sampler und ein Score-Album. Auf dem Score sind Ry Cooders Instrumentalstücke zu hören.

In den Anmerkungen auf dem Plattencover äußert sich Wim Wenders zu Ry Cooders Arbeit wie folgt:

Ry had done the score of „Paris, Texas“ for me twelve years ago. The images of that film are inseparable from the haunting sounds of his guitar ever since. More so, it’s like they never even existed without them. Could that be? Ry’s approach to producing music for a movie is unique. He doesn’t sit down and write it. He watches. He watches over and over. And then he plays, in front of the screen. Over and over. Until he uncovers the music that the faces and the landscapes and the things on the screen are making deep down in themselves. He brings that silent score up to the surface, so we can all hear it, thereby rendering those faces, landscapes, objects more visible. His guitar not only produces all those tender, caring, scaring sounds, it also works as a camera, – yes, I’m serious! – as a new and so far unknown instrument of photography. It makes us see better. It’s as if you could take the bottleneck from Ry’s finger, look through it like a viewfinder and rediscover the world. Here, in „The End of Violence“, Ry improves our understanding of Los Angeles, of the people who live there and work there, whether they are movie producer or gardener, stunt woman or cleaning lady. „Magic“ like Howie B. would say.

Musik-CD The End of Violence


Ry Cooder: Define Violence (from the original score „The End of Violence”, composed by Ry Cooder)


Wim Wenders: End of Violence (Trailer)

Ich bin kein unbedingter Fan von Wim Wenders’ Filmen. Sie sind mir oft zu kopflastig, wenn auch in beeindruckenden Bildern fotografiert.

„Es gibt einige schöne, wasserklare Bilder und Bewegungen in diesem Film, es gibt schöne Sets und auch ein paar erstaunlich komisch-kluge Dialoge. Aber über all das fällt wieder wie ein großer Schatten Wenders· missionarischer Moralismus.“

Und Andreas Kilb schrieb zum Film in Die Zeit: „So verzettelt er sich in Nebengeschichten, Nebenfiguren, die aus der hinreichend simplen Grundidee ein allzu kompliziertes Allerlei machen. Man spürt, daß der Regisseur seine Sache ernst meint, aber immer, wenn es darauf ankommt, behält die Geschichte gleichsam die Unterwäsche an. Wenders schreckt vor den Konsequenzen seiner eigenen Phantasie zurück. Statt Gewalt, Schmerz und Verlorenheit zu zeigen, deckt er sie mit Drehbuchphrasen zu.“

Mit den Geschichten von Mike Max und Ray Bering kann Wim Wenders klassische Hollywood-Genres wie das Liebesmelodram, den Verschwörungsthriller und den Krimi zitieren und variieren. Zugleich ermöglichen sie ihm aber auch einen Diskurs über das Kino und die Gesellschaft, die Gewalt in den Medien und die Gewalt auf den Straßen, der in seiner Komplexität seinesgleichen sucht.

Ein wesentlicher Pfeiler des Films ist ohne Zweifel die Musik von Ry Cooder. Beim Film-Dienst hieß es: Neben dem Darstellerensemble ist es Ry Cooders Gitarren-Teppich, der manche Ungereimtheit verschleift bzw. überspielt.

Zuletzt: In einer Episode besucht der Polizist Doc die Stuntfrau Cat an einem Filmset. Das Bühnenbild ist eine Nachbildung des Lunchrooms von Edward Hoppers berühmtesten Gemälde „Nighthawks“ (siehe meinen Beitrag: Edward Hopper im Bucerius Kunst Forum, Hamburg).

Ry Cooder: Crossroads – Pakt mit dem Teufel (Das Gitarrenduell)

Es ist eigentlich die alte Geschichte, die wir von Faust her kennen: Ein Mann verkauft seine Seele an den Teufel, um sich einen bisher unerfüllten Wunsch zu erfüllen. Willie, ein schwarzer Bluesharp-Spieler, ist ein alter Mann und lebt in einem Altenheim für Strafgefangene. Eugene ist ein junger Musiker. Beide verbindet die Liebe zum Blues. Auf der Suche nach einem verschollenen Song von Blueslegende Robert Johnson kommen beide zusammen. Willie möchte zurück zu der Wegeskreuzung, an der er als Jugendlicher seine Seele an den Teufel verkauft hatte, um von ihm den Blues zu lernen.

Schließlich gelangen beide zu der Wegeskreuzung, wo sie auf einen Mann namens Legba (Hüter der Wegeskreuzungen aus der Voodoo-Religion) treffen. Willie verlangt von Legba, dass er den Vertrag rückgängig macht, damit er seine Seele retten kann. Dieser bietet ihm einen Wettstreit an. Eugene soll sich mit einem anderen Gitarristen duellieren. Sollte er gewinnen, erlischt der Vertrag mit Willie. Sollte er verlieren, muss auch Eugene seine Seele dem Teufel versprechen.

Es geht um den Film „Crossroads“ aus dem Jahre 1986 in der Regie von Walter Hill. Die Filmmusik stammt (zum größten Teil) von Ry Cooder, der auch schon bei vielen anderen Filme für die Musik verantwortlich zeichnete. Also doch schon wieder Ry Cooder und wieder der Blues (Zu den Wurzeln des Blues).

Der andere (namenlose) Gitarrist ist kein anderer als Steve Vai, der in der 80er Jahren lange Zeit als „Stunt-Gitarrist“ (O-Ton Zappa) bei Frank Zappa spielte und jetzt auch im Projekt „Zappa plays Zappa“ zu sehen und zu hören ist (siehe auch: Nachtrag zur Grammy-Verleihung 2009).

Steve Vai spielte für den Soundtrack beide Gitarrenparts des Duells ein, nur der Slidegitarrenpart wurde von Ry Cooder aufgenommen. Der Schauspieler Ralph Macchio (Eugene) war zwar auch Gitarrist und spielte während der Filmaufnahmen die zuvor aufgenommenen Stücke nach, seine Aufnahmen wurden jedoch nicht verwendet.

Das Stück, mit dem Protagonist Eugene am Ende das Duell gegen den Gitarristen des Teufels gewinnt, ist als Eugene’s Trick Bag berühmt geworden. Bekannt ist vor allem das Bending (Dehnen der Saite) in die Tonlage eines imaginären 29. Bundes einer Gitarre.

Tabulatur: Eugene's Trick Bag aus Crossroads

(wenn es mit dem Bending nicht klappt, soll man beim letzten Ton die Saite gegen den Tonabnehmer drücken bzw. „… fretting the string against the bridge position pick-up on a Tele …)


Gitarrenduell aus “Crossroads” 1986 (Steve Vai versus Ry Cooder)

Film-DVD Crossroads – Pakt mit dem Teufel

Musik-CD von Ry Cooder Crossroads

Zwischen Wahnsinn und Genie: Klaus Kinski

Gestern vor 20 Jahren starb Klaus Kinski im Alter von 65 Jahren in Kalifornien. Er war ein international bekannter Schauspieler und besonders auf die Darstellung psychopathischer und getriebener Charaktere spezialisiert. Als künstlerisch herausragend gilt seine jahrelange Zusammenarbeit mit dem deutschen Regisseur Werner Herzog, der ihn in seinen Filmen Aguirre, der Zorn Gottes (1972), Nosferatu – Phantom der Nacht (1978), Woyzeck (1978), Fitzcarraldo (1981) und Cobra Verde (1987) besetzte.

Zum ersten Mal gesehen habe ich Klaus Kinski in den Filmen der Edgar Wallace-Reihe aus den 60er Jahren, in der er 16 Mal als zwielichtige Gestalt aufgetreten ist. Immer wieder wurde er als potentieller Täter dargestellt, um meist selbst als Opfer zu enden.

Bekannt wurde Kinski durch seine Verbalattacken, mit denen er die Aufmerksamkeit auf sich richten wollte. Oft verkörperte Kinski Schurken und Psychopathen und bestätigte dieses Image durch sein exzentrisches, aggressives Auftreten in der Öffentlichkeit. Legendär war die Berliner Vorstellung seiner polarisierenden „Jesus Christus Erlöser“-Bühneninszenierung, in der er Zwischenrufer aus dem Publikum wütend mit „Du dumme Sau“ und „Scheiß-Gesindel“ beschimpfte.

„Wie war ich?“ – Bildergalerie auf ard.de

In dem Dokumentarfilm Mein liebster Feind schildert der Regisseur Werner Herzog das Verhältnis zwischen sich und Kinski, mit dem er in seiner Jugend kurze Zeit in derselben Pension gelebt hatte. Herzog berichtet, dass er einerseits von Kinski verachtet und bei Dreharbeiten oft gedemütigt und wüst beschimpft wurde. Andererseits habe sich in ihrem Verhältnis eine kreative und künstlerische Kraft entwickelt, die sich auf ihre gemeinsamen Filme übertrug:


Werner Herzog: Mein liebster Feind (Deutschland, 1999, 95mn)

Wer war also dieser Klaus Kinski? Ohne Zweifel war er ein genialer Schauspieler, der sich in seine Rollen in ca. 170 Filmen voll und ganz hineinsteigerte (Kinski: „Ich spiele nicht. Ich bin es!“). Und er inszenierte mit Sicherheit auch sein Leben in der Öffentlichkeit als Rolle: Eitel, größenwahnsinnig und verletzlich. Er galt als rücksichtsloser Egomane und stellte sich selbst gern als Erotomanen dar (was er sicherlich auch war) – ziemlich durchgeknallt und dem Wahnsinn nahe. Wohl kein bekannter Schauspieler hat wie es verstanden, sich selbst so in Szene zu setzen – und zu vermarkten – wie Klaus Kinski. Privat, so sein Sohn Nikolai Kinski, sei er dagegen nie aggressiv oder ausfallend geworden: „Mein Vater war privat der sanfteste Mensch, den man sich vorstellen konnte“:

siehe ard.de: Klaus Kinski – Pionier der Selbstvermarktung

Zwanzig Jahre nach seinem Tod veröffentlicht Nachlassverwalter Peter Geyer einen opulenten Band mit bisher unveröffentlichten Erzählungen und Fotos aus dem Nachlass von Klaus Kinski.

In seinem Gedicht „Abschied“ schrieb Klaus Kinski: „Ich richte mich auf – ganz steil – wie es Bäume tun, wenn sie wissen, dass es Zeit zum Sterben ist – ich muss weg von hier!!“ Kinski starb vor 20 Jahren.

Filme, Bücher, Rezitationen und mehr von und über Klaus Kinski

A Clockwork Orange

Es ist viele Jahr her, da hatte ich das Buch von Anthony Burgess in Händen: A Clockwork Orange. Die Frage, warum ich es mir nicht gekauft habe, kann ich bis heute nicht beantworten. Und dann wurde das Buch auch noch 1971 von Stanley Kubrick mit Malcolm McDowell als Alexander DeLarge verfilmt: A Clockwork Orange


Stanley Kubrick: A Clockwork Orange

Es hat immerhin vierzig Jahre gebraucht, bis ich mir den Film angeschaut habe. Aus gegebenem Anlass, denn Antony Burgess’ Roman läuft in einer Bühnenadaption zz. im Altonaer Theater in Hamburg.


Anthony Burgess’A Clockwork Orange – in einer Aufführung des Altonaer Theaters Hamburg

Am nächsten Samstag besuche ich mit meinen beiden Söhnen die Aufführung. Wir sind schon sehr gespannt, denn das Stück (Buch und Film) ist durchaus sehr aktuell. Dazu aber später mehr …

Wer weder Buch noch Film kennt, hier eine kurze Inhaltsangabe:

„Alex DeLarge und seine Gang, die Droogs, sind jung, charismatisch, brutal und gewissenlos. Sie treffen sich in einer Milchbar, trinken „Moloko“ – Milch mit Drogen – und ziehen los, um wahllos Menschen zu überfallen, zu berauben, zu quälen, zu vergewaltigen. Sie zelebrieren ihre abendlichen Gewaltstreifzüge aus purer Freude an der Gewalt. Der Bewährungshelfer ist machtlos, Alex gelingt es jedes Mal sich die Hände reinzuwaschen. Doch bei einem Einbruch wird Alex von einem seiner Droogs außer Gefecht gesetzt und von der Polizei verhaftet. Er fühlt sich verraten und selbst als Opfer.

Im Gefängnis wird er einer neuartigen Therapie unterzogen und fortan wird ihm beim geringsten Gedanken an Sex und Gewalt übel. Zu eigenen gewalttätigen Handlungen ist er nicht mehr fähig.“

Anthony Burgess: A Clockwork Orange (Buch)
Stanley Kubrick: A Clockwork Orange (Film als DVD bzw. Blu-ray)

True Grit

True Grit (engl.: Echter Schneid) ist ein US-amerikanischer Spätwestern aus dem Jahr 2010. Regie führten Ethan und Joel Coen, die auch für das Drehbuch verantwortlich sind. Es handelt sich um die zweite Verfilmung des gleichnamigen Romans von Charles Portis aus dem Jahr 1968. Im ersten Film, der 1969 in die Kinos kam und den deutschen Titel Der Marshal trägt, spielte John Wayne die Rolle des Rooster Cogburn. Nach The Big Lebowski ist True Grit die zweite Zusammenarbeit der Coen-Brüder mit Jeff Bridges.

„Mattie Ross (Hailee Steinfeld) ist 14 Jahre alt – und steckt längst jeden Erwachsenen in die Tasche, sobald rhetorische Fertigkeit und clevere Argumentation geboten sind. Als ihr Vater vom berüchtigten Gangster Tom Cheney (Josh Brolin) erschossen wird, beschließt das kecke Mädchen, eigenhändig Rache zu nehmen. Als Geleitschutz und Spürhund engagiert sie den furchtbar versoffenen US-Marshall Rooster Cogburn (Jeff Bridges). Derweil meldet auch Texas Ranger LaBoeuf (Matt Damon) Anspruch auf den Kopf des Flüchtigen an, immerhin winkt dafür ein fette Prämie. Und so debattiert das ungleiche Trio darüber, wer nun zuerst zulangen darf, sobald sich Cheney in Gewahrsam befindet. Doch der ist weder alleine, noch unvorbereitet. Im Indianer-Land jenseits der Western Frontier kommt es zum großen Showdown…“

aus: filmstarts.de


True Grit – deutscher Trailer

Ich bin kein Fan von Western. Als Junge habe ich die Orient-Abenteuer den Winnetou-Romanen von Karl May vorgezogen. Und jetzt noch ein Remake von einem Western mit John Wayne? Okay, Jeff Bridges als versoffener Marschal – und die Coen-Brüder auf den Regie-Sesseln, das lädt natürlich ein, nach langer Zeit auch wieder einmal einen Western zu sehen, der jetzt sowohl als DVD True Grit sowie als Blue-ray True Grit (inklusive DVD + Digital Copy) auf dem Markt ist.

Jeff Bridges hatte als The Big Lebowski seinen großen Auftritt bei den Coen-Brüdern. Dort zeigte er sich bereits ziemlich trinkfest. Das ist aber schon eine Weile her. Trinkfest musste Bridges auch in dem Film Crazy Heart sein, mit dem er nach mehreren Nominierungen endlich seinen verdienten Oscar gewann. Und jetzt als bärtigen Säufer mit Revolver und Pferd? Oft schwankend und nuschelnd gelingt Jeff Bridges als einäugiges Raubeins wieder eine eigenständige Charakterrolle – und er lässt sich selbst von Hailee Steinfeld als frühreife Mattie nicht völlig an die Wand spielen. Denn dieses zarte Wesen hat es in sich. Wenn der Film ansonsten durch Ernsthaftigkeit besticht, so muss man wenigstens schmunzeln, wenn man sieht, wie sie manchen reifen Herrn über den Tisch zieht. Dabei wirkt das auch im realen Leben erst 14-jährige Mädchen an keiner Stelle überfordert mit der Aufgabe, eine Erwachsene im Körper eines Kindes zu spielen.

True Grit ist eine detailverliebte Hommage an den klassischen Western. Es geht zunächst um Vergeltung im alttestamentarischem Sinne. Aber „statt einer Schwarz-Weiß-Lektion über Moral“ ist der Film am Ende eher „ein trauriger Abgesang auf sicher geglaubte ethische Überzeugungen.“ Eine solche Art von Western lasse auch ich mir gefallen.

Nun die Gebrüder Ethan und Joel Coen gehören bei uns zu Hause zum festen Spielplan, siehe hierzu auch meine Beiträge No movies for an old man (No Country for Old Men 2007), Ethan & Joel Coen: Burn after Reading (2008) und A Serious Man (2009). Beide sind im Bereich Kino in etwa das, was Ry Cooder (der immerhin verschiedene Filmmusiken verfasst hat) für mich im Bereich der Musik ist: Etwas jenseits des Mainstreams gelingt diesen dreien ein Abbild eines Amerika, das sich nicht als Weltpolizei aufspielt, sondern menschliche Züge zeigt.

The Green Hornet

The Green Hornet ist eine US-amerikanische Actionkomödie aus dem Jahre 2011 von Regisseur Michel Gondry mit Seth Rogen in der Hauptrolle. Der Film basiert auf dem aus Radio- und Fernsehproduktionen bekannten, gleichnamigen Superhelden.


The Green Hornet – deutscher Trailer

„Britt Reid (Seth Rogen) denkt als Sohn des legendären Verlegers James Reid (Tom Wilkinson) gar nicht daran, in die Fußstapfen seines Vaters zu treten. Stattdessen liegt er vornehmlich auf der faulen Haut herum und bedient sich ansonsten großzügig am Familienvermögen, um das Nachtleben von Los Angeles unsicher zu machen. Doch dann stirbt James Reid an einer allergischen Reaktion auf einen Bienenstich und Britt steht plötzlich mit der Herrschaft über ein Verlagsimperium alleine da. Erst durch die Freundschaft zu Chauffeur Kato (Jay Chou), der sich als genialer Tüftler und schlagkräftiger Martial-Arts-Experte entpuppt, findet der überforderte Millionenerbe wieder in die Spur zurück. Gemeinsam entwickeln die beiden den Plan, fortan das Gesetz zu schützen, indem sie es brechen: Britt will mit der Unterstützung von Kato als mysteriöser Green Hornet für Aufruhr sorgen, um so Gangsterboss Chudnofsky (Christoph Waltz) aus der Deckung zu locken…“

aus: filmstarts.de

Und schon wieder und noch einmal ein Superheldenfilm. Aber bereits der Blick auf die Besetzungsliste lässt Hoffnung walten. Ein Film, in dem Christoph Waltz mitspielt, sollte so schlecht nicht sein. Und er ist wirklich der Clou der Besetzung von „The Green Hornet“, dessen Auftritt als osteuropäischer Bösewicht Benjamin Chudnofsky stark an seine oscargekrönte Performance als Col. Hans Landa in Quentin Tarantinos „Inglourious Basterds“ erinnert. Chudnofsky-Waltz ist richtig ‚gruselig‘. Damit dürfte Waltz den Durchbruch in Hollywood geschafft haben, kommt aber auch gern nach Europa zurück, um hier seine Schauspielkünste anzubieten.

Und wie Christoph Waltz als Gansterboss so zeigen auch die anderen Hauptdarsteller, Seth Rogen als Britt Reid alias Green Hornet und Jay Chou als sein Chauffeur Kato und Sidekick, jede Menge Selbstironie. Manchmal wird reichlich übertrieben. Und mancher Gag gewht in die Hose. Aber insgesamt ist der Film wirklich witzig. Mit meinem jüngeren Sohn habe ich den Film in unserem kleinen Heimkino im Keller gesehen und selten so gelacht.

Der Film ist sowohl als DVD The Green Hornet als auch Blu-ray The Green Hornet erhältlich. Und wer bereits über das entsprechende Equipment verfügt, dem dürften die drei Blu-rays The Green Hornet (3D Version inkl. 2D Version) gerade richtig sein.

Und noch eins: Kato kommt mir irgendwie bekannt vor. Ich erinnere mich da an den Gehilfen Cato von Inspektor Jacques Clouseau, der vom Inspektor instruiert ist, ihn zu jeder Tages- und Nachtzeit anzugreifen, um seine Reflexe zu trainieren. So kommt es auch im Film zu einem Kampf zwischen Britt Reid und Kato, bei dem der Haurat ziemlich in Unordnung gerät – ähnlich wie bei Clouseau und Cato. Sollte Green Hornet auch eine Reverenz gegenüber dem Clouseau’schen Cato sein?

Was braucht man schon zum Glücklichsein (1)

Seit Mittwoch betrachte ich mich als wunschlos glücklich. Zumindest in einer Sache. Wer in allem wunschlos glücklich ist, der ist tot. Wünsche hat man immer wieder, leider auch künstlich erzeugte, dann sind das aber keine echten Wünsche mehr, dann ist es Begierde.

Ach, was schreibe ich da. So hoch hinaus wollte ich eigentlich nicht. Streiche ich alles, was nach Philosophie stinkt. Ich habe mir etwas gegönnt, käuflich erworben, was mir ‚zu meinem Glück’ bisher noch fehlte.

Ja, ich schrieb es hier bereits: Ich bin dem Charme der 60er Jahre verfallen: „Mit Schirm, Charme und Melone“, das war mein Ding. Aber auch die 70er Jahre konnten mich ‚glücklich’ machen – z.B. mit Loriot, der leider vor Kurzem verstorben ist. Das ‚Glück’ war vollkommen mit Monty Python’s Flying Circus, der am 5. Oktober 1969 seinen Einstand im britischen Fernsehen hatte. Die deutschsprachige Erstausstrahlung erfolgte dann am 8. September 1971, also vor fast genau 40 Jahren.

Monty Python's Flying Circus

Und nachdem ich mich selbst mit den DVD-Editionen von Mit Schirm, Charme und Melone und Loriots vollständige Fernseh-Edition ‚beglückt’ hatte, war nun endlich die 7-DVD-Box von Monty Python’s Flying Circus dran (wie erwähnt: am Mittwoch geliefert) – wenigstens mit deutschen Untertiteln, obwohl die wirklich gelungenen deutschen Synchronisationen leider fehlen. (Sogar billiger ist das Monty Python’s Flying Circus – The Complete Boxset [UK Import] – aber dann wirklich nur im Original). Dazu habe ich seit längerem längst die gedruckte Fassung: Monty Python’s Flying Circus – Sämtliche Worte.

Ja es darf weiter gelacht werden – bei mir zu Hause. Zum Glück gehört nicht unbedingt viel. Und in einer Hinsicht ist mein Glück jetzt vollkommen …

Meine erfundene Frau

Meine erfundene Frau (Originaltitel: Just Go with It) ist eine US-amerikanische Romantikkomödie mit Adam Sandler, Jennifer Aniston und Nicole Kidman aus dem Jahr 2011. Timothy Dowling und Allan Loeb schrieben das Drehbuch und Dennis Dugan führte Regie. Die Handlung lehnt sich an den Filmklassiker Die Kaktusblüte von 1969 mit Walter Matthau und Ingrid Bergman an. Der Film ist seit dem 12. Juli 2011 sowohl als DVD: Meine erfundene Frau wie auch als Meine erfundene Frau [Blu-ray] erhältlich.


Meine erfundene Frau. Adam Sandler & Jennifer Aniston (Just Go With It)

„Danny Macabee (Adam Sandler) ist zwar nicht verheiratet, einen Ehering trägt er trotzdem. So ist bei seinen zahllosen Liebschaften stets klar, dass nicht mehr drin ist. Dann begegnet der vor langer Zeit kurz vor dem Altar stehengelassene Schönheitschirurg plötzlich seiner neuen Traumfrau Palmer (Brooklyn Decker) – und muss sich schleunigst scheiden lassen, um die Chance seines Lebens nicht zu verspielen. Wie aber trennt man sich von einer Gattin, die garnicht existiert? Klarer Fall, die Gute wird einfach engagiert. Die Wahl fällt auf seine Assistentin Kathryn (Jennifer Aniston), die sich tatsächlich samt ihrer Kinder für Dannys überstürzte Aktion hergibt. Der verliert bloß langsam jede Kontrolle über sein babylonisches Lügengerüst. Beim Hawaii-Urlaub mit versammelter Mannschaft kommt es schließlich zum Showdown der fingierten Wahrheiten…“

aus: filmstarts.de

Adam Sandler und Nicole Kidman in einem Film? Oh ja: Nicole Kidman sorgt mit einer erstaunlichen Bereitschaft zur Selbstparodie als hochnäsiges Biest Devlin Adams für einige komische Höhepunkte im Film, die es in ihrer Perfektionsgeilheit nicht einmal ertragen kann, einen Hula-Wettbewerb im Hotel zu verlieren. Und Sandler? Er spielt auch hier eigentlich nur sich selbst, den unverbesserlichen Kindskopf. Gemessen am Original ist dieser Film wie viele der Sandler-Filme nicht allzu originell, aber entspannend genug, um Spaß zu machen, wenn man vieles nicht zu eng sieht. Eben US-amerikanisches Mainstream-Kino.

Der heilige Krieg

In diesen Tagen läuft im Fernsehen beim ZDF eine Dokumentationsreihe in fünf Teilen mit dem Titel „Der Heilige Krieg – Unter Kreuz und Halbmond“ (Video 5 Teile „Heiliger Krieg“ in 5 Minuten). Hierzu gibt es auf der ZDF-Website auch eine Interaktive Reise in die Geschichte von Islam und Christentum.

ZDF: Der heilige Krieg

Christentum und Islam haben sich in der Geschichte immer wieder berührt. 711 überschritten die Mauren die Meeresenge von Gibraltar und eroberten binnen weniger Jahre die christlichen Reiche der Westgoten im Süden Spaniens, dem sie den Namen Al-Andalus gaben: Andalusien. Die Herrschaft der Mauren in Spanien wurde durch die Reconquista, der Rückeroberung, 1492 in Granada beendet, aber die Einflüsse der Muslime sind auch heute noch vor allem in der Architektur zu sehen, u.a. die Alhambra in Granada mit den Gartenanlagen des Generalife. Das Spanien der Mauren war ein multikulturelles Zentrum von Wissenschaft und Kunst.

„Er erzählt uns die geschichte der arabischen Völker, angefangen bei Noah, mit erstaunlicher detailkenntnis, doch ohne zwischen mythischen und historischen ereignissen zu unterscheiden. Für ihn gibt es nur eine geschichte: heilsgeschichte.
Sein bericht führt bis zur rückeroberung der iberischen halbinsel durch die ‚christlichen’ könige Fernando und Isabella. Der verlust von Andalus scheint die gröszte wunde im christlich-islamischen verhältnis, aber auch eine zäsur innerhalb der ‚umma, der ‚gemeinschaft der gläubigen’ darzustellen. – Scheich Dschallal bricht an dieser stelle ab und überläszt es seinen zuhörern, die phantastische geschichte einer vereinten mediterranen welt, eines islamischen Sevilla und Triest, weiterzuspinnen.“

Michael Roes: Leeres Viertel – Rub’ Al-Khali – Invention über das Spiel (1. Auflage btb Taschenbuch im Goldmann Verlag – 1996 – S. 536)

Natürlich waren die Interessen der Christen und der Muslime immer auch politischer und wirtschaftlicher Art – bis zum heutigen Tag. Nicht umsonst sind deshalb die ‚Anschauungen’ der einen über die anderen mit unzähligen Vorurteilen gespickt. Um den anderen verstehen zu können, braucht es zuerst des Wissens: Denn was wissen wir Genaues über den Islam? Das Buch von Michael Roes ist z.B. eine Hilfe, sich in die Mentalität der Menschen im Süden der Arabischen Halbinsel hineinzuversetzen. Und die ZDF-TV-Reihe verschafft uns sicherlich die nötigen Einblicke in die gemeinsame Geschichte der Christen und Muslime.

Gullivers Reisen

Gullivers Reisen (engl.: Gulliver’s Travels) ist das bekannteste Werk des irischen Schriftstellers, anglikanischen Priesters und Politikers Jonathan Swift. In der Originalfassung besteht das Buch aus vier Teilen und wurde 1726 unter dem Titel „Travels into Several Remote Nations of the World in Four Parts By Lemuel Gulliver, first a Surgeon, and then a Captain of Several Ships“ veröffentlicht; der Titel der deutschen Ausgabe Gullivers Reisen (insel taschenbuch) 58 (ich habe es in 4. Auflage von 1981 vorliegen) in einer Übersetzung von Franz Kottenkamp lautet: „Reisen zu mehreren entlegenen Völkern der Erde in vier Teilen von Lemuel Gulliver erst Wundarzt später Kapitän mehrerer Schiffe“. Das Buch ist besonders auch wegen der Illustrationen von Grandville lesens- und sehenswert.

Jonathan Swift: Gullivers Reisen

Das Buch ereilte ein ähnliches Schicksal wie Daniel Defoes ‚Robinson’ – es wurde in einer Kinderbuchausgabe bekannt, in welcher Gulliver erst das Land der Zwerge (Lilliput) entdeckt und dann im Land der Riesen (Brobdingnag) landet. In ihr fehlen die sozialkritischen und satirischen Positionen – besonders aber die Reisen nach Laputa, Balnibarbi, Luggnagg, Glubbdubdrib und Japan (3. Teil) sowie in das Land der Houyhnhmms (spricht sich etwa: Huinem) und den Yahoos (4. Teil), dem Land in dem die Pferde und die Menschen gewissermaßen ihre Rollen getauscht haben. Aber ich will auf dieses wirklich empfehlenswerte Buch, das in seiner Zeitlosigkeit und Menschlichkeit, besonders in seiner Kritik und Satire auch heute noch aktuell ist, an dieser Stelle nicht näher eingeben. Dafür soll später einmal mehr Zeit sein.

In diesen Tagen habe ich mit meinen Lieben den US-amerikanischen Fantasyfilm Gullivers Reisen – Da kommt was Großes auf uns zu gesehen. Er basiert auf dem angesprochenen Roman Gullivers Reisen von Jonathan Swift, spielt aber in moderner Zeit. In der Hauptrolle des Lemuel Gulliver ist Jack Black zu sehen. Der Film ist als DVD Gullivers Reisen (inkl. Digital Copy) und als Blu-ray: Gullivers Reisen (inkl. DVD & Digital Copy) seit einigen Tagen erhältlich.


Gullivers Reisen

„Schon seit Jahren trottet Gulliver (Jack Black) durch einen lauwarmen Alltag, ohne bei den Frauen oder im Job auf der Poststelle eines Reiseverlags irgendetwas von Wert aufbauen zu können. Von der großen Liebe und einer steilen Karriere kann der Totalversager bloß sehnsüchtig tagträumen. Deswegen forciert er seine Chance einfach selbst und sorgt dafür, dass er zu quasi-journalistischen Zwecken ins ferne Bermuda-Dreieck reisen darf. Ehe er am Ziel ankommt, findet er sich in Gefangenschaft wieder: das winzig kleine Volk der Insel Liliput hat den gestrandeten Riesen doch tatsächlich mit Tauen festgezurrt. Gulliver tut, was er eben kann – er reißt seine Klappe auf und nimmt die kleinen Leute mit himmelschreienden Lügengeschichten ein, die er aus der Geschichte und der jüngeren Popkultur zusammenklaut. Die Winzlinge sind begeistert und nehmen ihren neuen Freund mit auf einen abenteuerlichen Trip quer über die mysteriöse Insel…“

aus: filmstarts.de

Bevor man den Film sieht, sollte man die satirische Romanvorlage schleunigst vergessen. Zum einen ist Jack Black kein Mann der leisen Töne. Zum anderen bedient er uns, besonders aber die jungen Zuschauer, an die sich der Film wohl vorrangig wendet, mit einigem Klamauk. Natürlich beschränkt sich der Film im wesentlichen auf dem Aufenthalt in Lilliput. Vielleicht dient der Film aber als Ansporn, sich einmal der Swift’schen Romanvorlage zu bedienen. Spätestens dann hat der Film mehr erreicht als er wollte. Ansonsten ist es unterhaltsames Popcorn-Kino – auch für die eigenen vier Wände. Übrigens die Szene, in der Gulliver einen Brand im Palast mit dem Inhalt seiner Blase löscht, kommt natürlich auch bei Swift vor: „… dieser prächtige Palast wäre unfehlbar bis auf den Grund niedergebrannt, wäre mir nicht plötzlich mit einer für mich außergewöhnlichen Geistesgegenwart ein Ausweg eingefallen. Am Abend zuvor hatte ich ausgiebig von einem köstlichen Wein mit Namen Glimigrim getrunken […], der sehr harntreibend wirkt. Zum größten Glück hatte ich mich nun noch keines Tropfens davon entledigt. Da mir heiß geworden war, weil ich den Flammen sehr nahe kam und weil ich mich abmühte, sie zu löschen, fing der Wein an, in Form von Urin wirksam zu werden; ich entledigte mich dessen in einer solchen Menge und lenkte ihn so geschickt an die rechten Stellen, dass das Feuer in drei Minuten gänzlich gelöscht war …“ (S. 74 der Buchausgabe).