Archiv für den Monat: Mai 2007

Beatless: Smells like Teen Spirit

Gestern fand die 2. Runde, das Recall, des Musikwettbewerbs „Song & Dance Contest 2007“ am Gymnasium Tostedt statt. Dafür hatte sich auch die Schulprojektgruppe „Beatless“ (könnte man mit „taktlos“ übersetzen) qualifiziert – mit Julian als Frontman (Gitarre und Gesang) und Philip Johann am Keyboard. Für den nötigen Drive sorgten wiederum mein Sohn Jan am Bass und Per-Olaf an den Drums. Die netten Cheerleader-Jungs waren Max und Christian. Diesmal wurde eine Cover-Version von Nirvana gespielt: Smells like Teen Spirit.

Beatless: Smells like Teen Spirit Beatless: Smells like Teen Spirit
Beatless: Smells like Teen Spirit Beatless: Smells like Teen Spirit

Beatless: Smells like Teen Spirit

Hier der Auftritt vom 30.05.2007 in der Aula des Gymnasiums Tostedt:

Obwohl sich die Jungs wirklich noch einmal gesteigert haben, besonders die Cheerleader-Einlage, kurzfristig eingeübt, war vom Feinsten, wurden sie nicht belohnt. Die Jury, bestehend aus 3 Lehrern, machte Herrn Bohlen & Co. Konkurrenz, indem sie die Leistung schlichtweg ignorierte und damit der Gruppe den Weg ins Finale verbaute. Leider! Das Publikum war auf jeden Fall von dem Auftritt der Jungs begeistert.

Eigentlich hatten sich die jungen Musiker nur für diesen Wettbewerb zusammengetan. Jetzt wollen sie aber weitermachen und haben bereits die nächsten Ziele im Auge. Zum einen (wenn ihr Repertoire etwas größer ist) wurde ihnen angeboten, als Vorgruppe für eine andere Band aufzutreten. Zum anderen steht im Herbst wiederum ein Bandabend im Gemeindehaus Tostedt an. Wohl denn: weiterhin viel Spaß beim Üben. Ihr werdet es packen!

aus der 1. Runde: Beatless mit Sgt. Pepper’s

Was ist bloß mit Ian los? Teil 67: Gegen dunkle Segel

Hallo Wilfried, Hallo Lockwood,

nun hat auch mich das Wikinger-Fieber gepackt und mein detektivischer Spürsinn ist erwacht – was hat das dunkle Segel zu bedeuten, woher kommt das geheimnisvolle Schiff am Horizont?

Tatsächlich habe ich schon beim ersten Hören von Broadsword wegen des dark sail gestutzt, denn Segel stellt man sich bei uns üblichersweise hell vor. Anderson hätte hier genauso gut von einem white sail oder black sail singen können. Deshalb hatte ich immer den Verdacht, dass dieses dark ein Hinweis darauf ist, um was für ein Schiff es sich handelt. Auch der tapfere Schotte am Strand kann einem Schiff am Horizont schließlich nicht ansehen, wer darinnen sitzt – es könnte ja auch sein Vetter aus Dingsda sein, der ihn mal besuchen kommt. Aber der wäre vermutlich mit einem hellen Segel unterwegs gewesen. Es ist das dunkle Segel, das ihn Übles ahnen lässt.

Dark ist übrigens nicht gleich black, und ein Segel kann auch dunkel sein, wenn es aus einem dunklen Material hergestellt ist – Seegras z.B., oder Rentierhaut. Was weiß ich, woraus die Wikinger ihre Segel gemacht haben. Deshalb habe ich mich mal schlau gemacht. Und siehe da, bei Wikipedia habe ich Folgendes über die Segel der Wikinger gefunden:

In Skuldelev bestand das Segel aus Wolle einer besonders langhaarigen Schafsrasse… Königsschiffe hatten Leinensegel. Die Bahnen hatten oft unterschiedliche Farben, so dass sie senkrecht gestreift waren. Aber es gab auch sich kreuzende Diagonalstreifen („með vendi“), wie sie auf gotländischen Bildsteinen und alten Münzen zu sehen sind. Es werden sogar Purpursegel erwähnt… Die Segel waren oft farbig, aber nicht nur rot-weiß, wie auf den Darstellungen der Neuzeit. Als Knut der Große von England aufbrach, um Olav den Heiligen aus Dänemark zu vertreiben, wird seine Flotte geschildert: „Knut der Mächtige hatte ein Heer zusammen, um das Land verlassen zu können…die Segel waren blau, rot und grün gestreift… Möglicherweise gab es auch einfarbige Segel, denn der Skalde Sigvat, der die Flotte gesehen hat, schreibt in seinem Preisgedicht: Og báru í byr (Blausegel – die blähen).

Am Horizont sah so ein buntes Segel sicher einfach nur dunkel aus. Ich denke die Frage der Herkunft des Schiffes ist geklärt, nun kann ich beruhigt schlafen gehen.

Die Mendel’schen Gesetze und ihre Bedeutung für die Haarfarbe von Griechen im vermeintlichen Widerspruch zu den genetischen Einflüssen der Turkvölker im nordöstlichen Mittelmeerraum (aktueller Arbeitstitel) behandle ich dann nächstes Mal.

Nun habe ich Euch aus meinem Schatzkästchen griechischer Musik noch ein schönes, trauriges Gute-Nacht-Lied mitgebracht. Es ist diesmal kein traditionelles Volkslied, sondern ein Laiko Tragoudi, frei übersetzt ein Schlager. Dabei haben die griechischen Schlager doch überwiegend eine ganz andere Qualität als die deutschen. Das Lied habe ich nicht zuletzt deshalb ausgewählt, weil zwei meiner Meinung nach recht interessante Instrumente darin vorkommen: Eine Art 12-saitiges Banjo, das ich noch nie zuvor gesehen habe (vermutlich armenischer Herkunft), und eine Schrägflöte, die auf Griechisch Flojera heißt. Es gibt sie in verschiedenen Größen und Ausführungen, hier wird eine ziemlich lange, hölzerne Flojera gespielt, die sehr schön traurig-schaurig klingt.

Das Lied heißt Meno Ektos (Ich bleibe ausgeschlossen) und wird von Eleftheria Arvanitaki vorgetragen. Das Video beginnt mit einem Vorspiel des Banjos. Elefheria betritt die Bühne, sie bedankt sich bei den Musikern, sie bedankt sich beim Publikum. Dann stellt sie die zwei Gastmusiker in ihrer Truppe vor, den Komponisten des Stücks (es ist der mit dem Banjo) und einen Schlagzeuger. Sie erklärt, die beiden kommen aus den USA, stammen aber eigentlich aus Armenien. Das Lied hat einen sehr poetischen Text. Hier ein paar Ausschnitte (leider habe ich auch noch nicht alles verstanden):

Ich bleibe ausgeschlossen, ich wechsle die Farben, mit Lichtgeschwindigkeit rase ich dahin…
Ich bleibe ausgeschlossen, ich spreche mit Drähten (vermutlich Stacheldraht gemeint), wie ein Adler schwebe ich in der Stille…

Refrain:
An meinen einsamen Abenden singe ich armenische Lieder, ich möchte zurückkehren, aber das Paradies ist verschlossen
An meinen einsamen Abenden singe ich armenische Lieder, ich möchte sprechen, aber meine Heimat ist erloschen

In diesem Sinne eine gute Nacht
Kretakatze

PS.: Mir ist da übrigens noch eine geniale Idee für einen Werbe-Spot gekommen. Der Wikinger-Schotte Anderson steht am Strand und lässt seine Blicke über den Horizont schweifen. Da naht ein Schiff mit grünen Segeln – Beck’s Bier. Anderson singt „I see a green sail … bring me my beer mug…“ usw.. Die Passage „…take women and children and bed them down…“ könnte man unverändert belassen, denn Frauen und Kinder stören beim Saufgelage nur. Den Rest müßte man vielleicht geringfügig modifizieren, aber ich denke mit wirklich nur marginalen Änderungen könnte man diesem Meisterwerk so eine völlig neue Wendung geben. (And if sometimes I sing to a cynical degree…)

23.05.2007

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Hallo Kretakatze, hallo Lockwood,

diesmal beginne ich mit einem Geständnis, liebe Kretakatze: Bisher war ich nicht einmal in Griechenland geschweige auf Kreta. Warum, kann ich nicht genau sagen. Auf den ersten Blick sieht es so aus, als würde ich den Norden Europas bevorzugen (Großbritannien, speziell Schottland, oder Island). Es ist aber nicht so, dass es mich nie gen Süden gezogen hat. Meine Eltern hatten früher eine Ferienwohnung in Andalusien/Spanien. Und da meine Frau Bekannte auf Sizilien hat (die früher einmal als so genannte Gastarbeiter bei uns in Tostedt lebten), so sind wir mehrere Male auch dorthin gefahren.

Immerhin bietet Sizilien neben römischer Kultur auch viel Griechisches. Archimedes lebte in Siracusa (Syrakus). Und eine Episode oder zwei der Irrfahrten des Odysseus spielten wohl an der sizilianischen Küste (die Meeresungeheuer Charybdis und Skylla – auch Polyphem, der einäugige Riese, soll sich dort mit Odysseus gezofft haben). Übrigens ist Sizilien eine Schnittstelle zwischen Griechen und Normannen (unsere nicht allzu beliebten Wikinger – oder doch?!). Neben einer frühen Blütezeit der Insel, als diese zu Großgriechenland gehörte (8. – 5. Jahrhundert v. Chr), gab es im 11. Jahrhundert nach der Eroberung durch die Normannen wiederum Wohnstand und Dolce Vita. Aber streichen wir Sizilien, sonst landen wir bald auf Madagaskar. Immerhin ist es auch eine große Insel – wie Kreta, Island oder Großbritannien. Wir haben es eben mit Inseln.

Zurück zu Griechenland, wenn auch nur virtuell: Vielen Dank, Kretakatze, für Deine vielen Video-Beispiele. Youtube ist eine unerschöpfliche Quelle. Sicherlich liegt mir die griechische Musik nicht im Blut. Das Lied Meno Ektos von Eleftheria Arvanitaki finde ich aber wirklich schön. Es hat eine wunderbare Grundmelodie, die auch etwas für Ohren ist, die ansonsten der abendländischen Musik zugewandt sind. Ich habe dabei das Gefühl, das Lied schon einmal gehört zu haben. Also mit deutschen Schlagern würde ich das wirklich nicht vergleichen, eher mit ‚Liedermachern’, so vom Schlage eines Herman van Veen, den ich erst kürzlich am Wickel hatte. Eigentlich mag ich Banjos nicht sonderlich, aber dieses 12-saitige Instrument passt sehr schön zu dem Lied. Ich kann mir sogar irgendwie vorstellen, das es einmal vor vielen Jahren ein ähnliches Stück von Jethro Tull hätte geben können – statt diesem speziellen Banjo Martin Barre auf der akustischen Gitarre, nun ja, und Herrn Anderson vielleicht sogar auf dieser hölzernen Flojera-Flöte. Was hat das aber mit den armenischen Musikern auf sich? Weißt Du da mehr? Armenien liegt ja auf der anderen Seite der Türkei und ist christlich ausgerichtet (wohl auch orthodox). Gibt es da besondere Beziehungen zwischen Griechen und Armeniern?

Mit manchen der anderen Stücken komme ich ähnlich wie Lockwood nicht ganz so klar. Aber ich weiß, dass man sich sehr schnell ‚anstecken’ lassen kann (siehe meine Sirtaki-Tanz-Versuche vor langer Zeit). Dieser ausgelassenen Heiterkeit bei solchen Festlichkeiten kann man sich schlecht entziehen. Für den pontischen Tanz hätte Ian Anderson seinen Piratenlook aber doch mächtig aufpeppen müssen. Und beim Sonaradikos frisch aus Glasgow weiß ich gar nicht so recht: Es könnte fast ein schottisches Lied mit griechischem Tanz sein. Mein kleines Video mit den schottischen Tänzen (etwas zerhackstückt) habt Ihr vielleicht schon gesehen. Die Aufnahme stammt von den Highland Games in Callander. Gibt es vielleicht solche Kraftmeiereien auch in Griechenland (ich möchte Highland Games nicht unbedingt mit den Olympischen Spielen vergleichen – aber irgendwie kommt man auch nicht so ganz um diesen Vergleich herum). Als Tanzmuffel hüte ich mich davor, einen Vergleich zwischen griechischen und schottischen Tänzen anzustellen. Aber ich sehe durchaus, dass es Gemeinsamkeiten gibt.

An Eurer „Dark Sail“-Auseinandersetzung wollte ich mich eigentlich nicht beteiligen. Kretakatze hat zudem inzwischen die Lösung gefunden. Interessant finde ich die Idee zu dem Werbe-Spot für die Biermarke, die übrigens aus Bremen kommt, wo ich wie bekannt viele Jahre gelebt habe. Aus dieser Zeit gibt es einen alten Kumpel (es ist jener ‚Kommissar Graue’ aus der Nonsense-Rubrik „Der Idiot“), der bei Beck’s arbeitet, wenn auch nicht in der Werbung. Leider ist der Kontakt aus unerfindlichen Gründen abgebrochen, aber solche Kontakte lassen sich eventuell neu beleben.

Beck's drunkle Segel

Ein Problem gibt es allerdings: Zwar bevorzugt Herr Anderson (wenn er nicht gerade Weißwein trinkt, vgl. die Hippodrome-Videos) Bier aus kleinen grünen Flaschen, allerdings einer anderen Marke, wie das bereits von mir veröffentlichte Foto zeigt. Die Firma Beck’s wird das nicht freuen (der Fall Bohlen dürfte abschreckend genug sein: Herr Bohlen stieg allerdings von Doppelkorn auf Molke um, bis ihm das Zeug aus dem Hals hing und er in aller Öffentlichkeit behauptet, das Gesöff schmeckt S…; seitdem macht er wieder Werbung für Doppelkorn – oder war das Haarlack?). Gucken wir ’mal …

Willi mit Shona und Ian Anderson
der zerknirschte Willi („Warum trinkt der Typ kein Beck’s!“)
samt Shona & Ian Anderson

Ich wünsche Euch ein schönes verlängertes Pfingstwochenende. Die Wetteraussichten sind allerdings sehr bescheiden. Am Samstag und Sonntag bin ich unterwegs (u.a. bei Hermännchen, der Geburtstag hat).

Bis in Bälde
Wilfried

24.05.2007

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Liebe Freunde,

in den zwei Tagen, in denen ich dem Internet ferngeblieben bin, hat sich Dank Eures Fleißes mehr Stoff angesammelt als ich in angemessener Form beantworten kann. Hier nun meine bescheidenen Beiträge zu Euren letzten sehr substanzvollen mails:

Dir, liebe Kretakatze, gebührt mein Dank für Deine umfangreichen Lektionen und zahlreichen Videos zum Thema der griechischen Musik ! Allerdings stelle ich für Dich eine große Enttäuschung dar: Ich kann mit dieser Musik, diesen Tänzen, dieser Sprache überhaupt nichts anfangen. Auch wenn einige Lieder weniger orientalisch klingen als andere, so treffen sie nicht meinen Musikgeschmack. Es ist nicht so, dass ich orientalisch angehauchte Musik nicht mag; die von mir hoch geschätzte Loreena McKennit hat einige wunderschöne Alben mit orientalischen Einflüssen hervorgebracht. Ich habe sogar in meiner Plattensammlung ein Album mit traditioneller indischer Sitarmusik. Es sind also nicht allein die orientalischen Momente, die mich an der griechischen Musik verzweifeln lassen. Ich kann nicht beschreiben, was diese Musik für mich in so weite Ferne rückt. Es ist ganz einfach so.

Auch die von Dir herausgearbeiteten Parallelen des Hellenen-Folk zu JT vermag ich nicht zu erkennen. Ich bin ein hoffnungsloser Fall. Meine musikalischen Vorlieben sind im Nordwesten Europas zu Hause; ich bin erst über den Umweg der britischen Folklore auf Jethro Tull gestoßen. Um Dir und auch Wilfried noch mehr Frust zu ersparen, werde ich mich als unbelehrbarer Nicht-Grieche aus den weiteren Diskussionen zu diesem Thema ausklinken; etwas Konstruktives ist in diesem Punkt von mir nicht zu erwarten.

Mit großer Verwunderung nehme ich Eure Kritik zum Anderson’schen Outfit in Tampa und im Hippodrom zur Kenntnis. Sicher, diese blau-bunte Pseudouniform aus Tampa ist nicht gerade das, was man mit der Musik des Meisters in Verbindung bringt. Aber im Vergleich zu dem, was Mr. Anderson sich später an textilen Fehltritten geleistet hat, war das doch nur eine unbedeutende Verirrung. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an den Auftritt der Gruppe beim Jazz-Festival in Montreux, bei dem der Meister nicht davon abzuhalten war, in einem gepunkteten Schlafanzug mit gleichfarbigem Kopfverband aufzutreten. Dagegen wirkt die rote Melone wie die Krone der Modeschöpfer. Im Ernst, ich finde, die Melone passt zum ländlich-rustikalen Ambiente der JT-Musik jener Zeit.

Wenn ich das richtig sehe, sind die Punkte dark sail und Breitschwert geklärt. Weiteren Erörterungen zu den Mendel’schen Gesetzen in Griechenland sehe ich mit Spannung entgegen.

@Wilfried:
Nur so ganz am Rande etwas zum Thema Fußball. Am vergangenen Mittwoch hatte die Mannschaft meiner Zwillinge prominenten Besuch: Der ehemalige Bundesligaprofi Kai Michalke hat auf Einladung unseres Co-Trainers die Jungs trainiert. Mir sagte der Name natürlich nichts, aber die wahren Fußballfans wussten sofort, um wen es sich handelt. Jedenfalls hatte ich an diesem Tag zum ersten Mal die Gelegenheit, einem „richtigen“ Fußballer die Hand zu schütteln. Ein netter Kerl übrigens, kann gut mit Kindern umgehen.

Viele Grüße und ein schönes langes Wochenende !
Möge der Geist über uns alle kommen.
Lockwood

25.05.2007

English Translation for Ian Anderson

Was ist bloß mit Ian los? Teil 66: Von Island nach Griechenland

Hallo Kretakatze, Hallo Wilfried,

zu den Themen Wikinger und hellen Hellenen habe ich mich allmählich warmgeschrieben. Natürlich kann ich es nicht mit allerletzter Gewissheit sagen, aber in meinen Augen sind schwarze Segel eine Erfindung Hollywoods, genau so wie römische Legionen, die im Gleichschritt marschieren. Erstens ist es sehr aufwendig, Segelstoff zu färben. Zweitens wäre diese Färbung für ein Piratenschiff kontraproduktiv. Piraten waren darauf angewiesen, dass die Beuteschiffe sie so spät wie möglich als Piraten erkannten. Warum also sollten sie durch die Meere kreuzen wie ein bunter Hund ?

@Kretakatze:
Dein Einwand der dunkelhaarigen Menschen auf antiken Vasen ist berechtigt. Mehr als das; er nimmt meiner Theorie über blonde Griechen den Wind aus den hellen Segeln. Falls ich meine griechische Bekannte noch einmal treffe, muss ich ihr das erzählen.

Dass Kreuzfahrer aus Mitteleuropa für die hellenistische Pigmentierungen verantwortlich sind, will mir aber auch nicht unbedingt einleuchten. Ich glaube nicht, dass ihre Anzahl groß genug war, um im Genpool der Kinder Zeus einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Außerdem vererben sich die Gene für Augen- und Haarfarbe dominant-rezessiv. Als gelernte Expertin für Tierzucht wirst Du das besser wissen als ich. Ich kann mich im Moment nur auf das Wenige stützen, was ich aus dem Biologieunterricht in die Gegenwart rüber retten konnte. Zwischen den Kreuzfahrern und dem Gefolge des bayrischen Königs lagen die Jahrhunderte der Türkenherrschaft mit ihren dunklen Erbinformationen. Wieder kann ich mir nicht vorstellen, dass die rezessiven Gene einiger Seppl die Übermacht der Turkgene überlagern konnten. Ich fasse zusammen: Ich finde keine für mich plausible Erklärung dafür, warum in der Ägäis so viele Blonde herumlaufen. (Und die Darstellungen auf den antiken Gefäßen sind wirklich ein K.O. – Argument !)

Ganz kurz zur Sprache: Mein griechischer Bekannter hatte während seiner Schulzeit in Athen Unterricht in Altgriechisch. Ich erinnere mich genau an seinen angewiderten Gesichtsausdruck, als er mir davon erzählte. Es muss eine furchtbare Sprache sein, die kaum Gemeinsamkeiten mit dem modernen Griechisch aufweist.

@Wilfried:
Die Cutty Sark habe ich auch seinerzeit in Greenwich gesehen, kurz bevor ich über den Nullmeridian gestolpert bin. Ich fand, es war ein schönes Schiff. Hoffentlich bekommt man es wieder hin.

Hinweis an alle: Die aktuelle mail-Frequenz werde ich auch nicht auf Dauer durchhalten können. Aber solange es funktioniert, macht es Spaß !

Viele Grüße aus dem gewittrigen Westen
Lockwood

22.05.2007

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Hallo Wilfried, Hallo Lockwood,

heute möchte ich noch einmal auf griechische Musik und griechische Tänze zurückkommen, zumal mich Lockwood ja in die Pflicht genommen hat, meine Andeutungen bezüglich der Gemeinsamkeiten mit der Musik von Jethro Tull noch zu vertiefen. Also:

Lieber Lockwood, es tut mir leid, dass Dir meine griechischen Videos nicht zugesagt haben. Eigentlich finde ich diese Musikstücke garnicht so orientalisch, da gibt es noch ganz andere Sachen. Die Lieder von Jannis Markopoulos klingen für mich recht europäisch und der Sirtos mit Michalis Tzouganakis ist zwar ziemlich kretisch, aber dabei doch schon fast rockig.

Vielleicht ist mir aber auch in den fast 30 Jahren Kontakt mit griechischer Sprache, Musik und Tanz das Gefühl dafür abhanden gekommen, wo euröpäisch aufhört und wo orientalisch beginnt. Für mich ist das einfach griechisch, da ist beides verschmolzen und eine Einheit geworden. Und da es ja auch in der Musik von Jethro Tull orientalische (bzw. für mich stark griechisch klingende) Elemente gibt, bin ich eigentlich davon ausgegangen, dass einen Jethro Tull Fan (und ich unterstelle Dir einfach mal, dass Du einer bist) ein bißchen orientalischer Einschlag nicht stören sollte.

Auch von Jethro Tull gibt es ja zumindest einen griechischen Tanz: Eurology. Ich konnte nur müde lächeln, als ich gesehen habe, dass Mr. Anderson dieses Stück in Montreux 2003 angekündigt hat mit dem Rat, nicht darauf zu tanzen, da das zu einem bösen Unfall führen könne. Es klingt wie ein typischer Sirtos, und ich habe bereits erfolgreich Kalamatianos (Sirtos) und Chaniotikos (Sirtos) darauf getanzt – hier direkt in meinem Arbeitszimmer vor dem Schreibtisch. Ich bin unverletzt geblieben.

Große Teile der Musik von Jethro Tull basieren genau wie ein großer Teil der griechischen Volksmusik auf ungeraden Takten und/oder häufigen Taktwechseln. Die Griechen sind Meister darin, darauf dann auch noch zu tanzen. Ich denke es gibt keinen noch so verqueren Rhythmus auf dieser Welt, zu dem die Griechen nicht auch schon einen Tanz erfunden hätten. Der Mr. Anderson hat keine Ahnung… Auf jeden Fall hat er sein Stück Eurology genannt, was darauf schließen lasst, dass er diese Art von Musik für europäisch und nicht für orientalisch hält.

Noch ein zweiter Titel von Jethro Tull klingt für mich wie ein griechischer Tanz, auch wenn ich nicht direkt sagen könnte, welcher Tanz das sein sollte: Fat Man. Dabei muss ich zugeben, dass es vielleicht auch ein keltischer, schottisher oder sonstiger Tanz sein könnte, da kenne ich mich nicht aus. Bestimmte Tanzrhythmen hat es sicher in verschiedenen Kulturen gegeben.

Weiterhin kann ich nicht recht nachvollziehen, lieber Lockwood, dass es Dich stört, dass Du die Sprache nicht verstehst. Nun sehe ich prinzipiell schon ein, dass es betrüblich ist, wenn man kein Griechisch kann, denn ich halte es für die schönste Sprache überhaupt. Aber es geht hier ja doch in erster Linie um Musik und nicht um den Text.

Die Lieder von Markopoulos habe ich erklärt bzw. übersetzt, und wenn Du die Texte von Michalis Tzouganakis nicht verstehst, hast Du wirklich nichts verpasst. Der Sirtos heißt, glaube ich, Aftos den ine Ponos (Das ist kein Schmerz – jedenfalls singt er das mehrfach), es geht um Herzeleid, er versucht irgend jemanden zu trösten. Das Lauten-Stück (das stammt wohl sogar von ihm selbst) hat den Titel Pali-Pali (Wieder und Wieder): Er muss an seine Angebetete denken, wieder und wieder und wieder… Tiefgründige Gedichte darf man bei dieser Musik nicht erwarten.

Davon abgesehen halte ich es sogar für besonders reizvoll, einer fremden Sprache zuzuhören, ohne ein Wort zu verstehen. Man kann dann völlig unbelastet auf Betonung, Gestik und Mimik achten und versuchen zu erraten, was das bedeuten könnte. Oder man kann auch einfach seiner eigenen Phantasie freien Lauf lassen. Dazu klingt Griechisch in meinen Ohren allein schon wie Musik. Da ist es manchmal sogar eher störend, wenn man die teilweise wenig geistreichen Texte versteht.

Jetzt werde ich mich dem Höhepunkt meines heutigen Beitrags aber noch einmal von einer ganz anderen Seite nähern und dabei wieder auf Jethro Tull zurück kommen:

Bei den Videos von 1977 aus dem Hippodrom habe ich mich anfänglich über den albernen roten Hut geärgert, den Mr. Anderson da bei manchen Liedern trägt. Ich fand ihn einfach sooo doof und störend, dass ich die betreffenden Videos boykottiert habe.

Dann war Wilfried so nett die Videos aus Tampa nach YouTube zu stellen. Das war der Schock! Ich glaube, ich habe es bis heute nicht geschafft, eines dieser Videos zu Ende anzuschauen. Spätestens nach 2 Minuten steigen mir die Tränen in die Augen – nein, nicht aus Rührung, sondern weil ich diese optische Belastung nicht ertragen kann.

Seither erscheint mir der Rote Hut von Golders Green als unbedeutende Lappalie. Ich habe mich zwar nicht direkt mit ihm angefreundet, aber doch zumindest arrangiert, und bei den Videos aus dem Hippodrom kann ich heute ohne Schüttelkrämpfe einfach die Musik genießen. Man muss nur hin und wieder einmal vorgeführt bekommen, wie alles noch viel schlimmer sein könnte, dann weiß man wieder zu schätzen, was man hat.

In diesem Sinne, lieber Lockwood, habe ich mich bemüht noch etwas Makedonisches für Dich zu finden. Makedonische Tänze klingen ungefähr wie Zwölftonmusik ohne Takt und ohne Rhythmus. Ich kann im wahrsten Sinne des Wortes ein Lied davon singen, denn wir hatten in der griechischen Tanzgruppe ein paar Hardcore-Fans, für die es immer ein paar makedonische Tänze extra gab. Du wirst sehen, danach empfindest Du die kretischen Lieder als den reinen Ohrenschmaus.

Ich habe also keine Mühe gescheut und tagelang auf YouTube nach den schönsten Videos geforscht. Dabei bin ich auch noch auf ein paar andere Kostbarkeiten gestoßen, die ich Euch nicht vorenthalten möchte.

Zuerst, zum Beweis, dass Griechenland und Schottland näher beieinander liegen als man gemeinhin vermuten sollte, ein Sonaradikos frisch aus Glasgow. Dieser Tanz gehört bei griechischen Festen zum Programm, er ist schwungvoll und hat einen ganz einfachen Grundschritt (den würde ich Dir auch noch zutrauen, lieber Wilfried). Da mal vorwärs und mal rückwärts getanzt wird und die „Tanzschlange“ sich mal zusammenschlängelt und mal auseinander zieht, kommt es zu zahlreichen Remplern und Zusammenstößen – eine eche Gaudi, sehr zu empfehlen! Die Sängerin hat übrigens eine Schwäche für Mavra Matia – schwarze Augen (das singt sie jedenfalls).

Diesen pontischen Tanz (eigentlich sind es Ausschnitte aus mehreren Tänzen, ich meine vor allem den ersten) habe ich vor allem deshalb für Euch ausgewählt, weil sich meiner Meinung nach unser geliebter Mr. Anderson in seinem aktuellen Erscheinungsbild nahtlos in die Tanztruppe einreihen könnte (gut, sein Piraten-Kopftuch müsste er vielleicht noch ein bißchen aufpeppen, und sich einreihen ist wohl allgemein nicht seine größte Stärke…). Also stellt Euch beim Betrachten des ersten Tanzes einfach vor, der große Meister würde in seinem derzeitigen Bühnen-Outfit hier mittanzen – wäre das nicht eine Wucht? Es handelt sich übrigens um einen ca. 3000 Jahre alten Kriegstanz aus dem Pontos (kleinasiatische Ägäisküste).

Zum Abschluss nun zwei Tänze, die Euch die musikalische Tiefe makedonischer Volksmusik näherbringen werden. Während bei den kretischen und den pontischen Tänzen die Melodie üblicherweise auf einer Lira gespielt wird (seltener auch auf einem Dudelsack), sind bei den makedonischen Tänzen eher Klarino (eine Art Klarinette) wie hier im ersten Tanz (Poustseno) oder auch diese seltsamen Holz-Trompeten (griechische Bezeichnung fällt mir leider nicht mehr ein) wie im zweiten Tanz (Teskoto) verbreitet. Es kommt Euch sicher hergeholt vor, aber als ich das erste Mal Mr. Anderson in A Passion Play mit diesem Sopran-Saxophon herumhüpfen sah, da fühlte ich mich instinktiv an makedonische Volkstänze erinnert. Ich muss zugeben, es gibt auch noch melodiösere, die mehr Ähnlichkeit mit den Instrumental-Passagen aus APP haben.

So, jetzt habe ich Euch genug gequält. Zur Linderung der Ohrenschmerzen empfehle ich fein dosierte Songs from the Wood, bei Bedarf kann noch mit etwas Aqua-Lung nachgespült werden. Und dann lasst uns alle dem Herrn danken, dass es auch noch Jethro Tull gibt.

Es grüßt Euch Eure

Kretakatze

PS.: Ich weiß auch nicht, warum ich so gemein zu Euch bin, dabei seid ihr immer so nett zu mir…

23.05.2007

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Hallo Kretakatze, hallo Lockwood,

Du langweilst uns nicht, Lockwood. Und Du, Kretakatze, brauchst Dein Licht nicht unter den Scheffel stellen; Deine Anmerkungen zum Altgriechischen finde ich sehr interessant. So führen uns die Betrachtungen aus der Wohnstube des guten Mr. Anderson plötzlich hinaus in die weite Welt.

Aber es rieseln ja schon die nächsten Beiträge von Euch ein. Da komme ich zz. wirklich nicht mit. Auf der Arbeit gibt es einigen Stress personeller Art. Und die letzten Tage war es so drückend-warm, sodass ich abends keine Lust hatte, auch noch zu Hause am Rechner zu sitzen (und die Bude weiter aufzuwärmen).

Zur Wikinger-Debatte habe ich im Bezug auf Schottland auch noch etwas beizutragen. Zunächst muss aber festgestellt werden, dass die Wikinger oder Normannen eigentlich so überall in Europa anzutreffen waren – bis hoch nach Island, Grönland – und wir wissen es längst – bis nach Amerika. Aber sie waren auch bis nach Griechenland gekommen, also lange vor den Osmanen … Während meines Urlaubs in Schottland 2005 war ich mit meinen Lieben eine gute Woche auf der Isle of Skye – und dort gleich gegenüber dem Festland in dem kleinen Ort Kyleakin. Der Name (eigentlich Kyle Akin) leitet sich aus dem schottischen Gälisch ab: Caol Acain, was wiederum “Strait of Haakon” (Haakons Meeresenge) bedeutet, benannt nach dem norwegischen König Haakon. Eine Haakon Bar gibt es übrigens auch in Kyleakin. (Norweger -> Normanne -> Wikinger)

Leif Erikson - in Reykjavik

Der Herr oben ist übrigens ein gewisser Leif Erikson, eben der, der von Island aus Amerika entdeckt haben soll. Das Denkmal befindet sich mitten in Islands Hauptstadt Reykjavík (was „rauchende Bucht“ heißt, wobei Vik für Bucht steht, na klingelt da etwas bei Vik?). Der gute Leif war ein Wikinger in Reinnatur.

Ach, da ich gerade bei Island bin und mich dunkel an unsere Diskussion um die Herkunft des Namens Anderson erinnere: Ich war 1990 mit meiner Frau (die Dame in rot auf dem Bild) und weiteren Freunden auf Island in Urlaub. Ausgangspunkt einer Rundreise war Reykjavik und so buchten wir bereits im Voraus auf meinem Namen eine Unterkunft in einem Seemannsheim (Island ist nämlich ziemlich teuer, Seemannsheime verhältnismäßig preiswert). Als wir nun an der Rezeption der Herberge standen, begrüßte uns eine junge Frau, die sogar der deutschen Sprache mächtig war (neben isländisch, einer eigenen Sprache für gerade einmal 300.000 Menschen, die aber sehr eng mit dem Norwegischen verwandt ist – eben eine Wikinger-Sprache, spricht man fast überall englisch). Ich stellte mich vor: Albin – und verwies auf die Reservierung unter meinem Namen. Nach mehrfachen Durchblättern ihrer Unterlagen (Computer gab es damals noch nicht so viele) konnte sie aber keine entsprechende Reservierung finden. Ich nannte noch einmal meinen Namen: „Albin, Wilfried Albin!“ – „Moment! Sagten Sie Wilfried? Ja, hier habe ich eine Reservierung auf den Namen Wilfried …?!“ (Wahrscheinlich hat sie mich sogar geduzt).

Reykjavik ist zwar Islands mit Abstand größte Stadt, aber mit knapp 120.000 Einwohnern nicht gerade groß. Trotzdem ist es verwirrend, das dortige Telefonbuch zur Hand zu nehmen. Alle Einträge lauten auf den Vornamen. Isländische Namen bestehen neben dem Vornamen aus dem Vatersnamen. Einen Nachnamen gibt es nicht. Leifur Eriksson (isländische Schreibweise des Herrn vom Bild) ist also der Sohn von Erik und wäre unter L im Telefonbuch zu finden. Ich hieße übrigens Vilfreð Hermannsson (mit ð was dem englischen th entspricht, auch aussprachemäßig – neben dem ð gibt es noch þ – als Großbuchstaben: Ð und Þ als eigenständige isländische Buchstaben – das eine als stimmhaftes, das andere als stimmloses th; der Versammlungsplatz der Volksvertreter und Gerichtsbarkeit heißt Þingvellir, in dem das Wort Thing wiederzufinden ist). Ihr dürft jetzt raten, wie mein Vater mit Vornamen heißt. Frauen hängen statt des –sson ein –sdottir an den Vatersname. Übrigens gab es früher in Friesland die gleiche Namensordnung. Jetzt kommt mir bitte nicht mit Halldor Laxness, dem isländischen Literaturnobelrpeisträger. Der hieß eigentlich Halldór Guðjónsson, also auch etwas mit –sson hinten. Nur so nebenbei: Laxness kann ich zum Lesen wärmstens empfehlen (z.B. Die Island-Glocke).

Vieles im Leben, so scheint es, reduziert sich auf solche Anekdötchen. Hier noch eine: In den 80-er und 90-er Jahren war es beliebt, möglichst viele Hard Rock Cafes, der es eine Menge weit gestreut über dem Globus gibt, zu besuchen, besonders die dort erhältlichen T-Shirts waren sehr beliebt und sind heute hin und wieder noch in der Menge zu besichtigten (zz. gibt es in Deutschland wohl drei solcher Cafes – in Berlin, Köln und München – übrigens: in Athen ist wohl auch eines). So sind wir – rein zufällig – auch in Reykjavik in dem dortigen Hard Rock Cafe gestrandet (wenn ich das richtig sehe, gibt es heute dort keine entsprechende Lokalität mehr). Da es gerade Nachmittag war und in einem Cafe bekanntlich Kaffee getrunken wird, so bestellten auch wir dieses Getränk. Nachdem wir fast ausgetrunken hatten, kam die Bedienung vorbei und fragte uns, ob wir noch mehr Kaffee wünschten. Angesichts der Preise verneinten wir. Später wurde uns klar, dass man für Kaffee nur einmal zahlt und dann bis zum Abwinken (Herzinfarkt) das Zeugs in sich hineinschütten kann – das gilt für ganz Island. Da meine Frau und ich eigentlich Teetrinker sind, versuchten wir das auch mit Tee; aber irgendwie kam das nicht so gut an; meistens wurde uns nur heißes Wasser nachgereicht, einmal bekamen wir wenigstens auch noch einen neuen Teebeutel.

Andere Länder, andere Sitten. Soviel zu Island, dem nördlichsten Land in Europa (neben Griechenland, dem südlichsten). Wir werden sehen, wohin uns sonst noch die Reise hinführt. Jethro Tull hatte auch schon öfter Auftritte auf Island (und im September wieder zwei).

Dass bestimmte Lieder in den Soundtrack zu einem Film einfließen, liegt meist außerhalb der Entscheidungsgewalt der Interpreten, es sei denn, die Musik wird ausdrücklich für einen Film komponiert (wie z.B. von Mikis Theodorakis für den Sorbas). Natürlich wünscht man sich, einen tollen Film zu sehen und als Hintergrundmusik dann auch noch ein Liedchen von Herrn Anderson zu hören.

Vielleicht doch schon einige Worte zu Kretakatzes Beitrag, den ich mir gleich noch einmal in aller Ruhe angucken (und anhören) werde: Ich bin zwar alles andere als ein Spezialist, aber Fat Man klingt für mich ziemlich indisch. Das basiert mehr auf einem Gefühl als auf wissenschaftlicher Erkenntnis. Musik ist in erster Linie ein emotionales Erlebnis, ist auch gut so. Und so wie Kretakatze durch ihre langjährigen Kontakte zur griechischen Kultur ein anderes Verhältnis zur Musik Griechenlands entwickelt hat, so hat Herr Anderson vielleicht durch seine vielen Besuche indischer Restaurants (der Meister bevorzugt indische Küche) ein besonderes Verhältnis zur indischen Musik in sich reifen lassen (in indischen Restaurants wird indische Musik gespielt, so wie man beim Griechen in der Regel griechische Musik hört), die sich dann in diesem Lied ‚niedergeschlagen’ hat.

Dass Du, Kretakatze, das Outfit des Herrn Anderson nicht immer sehr geschmackvoll ausgewählt findest, kann ich im Fall des Tampa-Videos durchaus verstehen. Ich habe zunächst auch etwas irritiert geguckt. Und selbst mein großer Sohn rümpfte die Nase: „Wie sieht denn der Anderson aus?“. Den roten Hut habe ich eher unter der Rubrik „nach Gutsherrenart“ abgehakt. Die diversen Outfits der Herren böten sicherlich Grundlage für ein eigenes Diskussionsforum. Lockwoods Kritik an Herrn Anderson bezieht sich, wie Du wohl gelesen hast, hauptsächlich auf sein aktuelles Aussehen (Kopfverband usw.).

Ich wünsche Euch was
Wilfried

23.05.2007

English Translation for Ian Anderson

Leben wie vor 200 Jahren

Das Hamburger Stadtradio NDR 90,3 hat seine Hörerinnen und Hörer auf eine Zeitreise in die Vergangenheit geschickt. Neun Tage lang erfuhren zehn Menschen im Freilichtmuseum am Kiekeberg in Hamburg-Harburg bäuerliches Leben wie vor 200 Jahren. Ohne Strom, Dusche und Heizung, dafür mit einer großen Portion Abenteuer und viel harter Arbeit: Brot backen, Feuer machen, sowie Schweine und Hühner versorgen bestimmten den Alltag der Teilnehmer. Die Aktion fand vom 14. bis zum 22. Oktober 2006 statt und wurde nun auch im Fernsehen (Nord3) gezeigt: Leben wie 1806

Leben anno 1806

siehe auch meinen Beitrag: Tostedt: 100 Jahre Mittelschule-Realschule Tostedt

Was ist bloß mit Ian los? Teil 65: Schimanski hört Tull

Hallo Kretakatze, hallo Lockwood,

Inzwischen hat sich ja eine Menge Holz angesammelt.

Komme ich zunächst auf Herman van Veen zu sprechen. Ja, der Mann hat etwas. Vom ihm kommt eine gelassene Heiterkeit herüber (siehe u.a. Videos bei youtube), die ansteckend wird. Leider hatte ich ihn in den letzten Jahren auch aus den Augen verloren. Das Album „Die Anziehungskraft der Erde“ kenne ich z.B. nicht. Dafür habe ich aber das Weihnachtsalbum von ihm, das sehr schöne Lieder enthält (vielleicht zu Weihnachten dazu etwas mehr).

Ja, es gibt u.a. durch die Geburt meiner Kinder ein schwarzes Loch in meiner Biografie, was das Interesse für Musik betrifft. Zwar habe ich auch in den 90-er Jahren die eine oder andere Scheibe gekauft, aber ich bin kaum zum Zuhören gekommen.

Der Schimanski, den Du, Lockwood, gesehen hast, war wohl der neueste: „Tod in der Siedlung“, irgendwann Ende April gesendet, oder? Ich habe nur kurz den Bericht in der TV-Zeitschrift gelesen. Es endet wohl, wie der Schimanski vor vielen Jahren begann: Alle Pfannen sind dreckig, so schlürft er ein Ei aus dem Glas … Und dazu der Tull-Titel? Nicht zu glauben.

Früher hatte ich schon einmal geforscht, in welchen Filmen die Musik von Jethro Tull verwendet wurde. Im Soundtrack (d.h. auf der CD) zu Michael Moores ‚Fahrenheit 9/11“ ist Aqualung enthalten, im Film selbst habe ich es aber nicht gefunden (Überhört? Unerhört!). Und dann gibt es mindestens noch 2, 3 Filme. Fragt mich aber nicht nach den Titeln. Kennt Ihr Filme, die im Soundtrack Tull-Musik enthalten?

Von Kretakatzes Entschwinden nach Kreta zum Tull-Konzert hatte ich im Laufi-Forum gelesen. Und Du willst es also ohne Eintrittskarte wagen? Schön mutig! Den Kreditkartentipp kann ich nur wiederholen. Ich bin alles andere als ein Freund von Plastikgeld. Aber im Laufe der Jahre hat sich so ein Kärtchen doch bezahlt gemacht, wenn es um Einkäufe außerhalb Deutschlands ging. Inzwischen gibt es da auch andere Verfahren (PayPal usw.), die wohl noch etwas sicherer sind. Leider wird das nicht überall akzeptiert. Ich drück Dir auf jeden Fall die Daumen, dass Du noch ein Ticket für das Konzert bekommst. Ich stelle mir das sehr schön vor, so im Urlaub im sonnigen Süden ein Tull-Konzert mitzubekommen. Da würde ich mir sogar die jetzige Formation antun wollen. Mit meinem Urlaub ist es noch etwas hin (und da gibt es kein Tull-Konzert).

Unser guter Lockwood hat ja wohl jegliche Anderson-Müdigkeit abgestreift mit seinem Broadsword-Ausführungen. Da sieht man Herrn Anderson tatsächlich das Schwert ergreifen und den Wikingern entgegenziehen. Sicherlich lässt sich das Lied auch anders interpretieren (die Wikinger-Horden sind heute andere), aber belassen wir es beim Bild des schwertschwingenden Flötenkobolds.

Ian Anderson & kein Breitschwert

Und überhaupt zur Anderson-Wikinger-Debatte: Ich denke, durch die Adern des Meisters fließt das Blut viele Völkerstämme. Durch die Völkerwanderungen, die auch Schottland nicht verschont haben, hat sich viel Blut gemischt. Und neben den 2-3 Liter Skotenblut werden sich mit Sicherheit auch einige Tropfen Wikingerblut finden. Wenn Neonazis heute „Deutschland den Deutschen!“ brüllen, dann stellt sich die Frage, was ist eigentlich deutsch? Vielleicht ist der Ausländer, den ein Nazi gerade den Schädel einschlägt, deutscher als er selbst. Aber warten wir die DNA-Analyse von Ian Anderson ab (Lockwood, unser Gen-Spezialist).

Nun denn, ich wünsche eine arbeitsame Woche. Und man/frau liest voneinander.

Cheerio
Wilfried

P.S. Bin nun doch fündig geworden betr. Film-Soundtracks mit Tull-Musik

21.05.2007

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Hallo Kretakatze, Hallo Wilfried,

unser guter Hermann van Veen. Mir gefällt an ihm seine leicht verträumte Art. Diese liebenswürdige Mischung aus Heiterkeit, Melancholie und Tiefgründigkeit. Seine Beobachtungsgabe und die Fähigkeit, diese Beobachtungen in Liedern umzusetzen. Meist wird er heutzutage als Harlekin bezeichnet, aber in den 70er Jahren, als ich ihn für mich entdeckte, galt er als Liedermacher. Egal, unter welchem Etikett er gerade auftritt, er findet mit seinen Songs jedenfalls den Weg unter meine Haut. Und das schaffen nicht viele Sänger.

Zur Kombination Schimanski / Anderson:
Der Film hieß tatsächlich Tod in der Siedlung. Und trotz aller ungespülten Töpfe und Pfannen in Schimis Küche passte Wondering aloud zur Situation. Ich denke, der Titel ist nicht zufällig ausgewählt worden. Während Schimanski sein rohes Ei aus dem Glas schlürft, steht er am Fenster und sieht den Wagen seiner Freundin vorfahren. Das zaubert ein Lächeln auf seine markanten Züge. Dazu passen die getragenen Harmonien von Wondering aloud wunderbar. Auch inhaltlich haut der Song hin; geht es doch im Text um einen Mann, der liebevoll an seine Frau / Freundin denkt.

Ich kenne außer dem Schimanski keinen einzigen Film mit JT – Soundtrack. Auch die Filme, die Du, Wilfried, angelinkt hast, sind mir vollkommen fremd. Eigentlich seltsam, dass Mr. Anderson sich in diesem Metier so rar gemacht hat. Ich glaube, ich habe vor Monaten geschrieben, dass ich mir gut hätte vorstellen können, dass JT die Filmmusik zur Herr der Ringe – Trilogie hätten beisteuern können. Als alter normannischer Kelte hätte Mr. Anderson gut in das Tolkien-Universum gepasst.

Zu meinen Broadsword-Theorien möchte ich noch etwas sagen:
Der Text des Liedes ist -wie immer- alles andere als eindeutig. Hätte man die von mir zitierten Textstellen von einer anderen Seite beleuchtet, wäre ein ganz anderes Ergebnis denkbar. Um es auf die Spitze zu treiben: Ein armer müder Wikinger steht an seinem kargen felsigen Gestade und sieht ein Schiff voller militanter Rheinländer auf sich zukommen. Oder ein Schiff voller Narren. Oder Touristen. Ich will nur sagen: Der Text lässt viele Interpretationen zu. Je nach Weltbild und persönlicher Stimmung. Meine Theorie des Winkingerangriffs erhebt keinerlei Anspruch auf Alleingültigkeit. Aber, wie Wilfried schon gesagt hat, das Bild des wehrhaften Ian Anderson, der an der Küste seiner schottischen Heimat steht und seine Klinge mit patriotischem Zischen durch die Luft sausen lässt, erfreut jeden Tull-Fan.

Der Flötenkobold auf dem Cover trägt übrigens kein Breitschwert. Ich bin nicht sicher, ob es solche sich über die gesamte Länge verjüngenden Schwertklingen jemals gegeben hat oder ob sie eine Erfindung der Comiczeichner sind.

Eine letzte Stellungnahme von mir zur Völker-DNA:
Das deutsche Blut, wie es im Dritten Reich propagiert wurde, gibt es überhaupt nicht. Für diese Erkenntnis muss man kein Biochemiker sein, es reicht ein Blick auf die europäische Geschichte der letzten 15 Jahrhunderte. Das Volk, das sich heute „die Deutschen“ nennt, trägt einen Gen-Cocktail aus keltischen, germanischen, slawischen und asiatischen (!) Einflüssen in sich. Wie man einen solchen Salat ernsthaft mit einer einzigen Nation in Verbindung bringen kann, ist mir schleierhaft. Eines müssen wir uns vor Augen halten: Hätte es das Römische Imperium nicht gegeben, den Hunnensturm und die Völkerwanderung, würde es uns heute auch nicht geben. Es würde andere Menschen geben, aber nicht Kretakatze, Wilfired und Lockwood. Die Welt war schon immer multi-kulti, nur machten Kaiser Augustus und Attila nicht so ein Theater darum.

Ich hoffe, ich habe niemanden gelangweilt.
Lockwood

21.05.2007

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Hallo Wilfried, Hallo Lockwood,

tut mir leid, wenn ich Euch mit meiner Wikinger-Theorie aufs Glatteis geführt habe. Ich dachte eigentlich, diese Geschichte wäre so albern, dass sie mit Sicherheit niemand ernst nehmen würde. Allerdings hatte ich auch keine Ahnung, dass jemals tatsächlich Wikinger in die Nähe von Schottland gekommen sind, geschweige denn, dass es sogar Wikinger-Überfälle gegeben hat. Da bin ich jetzt platt. Aber ein blindes Huhn trifft eben auch mal ein Korn. Ich hatte eigentlich aufgrund des „dark sail“ intuitiv immer an einen Piratenüberfall gedacht. Oder wer verwendet denn dunkle Segel?

Auf jeden Fall nochmals vielen Dank für die ausführliche Info – was Ihr alles wisst… Da lernt man doch immer gerne noch dazu. Irgendwelche historischen oder ethnologischen Kenntnisse dürft Ihr bei mir nämlich nicht voraussetzen. Auch von Musik habe ich im Prinzip keine Ahnung, ich bin kein Musiker. Ich komme zu meinen Ansichten und Behauptungen aus dem hohlen Bauch heraus, dafür aber mit umso mehr Überzeugung.

Wovon ich allerdings wirklich etwas verstehe sind blonde Griechen, und deshalb jetzt noch einmal zum Thema der Hellenen. Dazu muss ich wieder etwas ausholen.

Vor Jahren war ich mit einem Griechen befreundet, der hier an der örtlichen griechischen Schule Griechisch-Unterricht für griechische Kinder erteilt hat. Er hat mir erzählt, dass er in Athen an der Uni Deutsch gelernt hat, weil das dort Voraussetzung dafür ist, dass man Altgriechisch studieren kann. Nahezu alle Literatur zur Altgriechischen Sprache ist nämlich in Deutsch verfasst (und offensichtlich auch nie ins Neugriechische übersetzt worden). Die Wissenschaftler, die die Altgriechische Sprache erforscht haben, waren fast ausnahmslos Deutsche. Daher kommt es auch, dass das Altgiechische so deutsch klingt, es sind griechische Buchstaben deutsch ausgesprochen. Da es keine Tonbandaufzeichnungen davon gibt, wie die alten Griechen Ihre Buchstaben ausgesprochen haben, haben sich die deutschen Sprachforscher selbst etwas ihrer Meinung nach Passendes überlegt, und das hatte dann naturgemäß ziemliche Ähnlichkeit mit dem Deutschen. Ein Grieche bekommt das ohne deutsches Sprachtraining nicht über die Lippen.

Mit dem Aussehen der alten Hellenen wird es nicht anders sein. Soweit ich weiß gibt es keine 2000 Jahre alten griechischen Farbzeichnungen, die blonde Menschen mit blauen Augen darstellen. Es gibt lediglich ein paar Marmorstatuen, denen die Haar- und Augenfarbe nicht anzusehen ist. Auch hier waren es wieder vor allem deutsche und britische Archäologen, die die Kultur erforscht haben, und natürlich haben sie sich ihre Helden entsprechend dem damaligen mitteleuropäischen Schönheitsideal vorgestellt – blond und blauäugig. Sieht man sich dagegen antike Wandmalereien oder bemalte Vasen an, dann haben dort alle Menschen schwarze Haare und dunkle Augen.

Dass es in Griechenland und besonders auf Kreta heute einen nicht ganz unerheblichen Anteil blonde Menschen gibt, wird andere Gründe haben. Bereits zur Zeit der Kreuzzüge haben Mittel- und Westeuropäer auf ihrem Weg nach und von Jerusalem auf Kreta Zwischenstation gemacht. Die Franken, wie sie in Griechenland genannt werden, hatten dabei auch Teile Griechenlands unterworfen. Manche haben sich dabei die Zeit genommen Burgen zu bauen, da werden sie auch noch Zeit für anderes gefunden haben. Einige sind bestimmt auch ganz hängengeblieben. Später haben die Venetianer Kreta regiert. Im 19. Jahrhundert war ein Bayer König von Griechenland, vielleicht hat er ein paar Landsleute mitgebracht, usw..

Damit das heute nicht völlig Tull-frei wird noch kurz eine Bemerkung zu meinen Jethro Tull Ambitionen für Kreta (hätte ich mir ja eigentlich denken können, dass auch Ihr Euch bei Laufi auf dem Laufenden haltet). Ja, ich habe immernoch keine Karte für das Konzert am 23.06., und es ist mir schon bewußt, dass unter Umständen ausverkauft ist, bis ich am 17.06. nach Kreta komme. Aber wie ich schon einmal erwähnte bin ich von eher sparsamer Natur, und 28 EUR Versandkosten für ein Ticket, das in einen Umschlag zu 55 Cent passt – das widerspricht meinem Gefühl für ökonomische Relationen. In solchen Fällen neige ich dann zu der fatalistischen Einstellung, dass ich das Schicksal entscheiden lassen muss – wenn ausverkauft ist, dann musste das halt so sein. Ich habe ja noch eine zweite Chance in Calw am 21.07.. Ich kann mir eigentlich kaum vorstellen, dass dort am 02.07. (nachdem ich aus Kreta zurück bin) schon ausverkauft ist. Oder doch? Ich denke, ich werde mich meinem Schicksal fügen müssen.

In diesem Sinne liebe Grüße
Kretakatze

PS.: Jetzt arbeite ich schon seit Himmelfahrt an einem Werk über die Berührungspunkte zwischen Jethro Tull und griechischer Musik, aber bei der aktuellen Mail-Frequenz werde ich wahrscheinlich nie fertig. Mir tut der arme Wilfried leid, er wird bald unter der Flut begraben sein…

22.05.2007

English Translation for Ian Anderson

Hermännchen wird heute 90

Hermann wird 90

Lieber Hermann,
wir wünschen Dir zu Deinem 90. Geburtstag alles Gute und weiterhin viel Gesundheit.
Die Töster Landeier

… oder kratzten sich am Fuss oder am Bein.
Dann, nach angemessener Weile, erfolgte wieder etwas Ungewöhnliches. Joseph Gritzan langte in die Tasche, zog etwas Eingewickeltes heraus und sprach zu dem Mädchen Katharina Knack: «Willst», sprach er, «Lakritz?»

Siegfried Lenz: So zärtlich war Suleyken

Was ist bloß mit Ian los? Teil 64: Breitschwerter gegen Wikinger

Hallo Wilfried,

Du hast mich voll erwischt: Ich bin tatsächlich etwas Anderson-müde. Nicht, dass ich ihn als Typ oder Künstler über hätte. Aber mir fallen keine Aspekte mehr ein, die wir noch nicht beleuchtet hätten. Seine Vergangenheit haben wir sehr intensiv analysiert, Gegenwart und Zukunft liefern aus meiner Sicht nicht sehr viel Stoff für anregende Diskussionen.

Zu Irving hätte ich noch viel zu sagen. Wenn es aber nicht Dein Lieblingsautor ist, würde der Gedankenaustausch für Dich zu einer lästigen Pflichtübung verkommen. Das muss nicht sein; unsere Schreiberei soll schließlich Spaß machen. Ach ja, in diesem Zusammenhang: Heute Nachmittag erhielt ich eine mail von der Leiterin unserer Leihbücherei: Sie wird ihr Programm um die fehlenden Irving-Romane erweitern. Das finde ich sehr nett von ihr.

Kaum ist das Thema John Irving abgehakt, schon lieferst Du im Blog den nächsten Hammer: Herman van Veen ! Endlich ein niederländischer Künstler, mit dem ich auch etwas anfangen kann. Es sind zwei Dinge, die ich Alfred Biolek hoch anrechne: Seinen Bahnhof und dass er Hermann van Veen und Kate Bush nach Deutschland gebracht hat. Mein persönliches Lieblingsalbum von van Veen ist „Die Anziehungskraft der Erde“. Das Album des „zärtlichen Gefühls“ habe ich während der Pubertät einige hundert male gehört. Also, wenn es Dich packt, mehr über van Veen zu schreiben: lass‘ nur kommen !

Den Amerikaner Irving (mir kommt er sehr europäisch vor) als Basis für eine literarische Weltreise zu nutzen, ist im Grunde keine schlechte Idee. Aber ich fürchte, dass ich mit Dir nicht mithalten kann. Die Autoren meiner bevorzugten Bücher kommen fast ausschließlich aus Europa; hin und wieder ein Vertreter der arabischen Welt. Das war’s.

Wenn ich nicht irre, stand „100 Jahre Einsamkeit“ auf der Liste der Lieblingsbücher der Deutschen. Bei dieser Liste war ich angenehm überrascht: Deutschland hat keinen schlechten Literaturgeschmack. Allerdings muss man bedenken, dass sich wahrscheinlich nur die wahren Leseratten am Voting beteiligt haben. Bravo- und Micky-Maus – Leser werden wohl keine Stimme abgegeben haben.

Tja, auch mein heutiger Beitrag ist Anderson-frei. Was will uns das sagen ?

Nur noch eines: Bevor jemand König (egal ob von Niedersachsen, Deutschland oder der Herzen) wird, ist er erst einmal Prinz. Und ich fürchte, solange unser Gas-Schröder unter uns weilt, wirst Du das gleiche Schicksal zu erdulden haben wie Prinz Charles. Ich kann es Dir nachfühlen: Der gute Homer Wells hatte manche Probleme, aber ein gut besuchtes Weblog, das hatte er nicht. Trotz der ganzen Belastungen mein gut gemeinter Rat: Hände weg vom Äther !

Herzliche Grüße und vielen Dank für etliche gute Diskussionen !
Lockwood

15.05.2007

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Hallo Kretakatze, hallo Lockwood,

heute auf die Schnelle: Mit Herrn Anderson sind wir sicherlich zz. an einem toten Punkt angekommen, obwohl ich noch jede Menge Material habe, die sich lohnt, diskutiert zu werden.

Eine Verlagerung unseres Gedankenaustausches allein in Richtung John Irving würde, wenn nicht in Kürze, so doch in absehbarer Zeit das gleicher Ergebnis zeitigen. Es muss natürlich nicht gleich eine literarische Weltreise werden.

Meldet Euch
Wilfried

16.05.2007

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Lieber Wilfried, lieber Lockwood,

erst einmal muss ich mich entschuldigen, dass ich so spät antworte. Ich bin nämlich so damit beschäftigt, literarische Beiträge für international anerkannte Weblogs zu schreiben, dass ich für solche Nebensächlichkeiten wie meine Mail-Post nur noch zwei- bis dreimal die Woche Zeit finde.

Wie ich Dir, lieber Wilfried, schon einmal geschrieben habe, bin ich im Prinzip äußerst schreibfaul (ich weiß, diese Aussage wird Euch beiden jetzt nur ein gequältes Lächeln entlocken können). Lediglich in unregelmäßigen Abständen leide ich unter Anfällen von manischer Schreibwut, und wie sich das äußert, das habt Ihr ja bereits beobachten können. Mein Lieblingsautor hat einmal gesagt: „Writers are people who hate writing“. Nicht dass ich mich für einen „writer“ halte, aber ich verstehe genau, was er meint. In kurzen Worten, diese Anfälle vergehen auch wieder. Über die ungefähr zu erwartende Zeitdauer kann ich Euch keine verlässlichen Angaben machen.

Die erste größere Unterbrechung wird es spätestens ab dem 17.06. geben, da fliege ich nämlich für zwei Wochen nach Kreta, und zwar – und jetzt haltet Euch fest – wegen Jethro Tull. Die spielen am 23.06. in Iraklio auf, und das wollte ich mir mal anschauen. Allerdings habe ich noch kein Ticket. Aber das alles führe ich vielleicht lieber mal an anderer Stelle aus. Wie auch immer, wenn ich zurückkomme habe ich bestimmt Katzen im Gepäck, und dann werde ich kaum noch Zeit für meine schriftstellerischen Ambitionen aufbringen (falls ich dann überhaupt noch welche haben sollte).

Schöne Grüße
Kretakatze

19.05.2007

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Hallo Kretakatze, hallo Wilfried,

So, damit wären wir also zu dritt. Zumindest bis Juni. Über Deine Kontinuität in dieser Runde über den Kretaurlaub hinaus denke ich nicht so pessimistisch wie Du. Auch wenn Dich neue Katzen beschäftigen werden, wirst Du auf Dauer nicht an WilliZ Weblog vorbeikommen. Ich weiß, wovon ich schreibe. Schreibfaulheit ist eine Krankheit, die Wilfried im Vorübergehen heilt.

Mit Dir, meine liebe Kretakatze aus der Schwäbischen Alb, deckt der Gedankenaustausch zu Ian Anderson nun auch den Süden der Republik ab. Die Jethro-Tull – freien Zonen in unserem Land nehmen dramatisch ab. Es ist übrigens interessant zu sehen, an welch unerwarteten Stellen man Ian Anderson im Alltag begegnet: Ein Teilnehmer in einem Fotografie-Forum wählte für sich die Autosignatur „Thick As A Brick“. Als ich ihn fragte, ob er JT-Fan sei, meinte er nur „Mein Gott, ich hätte nicht gedacht, dass das jemand kennt !“ Wenn der wüsste…

Vor wenigen Wochen lief im Fernsehen ein Film aus der Schimanski-Reihe. In der Schlussszene stand Schimi in der Küche und aus seinem Radio erklang eine aktuelle Version von Wondering Aloud. Das war übrigens die beste Szene im ganzen Film.

Liebe Kretakatze, mich würde interessieren, ob Du zu Ian Anderson über die gemeinsame Liebe zu Katzen gekommen bist oder ganz einfach über seine Musik. Deine Anmeldung im Laufi-Forum ist ziemlich frisch; bist Du erst seit jünger Zeit JT – Fan ? Die Frage nach der Dauer Deines Fanstatus interessiert mich, weil ich mich seit einigen Wochen damit beschäftige, ob Mr. Anderson auch in unseren Tagen noch neue Fans rekrutieren kann.

Vor einigen Tagen hast Du den Song Broadsword dazu benutzt, Andersons Abstammung von Wikingern zu belegen. Ich habe dieses Lied nie mit Wikingern in Verbindung gebracht, denn viele Völker benutzten Breitschwerter. Eine genauere Analyse des Textes ergab jedoch, dass das Lied tatsächlich von einem drohenden Wikingerüberfall handeln könnte. Allerdings erzählt aus der Sicht des Angegriffenen. Ich denke jetzt nur laut vor mich hin: Wenn Mr. Anderson mit diesem Lied seinen ruhmreichen Vorfahren ein Denkmal setzen wollte, hätte er dann nicht aus ihrer Sicht erzählen müssen ?

Vielleicht hast Du das Thema „Wikinger“ schon abgehakt, aber Wilfried und ich haben gute Erfahrungen damit gemacht, auch dem kleinsten Indiz nachzugehen, um ein klein wenig Transparenz in die komplexe Persönlichkeit des Mr. Anderson zu bringen. Ja, man könnte fast sagen, wir seien detailverliebt.

Also dann, Ihr Lieben, bis demnächst !

Viele Grüße
Lockwood

19.05.2007

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Lieber Lockwood, hallo Wilfried,

Prinzipiell war mir der Name Jethro Tull seit 1970/71 ein Begriff, ich gehörte damals auch zu den fleißigen Bravo-Lesern, aber mit der Musik habe ich zu der Zeit noch nicht viel anfangen können, dazu war ich wohl noch zu jung. Zum ersten Mal bewußt gehört habe ich Jethro Tull Ende 1977, es war eine Nach-Abi Party bei einer Klassenkameradin. Da lag Songs from the Wood auf dem Plattenteller, und das musste ich nur EINMAL hören um zu wissen, dass ich das auch brauche. Sparsam wie ich bin – das habe ich mit manchen Schotten gemeinsam – habe ich die Platte gekauft, auf Cassette überspielt und dann einer Freundin zum Geburtstag geschenkt.

Danach habe ich so etwa bis 1980 noch ca. 10 Platten von Jethro Tull zusammengekauft (und nicht verschenkt!), und zeitweise war die Musik von Jethro Tull das, was ich hauptsächlich gehört habe. Als Fan hätte ich mich trotzdem nicht bezeichnet. Wäre ich Mr. Anderson irgendwo begegnet, ich hätte ihn nicht erkannt. Von keinem anderen Mitglied der Band habe ich auch nur den Namen gewußt. Irgendwie hat mich das alles nicht interessiert. Fans sehen anders aus.

Ich habe die Gruppe allerdings auch nie gesehen, nicht im Fernsehen und auch nicht live. 1978 war ich dummerweise gerade auf Kreta als Jethro Tull nach Stuttgart kamen – da wäre ich sonst wohl schon hingegangen. Als ich 1980 Karten fürs Konzert kaufen wollte, war schon ausverkauft (Songs from the Wood vorgetragen im Strahlenschutz-Anzug hätte mich aber vermutlich auch damals schon nicht besonders begeistert). Das wars.

1981 ereilte mich dann ein schwerer Schicksalsschlag, ich habe mich in einen Griechen verliebt (übrigens in einen mit dunkelblonden Haaren und grünbraunen Augen – ohne Witz!). Das hat mein musikalisches Interesse in eine völlig andere Richtung gelenkt. Da ich kein Radiohörer bin und die Rock- und Pop-Musik in den 80ern dann sowieso in eine Richtung ging, mit der ich nichts anfangen konnte, habe ich Jethro Tull, ihre Musik und ihre weitere Entwicklung praktisch komplett aus den Augen verloren.

Bis ich im März 2007 erstmals in YouTube hineingestolpert bin, und dort angefangen habe, Videos herauszusuchen von all den Musikern und Gruppen, die ich in den 70ern gehört habe. Und so kam es, dass ich der facettenreichen Persönlichkeit des seltsamen Mr. Anderson erstmals im Jahre 2007 auf YouTube begegnet bin.

Im Nachhinein ärgere ich mich da schon ein bißchen, dass das in den 70ern alles so an mir vorbeigegangen ist, wo es doch zum Greifen nahe war. Ob ich jetzt ein Fan bin? Ich weiß auch nicht – woran merkt man, dass man ein Fan ist? Andererseits, was würde ich sonst hier tun? Ich habe den Verdacht ich bin ein verhinderter Fan aus den 70er Jahren. Vielleicht hätte ich damals die exzentrischen Bühnenauftritte des Mr. Anderson aber auch nur blöd gefunden, das kann ich heute nicht mehr mit Sicherheit sagen. Der (Musik-)Geschmack ändert sich ja manchmal im Laufe der Jahre (wobei ich inzwischen dazu übergegangen bin von Musikbedürfnis zu sprechen, der Ausdruck Geschmack ist zu oberflächlich und trifft den Kern nicht wirklich). Dazu ein Beispiel:

Eines der ersten Videos, auf das ich gestoßen bin, war Witch’es Promise aus den Top of the Pops von 1970. Vermutlich bin ich beim ersten Anschauen mit offenem Mund vor dem Bildschirm gesessen. Danach habe ich mir die Augen gerieben „Was war’n das, ich glaub das muss ich nochmal gucken“ – Klick. „Und dann vielleicht doch nochmal“ – Klick, usw.. Nach dem x-ten Anschauen habe ich beschlossen, dass das jetzt mein neues Lieblings-Video ist.

Natürlich hat mich dann interessiert, auf welcher Platte das erschienen ist, ich war mir sicher den Titel noch nie zuvor im Leben gehört zu haben. Zu meiner Überraschung habe ich festgestellt, dass es z.B. auch auf der 20 Year Collection zu finden ist, die ich schon seit Jahren mein eigen nenne. Auf dieser CD habe ich – vermutlich beim 2. Hören – alle Titel mit einem Kringel markiert, die ich besonders gut fand und alle mit einem Punkt, die für mich auch noch ganz ok waren. Der Rest (den ich für überflüssig hielt) blieb unmarkiert. Witch’es Promise hat nicht das kleinste Pünktchen bekommen. Wo hatte ich eigentlich damals meine Ohren? (Oder wohl eher das, was sich eigentlich dazwischen befinden sollte).

Soweit die Geschiche meines Lebens mit und ohne Jethro Tull.

Jetzt zum Wikinger. Ich glaube nicht, dass man Broadsword dazu benutzen kann, irgend etwas zu belegen, außer dass Mr. Anderson ein Lied geschrieben hat – der Link sollte ein Gag sein! Ich hatte auch keine Ahnung, dass Wikinger Breitschwerter benutzt haben, da weißt Du bedeutend mehr als ich. Diese ganze Wikinger-Geschichte war doch von Anfang an nur ein Scherz von mir, habt Ihr das etwa ernstgenommen? Ich habe von der Abstammung des Mr. Anderson ungefähr soviel Ahnung wie der Wilfried vom Sirtaki-Tanzen, wahrscheinlich eher weniger. Ich fand nur den Gedanken witzig und hab ein bißchen rumgeblödelt. Wäre ja nicht ganz ausgeschlossen – mehr nicht. „And if sometimes I sing to a cynical degree, it’s just the nonsense that it seems“ (Baker Street Muse 1975).

Ich hoffe Du bist jetzt nicht sehr enttäuscht, aber ich fürchte zur exakten Entschlüsselung der Gensequenzen des Mr. Anderson werde ich nicht viel Hilfreiches beitragen können. Jetzt würde mich aber trotzdem noch interessieren, welche Indizien für einen Wikinger-Überfall Du in Broadsword gefunden hast. Wenn Du jetzt überhaupt noch mit mir sprichst…

Liebe Grüße
Kretakatze

20.05.2007

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Hallo Kretakatze, hallo Wilfried,

Deine JT-Fan – Karriere, liebe Kretakatze, scheint ähnlich verlaufen zu sein wie meine. Auch ich war in der besten Zeit der Gruppe, den 70ern, zu jung, um sie bewusst wahrzunehmen. Ich habe die Alben alle nur in der Retrospektive bejubeln können. So wie das Licht der Sterne, dass einige Jahre braucht, um uns zu erreichen (soviel Poesie hätte ich mir gar nicht zugetraut). Mir geht es genau wie Dir: 1980 war ein entsetzliches Jahr für Jethro-Tull-Fans. Das Album A läutete den Niedergang ein. Es war so schlimm, dass selbst der alte Mitstreiter und Fast-Gründungsmitglied John Evan schreiend davongelaufen ist. Broadsword, 1982, wurde wieder ein wenig tullischer, aber danach war der Untergang nicht mehr aufzuhalten. 1985 kamen die Stimmprobleme des Meisters dazu und…, ach, es ist alles so tragisch !

Streng genommen bin ich kein Jethro-Tull – Fan. Fast drei Viertel der Alben der Gruppe treffen nicht meinen Geschmack Es sind lediglich die Folkalben und Aqualung, TAAB, und Passionplay, die mich begeistern können. Aber das eben richtig ! Vielleicht hast Du im Blog gelesen, dass ich es Mr. Anderson richtig übel nehme, dass er keine weiteren Folk-Alben produziert hat. Dieses Thema habe ich mit Wilfried sehr ausführlich erörtert, aber mein „Zorn“ ist geblieben.

In diesem Punkt ist Wilfried uns beiden haushoch überlegen: Er verfolgt die Geschicke der Band fast vom ersten Tag an. Dadurch steht er verständlicherweise hin und wieder meinen Kritiken kritisch gegenüber.

Sehr interessant fand ich Deinen Hinweis auf den blonden helläugigen Griechen. Das war also ein klassischer Hellene. Da kommt man nicht sofort drauf: Die Dunkle ist Deutsche und der Blonde ist Grieche. Soviel zu ethnischen Schubladen. Ich kenne übrigens auch dunkelblonde Türken mit blauen Augen. Aber auch hier dürfte erst eine aufwendige vergleichende DNA-Analyse Aufschluss über historische Verwandtschaften geben. Wir müssen bedenken, dass die Turkvölker seit etwa 1.000 Jahren das Gebiet Kleinasiens bevölkern, also in etwa genau so lange, wie die ersten Normannenbesuche auf den Britischen Inseln zurückliegen. Aber lassen wir das, es führt wirklich zu weit.

Ich muss gestehen, dass ich Deinen Wikinger-Link tatsächlich ernst genommen habe. Wenn man einen Menschen nicht kennt, weiß man nicht, in welchem Maß er zu Späßen neigt. Aber unabhängig davon, ob Mr. Anderson nun Kelte, Normanne oder Exil-Kirgise ist, er hat fast zehn Jahre lang hervorragende Musik gemacht. Und nur deshalb sitze ich jetzt am PC und tippe.

Flötengnom mit Breitschwert

Zum Breitschwert: Dieser Begriff bezeichnet im Grunde jedes einhändig geführte Schwert. Ein Schwert also, dass es seinem Träger erlaubt, zusätzlich einen Schild zu tragen. Breitschwert umfasst also ein weites Spektrum. Etwas anders verhält es sich mit dem englischen Begriff „Broadsword“ (bevor der Eindruck entsteht, ich sei gebildet: das steht alles in Wikipedia). Broadsword bezeichnet das schwere Schwert der Schotten mit großem Gefäß (Handschutz). Vielleicht kennst Du den Film Rob Roy, Liam Neeson schleppte so ein Ding mit sich herum. Nicht zu verwechseln mit Braveheart; Mel Gibson trug ein Claymore-Schwert. Jedenfalls hätten wir mit dem Anderson-Song Broadsword wieder einmal einen Bezug zur schottischen Herkunft des Meisters.

Wie komme ich auf den Wikingerangriff ? Im Text heißt es: „I see a dark sail on the horizon…..“ Der Erzähler sieht also ein dunkles Segel. Ich bin zwar nautischer Laie, aber ich kenne nur einen Schiffstypen, der mit nur einem Segel auskommt, und das ist das normannische Drachenboot.

„Bring me my broadsword…“ bringt uns überhaupt nicht weiter, da diese Klingen weit verbreitet waren. Aber weiter: „Bring me my cross of gold as a talisman…“ Die Wikinger, die die britischen Inseln angriffen, waren aus Sicht der Mitteleuropäer Heiden. Mehr als das, es waren Sendboten der Hölle. Und der beste Schutz gegen Geschöpfe der Finsternis ist nun mal ein Kruzifix, vorzugsweise aus edlem Metall. Dann der Begriff „Talisman“. Ein Talisman ist ein Fetisch aus Zeiten vor der Christianisierung. Die ersten Strandhiebe der Wikinger auf die Britischen Inseln fielen in das 9. Jahrhundert, also in eine Zeit, in der die Christianisierung der wilden Stämme Schottlands, namentlich der Pikten und Skoten, noch nicht allzu lange zurücklag. Im frühen Mittelalter war es fast überall in Europa so: Das Christentum war nominell anerkannt, aber die Bevölkerung hielt parallel dazu an ihren alten Religionen fest. Deshalb der Talismann. (Der Interessierte findet hierzu weiterführende Informationen in Wilfrieds Beitrag über das Osterfest).

„Put our backs to the northwind…“ Nordwind weht vom Norden. Aber wenn der Erzähler diesen Wind im Rücken haben möchte, könnte das bedeuten, dass der Wind die Angreifer zurück nach Norden tragen soll, wo sie herkommen. Rein technisch gesehen hatten die angreifenden Wikinger den Nordwind im Rücken. Aber wenn ich mich allzu wörtlich an den Text halte, gibt das ganze keinen Sinn mehr.

Also, kurze Zusammenfassung meiner Interpretation von Broadsword:
Ein braver Schotte der Ostküste steht am Strand und sieht ein Wikingerboot auf sich zukommen. Um Familie und Vaterland zu schützen ruft er nach Waffe und göttlichem Beistand. Möglicherweise liege ich mit meiner Deutung vollkommen daneben, aber so sehe ich das eben. Ich finde, andere Texte von Anderson sind sehr viel schwerer zu interpretieren.

Lasst es Euch gut gehen, Ihr Lieben !

Bis bald
Lockwood

20.5.2007

English Translation for Ian Anderson

Berühmtes Londoner Museumsschiff „Cutty Sark“ ausgebrannt

Man muss nicht erst den London Marathon mitgelaufen sein, um das Segelschiff „Cutty Sark“, ein Tee- und Woll-Klipper mit drei Masten, zu kennen. Im Juli 1996 besuchte ich mit meinem ältesten Sohn London und kam so auch nach Greenwich, wo wir auch die Cutty Sark besichtigten.

Cutty Sark brennt

In den Morgenstunden des 21. Mai kam es im Trockendock in Greenwich zu einem Brand, bei dem das Segelschiff fast vollständig ausbrannte.

Was ist bloß mit Ian los? Teil 63: Ian Anderson tanzt Sirtaki

In meinem Betrag Was ist bloß mit Ian los? Teil 61: Dr. Bogenbroom haben sich viele Kommentare angesammelt, die sich etwas losgelöst vom eigentlichen Thema „Ian Anderson & Jethro Tull“ um griechische, speziell kretische Volkstänze drehen. Da das dort Geschriebene als Kommentare eher ein Schattendasein fristet, möchte ich es hier noch einmal in den Rang eines Beitrag heben:

Kretakatze sagt:

ich denke es ist an der Zeit, dass ich meinen ersten sinnhaltigen Kommentar abliefere, und ich befürchte er wird etwas umfangreicher werden.

Focus Hocus Pocus: Weder von der Gruppe Focus noch von dem Titel hatte ich je bewußt etwas gehört. Aber alles im Leben kommt irgendwann einmal zu einem zurück – so scheint es mir jedenfalls in letzter Zeit – und ja, dieser Jodel-Titel ist mir wohl bekannt. Er muss schon unzählige Male an mein Ohr gedrungen sein, vermutlich aus dem Radio. Allerdings muss ich mich Herrn Lockwood anschließen, mein Musikstil ist das nicht. Jodeln war noch nie mein Fall, und auch ich bevorzuge Lieder, bei denen die gesungenen Silben sinnhafte Worte ergeben. Mit einer Ausnahme: Da kommt mir eines der genialsten Lieder überhaupt in den Sinn, dessen Text nicht ein einziges echtes Wort enthält (ansonsten hat es allerdings mit Hocus Pocus nicht die geringste Ähnlichkeit). Ich weiß nicht, ob Ihr es kennt, es heißt Savarakatranemia.

Wenn Ihr kein Wort verstanden habt, liegt das nicht (nur) daran, dass Ihr (vermutlich) kein Griechisch könnt. Der “Text” besteht aus folgenden “Worten”, die mehrfach wiederholt und verschieden kombiniert werden:
Savarakatranemia (heißt nichts, klingt aber wie eine Beschwörungs- oder Zauberformel)
Halleluja (in griechischer Aussprache, Bedeutung ist wohl bekannt)
Ileos, Ileos… (ähnelt dem griechischen Wort Ilios = Sonne)
Lama-lama nama-nama nemia (lama erinnert an das griechische Verb lambo = leuchten, scheinen; der Rest ist nama-nama…)

Es ist im ersten Moment kaum zu glauben, aber bei diesem Lied handelt es sich um einen Protest-Song, es ist DAS Lied des griechischen Widerstands gegen die Militärdiktatur 1967 bis 1974. Und das ist seine Geschichte:

Nachdem Mikis Theodorakis bereits einige klar verständliche Protestlieder geschrieben hatte und dafür ins Gefängnis geworfen worden war, beschloss der griechische Komponist Jannis Markopoulos (der übrigens in London Musik studiert hatte) ein Protestlied zu schreiben, von dem ihm niemand würde nachweisen können, dass es ein Protestlied war. Also schrieb er ein Lied, das nicht ein einziges echtes Wort enthielt, aber immerhin eine Silbenfolge (…Ileos lama…), bei der jeder Grieche sofort an die Worte “Ilie lambse” (= Sonne scheine) erinnert wird. Diese Worte sind zentraler Kern eines bekannten kretischen Widerstandsliedes aus der Zeit der Türkenherrschaft. Der Ruf nach der Sonne war auf Kreta immer ein Symbol für den Ruf nach Freiheit. Das Lied gilt bis heute als DIE griechische Freiheitshymne und ist Kult. Ein Lied ohne Worte, dafür mit umso mehr Bedeutung. Das nenne ich genial!

Vom gleichen Komponisten und vorgetragen von gleichen Sänger gibt es übrigens noch ein zweites interessantes Lied mit einem auf dem ersten Blick ziemlich seltsam anmutenden Text: Bikan Stin Poli I Ochthri (live 1974). OK, Griechisch klingt für Menschen, die die Sprache nicht sprechen, im ersten Moment wahrscheinlich immer ein bißchen seltsam. Aber das meinte ich nicht. Der Titel bedeutet “Die Feinde kamen in die Stadt”, und die in diesem Lied beschriebene Reaktion der als “wir” bezeichneten Personen auf diese “Feinde” hat mich doch zunächst ziemlich überrascht. Hier meine Übersetzung:

Bikan Stin Poli I Ochthri (Jannis Markopoulos)

Die Feinde kamen in die Stadt

Die Feinde kamen in die Stadt
Sie schlugen die Türen ein, die Feinde
Und wir standen daneben und lachten
Am ersten Tag

Die Feinde kamen in die Stadt
Sie nahmen unsere Brüder und Schwestern mit, die Feinde
Und wir schauten den Mädchen zu
Am nächsten Tag

Die Feinde kamen in die Stadt
Sie warfen Feuer auf uns, die Feinde
Und wir schrieen in der Dunkelheit
Am dritten Tag

Die Feinde kamen in die Stadt
Sie trugen Schwerter, die Feinde
Und wir nahmen sie als Talisman
Am nächsten Tag

Die Feinde kamen in die Stadt
Sie verteilten Geschenke, die Feinde
Und wir lachten wie die Kinder
Am fünften Tag

Die Feinde kamen in die Stadt
Sie trugen einen Feigenzweig, die Feinde
Und wir riefen “Hoch sollen sie leben”
Wie jeden Tag

Die Feinde, die hier in die Stadt kommen, sind die, die längst in der Stadt sitzen, nämlich in Athen im Regierungspalast: Die Militär-Junta. Der Text ist im wahrsten Sinne des Wortes schlicht und ergreifend. Kann man eindringlicher schildern, wie sich ein hilfloses Volk mit Gewalt und Diktatur arrangiert? – Wie die Kinder…

Jetzt habe ich mich thematisch ziemlich weit von Jethro Tull und Mr. Anderson entfernt, aber ich denke es wird mir gelingen den Bogen zurück zu finden, zumindest zu den schottischen Wikingern. Dazu möchte ich allerdings zuerst auf einen meiner Meinung nach bemerkenswerten kretischen Musiker aufmerksam machen, den ich selbst erst vor Kurzem auf YouTube entdeckt habe. Sein Solo-Instrument ist die griechische Laute, die sonst eigentlich eher – ähnlich der Rhythmus-Gitarre in der Rock-Musik – den Hintergrund für Bouzouki, Baglamas oder Lyra liefert. Singen kann er im Übrigen auch. Sein Vortragsstil ist für einen Volksmusiker eher ungewöhnlich und erinnert mich – ich weiß auch nicht recht warum – irgendwie an einen schottischen Wikinger. Genug der Worte, hier ist er mit einem Stück traditionellen, kretischen Folk-Rock: Michalis Tzouganakis. Für diejenigen, die von dieser Art Musik jetzt noch nicht genug haben, hier noch eine zweite Kostprobe.

Ich weiß, traditionelle kretische Musik ist nicht jedermanns Sache. Für den ungeübten Hörer klingt sie oftmals wirr und eintönig. Dazu teilweise der epische Gesang, der sich dem Rhythmus entzieht. Für den durchschnittlichen Mitteleuropäer ziemlich gewöhnungsbedürftig. Oder was meint Ihr dazu?

Michalis Tzouganakis tritt offensichtlich häufig zusammen mit einem Musiker auf, der Askomandoura und Gaida spielt, die beiden kretischen (oder griechischen?) Varianten des Dudelsacks. Leider gibt es von diesen Live-Auftritten nur kurze Video-Schnipsel in bescheidener Bild- und Tonqualität (Schnipsel mit GaidaSchnipsel mit Askomandoura).

Und beim Thema Dudelsack kommen wir wieder nach Schottland zurück. Ist es nicht seltsam, dass der Dudelsack gerade an den beiden enferntesten Enden Europas so ein besonders beliebtes Instrument wurde und sich einen festen Platz in der Volksmusik erobern konnte, während er in anderen Teilen der Welt kaum gebräuchlich ist? Wurde er eigentlich in Schottland und Griechenland unabhängig voneinander erfunden? Oder ist ein schottischer Wikinger, vielleicht da es ihm in Schottland zu kalt war, nochmals in See gestochen, und er hat sich dann nach Kreta verirrt? Eher unwahrscheinlich, oder? Aber vielleicht weiß ja Einer von Euch die Antwort.

Schöne Grüße
Kretakatze

PS.: Dabei bin ich jetzt noch nicht einmal dazu gekommen, die Parallelen zwischen kretischer Volksmusik und Jethro Tull genauer zu beleuchten…

Lockwood sagt:

ich riskiere an dieser Stelle, nicht nur für mich, sondern auch für Wilfried zu sprechen: Ich finde Deine Kommentare sind weder fehl am Platz noch zu lang. Im Gegenteil, ich freue mich über umfangreiche Stellungnahmen und ich denke, Wilfried wird das nicht anders sehen. Falls Du den Gedankenaustausch zwischen Wilfried und mir ein wenig verfolgt hast, wirst Du festgestellt haben, dass dort Abweichungen vom Thema Jethro Tull an der Tagesordnung sind. Deine Hinweise auf griechische Folkmusik sind sehr willkommen. Sie können dabei helfen, festgefahrene Grenzen im musikalischen Horizont aufzubrechen. Manchmal denke ich, dass ich das bitter nötig habe.

Jassos
Lockwood (44)

WilliZ sagt:

Hallo Kretakatze,

Lockwood hat Recht: Dein Ausflug nach Griechenland resp. Kreta ist hier herzlich willkommen.

Was den Dudelsack betrifft, so war er besonders im Mittelalter sehr weit verbreitet. Auch in Deutschland gab es Dudelsäcke, meist als Quetschsack oder Sackpfeifen bekannt. Die Herkunft ist ziemlich ungesichert, wahrscheinlich aber kommt der Dudelsack aus Kleinasien und hat seinen Ursprung bei den Thrakern. Da liegt Kreta ja fast um die Ecke.

Nur so am Rande: Wenn ich Deinen Beitrag lese, muss ich mich an frühere Zeiten erinnern. Ich spielte damals in einer Band, die mehr oder weniger Tanzmusik spielte. So hatten wir u.a. mehrere Auftritte bei einer Art Bürgerfest, zu dem auch griechische Musiker geladen waren (in dem Stadtteil lebten wohl ziemlich viele Griechen). Nach unserem Auftritt gaben die Griechen ihr Bestes und es wurde Sirtaki getanzt. Viele Lieder auch von Mikis Theodorakis. Selbst Tanzmuffel (wie ich) kamen dabei richtig in Wallung.

Kretakatze sagt:

Hallo Jungs,

Tja, da bin ich jetzt auf jeden Fall mal sehr beruhigt, dass ich Euch noch nicht allzu sehr auf die Nerven gegangen bin. Vielen Dank für die aufmunternden Worte und die sachkundigen Informationen zu …internationalen Dudelsäcken. …

Und da ich nicht zufrieden wäre, wenn ich nicht widersprechen (und dazu noch eine Vorlesung halten) könnte: Es freut mich sehr, dass Wilfried sich beim griechischen Tanzen so gut amüsiert hat, aber ich würde darauf wetten, dass kein Mensch an diesem Abend Syrtaki getanzt hat. Diesen Tanz gibt es nämlich eigentlich garnicht. Genauer gesagt, es ist ein Kunst-Tanz, der extra für den Film Alexis Sorbas erfunden wurde und der nur bei Tanzvorführungen gezeigt wird. Er besteht aus einer Zusammenstellung von Elementen verschiedener traditioneller Tänze, vor allem Chasapikos, Pentosalis und Syrtos. Die einzige Musik, auf die er getanzt wird, ist das bekannte Sorbas-Lied.

Auch dazu gibt es eine Geschichte. Eigentlich sollte Antony Quinn in der Schluss-Szene am Strand einen Pentozalis tanzen, einen ziemlich schnellen, traditionellen kretischen Tanz. Wenn man das kann sieht das so aus: Pentosalis (hier wird übrigens auch wieder Gaida gespielt).

Nun kursieren verschiedene Versionen, warum das nicht geklappt hat. So soll er sich den Fuß gebrochen haben – aber dann hätte er wohl garnicht mehr tanzen können. Auch nach verstauchtem Fuß sieht die Schuss-Szene von Alexis Sorbas eigentlich nicht aus. Ich nehme an, er hat einfach beim Versuch, diesen nicht ganz einfachen Tanz hinzulegen, einen Knoten in die Beine bekommen – er war ja auch schon nicht mehr ganz der Jüngste.

Also mußte man sich was Einfacheres ausdenken, und so hat man zur Musik von Mikis Theodorakis etwas Passendes zusammengestellt. So ein Vorführ-Syrtaki wie man ihn heute zu sehen bekommen kann, sieht dann zum Beispiel so aus: Sytraki.

Hier sieht man auch gleich noch eine weitere Parallele zwischen Griechen und Schotten: Beide tragen Röckchen, wobei die griechischen (die übrigens Foustanella heißen) nicht kariert sind und fast schon verboten kurz. Na ja, es wird Strumpfhose dazu getragen.

Im Anschluss an den Sytraki sind in dem Video dann noch ganz kurz die Anfänge eines echten griechischen Tanzes zu sehen, DES griechischen Basis-Tanzes überhaupt – es ist ein Sytros. Das, was der Durchschnittsdeutsche üblicherweise als Sytraki bezeichnet, also dieser Einfach-Tanz, den auch ein unbeholfener Volltrunkener nach 10 Sekunden mitstolpern kann (nicht dass ich damit jetzt Dich meinen würde, lieber Wilfried!), der heißt Siganos, wenn er langsam ist, und Servikos, wenns schnell wird. Tja, ein bißchen was weiß ich auch!

Und das wars jetzt wieder mit dem kurzen Beitrag.

Schöne Grüße
Kretakatze (44+4)

PS.: Irgend jemand hat mal zu mir gesagt ich wäre wie Inspector Columbo: Immer wenn er gerade durch die Tür ist und man meint man wäre ihn endlich los, dann dreht er sich nochmal um und sagt sein berühmtes: “Ach, da fällt mir doch gerade noch ein…” Aber heute fällt mir wirklich nichts mehr ein, weswegen das PS entfällt.

Lockwood sagt:

Hallo Kretakatze,

auch ich widerspreche gerne, Wilfried kann ein Lied davon singen.Aber es sind die Kontroversen, die eine Diskussion vom Monolog unterscheiden.Also, zum Inhalt:

Entgegen Deiner Aussage glaube ich nicht, dass Sirtaki nur zu “Sorba’s Dance” getanzt wird. Als Beweis für meine Antithese verweise ich auf ein Album aus meiner Plattensammlung: “20 Sirtaki von Mikis Theodorakis” oder so ähnlich. Diese Platte habe ich mir seinerzeit eigens wegen Sorba’s Dance gekauft; die anderen Stücke kommen bei weitem nicht daran und dienen nur dazu, die LP zu füllen.

Also, liebe Kretakatze, ich hoffe, Du bleibst uns gewogen.

Viele Grüße
Lockwood

WilliZ sagt:

Also zur Sirtaki-Diskussion: Die Quinn-Sorbas-Geschichte war mir ansatzweise bekannt. Trotzdem Danke für die ausführlichen Erläuterungen. Und um meinen Senf auch noch dazuzutragen: Sirtaki oder Syrtaki (mit der Transkription wollen wir es hier einmal nicht ganz so genau nehmen) ist ein Diminutiv (Verkleinerungsform) von Syrtos, also gewissermaßen ein Syrtoslein, wenn ich mich nicht täusche. Unter diesem Gesichtspunkt werde ich vor Jahren also doch eher einen Syrtaki als einen Siganos getanzt haben. In diesem Zusammenhang vielen Dank an Kretakatze, dass Du mich nicht für einen unbeholfenen Volltrunkenen hältst (vielleicht etwas unbeholfen, aber nicht volltrunkend – oder umgekehrt?).

So langsam entwickelt sich das ja hier zu einer griechisch-schottisch-deutschen Scripto-Konferenz. Leider hat mein Web-Hoster (der meine Website usw. verwaltet) keinen Forum-Baukasten im Angebot. Muss so genügen.

Viele Grüße
Wilfried (44+4+4+4-3) [Ist das so ‘ne Art Kryptografie?]

Lockwood sagt:

Hallo Kretakatze,

ich bin gerade erst dazu gekommen, mir Deine gelinkten Videos zur griechischen Folklore anzusehen. Zunächst einmal vielen Dank dafür ! Leider muss ich gestehen, dass ich zu dieser Musik überhaupt keinen Zugang finde. Erstens ist mir die Sprache vollkommen fremd und zweitens klingt die Musik in meinen Ohren zu orientalisch. Einige hundert Jahre türkische Fremdherrschaft sind wohl auch an der griechischen Volksmusik nicht spurlos vorrüber gegangen. Damit will ich nichts gegen orientalische Musik sagen; es ist nur so, dass ich in meinem Musikgeschmack ein Kind des Abendlandes bin.

Ich bin gespannt darauf, welche Parallelen Du zwischen der kretischen Musik und dem Werk des Wikingers Anderson aufzeigen wirst. Nicht vergessen: Damit stehst Du jetzt bei uns in der Pflicht !

Ganz nebenbei zum Thema Haarfarbe, Griechen und Türken:
Vor einigen Jahren war ich mit einer griechischen Familie befreundet. Dass Griechen und Türken sich nicht immer ganz grün sind, kann man vor dem Hintergrund ihrer gemeinsamen Geschichte verstehen. Aber es kommt noch doller: Die griechische Freundin blickt naserümpfend auf Griechen mit dunklen Haaren und dunklen Augen. Ich weiß nicht mehr, welchen Ausdruck sie für diese Landsleute gebrauchte. Es war so etwas in der Art wie “halbe Türken” oder so. Jedenfalls legte sie Wert auf die Feststellung, dass der Hellene dunkelblonde Haare und blau-grüne Augen hat. Und, was soll ich sagen, sie hat Recht damit ! Wäre es anders, hätte Brat Pitt nicht den Achilles spielen können.

Es grüßt Euch
Lockwood

Kretakatze sagt:

Hallo Jungs,

also ich glaube das artet langsam aus hier, das ist doch kein Diskussionsforum, oder?

Eigentlich wollte ich heute mal nichts schreiben sondern ins Bett gehen und schlafen, ich hätte es mal wieder ziemlich nötig (wie der Wilfried schon ganz richtig bemerkt hat). Meine Nachtaktivitäten sind meinen Geistesblitzen während der Arbeitszeit nicht unbedingt förderlich.

Deswegen jetzt wirklich nur gaaaanz kurz: …

… was die “20 Sirtaki von Mikis Theodorakis” betrifft (ich schreibe das immer mit y, weil es auch im Griechischen mit y geschrieben wird), es wäre für Mikis Theodorakis sicher auch kein Problem 200 Lieder mit diesem Rhythmus zu scheiben, aber hast Du schon einmal jemanden darauf Syrtaki tanzen sehen? Ich nicht!

Bei den griechischen Tanzfesten, Choros genannt, werden auch üblicherweise keine Lieder von Mikis Theodorakis gespielt, sondern traditionelle “Volkslieder”, und da kommt der Syrtaki nicht vor. Der wird immer nur bei Vorführungen getanzt, und dann immer auf diese eine Melodie. Und der Durchschnittsgrieche, der nicht in einer Tanzgruppe tanzt, kennt die Schrittfolge auch garnicht.

Warum der Syrtaki nun gerade Syrtaki heißt, weiß ich leider auch nicht mehr. Tatsächlich hat er mit dem Syrtos die geringste Ähnlichkeit, er basiert eigentlich auf dem Chasapikos (gleicher Grundschritt, gleiches Tempo, zumindest im langsamen Teil). Der Syrtos hat schon einmal einen ganz anderen Schritt-Rhythmus, aber ich will jetzt nicht auch noch anfangen Euch verbalen Tanzunterricht zu erteilen. Zumal es unter Euch ja wohl auch noch Tanzmuffel zu geben scheint. Und wenn der Wilfried nun darauf bestehen will, dass er seinerzeit Syrtaki getanzt hat, meinetwegen. Dem einen sein Wikinger ist dem andern sein Syrtaki, wobei man Lockwoods grüne Augen nicht vergessen sollte (oder so ähnlich). Da er nicht volltrunken war, wird sich der Wilfried ja sicher noch genau an die Schrittfolge erinnern und sie uns in seinem nächsten Beitrag detailliert erläutern.

Schöne Grüße
Kretakatze (4-2+44-2+4) [Der Lockwood hat damit angefangen!]

PS.: Entfällt wegen Müdigkeit

Kretakatze sagt:

Hallo Jungs,

heute muss ich mich zuerst selbst korrigieren. Ab sofort schreibe ich Sirtos und Sirtaki nur noch mit i, denn die Schreibweise mit y ist Blödsinn. Wen interessiert schon, wie diese Worte original in griechischer Schrift geschrieben werden, und das y könnte einen Deutschen dazu verleiten diesen Buchstaben als ü auszusprechen. Ein ü gibt es im Griechischen nicht, das y heißt dort “i psilo” (= hohes i). Ich bitte daher alle meine bisherigen diesbezüglichen orthographschen Fehltritte als entsprechend korrigiert zu betrachten.

Dem muss ich sofort die nächste Selbstkorrektur folgen lassen. Ich habe geschrieben, der Sirtaki würde Elemente aus Chasapikos, Pentosalis und Sirtos enthalten. Tatsächlich habe ich mich schon beim Schreiben dieser Worte gefragt, welche Elemente des Sirtaki aus dem Sirtos stammen sollen, mir sind keine eingefallen. Ich habe das so geschrieben, weil ich es irgendwo mal gelesen oder gehört habe. Man sollte nie ohne nachzudenken einfach irgend etwas abschreiben!

Inzwischen sind mir nicht weniger als 4 grundlegende Unterschiede zwischen diesen beiden Tänzen aufgefallen, Gemeinsamkeiten konnte ich keine entdecken. Ich würde diese Aussage daher als unbewiesene Behauptung einstufen und bitte das Wort Sirtos aus diesem Zusammenhang gedanklich zu streichen. Stattdesssen konnte ich beim Betrachten des von mir verlinkten Sirtaki-Videos eindeutig Elemente aus dem Seimbekikos entdecken. Das ist der Tanz, wo Einer alleine tanzt während die Anderen im Kreis herum hocken, klatschen und Teller zerschlagen. Der Beginn des Sorba’s Dance ist eigentlich 100% Seimbekikos: Jeder tanzt allein, langsames Tempo, schwerfälliger Rhythmus. Das ist übrigens auch im Film so.

Wie Ihr Euch wahrscheinlich inzwischen schon fast denken könnt, habe ich selbst einmal ein paar Jahre in so einer Tanzgruppe mitgemacht. Auch wir sind gelegentlich bei Choros-Festen aufgetreten und haben ein paar Tänze vorgeführt. Auch wir hatten den Sirtaki im Programm. Den Sorbas kann ich deshalb nicht mehr hören.

Um nun abschließend die Frage zu behandeln, welcher Tanz es nun gewesen sein könnte (oder waren es mehrere?), den der Wilfried seinerzeit getanzt hat: Natürlich habe ich im Prinzip keine Ahnung, und ich habe auch nicht behauptet es wäre Siganos. Ich habe nur GEWETTET es wäre NICHT SIRTAKI. Es wäre durchaus möglich, dass ich diese Wette verliere. Das ließe sich klären, aber jetzt leidet der Wilfried plötzlich an Gedächtnisschwund…

Also ich schlage für uns alle drei mal folgenden Kompromiss vor:

Wilfried ist der größte Sirtaki-Tänzer aller Zeiten, er beherrscht(e einmal) diesen figurenreichen Kunsttanz ohne jemals eine Unterrichtsstunde genossen zu haben. Lockwood ist der Entdecker des grünen Auges des Mr. Anderson und sollte für dieses unschätzbare Verdienst besondere Erwähnung in den Geschichtsbüchern finden. Und ich darf meinen Wikinger behalten. Ich nehme ihn sogar mit grünen Augen, da will ich wirklich nicht kleinlich sein. (Er hat doch in den 80er Jahren auch ausgesehen wie ein Wikinger, oder?)

Morgen vielleicht mehr, Lockwood hat ja schon wieder neue Themen und Fragen aufgeworfen… Wilfried, Du gibst Bescheid kurz bevor Dein Webspace platzt…

Schöne Grüße
Kretakatze (44-40+44)
[Also ich finde die 4er in Kombination mit den + und – rein optisch sehr schön, und um diese Uhrzeit möchte ich niemanden mehr überfordern!]