Kategorie-Archiv: Musik und mehr

Von Musik und allem Drumherum

Deutschlandhalle Berlin – Emerson, Lake & Palmer 1972

Im Juni 1972, also vor fast 40 Jahren, war ich mit meinem Ausbildungslehrgang für fünf Tage in Berlin. Berlin war in den 70er und 80er Jahren sehr beliebt für solche Lehrgangs- und Klassenfahrten, da es durch die besondere Lage West-Berlins ziemlich hohe Zuschüsse für solche Fahrten gab. Dafür musste man sich aber mindestens einen längeren Vortrag über die Stadt im Umfeld der DDR anhören.

Emerson, Lake & Palmer: Deutschlandhalle 06.06.1972

In dieser Woche nun, gab es gleich zwei Konzerte von Emerson. Lake & Palmer (ELP) in der Stadt, eines in der Deutschlandhalle und eines draußen unter freiem Himmel in der Waldbühne. ELP war eine Supergroup des Progressive Rocks und besonders durch die Keyboards von Keith Emerson geprägt. Dieser neigte gewissermaßen zum Größenwahn, was sich nicht nur in einer übergroßen PA-Anlage und unzähligen Tasteninstrumenten auf der Bühne zeigte, sondern auch in seinem Vortrag. Trotzdem war es natürlich beeindruckend, die drei live mitzuerleben. Aus dem umfangreichen Gesamtwerk der Gruppe ragt das Livealbum Pictures At An Exhibition heraus, auf dem ELP die Bilder einer Ausstellung des russischen Komponisten Modest Mussorgski neu interpretierten.


EMERSON LAKE & PALMER (ELP) – Knife Edge


Emerson, Lake & Palmer Pictures at an Exhibition (Part 2 of 4) 12-9-70 Lyceum

Sowohl die Waldbühne wie auch die Deutschlandhalle, 1935 „größte Mehrzweckhalle der Welt“, stammen aus der Zeit des Nationalsozialismus und wurden zu den Olympischen Spielen 1936 gebaut. Die Deutschlandhalle wurde 1943 nach einem Luftangriff zerstört, nach dem zweiten Weltkrieg aber wieder aufgebaut. Obwohl die Halle unter Denkmalschutz steht, soll sie nun endgültig abgerissen werden. Mit der Sprengung der Hallendecke am 3. Dezember 2011 begann die letzte Phase der Abrissarbeiten.

Die 117 Meter lange und 83 Meter breite Stahlkonstruktion bot Platz für bis zu 10.000 Zuschauer; unter Ausnutzung des Innenraums passten bis zu 16.000 Menschen hinein. Zuvor war ich in keiner größeren Halle gewesen; empfand die Halle zwar als zweckmäßig, aber auch als reichlich steril. Die Akustik war für eine solche Halle nicht allzu schlecht. Nun ich war nur einmal in der Halle, an diesem besagten 6. Juni 1972, aber wenn man vom Abriss eines solchen Gebäudes hört, dann erinnert man sich doch an die alten Tage. Immerhin fanden neben dem ELP-Konzert hier auch viele andere Rock-Konzerte statt, so auch dreimal mit Jethro Tull: am 24. Januar 1971 zuerst, dann am 18. Januar 1972 und nochmals am 5. April 1982.


Sprengung des Dachs der Deutschlandhalle

Hier noch eine Audio-Aufnahme von einem Konzert mit Jim Hendrix vom 4. September 1970 – eben in dieser Deutschlandhalle:


Audio Recorded Love JIMI Live @ The ‚Super Concert 70‘, Deutschlandhalle, Berlin (West), Germany on September 4th 1970

Aimee Mann (4): Magnolia & Big Lebowski

Mit dem Film Magnolia aus dem Jahre 1999 gelang Aimee Mann der große Durchbruch als Songwriterin. So wurde sie auch in Deutschland bekannt. Hollywood-Regisseur Paul Thomas Anderson, Aimee Mann „und ihr Ehemann Michael Penn sind alle in der lebendigen Kreativ-Szene des alten jüdischen Viertels von West-Hollywood zu Hause und seit Jahren befreundet; Penn […] schrieb bereits die Soundtracks zu Andersons ersten Filmen ‚Hard Eight’ und ‚Boogie Nights’. Eines Tages bat Anderson Aimee, ihm doch eine Kassette mit ihrer Musik fürs Auto aufzunehmen. Das war die Geburtsstunde von ‚Magnolia’, denn wie Anderson in seinem Kommentar zum Album klarstellt, entstand der Film auf der Basis der Songs. Das geht so weit, daß er seine Figuren Sätze aus Aimees Texten nachsprechen läßt, die ihn besonders beeindruckten. Etwa diesen: ‚Jetzt, wo wir uns getroffen haben, wärst du einverstanden, daß wir uns nie wiedersehen?’“ (Quelle: michaelsailer.de)

Der Film als DVD Magnolia oder als Blu-ray Magnolia – dazu der Soundtrack als CD Magnolia

Der Film beginnt im Vorspann mit Aimee Manns Version eines Liedes von Harry Nilsson: One (is the Loneliest Number):


Aimee Mann – One (is the Loneliest Number)

Außerdem bietet der Film weitere sieben Lieder von Aimee Mann. Sicherlich ein Höhepunkt ist „Wise Up“, das Lied, das plötzlich im Film zeitgleich alle vor sich her singen:


Magnolia – Aimee Mann – Wise Up

Der eigentliche Titelsong ist aber „Save me“: „Errette mich aus den Reihen der Freaks, die denken, sie könnten niemals jemanden lieben …“ ( But can you save me, come on and save me; if you could save me from the ranks of the freaks who suspect they could never love anyone). Das Lied ist Ausgangspunkt eines geradezu klassischen Dramas, und wurde u.a. für den Oscar nominiert:


Magnolia – Aimee Mann – Save me

Zum Film selbst: „’Magnolia’ bietet keine Handlung im üblichen Sinn. Anderson verknüpft die Lebensgeschichten seiner Figuren in einer Art zirkulären Erzählung, die keinen sichtbaren Anfang und kein sichtbares Ende hat, aber winzige Chancen, dem Kreislauf von Geburt und Tod und dem, was dazwischen geschieht, eine andere Bedeutung zu geben. Reinigung und Erlösung sind die unmittelbaren Ziele, das Eingeständnis der eigenen Schuld die unbedingte Voraussetzung, um diese Ziele zu erreichen. Wir treffen auf den todkranken, an Krebs leidenden TV-Produzenten Earl Partridge (Jason Robards), der von Phil Pharma (Philip Seymour Hoffman) gepflegt wird und ihm seine Sünden beichtet. Er liebte seine Frau, aber er betrog sie. Seine Frau heißt Linda (Julianne Moore) und ist angesichts des bevorstehenden Todes von Earl völlig verzweifelt und selbstmordgefährdet; sie steht unter Drogen. Erst jetzt, als Earl dem Tode nahe ist, wird ihr bewusst, dass sie ihn geliebt hat, sie, die ihn jahrelang mit anderen Männern betrogen und ihn nur wegen seines Geldes geheiratet hatte. Earl bittet Phil, seinen Sohn zu suchen, den er vor seinem Tod noch einmal sehen will. Wir treffen auf Earls Sohn Frank Mackey (Tom Cruise, in einer seiner besten Rollen), der eine Macho-TV-Show unter dem Motto ‚Alle Macht den Schwänzen’ mit großem Erfolg (unter Männern) leitet. Frank will von Earl nichts wissen, er hasst Earl, weil der Franks Mutter verlassen und auch in der Zeit, als sie todkrank war, nicht einmal angerufen hatte. Als die Fernsehreporterin Gwenovier (April Grace) ihn interviewt, kommen allerlei Lügen über sein Leben ans Tageslicht, die Frank sich zurechtgelegt hatte, um seinem Leben eine Art positive (fast über-männliche) Logik zu geben.

Wir treffen weiter auf den Showmaster Jimmy Gator (Philip Baker Hall), ebenfalls krebskrank, der nur noch zwei Monate zu leben hat. Er leitet Earls beste Show ‚What did kids know?’, in der drei Kinder gegen drei Erwachsene in einem Quiz antreten. Gator versucht angesichts seines bevorstehenden Todes, sich mit seiner Tochter Claudia (Melora Walters, mit einer phantastischen Leistung) auszusprechen. Er gesteht seiner Frau Rose (Melinda Dillon), dass er sie betrogen habe. Anderes kann er dagegen nicht aussprechen. Claudia, die ständig Drogen nimmt, flüchtige Männerbekanntschaften hat und völlig am Ende scheint, schmeißt ihren Vater wütend hinaus. Claudia ist ein missbrauchtes Kind, missbraucht durch ihren eigenen Vater. Eines Tages klopft Officer Jim Kurring (John C. Reilly) wegen einer Beschwerde an ihre Tür. Kurring ist von Claudia begeistert, sucht sie ein zweites Mal, ein drittes Mal auf, bis sich beide nach Jims Dienstschluss verabreden.

An Gators Show nimmt Stanley Spector (Jeremy Blackman) teil, ein Superkind, das alles zu wissen scheint, angetrieben von einem ehrgeizigen Vater (Michael Bowen). Doch in einer Quizsendung weigert sich Stanley plötzlich, die Fragen Gators zu beantworten. Er will nicht mehr. Und dann ist da noch Donnie Smith (William H. Macy), früher ‚Quiz Kid Donnie Smith’, wie Stanley war er als Kind gefeierter Showstar. Jetzt ist Donnie am Ende, entlassen von seinem Chef Solomon Solomon (Alfred Molina), unglücklich verliebt in einen Barkeeper, verzweifelt …“

aus: filmstarts.de

Ein Jahr vor „Magnolia“ kam „The Big Lebowski“ von den Coen-Brüdern in die Kinos mit Jeff Bridges als Jeffrey Lebowski, dem ‚Dude’. In einer Minirolle sehen wir hier Aimee Mann als deutsche Nihilistin sogar auf der Leinwand; in einer Szene bestellt sie Pfannkuchen. Ihr kleiner rechte Zeh spielt in dem Film dagegen eine etwas größere Rolle. In den Credits im Abspann des Films wird ihr Name immerhin vor Saddam aufgeführt, ja genau dem.

Aimee Man als deutsche Nihilistin in ‚The Big Lebowski’

Der Film als DVD The Big Lebowski oder als Blu-ray The Big Lebowski

Musik von Aimee Mann

Aimee Mann (3): Aimee & Family

Mit dem Album ‚Whatever’ begann Aimee Mann 1993 ihre Solo-Karriere, nachdem sie zunächst jeweils als Gründungsmitglied bei der Punk-Band Young Snakes und anschließend bei der New Wave-Gruppe ’Til Tuesday (bis 1990) Bass spielte und sang. Mit den Jahren ist ihre Stimme deutlich gereift, das Timbre und ein leichtes Vibrato der Stimme macht sie unverwechselbar. Auch hat Aimee Mann ihren Stil geändert.

Musik von Aimee Mann

Aimee Mann gibt uns ein gutes (oder eher schlechtes) Beispiel dafür, was man von der Musikindustrie halten kann. Da sie von ihrem Plattenlabel die Nase voll hatte, sich von diesem ungenügend unterstützt, ja durch der Einmischung in ihre Arbeit enttäuscht sah (dokumentiert in Liedern wie „Calling it Quits“ und „Nothing is Good Enough“), gründete sie 1999 ihr eigenes Label SuperEgo Records (siehe den Youtube-Kanal) und veröffentlichte ihr Album „Bachelor No. 2“ in Eigenregie. So ist es kein Wunder, dass Aimee Mann Gründungsmitglied von United Musicians wurde, einem Zusammenschluss von Musikern, die sich dafür einsetzen, dass jeder Künstler im Besitz der Urheberrechte an seinen Werken bleiben soll (im Unterschied z.B. zum deutschen Urheberrecht werden die Entscheidungs- und Verwertungsrechte über ein Werk in den USA oft nicht dem Urheber, also Künstler, zugestanden, sondern den wirtschaftlichen Rechteverwertern, z.B. der Plattenfirma).

Wie gesagt: Ihr Stil wandelte sich mit den Jahren und wurde jetzt gern auch unter Berücksichtigung ihres Kampfes um mehr Unabhängigkeit für Musiker als ‚more Indie than Indie’ bezeichnet. Mit Aimee Mann, ihrem Ehemann Michael Penn, dem Bruder des Schauspielers Sean Penn (1997 haben beide geheiratet), und weiteren Musikern entwickelte sich eine eigene Musikszene rund um den Largo Nightclub in L.A., deren Stil man auch ‚Acoustic Vaudeville’ nannte. Spätestens mit dem Album „Bachelor No. 2“ (2000) wurde Aimee Mann auch in Deutschland – auf die Singer/Songwriter-Schiene gesetzt – bekannt und erfolgreich. Für mich ist sie, ähnlich wie Ry Cooder, eine markante Vertreterin US-amerikanischer Musik, einer Musik, die neben europäischen auch anderen Einflüssen als unsere Musik unterliegt.

    Aimee Mann: Discographie

Hier zunächst ihre Solo-Alben im Überblick:

Whatever (1993)
I’m With Stupid (1995)
Magnolia (Album) (Original-Soundtrack zum Film Magnolia) (1999)
Bachelor No. 2 or the Last Remains of the Dodo (2000)
Lost in Space (Album) (2002)
Lost in Space Special Edition (2004)
Live at St. Ann’s Warehouse (Livealbum/DVD) (2004)
The Forgotten Arm (2005)
One More Drifter in the Snow (2006)
@#%&*! Smilers (2008)

Natürlich ist es nicht nur die Musik, die für Aimee Mann spricht. Fast mehr noch sind es ihre Texte. So ist das Album „The Forgotten Arm“ ein Konzept-Album, in dem die Geschichte zweier Charaktere erzählt wird, die miteinander davonlaufen, um ihren Probleme zu entkommen, aber die mit mehr Problemen enden, als sich das jeder von ihnen hätte vorstellen können.

„Die fundamentale Einsamkeit und Beziehungsunfähigkeit, die aus solchen Zeilen spricht, ist ein Leitmotiv in Aimee Manns Songs. Dahinter steht eine tiefe Skepsis gegenüber der modernen Ideologie von Bindungslosigkeit und Selbstverwirklichung, aber auch der verletzliche, ehrliche Stolz der Außenseiterin, die beschlossen hat, ihren ganz eigenen Weg zu gehen: ‚Als ich sehr jung war, war ich ein großer Elton-John-Fan. Ich versuchte damals schon Songs zu schreiben, aber sie waren richtig schlecht, weil ich es nicht schaffte, meine eigenen Gedanken in den Songs unterzubringen. Viele junge Leute verbergen das, was sie denken, weil sie nicht wirklich daran glauben, und dann verbirgst du es irgendwann vor dir selbst und fängst an, Rollen zu spielen. Ich habe mich entschieden, es anders zu versuchen. Der beste Weg, mit einer schwierigen Situation umzugehen, ist manchmal, nicht daran teilzunehmen. Das gilt auch fürs Musikgeschäft. Du entscheidest dich, was du wirklich willst, und dann solltest du es einfach tun.’“ (Quelle: michaelsailer.de)

Aber genug erzählt. Lassen wir Aimee Mann sehen und hören. Hier als kleiner Querschnitt einige Videos mit ihrer Musik aus den Solo-Alben:


Aimee Mann: Mr. Harris (Whatever)


Aimee Mann: Long Shot (I’m With Stupid)


Aimee Mann: Save Me (Magnolia-Soundtrack und Bachelor No. 2)


Aimee Mann: How Am I Different (Bachelor No. 2 …)


Aimee Mann: Pavlov’s Bell (Lost in Space)


Aimee Mann: 4th of July (live at St. Ann’s Warehouse)


Aimee Mann: Video (The Forgotten Arm)


Aimee Mann: Freeway (@#%&*! Smilers)


Aimee Mann: 31 Today (@#%&*! Smilers) mit Morgan Murphy

Seit 1997 ist Aimee Mann – wie erwähnt – mit Michael Penn verheiratet, der ebenfalls als Singer/Songwriter in den USA erfolgreich ist (hier das Video zu This & That, in dem Michael Penn von seinem Bruder Sean vorgestellt wird). Zudem hat Aimee Mann eine fünf Jahre jüngere Schwester (Halbschwester, um genau zu sein), die in Minnesota lebt, namens Gretchen Seichrist (what a name!). Diese ist wohl in erster Linie Malerin, hat aber auch schon zwei Musikalben unter dem Namen Patches & Gretchen herausgebracht (hier zwei Hörproben und der Youtube-Kanal). Übrigens: Das Lied „Medicine Wheel“ (auf Aimee Manns Album „@#%&*! Smilers“) ist eine Komposition von Aimee Mann zu einem Gedicht von Gretchen Seichrist, das ihr diese einmal per eMail zugesandt hatte (normalerweise schreibt Aimee Mann erst die Musik und dann den Test dazu – Quelle: www.aimeemann.com/messageboard).

Gretchen Seichrists Stimme ist weniger ausgebildet als die von Aimee Mann. Manchmal klingt sie wie ein weiblicher Lou Reed, so wie in der folgenden Aufnahme:


Sugar Head Pie – Patches and Gretchen

Sie hat sich auch an Coverversionen von Bob Dylan gewagt, recht eigenwillig, skurril und rau vorgetragen, ohne Zweifel aber sehr aufschlussreich und jenseits des Mainstreams. Als hauptsächlichen Einfluss nennt Gretchen Seichrist übrigens neben Dylan Patti Smith und „sister Golden Hair” Aimee Mann. Eine schwesterliche Liebe.


Dirge – Patches & Gretchen w/Scarlet Rivera Live at the Dakota, 9-14-2010

Aimee Mann (2): ’Til Tuesday

Aimee Manns erste Gruppe war also die Punk-Rock-Band „The Young Snakes“, bei der sie Sängerin war und den Bass spielte. 1983 wurde sie Mitbegründerin der New-Wave-Band „’Til Tuesday“, die 1985 mit ihrem ersten Album „Voices Carry“ einen Achtungserfolg erzielte: Platz acht in den U.S. Billboard Hot 100. Außerdem gewann die Band 1985 den MTV Video Music Award als beste Newcomerband („Best New Artist“). 1990 löste sich die Band auf. Seitdem arbeitet Aimee Mann solo.

Musik von Aimee Mann

‚Til Tuesday wurde in Boston gegründet und bestand neben Aimee Mann als Sängerin und Bassistin (sie spielte auch akustische Gitarre) aus dem Sänger und Gitarristen Robert Holmes, dem Keyboarder Joey Pesce und dem Schlagzeuger Michael Hausman.

Obwohl die Band von den Kritikern immer wieder gelobt wurde, blieb der Erfolg beim Publikum aus. Nach und nach verließen die Gründungsmitglieder die Band. So tourte Aimee Mann mit verschiedenen Session-Musikern weiterhin unter dem Namen „’Til Tuesday“, bis sie sich 1992 dazu entschied, ihr erstes Solo-Album aufzunehmen. Der Schlagzeuger Hausman wurde ihr Manager, was er wohl bis heute noch ist.

Von ‚Til Tuesday erschienen drei Alben:

'Til Tuersday: Voices Carry (1985)

'Til Tuersday: Welcome Home (1986)

‚Til Tuersday: Voices Carry (1985)

‚Til Tuesday: Welcome Home (1986)

'Til Tuersday: Everything's Different Now (1988)

‚Til Tuersday: Everything’s Different Now (1988)

Und dann noch 1996 eine Retrospektive, d.h. ein Greatest Hits-Album.

Das Album „Everything’s Different Now“ enthielt mit dem Lied „The Other End (of the Telescope)“ (hier eine Aufnahme mit Aimee Mann live – November 3rd, 2008 – Cologne / Germany – E-Werk – natürlich ohne Costello) eine Zusammenarbeit mit Elvis Costello, der im Hintergrund singt.

Aimee Mann zu ihrer Gruppe: „’Til Tuesday was a rebellion against that [ihre erste Band Young Snakes, eine Punk-Gruppe] because after a while I realized that not following the rules was a rule in itself and more limiting than anything else. I wanted to hear some sweetness and some melody.“

Aimee Mann erkannte also, dass Ihre Punk-Phase, in der sie keiner [musikalischen] Regel folgen wollte, selbst eine Regel beinhaltete, die sie einengte. Es sollte also mehr ‚Melodie’ sein. Wenn ich Aimee Mann in den 80er Jahren kennen gelernt hätte, dann wäre sie wohl an mir ‚vorbeigerauscht’. New Wave (z.B. Talking Heads) lag mir nicht besonders, oft mit eintönig daher geklampften Gitarren und Synthies. Im Nachhinein entpuppte sich New Wave ja auch als Ausverkauf des Punk. Viele Bands ließen sich durch die großen Schallplattenfirmen korrumpieren. New Wave war zudem vor allem ein angelsächsisches Phänomen. Viele Gruppen, so auch ’Til Tuesday, blieben bei uns fast völlig unbekannt (dafür gab es als Ersatz die ‚Neue Deutsche Welle’). Erst die auf Solofüßen wandelnde Aimee Mann wurde auch in Deutschland bekannt – und fand so mein Interesse. Dazu später mehr.

Hier einige Live-Aufnahmen von ’Til Tuesday. Zunächst vom Debütalbum „Voices Carry“ der Titelsong, zu dem es einige ‚Aufregung’ gab, und ein weiteres Lied. Die Lieder wurden 1986 beim MTV Spring Break aufgenommen (weitere Lieder siehe unter youtube/TwinPeaksReader). Der Titelsong „Voices carry“ wurde übrigens öfter gecovert, u.a. von Tiffany, Carrie Underwood und Courtney Love:


Til Tuesday -Voices Carry Live 1986


Til Tuesday 1986 „Love In A Vacuum“

Weitere Lieder der Band live at The Ritz in New York, NY 1985:


Til Tuesday – I’ll Wait For You


Til Tuesday – Enough To Save You

Und hier noch zwei Aufnahmen von einem Konzert 1987 während der „Welcome Home“-Tour (zur 2. Scheibe der Band) aus Detroit:


Aimee Mann / Til Tuesday – „Yesterday“ live 1987


Til Tuesday – Looking Over My Shoulder / Sleeping And Waking live 1987

Fortsetzung folgt: Aimee Mann (3): Aimee & Family

Aimee Mann (1): The Young Snakes

Sie ist 1960 in Richmond, Virginia, USA geboren. Zunächst versuchte sie sich als Sängerin und Bassisten mit ihrer ersten Punk-Rock-Band „The Young Snakes“, war dann 1983 Mitbegründerin der New-Wave-Band „’Til Tuesday“, die 1985 mit ihrem ersten Album „Voices Carry“ einen bescheidenen Erfolg erzielte und in der Kategorie „Best New Artist“ den MTV Video Music Award gewann. 1990 löste sich die Band auf. Seitdem arbeitet sie solo. Die Rede ist von Aimee Mann, von der ich hier bereits mehrmals berichtet habe.

Heute ist Aimee Mann als Songwriterin und Sängerin ihrer eigenen Lieder bekannt. So habe ich sie auch mit dem Album „Bachelor No. 2 or The Last Remains of the Dodo“ im Jahre 2000 zum ersten Mal gehört. Ihre ersten Soloalben „Whatever“ (1993) und „I’m With Stupid“ (1995) habe ich erst jetzt in diesen Tagen kennen gelernt. Ihr letztes Album „@#%&*! Smilers“ stammt aus dem Jahr 2008. Die Arbeiten zu einem neuen Album sind angeblich im Dezember 2011 fertig geworden. Bekannt wurde Aimee Mann auch durch den Original-Soundtrack zum Film Magnolia (1999). Das Lied „Save Me“ (hier im Weißen Haus vorgetragen) war Oscar-nominiert. Übrigens hatte Aimee Mann 1998 einen Kurzauftritt als deutsche Nihilistin in dem Film The Big Lebowski von den Coen-Brüdern.

Musik von Aimee Mann

Die Aimee Mann vor ihrer Solokarriere war mir bisher völlig unbekannt. Aber dem Netz sei dank (besonders dank Youtube) gibt es doch das eine und andere Lied zu bewundern. Zunächst zu Aimee Manns erster Band, The Young Snakes, die in Boston gegründet wurde. Neben Aimee Mann (Gesang und Bass) spielten Doug Vargas Gitarre und Mike Evens (der Dave Bass ersetzt hatte) Schlagzeug. Von dieser Band erschien zunächst 1982 eine EP mit fünf Liedern Bark Along with the Young Snakes und 2004 das Sammelwerk The Young Snakes Featuring Aimee Mann, nachdem Aimee Mann solistisch erfolgreich wurde.

The Young Snakes - featuring Aimee Mann

The Young Snakes - featuring Aimee Mann

The Young Snakes – featuring Aimee Mann

Aimee Mann äußerte sich wie folgt zu ihrer ersten Band: „… a little punk noise-art outfit called the Young Snakes, which was reasonably unlistenable. … Which meant no melody, no chord progression, no sweetness, nothing that sounded good. And the material had to be really avant-garde–no songs about relationships.”

Keine Lieder über Beziehungen, aber avantgardistisch hatte es zu sein. Ist es irgendwie auch, ziemlich außergewöhnlich. Wenn ich das höre, werde ich an Captain Beefheart erinnert. Und bei Aimee Manns Stimme denke ich an die gute Nina Hagen.

Hier zwei Lieder – zunächst eines der fünf von der EP (anschließend das erste Lied von dem 2004 erschienen Sammelwerk der Gruppe):


The Young Snakes – Give Me Your Face


Young Snakes – Brains and Eggs

Natürlich lässt sich das kaum noch mit der Aimee Mann von heute vergleichen. Aber ich finde es schon interessant, welchen musikalischen (und auch stimmlichen) Weg sie vor ihrer Solo-Karriere bestritten hat.

Fortsetzung folgt: Aimee Mann (2): ’Til Tuesday

Whitney Houston gestorben

Man soll nicht schlecht über Verstorbene sprechen resp. schreiben. Es ist schon einige Zeit her, da las ich einen Artikel mit der Überschrift Whitney Houston kann nicht ohne Bühne:

„Sie kann es nicht mehr wirklich auf der Bühne – aber noch weniger kann sie ohne. Das habe Whitney Houston mit vielen Promis gemeinsam, wie Borwin Bandelow, Professor für Psychiatrie und Psychotherapie an der Universität Göttingen, sagt. Viele Stars treibe Narzissmus, gepaart mit mangelnder Selbstkritik an. Bei Marilyn Monroe, Elvis Presley und Michael Jackson sei es genauso gewesen, sagt der Autor des Buchs Celebrities: Vom schwierigen Glück, berühmt zu sein. Allerdings: ‚Wer selbst Probleme hat, kann Gefühle authentischer rüberbringen.’“

Mich interessierte damals weniger Whitney Houston, dafür mehr das Problem als solches. Hintergrund war eine Diskussion zu Ian Anderson, der ebenfalls nicht ohne Bühne auszukommen scheint. Jetzt ist Whitney Houston im Alter von 48 Jahren gestorben. Die Todesursache ist noch unbekannt. Die Autopsie-Resultate werden erst in Wochen vorliegen. Ein Selbstmord kann nicht ausgeschlossen werden.

‚Willi’ beim Ministerpräsidenten

Etwas unter Zeitdruck stand er wohl und nicht so ganz bei der Sache war er. Immerhin empfing Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister (CDU) letzten Mittwoch Vertreter der Evangelischen Jugend im Kirchenkreis Hittfeld (u.a. Jan Hendrik ‚Willi’ Saxe) und vom Vorstand des Jugendkonvents des Sprengel Lüneburg, die ihm die 6000. „Kugelkreuz“-CD übergaben. Wie berichtet steuerten 13 Bands ihre Songs gegen rechte Gewalt zu dem CD-Projekt bei. „Eine lobenswerte Initiative“ nannte McAllister das Projekt und freute sich über die CD: „Die höre ich mir gern an“, so der Ministerpräsident. Wollen wir es hoffen.

Willi bei McAllister
aus: Kreiszeitung Wochenblatt Nordheide Elbe & GeestNr. 3a – 41. Jahrgang vom 21.01.2012 – Seite 3

Aimee Mann: One More Drifter in the Snow (2006)

Es überrascht schon zu sehen und zu hören, dass die spröde Blonde Aimee Mann ein Weihnachtsalbum herausgebracht hat. Das ist inzwischen allerdings auch schon wieder fünf Jahre her. Da ich schon dabei bin, diverse Musiker, die meinem Gusto (halbwegs) entsprechen und die uns mit Weihnachtsalben, einzelnen Weihnachts- oder winterlichen Liedern überrascht haben (Jethro Tull, Frank Zappa, Blackmore’s Night und zuletzt Ry Cooder), hier Gehör zu verschaffen, so möchte ich hier auch auf das Album One More Drifter in the Snow von Aimee Mann zu sprechen kommen.

Entsprechend amerikanischer Tradition bummelt nun also auch Aimee Mann durch den weihnachtlichen Schnee. Es handelt sich hierbei um eine Sammlung ihrer liebsten Weihnachtslieder, die sie betont ruhig und sparsam instrumentiert. Bis auf „Calling on Mary“, von Paul Bryan und ihr komponiert, gibt es eine Auswahl an Wehnachtsklassikern wie z.B. „White Christmas“ und „God Rest Ye Merry Gentlemen“, das wir auch instrumental von Ian Anderson & Band kennen.

    Aimee Mann: One More Drifter in the Snow

Es mag sicherlich an den Liedern selbst liegen, dass ich mich für viele nicht begeistern kann, vielleicht weil sie zu hollywood-mäßig sind (die begleitende Hawaii-Gitarre finde ich fast schon kitschig). Aber zwei, drei Lieder sind schon ganz okay so. Besonders die Bläser (und das schmetternde Becken) auf „God Rest Ye Merry Gentlemen“ ist sehr reizvoll und natürlich die Eigenkomposition. Aimee Mann sollte bei ihren eigenen Liedern bleiben. Immerhin ein Versuch, einen eigenen Beitrag zum Fest der Liebe zu leisten. Nicht ganz gelungen zwar, aber es gibt Schlimmeres.

Hier die gesamte Playlist:

1. Whatever Happened To Christmas
2. The Christmas Song
3. Christmastime
4. I’ll Be Home For Christmas
5. You’re A Mean One Mr. Grinch
6. Winter Wonderland
7. God Rest Ye Merry Gentlemen
8. Have Yourself A Merry Little Christmas
9. White Christmas
10. Calling On Mary


Aimee Mann: „One More Drifter in the Snow“ (Samples)


Aimee Mann: Whatever Happened To Christmas

Calling on Mary

I heard the sidewalk Santa say:
Merry Christmas, Merry Christmas
Salvation’s coming cheap today
Merry Christmas, Merry Christmas

I searched the skyline for a star
Merry Christmas, Merry Christmas
And baby I wondered where you are
Merry Christmas, Merry Christmas

‚Cause comfort’s not possible when
You look past the joy to the end

Calling on Mary is voluntary
Unless you’re alone like me
If there’s a star above, then it can look like love
When they light up the Christmas tree

When I was young I couldn’t see
Merry Christmas, Merry Christmas
All that my true love gave to me
Merry Christmas, Merry Christmas

She offered sight to the blind
But I’m not the miracle kind

Calling on Mary is voluntary
Unless you’re alone like me
If there’s a star above, then it can look like love
When they light up the Christmas tree

And to all the lost souls down below:
Merry Christmas, Merry Christmas
What’s one more drifter in the snow?
Merry Christmas, Merry Christmas

Merry Christmas! Merry Christmas!

If there’s a star above, then it can look like love
When they light up the Christmas tree
If there’s a star above, then it can look like love
When they light up the Christmas tree


Aimee Mann: Calling on Mary

Frank Zappa: Don’t Eat The Yellow Snow

Jo, so langsam aber sicher geht ’s auf Weihnachten zu. Und der Winter kommt auch schon, wenn auch erst einmal auf leisen Tretern, d.h. mit Graupel, dicken Schneeflocken – und leider immer noch mit Regen. Die Temperaturen sind noch nicht winterlich. Aber warten wir ’s ab. Der nächste Schnee kommt bestimmt. Dann geht es los mit Schneemänner bauen und Schneeballschlacht. Aber Jungs & Mädels, daran denken:

Don't Eat the Yellow Snow

Passt auf, wo die Hunde hinmachen … Und esst mir ja nicht diesen gelben Schnee!


Frank Zappa: Don’t Eat The Yellow Snow

MP3s aus zweiter Hand?! Und das Ende eine Branche?!

„Musik aus dem Netz ist beliebt. Doch was passiert mit totgehörten MP3s? Eine US-Firma betreibt ein Web-Portal, das gebrauchte Songdateien verkauft. Die Musikbranche läuft Sturm dagegen. Hierzulande ist der Handel mit Secondhand-MP3s bisher verboten.“ (siehe zdf.de)

Wenn ich mir eine CD, eine DVD oder ein Buch gekauft habe, so kann ich diese ohne Weiteres weiterverkaufen. Dieser sogenannte Erschöpfungsgrundsatz nach dem deutschen Urheberecht, wonach „Werkstücke von jedermann verbreitet werden können, nachdem sie mit Zustimmung des Urhebers in der EU in Verkehr gebracht wurden“, gilt allerdings laut Expertenmeinung nicht für MP3-Dateien, auch wenn diese mit einem digitalen Wasserzeichen, mit denen kommerzielle Download-Shops ihre Musikdateien kennzeichnen, versehen sind.

Warum eigentlich? Dass die Musikindustrie bei jedem Deal aufschreit, an dem sie nicht beteiligt ist, ist nichts Neues. Zu gern verdient sie aber am Verkauf von MP3-Dateien, die nicht gerade durch hohe Klangqualität überzeugen, sondern nur durch satte überzogene Preise. Das amerikanische Beispiel zeugt aber noch von mehr: Die gesetzlichen Grundlagen des Urheber- und Nutzungsrechts müssen endlich überdacht werden. Und längst auch die Geschäftsmodelle.

Mario Sixtus zeigt einen Weg auf, den Musiker und Musikindustrie möglicherweise gehen werden: ZDF Video Uebermorgen.TV Musikindustrie und Tauschbörsen. Bereits heute setzen viele Musiker nicht mehr auf eine Zusammenarbeit mit einer Industrie, die in erster Linie ans eigene Geldbeutelchen denkt. Denn immer noch werden von der Industrie in erster Linie die Musiker hofiert, die ordentlich Geld bringen.

Musiker sollen leben können. Aber nicht allein die, die lediglich einen Massengeschmack bedienen. Und Bosse, die sich auf Kosten der Kreativität anderer bereichern, brauchen wir auch nicht.

Vielleicht wird es in Zukunft keine oder nur noch sehr wenige Musiker geben, die ordentlich Reibach machen. Aber da die Menschen auch in Zukunft Musik hören wollen und werden – und dafür durchaus bereit sind, auch Geld auszugeben, werden sich andere ‚Geschäftsmodelle’ durchsetzen, die dann auch noch als Zugabe eine breitere Palette an guter Musik bieten. Das Internet gibt bereits heute für viele Musiker die gewünschte Plattform. Will die Musikindustrie die nächsten Jahrzehnte überleben, dann sollte sie sich etwas einfallen lassen und sich nicht auf ihren Lorbeeren ausruhen. Die Jagd auf ‚Raubkopierer’ und die Kriminalisierung der halben Bevölkerung ist keine so gute Idee.

Vorweihnachtszeit (1): Santa, reich mal die Buddel ‘rüber

Mit Beginn dieser Woche beginnt nun auch ‘offiziell’ die Weihnachts- bzw. Vorweihnachtszeit. Alles Volkstraurige, Gebüße und Totensonntägliche haben wir hinter uns gelassen, um verstärkt an Weihnachtsgeschenke zu denken (kaufen wäre auch nicht schlecht), Kekse zu backen und bald zu essen (bevor sie hart und ungenießbar sind) – und alles in Weihrauch- und Kerzengestank zu ersticken.

    Ian Anderson 2003 - Christmas Song

Aus allen Lautsprecherboxen dröhnt Weihnachtsmusik. Da will ich nicht hintanstehen und habe das Lied ‘Christmas Song’ von Ian Anderson (Jethro Tull) ausgegraben. Zu beachten ist die Textpassage, in der darauf hingewiesen wird, dass der weihnachtliche Geist nicht das ist, was man trinkt (that Christmas spirit is not what you drink) – in diesem Sinne wünsche ich eine schöne Vorweihnachtszeit:


Video: Ian Anderson 2003 – Christmas Song

siehe auch: meine Xmas-Seite Jethro Tull